Kanonisches Ensemble

Kanonisches Ensemble

(Weitergeleitet von Kanonische Gesamtheit)

Das kanonische Ensemble (auch kanonische Gesamtheit oder NVT-Ensemble) ist in der statistischen Physik definiert als die Menge aller gleichartigen Systeme mit gleicher Teilchenzahl N in einem gleich großen Volumen V, die mit einem Reservoir Energie austauschen können und mit diesem zusammen ein Gesamtsystem im Zustand des thermischen Gleichgewichts mit einer Temperatur T bilden. Das betrachtete System kann aus einem oder mehreren Teilchen bestehen oder auch ein thermodynamisches Vielteilchensystem sein. Durch Wechselwirkungen mit dem Wärmebad kann sich die Energie des Systems im Rahmen von statistischen Fluktuationen verändern. Das Reservoir ist ein Wärmebad, d. h. es hat eine vorgegebene Temperatur T und ist so viel größer als das betrachtete System, dass es durch die Wechselwirkungen mit diesem nicht nennenswert beeinflusst wird.

Jedes der im Ensemble zusammengefassten gleichartigen Systeme besetzt je einen der vielen Mikrozustände, in denen die N Teilchen im Volumen V mit dem Wärmebad zusammen ein Gesamtsystem im Gleichgewichtszustand bei der gegebenen Temperatur realisieren. Zusammen genommen bilden diese Mikrozustände den kanonischen Zustand, zu dem sie je nach der Häufigkeit beitragen, mit der sie im thermischen Gleichgewicht auftreten. Diese Häufigkeit ist durch den Boltzmann-Faktor gegeben. Klassisch wird der kanonische Zustand durch die Verteilung der Mikrozustände im Phasenraum des Systems beschrieben, also durch eine Dichtefunktion, die von allen unabhängigen Variablen aller Teile oder Teilchen des betrachteten Systems abhängt. Die quantenmechanische Beschreibung erfolgt mit dem Dichteoperator ρ.

Besteht das System aus vielen Teilchen, dann ist es wegen des thermischen Kontakts zum Wärmebad ein thermodynamisches System im thermischen Gleichgewicht bei der Temperatur des Wärmebads. Unter den im kanonischen Ensemble versammelten Kopien des Systems sind dann alle Mikrozustände vertreten, in denen die N Teilchen denselben durch N,V,T festgelegten Makrozustand realisieren. Seine innere Energie U ist dabei keine feststehende Größe, sondern durch den Erwartungswert der Energie E des Systems gegeben: U=E. Ebenso lassen sich alle makroskopischen thermodynamischen Größen als Erwartungswerte über das Ensemble berechnen, zusätzlich aber auch die Größe ihrer statistischen Schwankungen. Als Gleichgewichtszustand hat der kanonische Zustand die höchste Entropie S(ρ), die mit den vorgegebenen Parametern N,V,E verträglich ist.

Kanonischer Zustand

Quantenmechanisch

Die Dichtematrix des kanonischen Zustands eines gegebenen Systems ist

ρ=1Z(β)eβH=1Z(β)n|ΨneβEnΨn|.

Dabei ist H der Hamilton-Operator des (ganzen) Systems, |Ψn ein Energieeigenzustand mit der Energie En, während der Index n eine vollständige Basis dieser Eigenzustände durchläuft. Der Normierungsfaktor ist die kanonische Zustandssumme

Z(β)=Tr(eβH)=neβEn

Der Parameter β erweist sich durch Vergleich mit der klassischen Thermodynamik als die inverse Temperatur:

β=1kBT

Der Faktor eβH repräsentiert den Boltzmann-Faktor.

Die Spur eines Operators ist folgendermaßen definiert: Tr(A)=mm|A|m, wobei die Zustandsvektoren {|m} ein beliebiges vollständiges Orthonormalsystem der Zustände des Systems bilden. Die Spur ist unabhängig von der Wahl dieses Basissystems. Die Spur des kanonischen Zustands ist 1, denn in der Energieeigenbasis ist die zugehörige Dichtematrix diagonal mit den Eigenwerten

ρnn=Ψn|ρ|Ψn=eβEnneβEn.

