Die Heisenbergsche Unschärferelation oder Unbestimmtheitsrelation (seltener auch Unschärfeprinzip) ist die Aussage der Quantenphysik, dass zwei komplementäre Eigenschaften eines Teilchens nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmbar sind. Das bekannteste Beispiel für ein Paar solcher Eigenschaften sind Ort und Impuls.
Die Unschärferelation ist nicht die Folge technisch behebbarer Unzulänglichkeiten eines entsprechenden Messinstrumentes, sondern prinzipieller Natur. Sie wurde 1927 von Werner Heisenberg im Rahmen der Quantenmechanik formuliert. Die heisenbergsche Unschärferelation kann als Ausdruck des Wellencharakters der Materie betrachtet werden. Sie gilt als Grundlage der Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik.[1][2]
Die Quantenmechanik ist eine der fundamentalen Theorien für die Beschreibung unserer physikalischen Welt. Der konzeptionelle Aufbau dieser Theorie unterscheidet sich tiefgreifend von dem der klassischen Physik.
Die Aussagen der Quantenmechanik über unsere Welt sind Aussagen über Ausgänge von Messungen. Im Gegensatz zur klassischen Physik können in jedem Fall nur Wahrscheinlichkeitsaussagen getroffen werden, man kann also nur die Werteverteilung bei der Messung an einem Ensemble von gleichartigen Systemen vorhersagen. Die heisenbergsche Unschärferelation ergibt sich daraus, dass ein physikalisches System in der Quantenmechanik mit Hilfe einer Wellenfunktion beschrieben wird. Während in der klassischen Mechanik Ort bzw. Impuls einfache Größen sind, die prinzipiell exakt messbar sind, ergeben sich ihre Verteilungen in der Quantenmechanik als Betragsquadrat der Wellenfunktion bzw. ihrer Fouriertransformierten, d. h., sie sind nicht unabhängig voneinander festlegbar. Da die Verteilungen von Ort und Impuls beide von der Wellenfunktion des Systems abhängen, sind auch die Standardabweichungen der Messungen voneinander abhängig. Je genauer man den Ort eines Teilchens in der üblichen quantenmechanischen Beschreibung festlegen will, umso größer wird die Unschärfe des Impulses – und umgekehrt.
Folgende Analogie veranschaulicht die Unbestimmtheit: nehmen wir an, dass wir ein zeitveränderliches Signal haben, z. B. eine Schallwelle, und wir die genaue Frequenz dieses Signals zu einem bestimmten Zeitpunkt messen wollen. Das ist unmöglich, denn um die Frequenz einigermaßen exakt zu ermitteln, müssen wir das Signal über eine genügend lange Zeitspanne beobachten (siehe Küpfmüllersche Unbestimmtheitsrelation), und dadurch verlieren wir Zeitpräzision. D. h., ein Ton kann nicht innerhalb nur einer beliebig kurzen Zeitspanne da sein, wie etwa ein kurzer Schrei, und gleichzeitig eine exakte Frequenz besitzen, wie sie etwa ein ununterbrochener reiner Ton hat. Die Dauer und die Frequenz der Welle sind analog zum Ort und Impuls eines Teilchens zu betrachten.
Die erste Formulierung einer Unschärferelation in der Quantenmechanik betraf die gleichzeitige Kenntnis von Ort und Impuls eines Teilchens. Im Jahre 1927 veröffentlichte Heisenberg seine Arbeit Über den anschaulichen Inhalt der quantentheoretischen Kinematik und Mechanik[1] und argumentierte, dass die mikroskopische Bestimmung des Ortes $ x $ eines Teilchens im Allgemeinen zu einer Beeinflussung (Störung) des Impulses $ p $ des Teilchens führen muss. Wenn also der Ort eines Elektrons durch optische Beobachtung (im einfachsten Fall: Sehen) bestimmt werden soll, so kann das Teilchen beleuchtet werden, damit mindestens eins der einfallenden Lichtquanten in das Messinstrument (Auge, Mikroskop) gestreut wird.
Einerseits ist die Ungenauigkeit $ \Delta x $ des Ortes dabei abhängig von der Wellenlänge des verwendeten Lichtes. Andererseits wirkt die Ablenkung des Lichtquants wie ein Stoß auf das Teilchen, wodurch der Impuls des Körpers eine Unbestimmtheit von $ \Delta p $ erfährt (Comptonstreuung). Als prinzipielle Untergrenze für diese Unbestimmtheiten schätzte Heisenberg mit Hilfe der De-Broglie-Beziehung ab, dass das Produkt von $ \Delta x $ und $ \Delta p $ nicht kleiner sein kann als die für die Quantenphysik charakteristische Naturkonstante, das plancksche Wirkungsquantum $ h $. Diese fundamentale Grenze der Messbarkeit formulierte Heisenberg in der (symbolischen) Aussage[1][3]
Der zunächst qualitative Charakter dieser Abschätzung rührt daher, dass die Aussage nicht (streng) bewiesen und die verwendete Notation für die Unbestimmtheiten nicht genau definiert ist. Bei geeigneter Interpretation der Notation im Rahmen der modernen Quantenmechanik zeigt sich jedoch, dass die Formel der Realität sehr nahekommt.
Warum diese charakteristischen Unbestimmtheiten weder im Alltag noch in der Forschung früher bemerkt worden waren, kann man verstehen, wenn man sich die Kleinheit des Planckschen Wirkungsquantums gegenüber den typisch erreichbaren Messgenauigkeiten für Ort und Impuls vergegenwärtigt. Dazu die folgenden Beispiele:
Unter dem Begriff des Unschärfe- oder auch Unbestimmtheitsprinzips werden die folgenden Aussagen zusammengefasst, die zwar miteinander verwandt sind, jedoch physikalisch unterschiedliche Bedeutung haben.[4] Sie sind hier beispielhaft für das Paar Ort und Impuls notiert.
Jede dieser drei Aussagen lässt sich quantitativ in Form sogenannter Unschärferelationen formulieren, die eine untere Grenze für die erreichbare minimale Unschärfe der Präparation bzw. Messung angeben.
Auch zwischen anderen Paaren physikalischer Größen können Unschärferelationen gelten. Die Voraussetzung dafür ist, dass der Kommutator der beiden den Größen zugeordneten quantenmechanischen Operatoren nicht null ist. Beispielsweise haben Franke-Arnold u. M. experimentell nachgewiesen, dass eine entsprechende Relation zwischen Winkelstellung und Drehimpuls gilt.[5]
Bei der Formulierung von Unbestimmtheitsrelationen im Rahmen der Quantenmechanik gibt es verschiedene Vorgehensweisen, die sich auf jeweils unterschiedliche Arten von Messprozessen beziehen. Abhängig von dem jeweils zugrunde gelegten Messprozess ergeben sich dann entsprechende mathematische Aussagen.
Bei der populärsten Variante von Unschärferelationen wird die Unschärfe des Ortes x und des Impulses p jeweils durch deren statistische Streuung σx und σp definiert. Die Unschärferelation besagt in diesem Fall[1][6]
wobei $ \hbar ={\frac {h}{2\pi }} $ und $ \pi $ die Kreiszahl ist.
Im Rahmen des Formalismus der Quantenmechanik ergeben sich die Wahrscheinlichkeitsverteilungen für Orts- und Impulsmessungen und damit die Standardabweichungen aus den zugehörigen Wellenfunktionen ψ(x) und φ(p). Die Streuungs-Ungleichung folgt dann aus dem Umstand, dass diese Wellenfunktionen bezüglich Ort und Impuls über eine Fourier-Transformation miteinander verknüpft sind. Die Fourier-Transformierte eines räumlich begrenzten Wellenpakets ist wieder ein Wellenpaket, wobei das Produkt der Paketbreiten einer Beziehung gehorcht, die der obigen Ungleichung entspricht.
Zustände minimaler Unschärfe werden dabei solche Wellenfunktionen ψ(x) und φ(p) genannt, für die sich das Gleichheitszeichen der Ungleichung ergibt. Heisenberg[1] und Kennard[6] haben gezeigt, dass diese Eigenschaft für gaußförmige Wellenfunktionen erreicht wird. Man beachte dabei, dass die Standardabweichung einer gaußschen Wahrscheinlichkeitsdichte nicht unmittelbar als Vorstellung für ihre Gesamtbreite geeignet ist, da z. B. der Wertebereich, in dem sich Ort oder Impuls mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % befinden, jeweils etwa viermal so groß ist.
