Helium-Atom-Streuung (HAS) (auch Heliumatomstrahlstreuung) ist eine Charakterisierungsmethode für Oberflächen (Oberflächenphysik). Sie kann zur Untersuchung der Oberfläche von kristallinen Substraten im Ultra-Hoch-Vakuum (UHV) eingesetzt werden. Dabei wird ein Heliumgasstrahl an der periodischen Oberfläche der Einkristalle gebeugt. Aus der Form der so bestimmten „Beugung-Peaks“ lassen sich die Qualität der Oberfläche sowie die mittlere Terrassenbreite und auch die mittlere Terrassenhöhe ermitteln. Weiterhin können mit Hilfe von HAS Gitterkonstanten, Desorptionsenergien und Phononen untersucht werden.
In einer Heliumatomstreuungsapparatur wird hochreines Helium (99,9999 %) bei hohem Druck von mindestens 50 bar durch eine Düse von 10 μm Durchmesser in ein Vakuum expandiert. Da der He-He-Streuquerschnitt groß ist, kommt es bei der Expansion zu einer Vielzahl an Stößen, an deren Ende ein monoenergetischer Heliumstrahl mit einer Energiebreite von weniger als 2 % steht. Die Energie dieses Strahles kann über die Temperatur der Düse von 20 meV bis zu 60 meV variiert werden. Der so erzeugte Heliumstrahl wird in der Analysekammer am Kristall gebeugt. Der gebeugte Heliumstrahl gelangt durch eine Laufstrecke in den Detektor, wo ein Massenspektrometer einen kleinen Teil der Heliumatome ionisiert und detektiert.
Zur Reflexion der Heliumatome von der Oberfläche kommt es durch Pauli-Repulsion. Das Helium-Oberflächen-Wechselwirkungspotential kann mit einem stark abstoßenden und einem vernachlässigbaren, weitreichenden, attraktiven Anteil (van der Waals-Wechselwirkungen) beschrieben werden. Das resultierende Gesamtwechselwirkungspotential hat sein Minimum bei einem Abstand von 4 Å (400 pm) und besitzt typische Topftiefen von 10 meV. Damit kann in erster Näherung das Potential vereinfacht als eine harte Wand mit periodischer Korrugation angesehen werden. An dieser Wand werden Heliumatome gestreut.
Eine Besonderheit der Helium-Streuung ist der große Streuquerschnitt der Heliumatome mit einzelnen Adatomen sowie 1D- und 2D-Defekten. Die Streuquerschnitte der Heliumatome gehen weit (etwa 100 Ų) über die Ausdehnung der Defekte hinaus. Nur Stellen an denen die Oberfläche defektfrei ist, stellen für die Heliumatome eine periodische Struktur dar, an denen sie gebeugt werden können. Heliumatome, die auf Fehlstellen oder Adatome treffen, werden diffus gestreut und tragen nicht zur Intensität der Beugungsreflexe bei.
Eine Heliumstrahlapparatur wird üblicherweise in vier Betriebsarten genutzt.
HAS eignet sich in besonderer Weise zur Untersuchung der Oberfläche von kristallinen Halbleitern und Isolatoren, da ein Strahl ungeladener Heliumatome gebeugt wird und so Aufladungseffekte vermieden werden. Weiterhin hat ein Heliumstrahl mit einer Wellenlänge in der Größenordnung von Gitterkonstanten eine sehr geringe Energie von 20 bis 60 meV. Damit ist die Energie im Vergleich zur Energie der LEED-Elektronen (70 bis 250 eV) so gering, dass die Heliumstreuung absolut zerstörungsfrei ist und somit auch schwach gebundene Adsorbate untersucht werden können. Weiterhin ist HAS die oberflächenempfindlichste Charakterisierungsmethode, da die Heliumatome des Strahles schon vor der Oberfläche reflektiert werden und in erster Näherung dabei keine elektronische Anregung erfahren.
Nachteilig an der Helium-Atom-Streuung ist, dass zur Aufrechterhaltung des UHVs eine enorme Pumpleistung benötigt wird. Üblicherweise besteht eine Heliumstreuapparatur aus etwa 20 Pumpstufen.
Schließlich ist die Methode auf die Untersuchung von entweder kleinen oder starren Adsorbaten beschränkt, da Heliumatome entsprechend der Debye-Waller-Interpretation von weichen Oberflächen leicht inelastisch reflektiert werden.