Polytypie ist ein Begriff aus der Kristallographie und bezeichnet das Phänomen, dass eine Substanz in zwei oder mehreren verschiedenen Kombinationen schichtartiger Struktureinheiten vorliegt.
Die Strukturen von Polytypen unterscheiden sich nur in der Abfolge und Orientierung (Ausrichtung zu den kristallographischen Achsen) der einzelnen Schichten, aber nicht bzw. nicht sehr in deren Aufbau und Zusammensetzung. Abweichungen in den Zusammensetzungen verschiedener Polytype einer Verbindung dürfen 0,25 apfu (Atome pro Formeleinheit) nicht überschreiten; bei größeren Unterschieden spricht man von Polytypoiden.
Polytype haben in Richtung der Stapelung der schichtförmigen Baugruppen Gitterkonstanten, die ganzzahlige Vielfache der Dicke der einzelnen Einheiten sind. Die übrigen Kanten der Elementarzellen verschiedener Polytype sind nahezu gleich.
Da sich Polytype nur in der Abfolge unterschiedlich orientierter aber ansonsten nahezu gleicher Baugruppen unterscheiden, sind ihre thermodynamischen Eigenschaften ebenfalls fast gleich. Infolgedessen können verschiedene Polytype einer Verbindung bei gleichen Bedingungen nebeneinander gebildet werden, z. B. Muskovit-2M1, -2M2 und -3T oder Phlogopit-1M[1] und -3T[2]. Vermutlich spielen hierbei aber auch geringe Unterschiede in den Zusammensetzungen und Prozesse beim Kristallwachstum (Kinetik) eine Rolle.
In Gegensatz hierzu brauchen verschiedene Polymorphe einer Verbindung keine strukturell ähnlichen Baueinheiten aufzuweisen. Polymorphe haben im Allgemeinen klar voneinander abgegrenzte Stabilitätsbereiche, und ihre Gitterkonstanten stehen nicht notwendigerweise in einfachen ganzzahligen Verhältnis zueinander.
Eine Kommission der International Mineralogical Association (IMA) und der International Union of Crystallography (IUCr) erarbeitete ein Notationssystem für polytype Verbindungen.
Demnach setzt sie die Bezeichnung einer polytypen Verbindung zusammen aus
Die vollständigen Namen der polymorphen Verbindung Al(OH)3 lauteten z. B.:
Diese ausführliche Benennung der Polytype wird zumeist abgekürzt:
Die abgekürzten Schreibweisen sind ebenfalls bei vielen Verbindungen mit geringerer Symmetrie gebräuchlich, auch wenn sie streng genommen nicht korrekt sind. So kann Muskovit-Mab2c (Muskovit-PHab2c) noch problemlos zu Muskovit-2M (Muskovit-2M1) abgekürzt werden, während beim Muskovit-Mba2c die Abkürzung zu Muskovit-2M2 die Regeln streng genommen bereits verletzt. Dennoch sind diese weit verbreiteten Bezeichnungen weiterhin gültig, ebenso wie unterschiedliche Mineralnamen für verschiedene Polytype einer Verbindung.