Die 1960 eingeführte Zeitskala der Ephemeridenzeit (ET, engl. Ephemeris Time) ist ein durch die Dynamik des Sonnensystems definiertes, völlig gleichmäßiges Zeitmaß – im Gegensatz zur bürgerlichen Zeit (Weltzeit, MEZ usw.), die sich nach der momentanen Erdrotation richtet. Die Einführung der ET erfolgte durch die Internationale Astronomische Union in Absprache mit anderen Naturwissenschaften und der Messtechnik.
1984 wurde die Ephemeridenzeit durch die Dynamische Zeit (DT), international abgekürzt TD (frz. temps dynamique) abgelöst. Sie wird in zwei Versionen geführt, der TDT, Terrestrische Dynamische Zeit (geozentrisch) und der TDB, Baryzentrische Dynamische Zeit (in Bezug auf den Massenschwerpunkt des Sonnensystems).
Die fundamentale Einheit Ephemeridensekunde ist eine spezifische Definition der Einheit Sekunde, die im Gegensatz zur Sekunde des Sonnentags eine konstante Länge hat. Sie basiert auf der mittleren Erdrotation 1900–1905 und wurde 1967 von der Atomsekunde, der heutigen Sekunde abgelöst.
Die kleinen Unregelmäßigkeiten der Erdrotation, die seit etwa 1890 vermutet wurden und im Bereich weniger Millisekunden liegen, hatten sich bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts bereits auf mehrere Zehnersekunden summiert, wodurch dringender Bedarf nach einer Zeitreform bestand. Um 1950 war die Genauigkeit der ein Jahrzehnt vorher erfundenen Quarzuhren so weit gestiegen, dass eine einwandfreie Reform des Zeitsystems bewerkstelligt werden konnte.
Die merkliche, bis heute monoton zunehmende Zeitdifferenz von Ephemeriden- und bürgerlicher Zeit, die alle 1–2 Jahre eine Schaltsekunde nötig macht, hängt u. a. mit der um 1900 begonnenen interdisziplinären Festlegung der fundamentalen Größen von Naturwissenschaft und Technik zusammen. Sie erfolgte hinsichtlich des Zeitsystems auf Basis jahrelanger, international abgestimmter Messkampagnen, die von 1900 bis 1905 liefen. Auf den damaligen Ergebnissen beruht unser Zeitsystem bis heute – siehe auch die Definition des Erdrotationspols CIO und des Geodätischen Bezugsystems GRS80.
Nun war aber 1900–1905 die Erdrotation – wie man erst nachträglich durch gesteigerte Messgenauigkeit nachweisen konnte – etwas langsamer als im langjährigen Durchschnitt. Dadurch liefen die erdgebundene und die durch Erd- und Planetenbahnen definierte, exaktere Zeitskala zunehmend auseinander, was durch die Definition der Ephemeridenzeit physikalisch reproduzierbar behoben wurde. Man blieb zwar 1960 weiterhin bei der 60 Jahre zuvor definierten Sekunde, gab ihr aber zur Unterscheidung von anderen fundamentalen Zeitmaßen den Namen Ephemeridensekunde.
Der Name Ephemeridenzeit kommt von Ephemeriden, worunter die Astronomie ein mathematisches System von Formeln und Tabellen versteht, mit dem Zeitpunkte astronomischer Ereignisse vorausberechnet werden. Die ersten Ephemeriden gehen vermutlich auf antike Astronomen zurück und wurden ab etwa 1300 für die zunehmende Schifffahrt und genauere Navigation wesentlich verfeinert (siehe Alfonsinische Tafeln, Mondbahn, Jupitermonde und Längenproblem).
Als Ephemeridensekunde diente ab 1960 der 31.556.925,9747ste Teil des Tropischen Jahres, wie es zum 0. Januar 1900 (= 31. Dezember 1899) 12:00 UT bestand.
Zu diesem Zeitpunkt stimmten Weltzeit (seinerzeit UT, Universal Time) und ET fast überein. Die Ephemeridenzeit war eine ideal gleichförmig verlaufende Zeit, auf deren Basis die Berechnung astronomischer Ereignisse über lange Zeiträume hinweg (Jahrtausende) zuverlässig möglich war. Die Abweichung der Ephemeridenzeit von anderen Zeitsystemen (Formelzeichen ΔT) konnte zwar mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden, aber anhand astronomischer Messungen (hauptsächlich Vermessungen des Mondlaufs) stets nur nachträglich genau bestimmt werden.
Bei der ET-Einführung 1964 betrug diese Zeitkorrektion ΔT = TDT - UTC etwa 40 Sekunden (?), während sie zu Jahresbeginn 2006 durch die wegen der ungleichmäßigen Erdrotation benötigten Schaltsekunden auf 65,184 s angewachsen war.
Als Ende der 1970er Jahre der technische Fortschritt die Methoden der Zeitmessung nochmals um über 1 Zehnerpotenz genauer machte, entschloss sich die Internationale Astronomische Union mit Stichtag 1. Januar 1984 zu einer behutsamen Neudefinition einiger Zeitskalen: