Die Archenhold-Sternwarte befindet sich im Treptower Park im Berliner Ortsteil Alt-Treptow. Sie beherbergt den Großen Refraktor, das längste bewegliche Fernrohr der Welt, auch Himmelskanone genannt, das eng mit ihrer Geschichte verknüpft ist.
Die geografischen Koordinaten der Volkssternwarte betragen 52° 29′ 9″ N, 13° 28′ 35″ O nördliche Breite, die Höhe 41 m über NN.
Die Archenhold-Sternwarte entstand aus einer vorübergehenden Installation zur Gewerbeausstellung 1896 in Berlin, die aus Anlass des 25-jährigen Jahrestags der Erhebung Berlins zur Reichshauptstadt veranstaltet wurde. Es sollte auf Betreiben von Wilhelm Foerster und Max Wilhelm Meyer einen Ort zur Vermittlung wissenschaftlicher und astronomischer Erkenntnisse für die Bevölkerung geben. So wurden die Planungen für ein großes Fernrohr, die Friedrich Simon Archenhold seit 1893 ausarbeitete, hinzugezogen. Dieses Instrument war für die Forschung geplant, war aber in seiner Auslegung schon umstritten. Auf der Gewerbeausstellung wurde es gezeigt, um durch Eintrittsgelder die Herstellungs- und Aufstellungskosten sowie die geplante Verlagerung des Instrumentes nach der Gewerbeausstellung finanzieren zu können. Das Fernrohr wurde im Treptower Park errichtet und mit einem Holzgebäude umgeben, das über Ausstellungsräume und einen Vortragssaal verfügte. Am 1. Mai 1896 wurde die Gewerbeausstellung mit dem zunächst noch unvollendeten Riesenteleskop eröffnet, das im September dann funktionsfähig war. Dieses Fernrohr besitzt eine Öffnungsweite von 68 Zentimetern und eine Brennweite von 21 Metern. Das bewegliche Gesamtgewicht betrug 130 Tonnen.
Durch die verspätete Fertigstellung fehlten die Mittel, das Instrument wie vereinbart nach der Ausstellung abzubauen. Ende 1896 entschied die Stadtverordnetenversammlung auf Antrag, dass das für die Gewerbeausstellung installierte Ensemble weiter dort stehen bleiben dürfe. Da niemand Archenhold im Treptower Park für Forschung bezahlte, machte er aus der Not eine Tugend und betrieb das Institut als Volkssternwarte. Sie gilt inzwischen als älteste und größte Volkssternwarte in Deutschland. Diese Entscheidung kann als Gründung der Treptow-Sternwarte gelten. 1896 entstand der Verein Treptow-Sternwarte e. V., der die Führung der Sternwarte und der zugehörigen Ausstellung übernahm und auch Vortragsveranstaltungen organisierte. Ihr Vorsitzender war Archenhold.
Die Ausstellung bestand aus den Themenbereichen Geschichte der Astronomie, Erde und Mond, Sonne und Planeten, Kometen und Sternschnuppen, Sterne und Sternhaufen, Instrumentenkunde und Optik. Beobachtungen von Standardobjekten, Mondfinsternissen, Kometen oder der Nova Cygni von 1903 wurden durchgeführt. Im Jahr 1897 kamen etwa 23.000 Besucher und bis 1899 stieg die Zahl der Besucher auf über 60.000. Diese Anzahl blieb bis Mitte der 1930er Jahre in etwa gleich.
1908 wurde das baufällige Holzgebäude, das nur für die Gewerbeausstellung gedacht war, abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, der von den Architekten Konrad Reimer und Friedrich Körte geplant wurde. Die Eröffnung des neuen Gebäudes fand am 4. April 1909 statt. Am 2. Juni 1915 hielt Albert Einstein in der Sternwarte seinen ersten öffentlichen Vortrag über die Allgemeine Relativitätstheorie. 1931 trat Friedrich Simon Archenhold als Direktor der Sternwarte zurück, und sein Sohn Günter Archenhold übernahm die weitere Leitung. Ende 1936 wurde dieser aufgrund seiner jüdischen Abstammung zum Rücktritt gezwungen. Die Familie Archenhold wurde von ihrem Lebenswerk der Sternwarte verjagt, die Angehörigen mussten emigrieren oder kamen in Konzentrationslager. Die Sternwarte wurde der Hauptschulverwaltung Berlins angegliedert, die Leitung übernahm ein astronomisch unkundiger Beamter. Die wissenschaftliche Leitung übernahm Richard Sommer. In diesen Jahren kamen die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Sonnenforschung (DARGESO) und die Berliner Astronomische Vereinigung (BAV) an die Sternwarte, sie schlossen sich zur Himmelskundlichen Arbeitsgemeinschaft zusammen.[1] Während des Zweiten Weltkriegs erhielt die Sternwarte einen Bombentreffer im Südwestflügel, wobei das Riesenfernrohr ohne schwere Beschädigungen blieb.
Schon am 1. Juli 1945 zur Sonnenfinsternis fanden wieder Beobachtungen statt. Edgar Mädlow (1921–2012) leitete kommissarisch die Sternwarte unter Mithilfe von Herbert Pfaffe.
