Radio- und Röntgenquelle | |
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Sagittarius A* | |
Röntgenbild von Sagittarius A* und zwei Lichtechos (markiert) einer früheren Explosion | |
Sternbild | Schütze |
Position Äquinoktium: J2000.0 | |
Rektaszension | 17h 45m 40,0s [1] |
Deklination | -29° 00′ 28,2″ [1] |
Weitere Daten | |
Entfernung | |
Masse | ca. 4 Mio. Sonnenmassen |
Durchmesser | ca. 22,5 Mio. km = 2,36·10–6 Lj [3][4] |
Geschichte | |
Entdeckung |
Bruce Balick, |
Datum der Entdeckung |
Februar 1974 |
Katalogbezeichnungen | |
AX J1745.6-2900 (ASCA) | |
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Sagittarius A* (gesprochen: Sagittarius A Stern; abgekürzt: Sgr A*; eine Region im Sternbild Schütze) ist eine Quelle von Radiowellen im Zentrum der Milchstraße. Nach derzeitigem radioastronomischen Forschungsstand handelt es sich dabei um ein supermassereiches Schwarzes Loch von etwa 4 Millionen Sonnenmassen, das sich an der Stelle befindet, die den Mittelpunkt der Milchstraße darstellt.[5]
Schon 1932 lokalisierte Karl Jansky im Sternbild Schütze eine starke Radioquelle.[6] Am 13. und 15. Februar 1974 entdeckten die Astronomen Bruce Balick und Robert Hanbury Brown mit Hilfe des Interferometers am National Radio Astronomy Observatory dort Sagittarius A*.[7] Die Namensgebung des Schwarzen Lochs bzw. des Milchstraßenzentrums entstammt der groben Richtung des Auffindens, nämlich in Richtung des Sternbilds Schütze, dessen lateinischer Name Sagittarius ist. Der Asterisk „*“ wurde von Robert Brown analog zur Notation angeregter Zustände in der Atomphysik gewählt, weil er vermutete, die Radioquelle rege ihre Umgebung zu Emissionen an. Der Name hatte Bestand, auch wenn sich diese Vermutung Browns als falsch herausstellte.[8]
Die Entdeckung des supermassereichen Schwarzen Lochs in dieser Region gelang unabhängig Teams um Andrea Ghez am Keck-Observatorium und Reinhard Genzel am La-Silla-Observatorium und Very Large Telescope in mehrjährigen Beobachtungsreihen ab den 1990er-Jahren.
Mittels des Event Horizon Telescope (EHT), einer virtuellen Teleskopanlage aus mindestens neun über den Erdball verstreuten Radioteleskopen, soll auf Basis der Very Long Baseline Interferometry (VLBI) die unmittelbare Umgebung von Sagittarius A* mit einer dem Ereignishorizont vergleichbaren Winkelauflösung untersucht werden. Damit soll unter anderem direkt nachgewiesen werden, dass es sich bei Sagittarius A* tatsächlich um ein Schwarzes Loch handelt sowie Grundlagen der allgemeinen Relativitätstheorie überprüft werden.[9][10]
2002 konnten Wissenschaftler (um Reinhard Genzel), die am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) forschen, einen Stern beobachten, der sich der Region Sagittarius A* auf 17 Lichtstunden (≈18,36 Milliarden Kilometer) genähert hatte.[11][12] Die Forscher konnten bei ihren Beobachtungen eine plötzliche Kehrtwendung des 15 Sonnenmassen schweren Sterns S2 erkennen. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit des Sterns kann dieser Vorgang nur als Bahnbewegung um ein Schwarzes Loch interpretiert werden. Durch die geringe Entfernung von S2 zu der enormen Masse des Schwarzen Loches ist seine Umlaufgeschwindigkeit sehr hoch; seine Bahngeschwindigkeit beträgt bis zu 5000 km/s. Seine Umlaufbahn ist relativ stabil; erst wenn sich S2 dem Schwarzen Loch auf 16 Lichtminuten genähert hat, wird er durch die Gezeitenkräfte zerrissen werden. Für einen Umlauf um das Zentrum benötigt S2 nur 15,2 Jahre. Für einen weiteren Stern, den 16-mal lichtschwächeren Stern S0-102, wurde 2012 ebenfalls die Umlaufbahn vermessen und eine noch kürzere Periode von 11,5 Jahren gemessen. Diese beiden Sterne sind bis jetzt die einzigen Objekte, die bei einem so geringen Abstand zu Sgr A* beobachtet worden sind.