Bei der von Heisenberg ursprünglich publizierten Variante der Unbestimmtheitsrelation wird der Begriff der Unschärfe von Ort und Impuls nicht immer durch die statistische Streuung dargestellt.[1][3] Ein Beispiel dafür ist das häufig diskutierte Gedankenexperiment, in dem mit Hilfe des Einfachspaltes Ort und Impuls von Teilchen bestimmt werden soll: ein breiter Strahl parallel fliegender Elektronen mit gleichem Impuls trifft auf einen Schirm mit einem Spalt der Breite $ \Delta x $ (siehe Abbildung rechts). Beim Durchtritt durch den Spalt ist die Ortskoordinate der Elektronen (in Richtung quer zum Spalt) bis auf die Unsicherheit $ \Delta x $ bekannt. Die Ausblendung verursacht eine Beugung des Strahls, wobei nach dem huygensschen Prinzip von allen Punkten des Spalts Elementarwellen ausgehen. Dies führt nach dem Durchtritt durch den Spalt zu einer Aufweitung des Strahls, d. h. für jedes einzelne Elektron zu einer Ablenkung um einen gewissen Winkel $ \alpha $.
Nun werden die folgenden Voraussetzungen getroffen:
Die letzten beiden Relationen ergeben zusammen mit der Formel von de Broglie die folgende Einschränkung für die betrachteten Streuwinkel:
Werden nun ausschließlich die äußeren Terme in diesem Ausdruck betrachtet, so ergibt sich nach Multiplikation mit p·Δx die Relation von Heisenberg:[1]
Der wesentliche Unterschied der beiden Ungleichungen (1) und (2) liegt sowohl in der jeweiligen Präparation als auch in den zugrunde gelegten Messprozessen. Bei der Streuungsrelation (1) bezieht sich die Messung der Streuungen σx und σp auf unterschiedliche Stichproben von Teilchen, weshalb man in diesem Fall nicht von simultanen Messungen sprechen kann.[7] Der physikalische Inhalt der Heisenberg-Relation (2) kann daher nicht durch die Kennard-Relation (1) beschrieben werden.[8]
Eine Aussage, die sich auf die Präparation (Projektion) durch einen Spalt im Sinne von (2) bezieht und dennoch eine Abschätzung für die Streuung σp des Impulses ergibt, lässt sich wie folgt formulieren: für Teilchen (Wellenfunktionen), die in einem endlichen Intervall Δx präpariert wurden, erfüllt die Standardabweichung für den Impuls die Ungleichung:[9]
Die minimal mögliche Streuung der Impulsverteilung ist demnach von der vorgegebenen Breite Δx des Spaltes abhängig. Hingegen bezieht sich die Präparation bei Ungleichung (1) auf solche Teilchen, von denen bekannt ist, dass sie vor der Impulsmessung eine Streuung σx hatten. Somit können die Teilchen des Spaltversuches die untere Schranke von Ungleichung (1) nicht erreichen, da gaußsche Wahrscheinlichkeitsdichten auf der gesamten reellen Achse ungleich Null sind und nicht nur in einem endlichen Teilbereich der Länge Δx.
Unabhängig davon, welche Präparation der Wellenfunktion im Ortsraum vorgenommen wird, zeigt also das Beugungsexperiment von Heisenberg, dass auch für die Messung der Wahrscheinlichkeitsdichte des Impulses immer eine vorherige Fouriertransformation notwendig ist. Heisenberg versteht hier also unter der unvermeidbaren „Störung des Systems“ den Einfluss dieser Fouriertransformation auf den quantenmechanischen Zustand im Ortsraum. Im Experiment wird diese Störung durch die zeitliche Propagation und das Zerfließen der Wellenfunktion zwischen Spalt und Schirm bewirkt. Letzteres entspricht gerade Aussage 3 des vorherigen Kapitels.
Eine weitere Variante von Ungleichungen, die den Einfluss der Wechselwirkung zwischen Messobjekt und Messapparatur im Rahmen eines Von-Neumann-Messprozesses explizit berücksichtigt, führt zu folgendem Ausdruck (Ozawa-Ungleichung):[10]
Die neuen Variablen εx und ηp bezeichnen dabei den Einfluss des Messapparates auf die betrachteten Messgrößen:
Die beiden Maße für die Unbestimmtheit unterscheiden sich konzeptionell voneinander, da im zweiten Fall der Messwert des Impulses, der am Ende angezeigt würde, unberücksichtigt gelassen wird.
