Der Strahlungsdruck $ p_{\mathrm {St} } $ oder Lichtdruck ist der Druck, der durch absorbierte, emittierte oder reflektierte elektromagnetische Strahlung auf eine Fläche wirkt.
Bei Absorption und Emission ist der Strahlungsdruck gleich der Intensität $ I $ der Welle, auch Bestrahlungsstärke $ E_{\mathrm {e} } $ genannt, dividiert durch die Lichtgeschwindigkeit $ c $:[1]
mit den Einheiten
bei vollständiger Reflexion ist der Strahlungsdruck doppelt so groß wie bei vollständiger Absorption.
Dass Licht einen Druck ausübt, wurde von Johannes Kepler als Erklärung für stets von der Sonne weg gerichtete Kometenschweife postuliert.[2] James Clerk Maxwell leitete 1873 aus den Maxwellschen Gleichungen im Rahmen der Elektrodynamik ab, dass elektromagnetische Wellen einen Druck auf Körper ausüben können.[3] Er zeigte bereits, dass der Strahlungsdruck senkrecht einfallender elektromagnetischer Wellen gleich der volumetrischen Energiedichte $ w $ der auftreffenden Wellen ist:
1876 leitet Adolfo Bartoli die Existenz des Strahlungsdrucks aus thermodynamischen Überlegungen ab. Er argumentierte, dass durch Reflexion des Lichts bei einem bewegten Spiegel aufgrund des Dopplereffektes Wärme von einem kalten auf den heißen Körper übertragen werden könne. Um diese Verletzung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik zu vermeiden, ist es notwendig, dass das Licht einen Druck auf den Spiegel ausübt.[4] Der Strahlungsdruck wurde deshalb früher nach seinen Entdeckern auch Maxwell-bartolischer Druck genannt.
Die ersten experimentellen Bestätigungen kamen von Pjotr Nikolajewitsch Lebedew (1901)[5] und von Ernest Fox Nichols und Gordon Ferrie Hull (1903).[6] Der Physiker Arthur Ashkin bestrahlte 1972 kleine Plastikkügelchen mit Laserlicht und konnte unter dem Mikroskop eine Bewegungsänderung beobachten.
Die elektromagnetische Strahlung kann sowohl als Strom von Photonen als auch als elektromagnetische Welle betrachtet werden. Aus beiden Modellen kann der Strahlungsdruck abgeleitet werden.
Ein Photon der Frequenz $ \nu $ transportiert die Energie
mit dem Planckschen Wirkungsquantum $ h $. Aufgrund der Energie-Impuls-Relation
folgt für das Photon mit einer Masse $ m=0 $ ein Impuls $ {\vec {p}} $ mit dem Betrag:
Die Richtung des Impulses ist die Bewegungsrichtung des Photons. Der Gesamtimpuls bleibt bei Absorption, Emission und Reflexion erhalten, d. h. die interagierende Fläche erfährt eine Impulsänderung in der entsprechenden Richtung. Mehrere Photonen, d. h. ein Photonenstrom $ {\frac {\mathrm {d} N}{\mathrm {d} t}} $ mit der Teilchenzahl $ N $, verursachen bei Absorption eine Impulsänderung pro Zeiteinheit, also eine Kraft, von
Wirkt diese Kraft unter dem Einfallswinkel $ \theta $ zur Flächennormalen auf ein Flächenelement $ \mathrm {d} A $, erzeugt sie den Druck $ p_{\mathrm {St} } $ von
wobei $ \Phi _{e} $ der Strahlungsfluss ist. Ein reflektiertes Photon nimmt einen Impuls vom selben Betrag wieder mit, sodass sich im Fall der Reflexion der doppelte Impulsübertrag auf die interagierende Fläche und damit der doppelte Strahlungsdruck ergibt.
Der Druck, den ein Strahlungsfeld im Vakuum auf eine Oberfläche ausübt, lässt sich durch den Maxwellschen Spannungstensor $ (T_{ij}) $ ausdrücken. Bei einer absorbierenden Fläche mit Normalenvektor $ {\vec {n}} $ ist der Strahlungsdruck gegeben durch
Die Komponenten des Maxwellschen Spannungstensors lassen sich dabei aus der elektrischen Feldstärke $ {\vec {E}} $ und der magnetischen Flussdichte $ {\vec {B}} $ berechnen:
wobei $ \delta _{ij} $ das Kronecker-Delta, $ \varepsilon _{0} $ die Elektrische Feldkonstante und $ \mu _{0} $ die Magnetische Feldkonstante ist.
Eine ausführlichere Erklärung auf Basis der Maxwellschen Gleichungen findet sich z. B. in Jay Orear: Physik: Band 2.[7]
Die Solarkonstante beträgt ca. 1370 W/m². Daraus resultiert ein Solar-Strahlungsdruck (engl. solar radiation pressure, SRP) bei Absorption von ca. 4,6 μPa. Bei senkrechter Reflexion ist er doppelt so groß. Es gibt seit längerer Zeit Ideen, dies mit Sonnensegeln als Antrieb für interplanetare Raumflugkörper zu benutzen.
Realistischer ist die Erzeugung von Ionenstrahlen etwa für medizinische Anwendungen durch den Strahlungsdruck kurzer Laserpulse auf ultradünne Folien.[8] Ab einer Strahlungsintensität von etwa 1022 W/cm² in zirkularer Polarisation überwiegt der Strahlungsdruck den von der Trägheitsfusion bekannten Rückstoßeffekt und erzeugt hochenergetische Ionen mit engerer Energie- und Winkelverteilung.[9]
Die Funktion der Lichtmühlen beruht dagegen nicht auf dem Strahlungsdruck. Dies erkennt man an der Drehrichtung: die reflektierende Seite der Flügel ist einem höheren Strahlungsdruck ausgesetzt als die geschwärzte, dennoch dreht sich die Mühle genau andersherum.
In der Astrophysik spielt der Strahlungsdruck eine bedeutende Rolle bei der Erklärung der Dynamik von Sternen und interstellaren Wolken.
Der Schweif von Kometen wird zu einem wesentlichen Teil durch den Strahlungsdruck hervorgerufen, der Bestandteile der Koma „wegweht“. So zeigt dieser immer von der Sonne weg, egal in welche Richtung der Komet fliegt.