Die Beobachtung des Sterns S2 bei seiner Bewegung um Sagittarius A* wurde durch ein adaptives Optiksystem (NAOS) ermöglicht, das störende Einflüsse der Atmosphäre ausgleichen kann. Durch diese Beobachtungsmethode ist es jetzt möglich, auszuschließen, dass es sich bei Sgr A* um etwas anderes handelt als ein supermassereiches Schwarzes Loch – beispielsweise um einen Haufen von Neutronensternen.
Forscher des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik entdeckten 2011 die Gaswolke G2 mit der etwa dreifachen Erdmasse, die sich auf Sagittarius A* zubewegt. Im Jahr 2013 wurde beobachtet, wie sich Teile davon auf lediglich 25 Milliarden Kilometer an das Schwarze Loch annäherten. Dabei wurde die Wolke auseinandergezerrt und von der Ultraviolettstrahlung benachbarter Sterne zum Leuchten gebracht. Messungen ergaben, dass der vordere Teil der Wolke den Punkt der größten Annäherung an das Schwarze Loch bereits passiert hatte bei einer Bahngeschwindigkeit von mehr als 10 Millionen km/h (etwa 1 % der Lichtgeschwindigkeit). Durch die Messungen erwarten die Forscher Informationen über die physikalischen Vorgänge während der Annäherung an ein Schwarzes Loch und die Auswirkungen extrem starker Gravitationsfelder.[13]
Im Jahr 2004 wurde mit dem Gemini-Teleskop auf Hawaii mit IRS 13 ein zweites Schwarzes Loch entdeckt, das eine Masse von etwa 1300 Sonnenmassen besitzt und Sagittarius A* im Abstand von drei Lichtjahren begleitet. Bei IRS 13 handelt es sich genau betrachtet um eine Gruppe von sieben Sternen, die sich um einen gemeinsamen Schwerpunkt drehen. Untersuchungen weisen dort auf ein mittelgroßes Schwarzes Loch hin. Dieses umrundet Sgr A* auf engstem Raum mit einer ungewöhnlich hohen Geschwindigkeit von etwa 280 km/s. Ein weiteres Indiz für das Vorliegen eines Schwarzen Loches ist neben den hohen Geschwindigkeiten die Röntgenstrahlung, die von IRS 13 ausgesendet wird.[14]
Im Januar 2005 wurden mit dem Röntgen-Teleskop Chandra Helligkeitsausbrüche in der Nähe von Sgr A* beobachtet, die darauf schließen lassen, dass sich im Umkreis von etwa 70 Lichtjahren 10.000 bis 20.000 Schwarze Löcher befinden, die das supermassereiche zentrale Schwarze Loch in Sgr A* umkreisen.[15] Dadurch wird eine seit 2003 kursierende Theorie gestützt, nach der das zentrale Schwarze Loch über kleinere Löcher „gefüttert“ wird: Dabei sammeln die kleinen Schwarzen Löcher in den weiter außen befindlichen Bereichen der Milchstraße Haufen von Sternen um sich herum an, die sie dann gefangen halten, bis sie sich auf einer Spiralbahn bis in die unmittelbare Nähe von Sgr A* bewegt haben. Dort werden die Sternhaufen irgendwann durch die extrem großen Gezeitenkräfte aufgelöst und verlieren den einen oder anderen Stern an das supermassereiche Schwarze Loch. Die bisherige Theorie zum Fütterungsprozess ging davon aus, dass eine riesige ringförmige Gaswolke um das Schwarze Loch kreist und dabei immer schwerer wird. Sobald eine kritische Masse überschritten wird, kollabiert diese Wolke und stürzt in das Zentrum der Milchstraße. Vermutlich spielen beide Prozesse eine wichtige Rolle bei der Fütterung von Sgr A*.
In der Umgebung von Sagittarius A* existiert der Magnetar PSR J1745−2900.