Unter der Annahme, dass
wurde aus Relation (1) die Ungleichung[10]
gefolgert, was von dem japanischen Physiker Masanao Ozawa als Ausdruck für den Messprozess von Heisenberg interpretiert wird. Da es sich aber bei der hier vorliegenden Betrachtung nicht um eine simultane Messung im Sinne von Heisenberg handelt (σp ist unberücksichtigt), ist zu erwarten, dass das Produkt εx·ηp auch Werte kleiner als ħ/2 annehmen kann. Dies veranlasste einige Autoren zu der Aussage, dass Heisenberg irrte.
Das zugrunde liegende Konzept, das den Einfluss der Wechselwirkung innerhalb des Messgerätes auf die physikalischen Observablen explizit berücksichtigt, wurde 2012 durch Experimente mit Neutronenspins[11] und durch Versuche mit polarisierten Photonen verifiziert.[12][13]
Die zuerst von Kennard bewiesene Ungleichung (1) wurde 1929 von Howard P. Robertson formal verallgemeinert.[14] Mit dieser Verallgemeinerung lassen sich auch Unschärfebeziehungen zwischen weiteren physikalischen Größen angeben. Dazu gehören beispielsweise Ungleichungen bezüglich unterschiedlicher Drehimpulskomponenten, zwischen Energie und Impuls oder auch Energie und Ort.
Allgemein kann für zwei Observable A und B in Bra-Ket-Notation die folgende Ungleichung formuliert werden:[14]
Hierbei sind
Anders als bei der für Ort und Impuls bestehenden Relation (1) kann in der verallgemeinerten Relation von Robertson auch die rechte Seite der Ungleichung explizit von der Wellenfunktion abhängig sein. Das Produkt der Streuungen von A und B kann daher sogar den Wert null annehmen, und zwar nicht nur dann, wenn die Observablen A und B miteinander kommutieren, sondern für spezielle $ \psi $ selbst dann, wenn dies nicht der Fall ist.
Für Ort und Impuls sowie andere Paare komplementärer Observablen ist der Kommutator aber jeweils proportional zum Einheitsoperator; daher kann für komplementäre Observablen der Erwartungswert in der Relation von Robertson nie null werden. Andere in diesem Zusammenhang oft genannte Variable, die nicht miteinander vertauschen (z. B. zwei verschiedene Drehimpulskomponenten), sind hingegen nicht zueinander komplementär, weil ihr Vertauschungsprodukt keine Zahl, sondern ein Operator ist. Solche Paare von Observablen heißen inkommensurabel.
Vertauschbare Observable sind hingegen in jedem Fall, d. h. für alle $ \psi $, gleichzeitig streuungsfrei messbar, da ihr Kommutator verschwindet. Es handelt sich dann um kompatible, kommensurable oder verträgliche Observablen.
Die obige Ungleichung kann in wenigen Zeilen bewiesen werden:
Zunächst werden die Varianzen der Operatoren A und B mit Hilfe von zwei Zustandsfunktionen f und g dargestellt, d. h., es sei
Damit erhält man für die Varianzen der Operatoren die Darstellungen:
Unter Verwendung der schwarzschen Ungleichung ergibt sich daraus:
Um diese Ungleichung in die gebräuchliche Form zu bringen, wird die rechte Seite weiter abgeschätzt und berechnet. Dazu verwendet man, dass das Betragsquadrat einer beliebigen komplexen Zahl z nicht kleiner als das Quadrat ihres Imaginärteils sein kann, d. h.
wobei $ \operatorname {Im} (z) $ den Imaginärteil von $ z $ darstellt. Mit der Substitution $ z:=\langle f|g\rangle $ ergibt sich daraus für das Produkt der Varianzen die Abschätzung
Für die darin auftretenden Skalarprodukte $ \langle f|g\rangle $ und $ \langle g|f\rangle $ erhält man durch weiteres Ausrechnen
Damit ergibt sich für die Differenz in der Ungleichung
also gerade der Erwartungswert des Kommutators. Das führt schließlich zur Ungleichung
und ein Wurzelziehen liefert die oben angegebene Ungleichung.