Im Fall von entarteten Energieeigenwerten (Entartungsgrade gl) lassen sich Summanden der kanonischen Zustandssumme Z so zusammenfassen, dass nur über alle verschiedenen Energien El summiert wird:

Z(β)=neβEn=lgleβEl

Während die Summe über den Index n alle Zustände abzählt, läuft die Summe mit dem Index l nur über die Energielevel.

Klassisch

Analog zur quantenmechanischen Beschreibung ergibt sich der klassische kanonische Zustand (Phasenraumdichte)

ρ=1Z(β)eβH(x1,p1,...,xN,pN)

mit der klassischen Hamilton-Funktion

H(x1,p1,...,xN,pN)

und der kanonischen Zustandssumme

Z(β)=dτeβH(x1,p1,...,xN,pN)

mit

dτ=1ξ1h3Nd3x1d3p1...d3xNd3pN

für das Volumenelement des Phasenraums.

Für N identische Teilchen verhindert der Faktor ξ=N! die Mehrfachzählung ununterscheidbarer Teilchen. Für n verschiedene Teilchensorten mit N1,...,Nn Teilchenzahlen und i=1nNi=N ist der Faktor ξ=N1!...Nn!.

Das Plancksche Wirkungsquantum h tritt in diesem klassischen Ausdruck als Größe der Phasenraumzelle je Freiheitsgrad der Teilchen auf. Diese ist in der klassischen statistischen Physik zwar zunächst beliebig und wird nur aus Dimensionsgründen eingeführt. Sie erwies sich aber gleich dem Planckschen Wirkungsquantum, als die ebenfalls klassische Sackur-Tetrode-Gleichung für die Entropie des idealen Gases an experimentelle Daten angepasst werden konnte.

Die kanonische Zustandssumme Z lässt sich mit dem Phasenraumvolumen Ω(E) für feste Energie (mikrokanonische Zustandsdichte), ausdrücken:

Z(β)=0dEdτδ(EH(x1,p1,,xN,pN))eβE=0dEΩ(E)eβE

Somit ist die kanonische Zustandssumme die Laplace-Transformierte der mikrokanonischen Zustandsdichte Ω(E). Da die Laplace-Transformation umkehrbar eindeutig ist, enthalten beide Funktionen identische Informationen.

Eine Herleitung des Boltzmann-Faktors

Das Wärmebad (Index 2) und das interessierende System (Index 1) haben schwach-energetischen Kontakt. Sie bilden zusammen ein Gesamtsystem, das nach außen vollständig abgeschlossen ist und somit mikrokanonisch beschrieben werden muss.

Der Hamilton-Operator des Gesamtsystems ist H=H1+H2+W, wobei Hi die Hamilton-Operatoren der Teilsysteme und W der Wechselwirkungsoperator ist. Letzterer ist für die Äquilibrierung der Teilsysteme zwar erforderlich, kann unter der Annahme des schwachen Kontakts aber gegenüber H1 und H2 vernachlässigt werden: WH1,H2, d. h. die Wechselwirkungsenergie ist viel kleiner als die Energie der Einzelsysteme. Somit gilt HH1+H2 und man betrachtet zwei praktisch unabhängige Systeme. Dann setzt sich die Energie additiv E=E1+E2 und die Dichtematrix multiplikativ zusammen ρ=ρ1ρ2. Die Entropie S ist wegen lnρ=lnρ1+lnρ2 auch additiv: S=S1+S2. Weiterhin gilt: V=V1+V2 und N=N1+N2.

Die Gesamtenergie bleibt stets konstant:

Eges=E1+E2

Die Energie E2=EgesE1 des Wärmebads sei g2(E2)-fach entartet, die Energie E1 des angekoppelten Systems sei g1(E1)-fach entartet. Der Entartungsgrad des Gesamtsystems zur Energie Eges ist

g12(Eges)=E1=0Egesg1(E1)g2(EgesE1).