Aufgrund des Vorschlags des Stadtrats für Volksbildung, Otto Winzer, wurde die Sternwarte am 17. August 1946 in Archenhold-Sternwarte umbenannt.[1] Am 1. Juni 1948 wurde Diedrich Wattenberg, der schon mit Archenhold zusammengearbeitet hatte, zum Direktor der Sternwarte berufen. Die Besucherzahlen stiegen von 1946 jährlich um etwa 8.000 und erreichten 1949 25.000 Personen. 1958 wurde der große Refraktor stillgelegt, aber bleibt als technisches Denkmal erhalten. Ab 1959 wurde die Sternwarte verstärkt auch zu Unterrichtszwecken in Physik und Astronomie genutzt. Um dies gewährleisten zu können, wurden in den 1960er Jahren weitere zwei Kuppelbauten auf dem Gelände errichtet, die Refraktoren und Teleskope aufnahmen. Auch ein Hörsaal mit 48 Plätzen, das Sonnenphysikalische Kabinett mit der Möglichkeit der Projektion eines Sonnenabbildes von 80 Zentimeter Durchmesser und eines Sonnenspektrums von drei Meter Länge wurde 1966 eingerichtet.
Am 1. November 1976 schied nach 28 Jahren Wattenberg als Direktor aus und auf seinen Vorschlag wurde Dieter B. Herrmann zum neuen Direktor der Sternwarte berufen. Am 12. März 1982 erhielt die Sternwarte ein Kleinplanetarium mit nunmehr 90 statt 60 Sitzplätzen. 1983 ging das seit 1977 rekonstruierte Riesenfernrohr wieder in Betrieb. In den 1980er Jahren betrug die jährliche Besucherzahl etwa 70.000. Im Jahr 1987 wurde ein, schon von Archenhold angeregtes, Zeiss-Großplanetarium errichtet. Aus politischen Gründen kam es jedoch nicht in den Treptower Park, sondern in den Ernst-Thälmann-Park in Berlin-Prenzlauer Berg. Es bildete bis 2013 eine gemeinsame Einrichtung mit der Archenhold-Sternwarte.
Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten 1990 wurde die Sternwarte der städtischen Schulverwaltung unterstellt. Am Großen Refraktor wurden 1989/1990 und 1995 erhebliche Reparaturen notwendig und unverzüglich ausgeführt. Das Instrument ist noch immer funktionsfähig und steht zu nächtlichen Beobachtungen zur Verfügung (Stand 2013). Die Sternwarte wurde 1995/1996 grundsaniert. Auch die Ausstellungen wurden völlig neu gestaltet.
Seit Mitte 2002 gehört die Sternwarte zum Deutschen Technikmuseum Berlin. Der langjährige Direktor Dieter B. Herrmann ging 2005 in den Ruhestand. Die Leitung übernahm für einige Zeit der Leiter der Abteilung Astronomie des Deutschen Technikmuseums Klaus Staubermann. Seit 2009 ist Felix Lühning Direktor der Archenhold-Sternwarte.
Der Große Refraktor wurde 1896 für die Berliner Gewerbeausstellung gebaut. Mit einer Objektöffnung von 68 Zentimetern, einer Brennweite von 21 Metern und einer beweglichen Masse von 130 Tonnen ist er eine technische Meisterleistung. Die Linsen des Refraktors wurden von C. A. Steinheil & Söhne, München, geliefert. Der Refraktor steht seit 1967 unter Denkmalschutz.
Das Kleinplanetarium befindet sich in einer acht Meter großen Kuppel und bietet 38 Sitzplätze. Es wurde 1959 als das erste Zeiss-Kleinplanetarium der DDR eröffnet. 1982 wurde es durch das modernere Zeiss-Kleinplanetarium vom Typ ZKP-2 ersetzt. 1994 wurde der Planetariumsraum neu gestaltet.
Auf dem Freigelände der Sternwarte steht das Sonnenphysikalische Kabinett. Es wurde 1965 von Diedrich Wattenberg und Erwin Rolf konzipiert und fertiggestellt. Ein Jensch-Coelostat fängt das Licht der Sonne ein und lenkt es in das Gebäude. Über vier 60°-Prismen kann das Sonnenlicht in seine Spektralfarben zerlegt werden. Mittels des H-alpha-Filters lassen sich auch Protuberanzen und aktive Zonen der Sonne beobachten.
1962 wurden auf dem Freigelände nördlich des Hauptgebäudes zwei Beobachtungskuppeln mit fünf und drei Metern Durchmesser errichtet und mit einem Cassegrain-Teleskop von Zeiss (500 mm Öffnung, 7500 mm Brennweite) sowie einem Coudé-Refraktor (150 mm Öffnung, 2250 mm Brennweite) ausgestattet. Zwei weitere Kuppeln am Dach des Hauptgebäudes beherbergen einen Astrografen (120 mm Öffnung, 600 mm Brennweite) sowie den historischen Urania-Refraktor von 1888, der aus der Berliner Urania umgesetzt wurde. Weiterhin befinden sich in je einer Rolldachhütte auf dem Hauptgebäude ein Kometensucher (Öffnung 250 mm, Brennweite 1620 mm) sowie ein Newton-Teleskop (Öffnung 250 mm, Brennweite 1978 mm).