Sellafield | ||
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Luftbild der Sellafield-Anlage | ||
Lage | ||
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Koordinaten | 54° 25′ 7″ N, 3° 29′ 51″ W | |
Land: | Vereinigtes Königreich | |
Daten | ||
Eigentümer: | United Kingdom Atomic Energy Authority | |
Betreiber: | United Kingdom Atomic Energy Authority | |
Projektbeginn: | 1958 | |
Kommerzieller Betrieb: | 1. März 1963 | |
Stilllegung: | 3. April 1981 | |
Stillgelegte Reaktoren (Brutto): |
1 (41 MW) | |
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme: | 3.258 GWh | |
Stand: | 1. August 2007 | |
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation. |
Sellafield (früher Windscale) ist ein britischer Nuklearkomplex an der Irischen See in der Grafschaft Cumbria in Nordwestengland. Der River Ehen mündet am Rande der Anlage ins Meer und der River Calder fließt durch das Gebiet der Anlage, bevor er dort ebenfalls ins Meer mündet. Die Anlage liegt beim Dorf Seascale im Distrikt Copeland. Der Komplex wurde durch einen katastrophalen Brand 1957 und durch häufige nukleare Störfälle bekannt und unter anderem deshalb auch in Sellafield umbenannt. Auf dem Gelände des Komplexes befindet sich außerdem das Kernkraftwerk Calder Hall, das als erstes westliches Kernkraftwerk Strom in ein kommerzielles Netz einspeiste.
Die erste Anlage entstand nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gelände einer Munitionsfabrik. Großbritannien wollte mit der US-amerikanischen Atomwaffenentwicklung (vgl. Manhattan-Projekt) technologisch und militärisch gleichziehen. Bei den hastigen Bemühungen, eine britische Bombe zu bauen, wurde wenig auf Umwelt und Gesundheit geachtet und radioaktiver Abfall von Anfang an in die Irische See geleitet. Auf ähnliche Weise verklappten damals auch die USA und die Sowjetunion einen Teil ihres Atommülls.
Die auch unter dem Begriff Pile 1 bzw. Pile 2 bekannt gewordenen, luftgekühlten graphitmoderierten Windscale-Reaktoren waren die erste britische Produktionsanlage zur Herstellung von waffenfähigem Plutonium-239. Sie wurde für das britische Kernwaffenprogramm in den späten 1940er- und 1950er-Jahren errichtet. Zwischen den beiden Reaktoren (Pile 1 und 2) befand sich das Abklingbecken für abgebrannte Brennelemente sowie eine erste ältere militärische Wiederaufarbeitungsanlage. 1957 kam es in einem der Reaktoren zu einem Brand des Reaktorkerns, der als INES 5 ("ernster Unfall") eingestuft wurde.
Im September 2004 verklagte die EU-Kommission das Vereinigte Königreich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) (Case C-155/0), gegen den Euratom-Vertrag zu verstoßen. Nach diesem Vertrag sind für Wiederaufarbeitungsanlagen Kontrollen durch die Europäische Gemeinschaft vorgeschrieben. Dabei wird die Buchführung über die radioaktiven Materialien geprüft und mit den bei den Inspektionen vor Ort ermittelten Ergebnissen verglichen. Nach Darstellung der EU-Kommission sind in Sellafield wegen der unfallbedingt hohen Radioaktivität und schlechter Sichtverhältnisse Kontrollen in der Anlage nicht möglich. Die EU-Kommission gewann den Prozess, das Urteil wurde am 18. Juli 2007 verkündet.[1]
2007 wurde ein Roboter entwickelt, der den Reaktor Stück für Stück abbauen soll.
Der Rückbau der Wiederaufbereitungsanlage soll bis zum Jahr 2120 dauern und etwa 121 Mrd. Pfund kosten.[2]
Auf dem Gelände befinden sich zahlreiche kerntechnische Anlagen. Die wichtigsten sind:
Das Kernkraftwerk Sellafield hat einen Kraftwerksblock:
Reaktorblock[3] | Reaktortyp | Netto- leistung |
Brutto- leistung |
Baubeginn | Netzsyn- chronisation |
Kommerzieller Betrieb | Abschaltung |
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WINDSCALE AGR[4] | AGR | 24 MW | 36 MW | 1. November 1958 | 1. Februar 1963 | 1. März 1963 | 3. April 1981 |
Vor allem die Wiederaufarbeitungsanlagen sind wegen ihrer Einleitungen von radioaktiven Stoffen in die Irische See umstritten. Die Kontamination der unmittelbaren Umgebung von Sellafield wird in manchen Quellen mit der gesperrten Zone um Tschernobyl verglichen, was sich auch in staatlichen Protesten u. a. aus Irland und Norwegen widerspiegelt. Die Fischforschunganstalt Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut (vTI) verwies auf die hohen Einleitungen durch die britische Wiederaufarbeitungsanlage für die Jahre 1965 bis 1985 von bis zu 5000 TBq, also 5000 Billionen Becquerel pro Jahr Verklappung in die See.[7] In den letzten 15 Jahren wurde auf behördlichen Druck hin eine deutliche Reduktion der Einleitungen durchgesetzt. Unter anderem konnte die Einleitung des Isotops Technetium-99 durch ein neues Abtrennverfahren fast vollständig beendet werden. Der Dokumentarfilm „Atommüll: Endlager Meeresgrund“ aus dem Jahr 2013 zeigt, dass am Strand von Sellafield täglich an- oder freigespültes Plutonium maschinell aufgesammelt wird, nennt erhöhte Krebsraten in und um Sellafield, die von der britischen Regierung verschwiegen würden, und berichtet vom Fehlen eines Krebsregisters.[8] Der Betrieb von Sellafield ist auch deshalb umstritten, weil die Anlage zur Aufbereitung abgebrannter Brennelemente aus dem Ausland benutzt wird. Im Mai 2011 wurden fünf junge Männer wegen Terrorismusverdacht in der Nähe der Anlagen festgenommen.[9]
Ein Teil der Nuklearanlagen einschließlich der Wiederaufbereitungsanlagen wird von Sellafield Ltd. (SLC), der Rest von der United Kingdom Atomic Energy Authority (UKAEA) betrieben. Die Kosten der Stilllegung der Anlage bis 2020 wurde von der Rechnungsprüfungskommission im britischen Unterhaus auf 67,5 Mrd. Pfund Sterling (78 Mrd. Euro) geschätzt.[10][11]
Anfang November 2014 wurde bekannt, dass seit 40 Jahren abgebrannte Brennelemente in nicht überdachten Abklingbecken unter freiem Himmel gelagert werden. Da sich an diesen Becken Vögel aufhalten und diese verstrahlt werden können, werden Vögel über dem Gelände abgeschossen und eingelagert. 2007 wurde Großbritannien vom Europäischen Gerichtshof verurteilt, da EU-Inspekteuren keine Kontrollen durchführen konnten, weil der Inhalt der Becken wegen der Algen nicht zu sehen war. Der Unternehmenssprecher sagt zu den maroden Abklingbecken: „Sie entsprechen nicht modernen Standards. Das macht sie aber nicht gefährlich, sondern bedeutet lediglich, dass der darin befindliche Müll zurückgeholt, umgepackt und in modernere Anlagen auf dem Gelände geschafft werden muss.“[12][13]