Im mikrokanonischen Ensemble hat jeder mögliche Basiszustand dieselbe Wahrscheinlichkeit 1/g12(Eges). Die Wahrscheinlichkeit p1(E1), dass das System 1 die Energie E1 besitzt, ist gleich der Wahrscheinlichkeit p2(E2), dass das Wärmebad die Energie EgesE1 hat; diese ist der Quotient aus Gesamtentartungsgrad zur Energie E1 des Systems 1, nämlich g1(E1)g2(EgesE1), und des Gesamtentartungsgrads g12(Eges):

p1,E(E1)=p2(E2)=g1(E1)g2(EgesE1)g12(Eges)

Bislang wurde nach der Wahrscheinlichkeit p1,E gefragt, dass System 1 eine bestimmte Energie E1 hat. Die Wahrscheinlichkeit p1,Z, das System 1 in einem bestimmten Basiszustand mit Energie E1 zu finden ist:

p1,Z(E1)=p1(E1)g1(E1)=g2(EgesE1)g12(Eges)

p1,Z ist also einfach proportional zur Zahl der Zustände von System 2 mit der passenden Energie:

p1,Z(E1)=Xg2(EgesE1)

Die Proportionalitätskonstante X ergibt sich später einfach aus der Normierung aller pZ auf 1.

Die fragliche Zahl der Zustände von System 2 wird durch eine Taylorentwicklung des Logarithmus angenähert:

ln[g2(EgesE1)]ln[g2(Eges)]ln(g2)EgesE1=ln[g2(Eges)]βE1. Dabei wurde ausgenutzt, dass die Ableitung der Entropie nach der Energie die inverse Temperatur β ist (siehe Mikrokanonisches Ensemble).

Einsetzen in die Gleichung für p1,Z ergibt:

p1,Z(E1)=Xg2(Eges)eE1/kBT=XeE1/kBT

Als Korrektur zu obiger Entwicklung, also in der Ordnung E12, tritt folgender Faktor auf:

122S2(E2)2E2=12T1E2=121T2TE2=12T2(E2T)1=12T2C2

Hier ist C2 die Wärmekapazität des Wärmebades. Die Korrekturterme können vernachlässigt werden, denn mit zunehmender Größe des Wärmebades streben sie gegen Null. Deshalb ist es gerechtfertigt, sich auf die erste Ordnung der Entwicklung zu beschränken.

Die Normierung

alle Zuständep1Z=1

liefert für den Normierungsfaktor einfach die inverse Zustandssumme

X=1/Z,

womit das Endergebnis lautet:

p1Z(E1)=1ZeE1/kBT.

Die Größe eE/kBT heißt Boltzmann-Faktor.

Allgemeine Herleitung

Der Gleichgewichtszustand bei festgelegtem Erwartungswert(en) kann als Variationsproblem aufgefasst werden und mit der Methode der Lagrange-Multiplikatoren hergeleitet werden. Gesucht ist der Dichteoperator ρ, dessen statistische Entropie S(ρ) unter Berücksichtigung von Nebenbedingungen maximal ist:

Der Ausdruck S(ρ)/kB=Tr(ρlnρ) soll mit den Nebenbedingungen Tr(ρ)=1 (Normierungsbedingung) und O=Tr(ρO)=O0 (festgelegter Erwartungswert eines beliebigen Operators O) maximiert werden. Zu maximieren ist also folgendes Funktional des Dichteoperators:

L(ρ,λ,λ~)=Tr(ρlnρ)λ~(Tr(ρ)1)λ(Tr(ρO)O0)

Man erhält eine stationäre Lösung, wenn δL, die erste Variation von L, verschwindet.

0=δL(ρ,λ,λ~)=δTr(ρlnρ)λ~δTr(ρ)λδTr(ρO)=Tr((lnρ+1+λ~+λO)δρ)

Verwendet wurde im letzten Schritt die Relation δTr(f(ρ))=Tr(f(ρ)δρ). Ausrechnen der Spur ergibt:

0=mm|(lnρ+1+λ~+λO)δρ|m=m,nm|lnρ+1+λ~+λO|nn|δρ|m

wobei die |m und |n jeweils eine vollständige Orthonormalbasis bilden; die Summe über m beschreibt die Spurbildung, die Summe über n ist das Einschieben eines Einheitsoperators 1 (Ausnutzen der Vollständigkeit).

Damit diese Gleichung für beliebige Variationen δρ erfüllt ist, muss jedes Glied der Doppelsumme Null sein, und das erfordert m|lnρ+1+λO+λ~|n=0. Das heißt:

lnρ+1+λO+λ~=0

Daraus ergibt sich der Dichteoperator ρ.

