FTIR-Spektrometer

FTIR-Spektrometer

Das FTIR-Spektrometer (Abkürzung für Fourier-Transform-Infrarotspektrometer bzw. Fourier-Transformations-Infrarotspektrometer) ist eine spezielle Variante eines Spektrometers, ein Messgerät für die Infrarotspektroskopie; in diesem Zusammenhang wird auch oft von der FTIR-Spektroskopie gesprochen. Anders als bei dispersiven Messgeräten wird bei FTIR-Spektrometern das Spektrum nicht durch schrittweise erfolgende Änderung der Wellenlänge aufgenommen. Stattdessen wird es durch eine Fourier-Transformation eines gemessenen Interferogramms berechnet. Wesentlicher Bestandteil des Spektrometers ist das Interferometer, z. B. ein Michelson-Interferometer.

Mit einem FTIR-Spektrometer gemessenes Interferogramm
Einkanal-IR-Spektrum nach der Fourier-Transformation des Interferogramms

Das FTIR-Spektrometer

Aufbau

FTIR-Spektrometer mit geöffnetem Probenraum, in dem sich eine einfache Transmissionhalterung befindet
FTIR-Spektrometer ohne Gehäuse

Das FTIR-Spektrometer besteht mindestens aus folgenden Komponenten:

  • Strahlungsquelle: ein schwarzer Körper, der erhitzt wird
  • Strahlengang: eine Anordnung von parabolen und planen Spiegeln, die die Strahlung der Quelle zuerst aufweitet, zwischen zwei parallele Spiegel einkoppelt, auskoppelt und wieder konzentriert.
  • Interferometer, bestehend aus:
    • Strahlteiler: erzeugt aus dem von der Strahlungsquelle kommenden Strahl zwei Strahlen und rekombiniert diese wieder
    • Spiegelantrieb: verändert kontinuierlich den Abstand der Interferometerspiegel
    • HeNe-Laser: als Referenzstrahlungsquelle zur Bestimmung des Ortes des oder der beweglichen Interferometerspiegel
  • Strahlungsdetektor: ein schwarzer Körper, der die Energie der ankommenden Photonen in elektrische Signale umwandelt
  • Rechner: zur Durchführung der Fourier-Transformation des gemessenen elektrischen Signals, im Ergebnis erhält man die spektrale Zusammensetzung, also das IR-Spektrum.

Funktionsweise

Prinzipieller Aufbau eines FTIR-Spektrometers mit Michelson-Interferometer

Die Spiegel sind im System so angeordnet, dass sie beispielsweise ein Michelson-Interferometer bilden. Dabei wird der Strahl, der von der Quelle kommt, durch einen Strahlteiler in zwei Einzelstrahlen aufgespalten. Einer davon wird auf einen festen Spiegel gelenkt und reflektiert, der andere auf einen beweglichen Spiegel. Danach werden die beiden Strahlen wieder zusammengeführt, so dass sie, abhängig von den im Strahl enthaltenen Frequenzen und vom Spiegelweg, interferieren. So erhält man ein Interferogramm mit einem großen Maximum (engl.: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) dort, wo beide Spiegel gleich weit vom Strahlteiler entfernt waren und somit alle Frequenzen additiv interferiert haben, und relativ flachen Ausläufern (engl.: {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)). Das Interferogramm wird dann über eine Fourier-Transformation in ein Spektrum umgewandelt.

Um die Nachweisstärke zu erhöhen, wird der Strahlungsdetektor üblicherweise mit flüssigem Stickstoff auf 77K abgekühlt. Aktuell wird auch eine Kühlung mit Hilfe von Lasern untersucht.[1]

Eigenschaften

Das spektrale Auflösungsvermögen eines FTIR-Spektrometers ist im Wesentlichen durch die endliche Weglänge L des beweglichen Spiegels begrenzt. Es beträgt $ {\frac {\nu }{\Delta \nu }}=2L\nu $. Das heißt, je größer die Scanlänge ist, desto höher ist die spektrale Auflösung. Des Weiteren hängt sie nicht von der Anzahl N der aufgenommenen Messpunkte ab. Diese bestimmt lediglich die maximal messbare Frequenz $ \nu _{\mathrm {max} } $, die nach dem Nyquist-Shannon-Abtasttheorem durch die halbe Samplerate gegeben ist.

