Die European Remote Sensing Satellites ERS-1 und ERS-2 sind zwei Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), die der Fernerkundung der Erdoberfläche dienten. Beide Satelliten sind nicht mehr in Betrieb. ERS-1 war der erste Erdbeobachtungssatellit der ESA und eine ihrer wichtigsten Satellitenentwicklungen der 1980er Jahre.
Erste Projektstudien begannen 1978. Die DASA war Hauptauftragnehmer für beide Missionen und lieferte sowohl die Plattform als auch einige Hauptinstrumente. Ausgerüstet waren die Satelliten mit jeweils mehreren („multidisziplinären“) Messtechniken für verschiedene Spektralbereiche (UV/VIS-Bereich, Infrarot-Bereich, Mikrowellen). Gebaut wurden ERS-1 und ERS-2 von einem Firmenkonsortium unter der Systemführung der Dornier-System GmbH in Friedrichshafen. Diese Firma hat zudem den SAR-Sensor entwickelt. Ebenso wurde die ERS-Bodenstation in der Antarktis bei Dornier gebaut.
Die beiden Satelliten wurden am 17. Juli 1991 und 21. April 1995 mit Ariane-4-Raketen in die Erdumlaufbahn gebracht. Die ERS-Satelliten umrundeten die Erde in etwa 100 Minuten und laufen auf nahezu polaren Umlaufbahnen, wodurch sie sonnensynchron ausgelegt werden konnten. Das bedeutet, dass die Bahnebenen immer im selben Winkel zur Sonne stehen und die aufgenommenen Bildstreifen auch zu verschiedenen Zeiten etwa dieselben Verhältnisse bei Beleuchtung und Kontrast aufweisen.
Die Satellitenbahnen waren so ausgelegt, dass sie in 35 Tagen fast jede Stelle der Erde zumindest einmal mit ihren Sensoren überstrichen.
Dieses streifenförmige Überfliegen kommt durch zwei Effekte zustande: die Erdrotation und die Präzession der Bahnebenen. Die Bahnen von Satelliten stellen Ellipsen oder Kreise dar und verlaufen genähert nach den Kepler-Gesetzen. Ihre Ebenen bleiben im umgebenden Raum (Bezugssystem der Sterne) weitgehend raumfest, sodass sich unser Heimatplanet unter diesen Bahnen hinwegdreht. Das hat zur Folge, dass ERS- und ähnliche Satelliten die Erdoberfläche nach und nach in zusammenhängenden Bildstreifen abtasten können.
Würde ein polarnaher Satellit (Nord-Süd fliegend) nun genau 14-mal täglich die Erde umkreisen, käme er nach jedem Tag fast zum selben Streifen zurück. Hätte also z. B. ERS-2 diese Umlaufzeit von 102,57 Minuten, könnte er die Erdoberfläche zwar täglich entlang gewisser Meridiane beobachten, die dazwischen liegenden Gebiete aber nicht. Man ändert und stabilisiert die Bahnen daher so, dass sie jeden Tag in einem gewissen Abstand zum vorigen Meridian verläuft.
Die ERS-Satelliten umkreisten die Erde auf einer sonnensynchronen Umlaufbahn in zuerst 800 km bei einer Inklination von 98,5°. Die Bahnspur führt etwa 900 km an den Polen vorbei. Die Satelliten rasterten die Erde streifenweise ab und erreichen den Ausgangspunkt nach 35 Tagen. Die Umlaufbahn war als Frozen orbit ausgelegt.
Das wichtigste Messgerät war ein C-Band Synthetic Aperture Radar mit einer Bodenauflösung von 30 m × 30 m. Es war um 12° nach links und rechts schwenkbar und erfasste einen 100 km breiten Streifen auf der Erde. Aufgrund der sonnensynchronen Bahn sah es die Oberfläche immer zur gleichen Ortszeit.
ERS-2 trägt zusätzlich zum Instrumentarium des ERS-1 das GOME-Spektrometer. Weitere Messgeräte sind:
Nach dem Start von ERS-2 konnten die SAR-Sensoren von ERS-1 und ERS-2 in sehr kurzen Zeitabständen (in der Regel einem Tag) dieselbe Erdoberfläche erfassen und diese Daten für Interferometrie benutzt werden. Dabei führen die leicht verschiedenen Orbits der zwei Satelliten (in der Regel wenige 100 Meter) zu leicht unterschiedlichen „Blickwinkeln“ desselben Gebietes der Erdoberfläche. Durch rechnerische Kombination der zwei Aufnahmen konnten somit entweder digitale Höhenmodelle der Erdoberfläche erstellt werden oder auch kleine Bewegungen der Erdoberfläche zwischen den zwei Aufnahmen auf etwa einen Zentimeter genau erfasst und sichtbar gemacht werden (differentielle Radar-Interferometrie, DInSAR).
So lieferten die Satelliten Daten über Veränderungen der Erdoberfläche vor oder nach einem Vulkanausbruch oder über Verschiebungen der Erdoberfläche durch Erdbeben. Die Expansion einer Lavakammer des Ätna oder die Vorhersage der Schlammlawine eines Vulkans in Island waren weitere Beispiele.
Eine ähnliche Kombination von zwei SAR-Sensoren wird mit dem Satelliten TerraSAR-X durchgeführt. Ab Ende 2010 wird dieser gemeinsam mit dem nahezu baugleichen Satelliten TanDEM-X eine mehrjährige gemeinsame interferometrische Mission einleiten.
Der Satellit dient neben der Erreichung von Forschungszielen auch für die Internationale Charta für Weltraum und Naturkatastrophen.
ERS-1 ist seit dem 10. März 2000 nicht mehr aktiv, übertraf aber die geplante Nutzungsdauer um das Doppelte.
Im Juni 2003 fiel der Bandspeicher von ERS-2 aus. Der Satellit konnte die Signale nicht mehr zwischenspeichern, die er bei einer Erdumrundung in 100 Minuten registrierte. Er sendete nur noch die Daten, die er gerade aufnahm, wenn er für 10 Minuten Kontakt mit einer Bodenstation hatte. Durch ein ausgedehntes, internationales Netz von Bodenstationen wurde dieser Nachteil jedoch so gut wie möglich ausgeglichen.
Seit Februar 2001 führten Probleme mit den Kreiselsensoren zu gewissen Einschränkungen in der Nutzbarkeit einiger Sensoren. Diese Probleme konnten 2003 teilweise durch eine neue Software-Steuerung ausgeglichen werden. Ansonsten arbeitet ERS-2 bis 2011 einwandfrei.
Ende 2007 und Anfang 2008 wurde eine Tandem-Mission mit dem ESA-Satelliten Envisat durchgeführt, bei der durch den zeitlich versetzten Überflug (ca. 30 Minuten Differenz) wichtige neue Daten gewonnen wurden, so z. B. über sich rasch verändernde Gletscher in der Arktis.
Am 5. Juli 2011 gab die ESA das Ende der Mission von ERS-2 bekannt. Ab dem 6. Juli wurde die Bahnhöhe des Satellits durch mehrere Bremszündungen von 800 km auf 550 km abgesenkt, wo das Kollisionsrisiko geringer ist. Weiterhin wurden alle Tanks geleert und die Batterien entladen, um zu verhindern, dass Explosionen an Bord weitere Weltraumtrümmer erzeugen. Das letzte Kommando an ERS-2 wurde am 5. September 2011 um 13:16 UTC gesendet.[1] Innerhalb der nächsten 25 Jahre wird ERS-2 dann in der Erdatmosphäre verglühen.[2]