ρ=e1λ~λO=1e1+λ~eλO

Da die Spur auf 1 normiert ist, folgt

e1+λ~=Tr(eλO)

Mit dem Hamiltonoperator O=H und λ=β(=1/kBT) wird der Nenner also zur Zustandssumme e1+λ~=Tr(eβH)=Z

daraus folgt der Boltzmann-Gibbs-Zustand

ρ=1ZeβH.

Aus dieser Herleitung mittels Variationsrechnung folgt nur das stationäre Verhalten der Entropie; das Vorliegen des Maximums lässt sich mit der Gibbs-Ungleichung zeigen (s. u.).

Dies Vorgehen lässt sich auf mehrere Nebenbedingungen erweitern. Ist N=N eine weitere Nebenbedingung, erhält man den Gleichgewichtszustand des großkanonischen Ensembles.

Erwartungswerte

Im Folgenden werden Erwartungswerte verschiedener makroskopischer Größen gebildet. Der Hamiltonoperator ist vom Volumen und der Teilchenzahl abhängig H(V,N), die Zustandssumme von Temperatur, Volumen und Teilchenzahl Z(T,V,N) bzw. Z(β,V,N). Die Formeln für das klassische kanonische Ensemble erhält man aus den für das quantenphysikalische angegebenen, indem man statt der Summe über die Energieeigenzustände das Integral über den Phasenraum ausführt.

Energie

Der Energieerwartungswert kann über die Zustandssumme berechnet werden

E=H=Tr(Hρ)=1ZTr(HeβH)=1ZTr(βeβH)=1ZβTr(eβH)=1ZβZ=βlnZ

Entropie

Die statistische Entropie lässt sich nun durch die Zustandssumme ausdrücken

S=kBlnρ=kBTr(ρlnρ)=kBln(1ZeβH)=kBln(Z)βH=kBlnZ+kBβH=kBlnZkBββlnZ=kBlnZ+kBTTlnZ=kBT(TlnZ)

Druck

Der Druckerwartungswert ist gleich:

p=HV=Tr(HVρ)=1ZTr(HVeβH)=1ZTr(1βVeβH)=1Z1βVTr(eβH)Z=1βZVZ=1βVlnZ

Chemisches Potential

Für große Systeme lässt sich auch das chemische Potential berechnen (die Teilchenzahl N ist eine diskrete Größe; erst im thermodynamischen Limes lässt sich N quasi-kontinuierlich behandeln und Ableitungen nach N sind möglich):

μ=HN=Tr(HNρ)=1ZTr(HNeβH)=1ZTr(1βNeβH)=1Z1βNTr(eβH)Z=1βZNZ=1βNlnZ

Freie Energie

Freie Energie für Gleichgewichtszustände

Offensichtlich spielt bei der Berechnung von Erwartungswerten der Logarithmus der Zustandssumme eine wichtige Rolle. Deswegen definiert man die Freie Energie:

F(β,V,N):=1βlnZk=Ek1kBβSk

Bzw. unter Verwendung der Temperatur T statt des Parameters β:

F(T,V,N):=kBTlnZk=EkTSk

Freie Energie als thermodynamisches Potential

Die freie Energie ist das thermodynamische Potential des kanonischen Zustands. Obige Erwartungswerte lassen sich nun kompakt als Gradient des Potentials schreiben:

(Skpkμk)=(TVN)F(T,V,N)

Das totale Differential der freien Energie lautet somit:

dF=SdTpdV+μdN

Allgemeine Definition der freien Energie

Auch für Nicht-Gleichgewichtszustände lässt sich die freie Energie definieren, und zwar als Funktional des Dichteoperators über

F[ρ]=Tr{ρ(H+β1lnρ)}

bzw. umgeformt

F[ρ]=Tr{ρH}+kBTTr{ρlnρ}=E[ρ]TS[ρ]

Im Gleichgewicht mit ρk=Z1eβH bzw. lnρk=lnZβH erhält man obige Gleichgewichts-Definition der freien Energie:

F[ρk]=Tr{ρ(HHβ1lnZ)}=β1lnZTr{ρ}=β1lnZ

Zustand mit extremalen Eigenschaften

Maximum der Entropie

Es sei ρ=Z1eβH der Dichteoperator des Gleichgewichtszustands und ρ ein anderer Dichteoperator, der nicht notwendig einen Gleichgewichtszustand darstellt, aber denselben Energieerwartungswert E liefert:

E=Tr(ρH)=Tr(ρH).