Vorteile von FTIR-Spektrometern gegenüber dispersiven Geräten

Verglichen mit dispersiv arbeitenden Spektrometern zeichnet sich ein FTIR-Spektrometer durch wesentlich kürzere Messzeiten und ein damit verbunden besseres Signal-Rausch-Verhältnis aus. Daraus ergeben sich drei wesentliche Vorteile gegenüber dispersiven Geräten:

Durchsatz- oder Jacquinot-Vorteil
Durch Wegfall des bei den dispersiven Spektrometern nötigen Spaltes, welcher die Auflösung bestimmt, erreicht eine größere Lichtmenge den Detektor. Es können kreisrunde Blenden verwendet werden, die anders als Spaltblenden das Licht auch streuen können, solange nicht die nächste Beugungsordnung zum Interferometer gelangt. Es lässt sich so die Lichtausbeute um den Faktor 200 verbessern und damit wiederum das Signal-Rausch-Verhältnis.
Multiplex- oder Fellgett-Vorteil
Durch die Verwendung eines Interferometers statt eines Gittermonochromators wird das Spektrum nicht kontinuierlich in Abhängigkeit von der Wellenlänge gemessen, sondern alle Wellenlängen gleichzeitig, quasi als Momentaufnahme über den gesamten definierten Spektralbereich (Frequenzbereich). Dadurch erhöht sich das Signal-Rausch-Verhältnis um $ {\sqrt {N}} $ (bei $ N $ Spektralelementen).
Connes-Vorteil
Durch die Verwendung eines HeNe-Lasers als Referenz ergibt sich eine wesentlich höhere Genauigkeit der Frequenz- oder Wellenlängen-Achse im IR-Spektrum als bei dispersiven Spektrometern. Eine Genauigkeit der Wellenzahl von 0,001 cm−1 ist erreichbar.

Wie der Fellgett-Vorteil schon andeutet, ist das Spektrum eine Momentaufnahme. Das trifft besonders für die {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)-FTIR-Spektrometer zu. Diese erlauben mit Aufnahmezeiten von Bruchteilen einer Sekunde die Studien dynamischer Prozesse.

Anwendungen

Die FTIR-Spektrometer haben seit Ende der 1970er Jahre die dispersiven Geräte aus den Laboren zunehmend verdrängt. Heutzutage sind sie die meistverwendeten Spektrometer im Bereich der Infrarotspektroskopie. Zudem werden von verschiedenen Herstellern bereits FTIR-Spektrometer für Standardanalysen angeboten, die bequem auf einem Labortisch Platz finden. Auch werden transportable Geräte in zum Teil robusten Gehäusen angeboten, die auch für mobile Anwendungen oder Anwendungen im Bereich der Online-Prozessanalyse eingesetzt werden können.

Durch die Möglichkeit, im Vergleich zu dispersiven Spektrometern deutlich schnellere Messungen durchführen zu können, eignet es sich besonders für zeitabhängige Abläufe. Ein Anwendungsbeispiel ist die Identifizierung von Mikroorganismen. Durch Abgleich der Spektren kultivierter Mikroorganismen mit Datenbanken kann eine Zuordnung nach Genus teilweise auch Spezies erfolgen.[2][3] Die Behördliche Lebensmittelüberwachung in Deutschland nutzt FT-IR zur epidemiologischen Aufklärung von Infektionswegen und arbeitet dabei interdisziplinär mit Medizinern und Veterinärmedizinern zusammen.[4]

Ein anderer Anwendungsbereich ist die Prozessanalytik oder In-situ-Spektroskopie. Die FTIR-Technik erlaubt beispielsweise eine Online-Reaktionsverfolgung im Chemie- oder Bioreaktor. Da die Spektrometer bzw. deren Interferometer schwingungsarm gelagert werden sollten und „relativ“ groß sind, muss der Strahlengang aus dem Spektrometer hinaus in das Reaktionsgefäß hinein und wieder heraus zum Detektor geleitet werden. Dies wird heutzutage oft über flexible faseroptische ATR-Sonden ermöglicht.

