Die Internationale Charta für Weltraum und Naturkatastrophen (englisch Charter On Cooperation To Achieve The Coordinated Use Of Space Facilities In The Event Of Natural Or Technological Disasters), kurz Charter ‘Space and Major Disasters’ (Charter) ist eine Übereinkunft zwischen partizipierenden Raumfahrtagenturen, weltraumgestützte Daten und Informationen zur Unterstützung von Hilfsmaßnahmen in Katastrophenfällen zur Verfügung zu stellen.
Die Charter ist einzigartig durch ihre Fähigkeit, Agenturen weltweit mit ihrem Knowhow und ihren Satelliten zu mobilisieren, und zwar kostenlos für den jeweiligen Nutzer. Dazu steht ein zentraler Zugriffspunkt an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr zur Verfügung.
Seit ihrer erfolgreichen Implementierung im November 2000 stellt die Charter immer wieder weltraumgestützte Daten nach plötzlichen Naturkatastrophen, wie Überschwemmungen, Wirbelstürmen, Tsunamis, Erdbeben, Erdrutschen, Waldbränden und Vulkanausbrüchen zur Verfügung, sowie auch nach industriellen Großunfällen oder großen Ölverschmutzungen.
Im Anschluss an die Third United Nations Conference on the Exploration and Peaceful Uses of Outer Space (UNISPACE III) in Wien im Juli 1999 initiierten die Europäische und die Französische Weltraumagentur (ESA und CNES) die International Charter on Space and Major Disasters. Die Kanadische Weltraumagentur (CSA) schloss sich ihnen bald darauf an.
Bis Ende 2016 ist die Charta auf eine Gruppe von 16 Mitgliedern angewachsen, und Satellitendaten wurden zur Beobachtung von mehr als 500 Katastrophenereignissen seit dem Jahr 2000 eingesetzt. Die Anzahl der durch die Charta jährlich abgedeckten Katastrophen lag zuletzt bei mehr als 40 (Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2013). Weitere Details und viele aus Satellitendaten abgeleitete Produkte und Karten können im "Activations Archive" auf der Website der Charta eingesehen werden.[1]
Die folgenden 16 Raumfahrtagenturen sind derzeit Mitglieder der Charta und stellen im Rahmen von Charta-Aktivierungen Daten ihrer Erdbeobachtungs-Satelliten zur Verfügung:
Für jeden Katastrophentyp hat die Charter jeweils die für die Katastrophenhilfe nützlichsten Satellitensensoren und Aufnahmeoptionen identifiziert, die dann im konkreten Fall einer Charter-Aktivierung schnellstmöglich angefordert werden. Das Mandat der Charter beschränkt sich dabei auf die schnelle und kostenlose Bereitstellung von Satellitenaufnahmen, jedoch werden oft auch daraus abgeleitete Informationsprodukte wie Karten und Schadensbewertungen zur Verfügung gestellt. Neben neugewonnenen Daten werden auch Archivbilder so schnell wie möglich bereitgestellt, um Schäden im Vergleich der Satellitenbilder von vor und nach der Katastrophe zu visualisieren. Solche Informationen erlauben einen wertvollen Überblick über Gebiete, die am Boden nur schwer zugänglich sind, und helfen somit dabei, zerstörte Infrastruktur zu identifizieren und Gebiete ausfindig zu machen, in denen Hilfe besonders dringend benötigt wird. Die Charter wird von „autorisierten Nutzern“ - in der Regel nationale Katastrophenschutzbehörden - ausgelöst. Für jede Aktivierung der Charter wird ein Projekt Manager benannt, der die Bereitstellung hilfreicher Informationen an den Nutzer koordiniert.
Mit dem Ziel, den Zugang zur Charter für Nutzer weltweit weiter zu erleichtern, haben sich die Mitgliedsagenturen auf das Prinzip des „Universal Access“ verständigt. Dies bedeutet, dass grundsätzlich jede nationale Katastrophenschutzbehörde weltweit in die Lage versetzt werden soll, ein Hilfegesuch an die Charter zu übermitteln. Dabei müssen festgelegte Abläufe befolgt werden, aber es spielt keine Rolle, ob der Notruf aus dem Land eines Charter-Mitglieds oder aus einem anderen Land kommt. Nationale Behörden können zum „autorisierten Nutzer“ der Charter werden, indem sie sich bei der Charter registrieren und an einem Training teilnehmen.