Das RL-10 war das erste US-Raketentriebwerk mit Flüssigwasserstoff als Treibstoff. Modernisierte Varianten dieses Triebwerks werden in aktuellen Trägerraketen eingesetzt. Die Oberstufe der Delta IV und die Centaur-Oberstufe der Atlas und der Titan-Raketen verwenden das RL-10 als Triebwerk.
Die Entwicklung für das RL-10 begann 1958 mit der Bestellung einer Centaur-Oberstufe durch die militärische Forschungsorganisation ARPA. Der Triebwerkshersteller Pratt & Whitney sollte dafür einen geeigneten Antrieb entwickeln.[1] Am 1. Juli 1958 wurde das Projekt der NASA übertragen.[2]
Die ersten Tests am Boden begannen 1959. Am 7. November 1960 explodierte ein Triebwerk im Teststand bei West Palm Beach.[3] Der erste Flug sollte am 8. Mai 1962 in der zweiten Stufe einer Atlas-Centaur stattfinden, doch die Rakete explodierte im Flug aufgrund eines Fehlers der ersten Stufe. Ein erfolgreicher Testflug dieser Konfiguration fand am 27. November 1963 statt. Das Triebwerk wurde auch in der zweiten Stufe der Saturn I verwendet und absolvierte seinen Jungfernflug bei der Mission SA-5 am 29. Januar 1964.
Die Version RL10A-5 wurde beim Projekt Delta Clipper, auch DC-X genannt, von McDonnell Douglas eingesetzt, nach dem Absturz und der Explosion des Prototyps bei der Landung während des vierten Testflugs wurde das Projekt jedoch nicht weiter fortgesetzt.
Die ein bis zwei Triebwerke der Version RL10A-4-2 werden in der Oberstufe der Lockheed Martin Atlas V eingesetzt, und ein Triebwerk der Version RL10B-2 in der Oberstufe der Delta IV von Boeing. Zukünftig (ab 2021) sollen vier RL-10-Triebwerke in der Exploration Upper Stage (EUS) genannten Oberstufe des Space Launch Systems zum Einsatz kommen; das ist eine ähnliche Konfiguration wie die der Zweitstufe S-IV der Saturn I in den 1960er-Jahren.