Der Sonnenwagen von Trundholm, dänisch Solvognen, ist eine Skulptur aus der älteren Nordischen Bronzezeit (um 1400 v. Chr.) Nordeuropas. Das Original gehört zum Bestand des Dänischen Nationalmuseums in Kopenhagen. Das Motiv des Sonnenwagens ist auch aus der griechisch/römischen, der chinesischen, keltischen, persischen, ägyptischen und indischen Mythologie bekannt und deutet eher auf einen Urmythos, der sich praktisch in allen höher entwickelten Kulturen verbreitet hatte.
Der Kultwagen wurde 1902 von einem Bauern beim Pflügen entdeckt. Der namensgebende Fundort ist eine Moorlandschaft in der ehemaligen Trundholm Kommune bei Nykøbing Sjælland in Dänemark. Es wurden zahlreiche Kopien zu Ausstellungszwecken angefertigt. 1996 konnten insgesamt 21 bisher fehlende Fragmente gesichert werden, nachdem ein Amateurarchäologe in Trundholm noch ein Bruchstück des Sonnenwagens gefunden hatte und systematische Ausgrabungen vorgenommen wurden. Das Original – insbesondere die Räder – wurde inzwischen mit diesen Fundstücken ergänzt, es unterscheidet sich seitdem von vorher hergestellten Kopien.
Die etwa 60 Zentimeter lange Skulptur ist aus gegossenen Bronzeteilen zusammengesetzt: Auf zwei Achsen steht ein Pferd, auf einer weiteren Achse ist eine etwa 25 Zentimeter große, auf einer Seite mit Goldblech belegte Scheibe mit getriebenen, konzentrisch angeordneten Kreis- und Mäandermustern angebracht. Die insgesamt sechs vierspeichigen Räder sind nur fragmentarisch erhalten, trotzdem ist ihre freie Drehbarkeit auf den Achsen nachweisbar. Die Achsen von Scheibe und Pferd sind miteinander verbunden. An der Unterseite des Pferdehalses sowie am vorderen Rand der Scheibe, etwas unter der halben Höhe, sind noch die Reste von Ösen erkennbar, die als Zügelhalter interpretiert werden können, so dass die Scheibe das Pferd lenkt.
Ein eigentlicher „Wagen“, d. h. ein Aufsatz zwischen Achse und Scheibe, fehlt (und war nie vorhanden), weswegen Flemming Kaul die Skulptur nicht als Wagen, sondern als abstrahierte Darstellung der mythischen Sonnenfahrt interpretiert. Die Räder sowohl unter der Scheibe als auch unter dem Pferd seien allein zum Zwecke der Bewegungsfähigkeit der Skulptur angebracht. Er interpretiert die vergoldete Seite der Scheibe als Sonne – das Pferd bewegt sich, betrachtet man diese Seite, von links nach rechts so wie die Sonne am Himmel der nördlichen Erdhalbkugel auf ihrer scheinbaren Tagesbahn. In der dunkel belassenen Seite sieht er die „Nachtseite“ bzw. die Nachtfahrt der Sonne durch die Unterwelt. Die Spiralornamente könnten, ähnlich wie bei den „Goldhüten“, als Kalender gedeutet werden. Es sind aber auch andere Deutungen möglich, denn lediglich die Farbe des Materials assoziiert bei uns den Eindruck einer Sonne. Scheibenförmige Elemente, die materialbedingt in anderen Farben gehalten sind, werden u. U. anders interpretiert.
Beide Seiten (Gold / Bronze) zeigen Einfach- und Doppelsymbole in gleicher Anordnung, jedoch teilweise in unterschiedlicher Anzahl. Sie sind in kreisförmigen Symbolebenen gegliedert. Je nach Zählweise der Doppelsymbole (einfach / doppelt) enthält die Goldseite 44 / 52 Symbole und die Bronzeseite 44 / 54. Werden die erste und zweite Symboleebene beider Seiten (Gold + Bronze) addiert, resultieren nochmals die Werte 52 und 54. Diese numerische Auswertung zeigt drei Zahlenpaare: 44, 44, 52, 52, 54, 54.
Wird für eine kalendarische Nutzung ein Mondmonat (ca. 29,5 Tage) analog seinen vier Mondphasen in vier gleiche Zeitspannen aus ganzen Tagen unterteilt, d. h. in das Zeitmaß „Woche“, kommen je vier Zählschritte der 7er bzw. der 8er dieser Dauer am nächsten. Auch Sonnen- und Mondjahre werden über das Abzählen von Wochenschritten, d. h. definierter Zähleinheiten, rechnerisch abbildbar, auch ohne Zahlensystem. Wird diese Zählweise in einem Sonne-Mond-Kalenders genutzt, wird das Sonnenjahr durch 52 volle 7er Zählschritte, das Mondjahr (12 Lunationen) durch 44 volle 8er Zählschritte und das lunare Schaltjahr (13 Lunationen) durch 54 volle 7er Zählschritte abbildbar, zuzüglich der Resttage aus der letzten, nicht vollständig enthaltenen Woche.
Die drei Zahlenwerte 44, 52, 54, die exakt der Anzahl voller Zählschritte für das Sonnenjahr und die beiden Mondjahre entsprechen, sind im Ornament des Sonnenwagens jeweils zweifach enthalten. Durch die komplexe, numerisch-exakte Anordnung in Verbindung mit der Gestaltung von Doppelsymbolen wird der Sonnenwagen als „Kalenderobjekt“ zur rechnerischen Abbildung wie auch zur kultischen Begleitung eines funktionsfähigen Sonne-Mond-Kalenders nutzbar. Die Grundlagen der von Thomas Lorenz beschriebenen, vorgeschichtlichen Zeitrechnung Alteuropas werden auch in der Kreisgrabenanlage von Goseck, in Stonehenge, wie auch an weiteren, bedeutendsten Fundobjekten der Bronzezeit Alteuropas sichtbar.[1]
Der Sonnenwagen von Trundholm gehört – neben der 1999 gefundenen Himmelsscheibe von Nebra – zu den wichtigsten Funden aus der europäischen Bronzezeit. Das komplizierte Gussverfahren zur Herstellung der filigranen Teile weist auf einen hohen Stand der Fertigungstechnik hin. Er ist Bestandteil des Kulturkanons 2006.
Der Sonnenwagen von Trundholm war vom 15. Oktober 2004 bis zum 22. Mai 2005 in der Ausstellung Der geschmiedete Himmel mit rund 1600 weiteren bronzezeitlichen Fundstücken aus 18 Ländern, darunter der Himmelsscheibe von Nebra, im Landesmuseum für Vorgeschichte (Halle) zu besichtigen. Die Ausstellung fand in Kooperation mit dem Nationalmuseum Kopenhagen statt. Im Gegenzug wurde die Ausstellung nach Halle auch in Kopenhagen (1. Juli bis 22. Oktober 2005) gezeigt. Vom 4. März bis 9. Juli 2006 war die Ausstellung noch in Mannheim zu sehen. Vom 6. Dezember 2006 bis zum 25. März 2007 wurde eine Kopie des Wagens im Focke-Museum in Bremen in der Sonderausstellung Pferdeopfer-Reiterkrieger. Fahren und Reiten durch die Jahrtausende gezeigt.
Eine Kopie des Sonnenwagens befindet sich im Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz.
Koordinaten: 55° 53′ 23,8″ N, 11° 34′ 18,7″ O