Es lässt sich zeigen, dass ρ keine größere Entropie S haben kann als ρ. Nach der Gibbs-Ungleichung für beliebige zwei Operatoren mit Spur 1 gilt:

Tr[ρlnρ]Tr[ρlnρ]

Die linke Seite ist

Tr[ρlnρ]=1kBTS[ρ].

Die rechte Seite lässt sich ausrechnen:

Tr[ρlnρ]=Tr[ρ(lnZ+βH)]=lnZβFTr[ρ]1+βTr[ρH]E=β(F+E)=1kBTS[ρ]

Mit der Gibbs-Ungleichung folgt:

S[ρ]S[ρ0]

Das kanonische Ensemble besitzt folglich unter allen Ensembles mit gleicher mittlerer Energie und festem Volumen und Teilchenzahl die maximale Entropie.

Minimum der freien Energie

Hier wird die allgemeine Definition der freien Energie F[ρ]=E[ρ]TS[ρ] verwendet.

Für einen Zustand ρρk, der nicht dem Gleichgewichtszustand ρk entspricht, aber denselben Energieerwartungswert liefert E[ρ]=E[ρk], gilt:

F[ρ]F[ρk]=(E[ρ]TS[ρ])(E[ρk]TS[ρk])=T(S[ρk]S[ρ])>0

d. h. die freie Energie ist im Gleichgewicht minimal.

Fluktuationen

Schwankung der Energie

Da im kanonischen Ensemble nicht die Energie, sondern nur der Energieerwartungswert festgelegt ist, sind gewisse Fluktuationen möglich. Im Folgenden wird das Quadrat der Schwankungsbreite ΔE der Energie um ihren Erwartungswert E berechnet:

(ΔE)2=(HH)2=H2H2=1ZTr(H2eβH)[1ZTr(HeβH)]2=1Z2β2Z1Z2(βZ)2=β(1ZβZ)=2lnZβ2

Die erste Ableitung von lnZ nach β lässt sich mit dem Energieerwartungswert identifizieren:

(ΔE)2=Eβ=kBT2ET=kBT2CV

Dabei wurde im letzten Schritt die Wärmekapazität CV=ET|V,N eingeführt. Der Response der Energie auf eine Temperaturerhöhung ist korreliert mit den spontanen Fluktuationen der Energie (siehe Fluktuations-Dissipations-Theorem).

Die Wärmekapazität ist stets positiv, da die Standardabweichung nicht-negativ ist: (ΔE)2>0.

Außerdem lässt sich mittels lnZ=βF die Energiefluktuation mit der zweiten Ableitung der freien Energie nach der Temperatur in Verbindung bringen:

(ΔE)2=2lnZβ2=2(βF)β2=kBT32FT2CV=T2FT2

Äquivalenz der Ensembles im thermodynamischen Limes

Die Wärmekapazität und somit das Schwankungsquadrat ist eine extensive Größe, also von der Ordnung N. Ebenso ist der Energieerwartungswert von der Ordnung N. Der Quotient aus Schwankungsbreite und Mittelwert ist von der Ordnung N1/2:

ΔEkEkO(NN)=O(1N)

Für thermodynamische Systeme mit N1022 Teilchen ist der Quotient sehr klein (von der Ordnung 1011) und somit die Energieverteilung sehr scharf um den Mittelwert Ek konzentriert (siehe Gesetz der großen Zahlen). Im Grenzfall großer Teilchenzahlen werden Energiemittelwert Ek und der Energiewert mit der höchsten Wahrscheinlichkeit E identisch.