Ein weiterer Bereich, in dem FTIR-Spektrometer weite Verbreitung gefunden haben, ist die Messung von Emissionen aus Verbrennungsvorgängen, wie Motoren oder Kraftwerken. Dies wurde hauptsächlich durch die Einführung des SCR- Verfahrens bei Fahrzeugen befördert, da hierdurch die gleichzeitige Messung aller für das Verfahren relevanten Größen, wie NO, NO2, NH3, N2O, H2O, CO2 möglich ist. Einzige Ausnahme stellt die Messung von Kohlenwasserstoffen dar. Hier kommt es zu größeren Abweichungen zwischen den mit einem FID bestimmten Konzentrationen. Der Grund hierfür liegt darin, dass mit Hilfe des FIDs ein Summen-Kohlenwasserstoffwert bestimmt wird, während das FTIR die Konzentration spezifischer Kohlenwasserstoffe bestimmt. Da das Abgas bis zu mehreren Hundert unterschiedliche Kohlenwasserstoffverbindungen enthalten kann, kommt es zu einer Mindererfassung der Summen-Kohlenwasserstoffe durch das FTIR-Spektrometer.[5]

Mittels automatisiertem FTIR-Spektrometer kann der Formaldehydgehalt im Abgas von Verbrennungsmotoren ermittelt werden. Das zu beprobende Abgas durchströmt eine Messzelle, die von Infrarotstrahlung des Spektrometers durchleuchtet wird. Die Abschwächung bestimmter Wellenlängen gibt Auskunft über die Zusammensetzung des Abgases.[6] Im Vergleich zu anderen Emissionsmessverfahren für Formaldehyd werden die Messergebnisse direkt ausgegeben.[7]

Einzelnachweise

  1. Markus P. Hehlen, Junwei Meng, Alexander R. Albrecht, Eric R. Lee, Aram Gragossian, Steven P. Love, Christopher E. Hamilton, Richard I. Epstein and Mansoor Sheik-Bahae: First demonstration of an all-solid-state optical cryocooler. In: Springer (Hrsg.): Light: Science & Applications. Band 7(1):15, 2018, doi:10.1038/s41377-018-0028-7.
  2. Mareike Wenning, Herbert Seiler, Siegfried Scherer: Fourier-Transform Infrared Microspectroscopy, a Novel and Rapid Tool for Identification of Yeasts. In: Applied and Environmental Microbiology. Band 68, Nr. 10, 1. Oktober 2002, ISSN 0099-2240, S. 4717–4721, doi:10.1128/aem.68.10.4717-4721.2002, PMID 12324312.
  3. Herbert Seiler und Siegfried Scherer: FTIR-Spektrenbibliotheken für die Identifizierung von Mikroorganismen, Institut für Mikrobiologie, FML Freising-Weihenstephan
  4. N. Mauder, J. Rau: Infrarotspektroskopie - ein Multi-Tool für die Mikrobiologie, CVUA Stuttgart
  5. Basil Daham, Gordon E. Andrews, Hu Li, Rosario Ballesteros, Margaret C. Bell, James Tate and Karl Ropkins: Application of a Portable FTIR for Measuring On-road Emissions. In: SAE (Hrsg.): SAE Technical Paper Series. Band 2005-01-0676. SAE, 2005, doi:10.4271/2005-01-0676.
  6. VDI 3862 Blatt 8 Messen gasförmiger Emissionen; Messen von Formaldehyd im Abgas von Verbrennungsmotoren; FTIR-Verfahren (Measurement of gaseous emissions; Measurement of formaldehyde in the exhaust gas of combustion engines; FTIR method). Beuth Verlag, Berlin, S. 3–4.
  7. Wolfgang Schreier: Emissionsmessungen an Gasmotoren. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 69, Nr. 1/2, 2009, ISSN 0949-8036, S. 25–30.

Weblinks

Literatur

  • Hans-Ulrich Gremlich, Helmut Günzler: IR-Spektroskopie: Eine Einführung. 4. Auflage. Wiley-VCH, 2003, ISBN 3-527-30801-6.