Als Kreisprozess bezeichnet man in der Thermodynamik eine Folge von Zustandsänderungen eines Arbeitsmediums (Flüssigkeit, Dampf, Gas – allgemein Fluid genannt), die periodisch abläuft, wobei immer wieder der Ausgangszustand, gekennzeichnet durch die Zustandsgrößen (siehe auch Fundamentalgleichung, Thermodynamisches Potential), wie u. a. Druck, Temperatur und Dichte, erreicht wird. Es sind technische Prozesse, meist zur Umwandlung von Wärme in Arbeit (z. B. in Verbrennungsmotoren) oder zum Heizen und Kühlen durch Aufwenden von Arbeit (Wärmepumpe, Kühlschrank).
Die Existenz eines Kreisprozesses ist dagegen der Fall bei anderen wichtigen Größen, z. B. bei der Entropie S, wenn also eine Wärmeenergie δQ erstens reversibel zu- bzw. abgeführt und zweitens mit dem „integrierenden Faktor“ 1/T multipliziert wird, $ \mathrm {d} S={\frac {\delta Q_{\,{\text{reversibel}}}}{T}}\,. $ Die unterschiedlichen Symbole bei den Differentialen sollen hier nochmals unterstreichen, dass es sich einmal (linke Seite) um ein vollständiges Differential, das andere Mal (rechte Seite) um ein unvollständiges Differential handelt. Für den schon genannten „integrierenden Nenner“, die „absolute Temperatur“ T, bedeutet dies zugleich, dass es sich um eine besonders wichtige Größe handelt (nicht nur um eine formale Zahl): im Vergleich zu den üblichen Temperaturskalen (Celsius-, Fahrenheit-, Réaumur-Skala usw.) besitzt sie zusätzliche Eigenschaften, die sich u. a. in den genannten mathematischen Beziehungen ausdrücken.
Entscheidend für einen Kreisprozess (oft auch Zyklus genannt) ist, dass der Rückweg ein anderer ist als der Weg, auf dem sich der Zustand vom Ausgangszustand entfernt. Die meist verwendeten Zustandsdiagramme sind das p-v-Diagramm, das T-s-Diagramm, das h-s-Diagramm und das p-h-Diagramm (letzteres insbesondere für Kühlprozesse). In den beiden erstgenannten Diagrammen wird dadurch eine Fläche umrundet, die bei reversiblen Prozessen der Kreisprozessarbeit entspricht. Dies gilt jedoch nur für die idealen Vergleichsprozesse. Die wirklichen technischen Prozesse sind nicht reversibel (vergl. Dissipation) und die Fläche wird dann durch die dissipierte Arbeit vergrößert.
Beispiel: Gasturbinenprozess | |
---|---|
Es gibt Rechtsprozesse und Linksprozesse, je nachdem ob das Zustandsdiagramm im Uhrzeigersinn oder umgekehrt durchlaufen wird.
Beim Rechtsprozess (Uhrzeigersinn) wird ein Teil der bei hoher Temperatur zugeführten Wärme in Arbeit umgewandelt, der andere Teil wird bei niedrigerer Temperatur wieder abgeführt. Die Differenz ist die Kreisprozessarbeit (vergl. Energiebilanz für Kreisprozesse). Die Gewinnung von Arbeit im Rechtsprozess kommt dadurch zustande, dass bei niedriger Temperatur, d. h. bei kleinem Druck komprimiert wird (Arbeitsaufwand) und bei hoher Temperatur und somit bei großem Druck das Fluid unter Arbeitsabgabe expandiert. Der Betrag der Volumenarbeit der Expansion ist somit größer als der der Kompression.
Beim Linksprozess kehrt sich demgegenüber alles um, so dass unter Arbeitsaufwand Wärme von einem kälteren Reservoir in ein wärmeres gefördert wird. Besonders große spezifische Kreisprozessarbeiten erreicht man, wenn innerhalb des Prozesses der Phasenwechsel zwischen flüssig und gasförmig stattfindet, weil dann der Volumenunterschied besonders groß ist. Dies macht man sich im Dampfkraftwerk zunutze. Da Flüssigkeit (Wasser) fast inkompressibel ist, entfällt die Verdichtungsarbeit und der Arbeitsaufwand zum Fördern der Flüssigkeit in den Kessel mit hohem Druck (Kesselspeisepumpe) ist relativ gering.
Beispiel: Dampfkraftwerk (Rechtsprozess) |
---|
Beispiel: Kühlprozess (Linksprozess) |
---|
Eine weitere Unterscheidung der Kreisprozesse ergibt sich durch die unterschiedliche Wärmezufuhr. Erfolgt diese intern durch Verbrennung von eingebrachtem Brennstoff, wie beim Verbrennungsmotor oder beim Flugtriebwerk, ist der Kreisprozess offen, weil ein Ladungswechsel zwischen Abgas und Frischluft erfolgen muss. Ein prinzipieller Unterschied aus thermodynamischer Sicht besteht nicht, weil die Atmosphäre als großer Wärmeübertrager betrachtet werden kann. Der Prozess im Bildbeispiel ist ein geschlossener mit zwei Wärmeübertragern. Solche Prozesse können beispielsweise in einem Kernkraftwerk mit gasgekühlten Reaktoren (z. B. Helium als Kühlmittel und Arbeitsfluid) verwendet werden.
Mit der rechnerischen und graphischen Darstellung der Prozesse besitzt man ein theoretisches Hilfsmittel, sowohl zur Formulierung von Aussagen, als auch zur technischen Umsetzung bei der Konzeption von wärmetechnischen Maschinen und Anlagen. Beispielsweise wird in der Chemie der Born-Haber-Kreisprozess verwendet, um die Reaktionsenergie (bzw. -enthalpie) eines Prozess-Schrittes oder die Bindungsenergie einer chemischen Verbindung zu berechnen, wenn die Energien der anderen Prozessschritte bekannt sind.
Zur Beurteilung der Effizienz eines Kreisprozesses dienen die idealen Vergleichsprozesse. Diese wiederum werden verglichen mit dem idealen theoretischen Kreisprozess, dem Carnot-Prozess, der den maximal möglichen Wirkungsgrad besitzt. Er kennzeichnet das, was nach dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik theoretisch möglich ist, praktisch ist dieser Wirkungsgrad nicht (ganz) erreichbar.