Die Wahrscheinlichkeitsdichte der Energie (nicht eines bestimmten Zustandes zu gegebener Energie) ist gegeben durch Z1Ω(E)eβE, wobei Ω(E) die mikrokanonische Zustandssumme ist. Während der Boltzmann-Faktor eβE monoton mit der Energie abnimmt, steigt die mikrokanonische Zustandsdichte Ω(E) monoton mit der Energie E an (z. B. Ω(E)E(3N/21) für das klassische ideale Gas), sodass das Produkt ein Maximum besitzt. Der Energiewert E mit der größten Wahrscheinlichkeit ist gegeben durch

0=E{Ω(E)eβE}|E=E=Ω(E)E|E=EeβEβΩ(E)eβE

Daraus folgt:

β=1Ω(E)Ω(E)E|E=E=lnΩ(E)E|E=E=lnΩ(E)E|E=U

Im letzten Schritt wurde dabei die mikrokanonische Definition der inversen Temperatur 1/T=kBβ nämlich als partielle Ableitung der mikrokanonischen Entropie Sm=kBlnΩ(U) nach der inneren Energie U identifiziert. Somit gilt

E=U

also entspricht der wahrscheinlichste Wert der Energie dem Energiewert des mikrokanonischen Ensembles.

Entwickelt man die logarithmierte Wahrscheinlichkeitsdichte der Energie in eine Potenzreihe um E so erhält man:

Ω(E)eβE=eSm/kBβE=eβ(ETSm)=exp{β(ETSm)β(EE)22TCV+O((EE)3)}Ω(E)eβEe(EE)2/(2kBT2CV)

Dies ist eine Gaußverteilung mit der Breite kBT2CV. Die relative Breite kBT2CV/E ist von der Ordnung N1/2 und geht für N gegen Null, d. h. die Verteilung wird eine Delta-Funktion. Im Grenzfall großer Teilchenzahlen werden mikrokanonisches und kanonisches Ensemble identisch, wobei E=U=Ek gilt, also die mikronanonische innere Energie U gleich dem kanonischen Energieerwartungswert Ek ist (z. B. E=(3N/21)β1 und Ek=(3N/2)β1 für das klassische ideale Gas). Beide Ensembles umfassen dann praktisch dieselben Bereiche im Phasenraum (bzw. Zustände im Hilbertraum).

Die genäherte Wahrscheinlichkeitsdichte wird nun zur Berechnung der kanonischen Zustandssumme verwendet:

Z=eβF=0dEΩ(E)eβEeβ(ETSm)dEe(EE)2/2kBT2CV=eβ(ETSm)2πkBT2CV

Daraus lässt sich die freie Energie bestimmen:

F=(ETSm)kBT2ln(2πkBT2CV)ETSm

Der letzte Term kann im thermodynamischen Limes vernachlässigt werden, da dieser O(lnN) ist, während die anderen O(N) sind. Somit wurde die zum kanonischen Ensemble gehörige freie Energie auf Größen des mikrokanonischen Ensembles E und Sm zurückgeführt.

Schwankung von Entropie, Druck und chemischem Potential

Die Schwankungsbreite der Entropie lässt sich auf die Schwankungsbreite der Energie zurückführen und somit mit der Wärmekapazität in Verbindung bringen:

(ΔSk)2=(kBlnρ)2kB2kBlnρ2=kB2[ln(Z)+βH]2kB2ln(Z)+βH2=kB2β2[H2H2]=1T2(ΔEk)2=kBCV

Für die quadratische Schwankungsbreite des Drucks ergibt sich:

(Δpk)2=(HV)2HV2=1β22lnZV2+1β2HV2=1β2FV2+1β2HV2=1βpkV+1β2HV2=1β1VκT+1β2HV2

und für das chemische Potential:

(Δμk)2=(HN)2HN2=1β22lnZN2+1β2HN2=1β2FN2+1β2HN2=1βμkN+1β2HN2=1βVN2κT+1β2HN2

Aus der Positivität der Varianz und der isothermen Kompressibilität folgt: 2HV2>pkV=1VκT>0 und 2HN2>μkN=VN2κT>0

Literatur

  • Klaus Stierstadt: Thermodynamik — Von der Mikrophysik zur Makrophysik, Springer Verlag, 2010, ISBN 978-3-642-05097-8, e-ISBN 978-3-642-05098-5, DOI 10.1007/978-3-642-05098-5
  • Balian: From Microphysics to Macrophysics 1. Springer-Verlag, Berlin, 2. Auflage 2006, ISBN 3-540-45469-1
  • Schwabl: Statistische Mechanik. Springer-Verlag, Berlin, 3. Auflage 2006, ISBN 978-3-540-31095-2
  • Pathria, Beale: Statistical Mechanics. Academic Press, 3. Auflage 2011, ISBN 978-0-12-382188-1

Siehe auch