Als gegeben werden angenommen:[15]
Davon ausgehend lassen sich die folgenden Rechenschritte durchführen:
Es ist:
Also gilt:
Das bedeutet:
Also folgt mit Cauchy-Schwarz:
Sind nun $ r,s\in \mathbb {R} $ zwei beliebige Skalare, so gilt die Kommutatorgleichung in gleicher Weise auch für $ {\hat {A}}_{r}={\hat {A}}-r\mathbf {1} _{\mathcal {H}} $ und $ {\hat {B}}_{s}={\hat {B}}-s\mathbf {1} _{\mathcal {H}} $.
Folglich hat man stets ganz allgemein:
Infolge des Schrittes 2 erhält dann wegen $ \|\psi \|=1 $ mit $ r=\langle {\hat {A}}\psi ,\psi \rangle $ und $ s=\langle {\hat {B}}\psi ,\psi \rangle $ stets
Für den quantenmechanisch relevanten Fall $ \textstyle a={\frac {\hbar }{\mathrm {i} }} $[Anm. 4] bekommt man die heisenbergsche Unschärferelation
1. Wählt man im vorhergehenden Kapitel für die Operatoren $ A=x $ sowie $ B=p $ und verwendet, dass für den Kommutator von Ort und Impuls $ [x,p]=i\hbar $ gilt, so ergibt die Ungleichung von Robertson die Relation von Kennard. Die rechte Seite der Relation ist dabei unabhängig von der Wellenfunktion des Teilchens, da der Kommutator in diesem Fall eine Konstante ist.
2. Eine Unschärferelation für die Messung von kinetischer Energie $ \textstyle T={\frac {1}{2}}\cdot {\frac {p^{2}}{m}} $ und Ort $ x $ ergibt sich aus dem Kommutator $ [T,x]=-\mathrm {i} \hbar \cdot p/m $ zu:
In diesem Fall ist die untere Schranke nicht konstant, sondern vom Mittelwert des Impulses abhängig und damit von der Wellenfunktion des Teilchens.
3. Bei einer Messung von Energie und Impuls eines Teilchens in einem vom Ort abhängigen Potential $ V(x) $ hängt der Kommutator der Gesamtenergie $ H=T+V $ und des Impulses $ p $ ab von der Ableitung des Potentials (Kraft): $ [H,p]=-\mathrm {i} \hbar \cdot V'. $ Die entsprechende Unschärferelation für Energie und Impuls ist damit
Auch in diesem Beispiel ist die rechte Seite der Ungleichung im Allgemeinen keine Konstante.
4. Im Fall der Messung von Energie und Zeit lässt sich die Verallgemeinerung von Robertson nicht unmittelbar anwenden, da die Zeit in der Standard-Quantentheorie nicht als Operator definiert ist. Mit Hilfe des ehrenfestschen Theorems und einer alternativen Definition der Zeitunschärfe lässt sich allerdings eine analoge Ungleichung beweisen, siehe Energie-Zeit-Unschärferelation.
5. Für die Zeitabhängigkeit des Ortsoperators eines freien Teilchens im Heisenberg-Bild gilt die Darstellung
Aufgrund der Impulsabhängigkeit in dieser Darstellung ergibt sich, dass der Kommutator von zwei Ortsoperatoren zu den unterschiedlichen Zeitpunkten 0 und $ t $ nicht verschwindet: $ [x(0),x(t)]=\mathrm {i} \hbar \cdot t/m $ Daraus folgt für das Produkt der Streuungen der beiden Ortsmessungen im zeitlichen Abstand $ t $ die Unschärferelation
Je mehr Zeit zwischen den beiden Streuungsmessungen vergeht, desto größer wird also die minimal erreichbare Unschärfe. Für zwei instantan, d. h. gleichzeitig durchgeführte Messungen des Ortes dagegen (t = 0) verschwindet der Kommutator und die untere Schranke der Ungleichung wird gleich 0.
6. Die minimale Breite einer Tunnelbarriere kann über die Unschärferelation abgeschätzt werden. Betrachtet man ein Elektron mit der Masse $ m_{e} $ und der elektrischen Ladung $ e, $ das eine Potentialdifferenz $ U $ durchtunnelt, so ergibt sich für die Ortsunschärfe und somit die minimale Breite der Tunnelbarriere
Bei einer Potentialdifferenz von 100 mV, wie sie etwa bei der Rastertunnelmikroskopie vorkommt, ergibt sich aufgrund dieser Beziehung eine kleinste Tunnelbarriere von etwa 0,3 nm, was sich gut mit experimentellen Beobachtungen deckt.[16]