Viola Vogel, auch Vogel-Scheidemann, (* 1959 in Tübingen[1]) ist eine Biophysikerin und Bioingenieurin. Sie ist Professorin an der ETH Zürich. Gegenwärtig ist sie Vorsteherin des Departements für Gesundheitswissenschaften und Technologie und leitet das Labor für Angewandte Mechanobiologie.
Nach ihrer Promotion als Diplom-Physikerin mit Forschungsarbeiten am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie war Viola Vogel zwei Jahre als Postdoktorandin am Department of Physics an der University of California, Berkeley tätig. Als Professorin wurde sie 1990 in das Department of Bioengineering an der University of Washington in Seattle berufen, und startete dort ein Programm für Molekulare Bioingenieurswissenschaften. Sie war die Gründungsdirektorin des Zentrums für Nanotechnologie an der Universität von Washington (1997–2003), bevor sie 2004 von der ETH Zürich zunächst in das Departement für Materialwissenschaften berufen wurde und dann das neue Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie (D-HEST) mitbegründete (seit 2012). Sie ist weiterhin Mitglied des Wyss Translational Center Zürich (2015) und seit 2018 Einstein Fellow am Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIH).[2]
Mit Methoden der Nanotechnologie entschlüsselt sie, wie Bakterien und Säugetierzellen mechanische Kräfte nutzen, um die physikalischen Eigenschaften ihre natürlichen Umgebungen oder die von synthetischen Materialien zu ertasten. Die Prozesse des Lebens finden weit ab vom Gleichgewicht statt, angetrieben von mechanischen Kräfte, die von internen Nanopumpen und Motoren erzeugt werden. Dennoch ist weiterhin unser biologisches und medizinisches Wissen primär auf den Gleichgewichtsstruktur-Funktionsbeziehungen von Proteinen aufgebaut. Vogel machte weitreichende experimentelle und computergestützte Entdeckungen, wie das Strecken von Proteinen ihre Funktionen schalten kann (Mechano-Chemical Switches), und wie Zellen das Ziehen an Proteinen nutzen, um mechanische Signale in biochemische Signale zu konvertieren, welche dann ihre Genexpression verändern können. Ihr Team entdeckte Protein-Liganden Bindungen, die mechanisch verstärkt werden, wenn man an ihnen zieht. Diese Bindungen werden heute catch bonds genannt. Jüngst hat sie einen bakteriellen Nanokleber zu einer Nanosonde entwickelt, mit der zum aller ersten Mal die Zugspannung von einzelnen Gewebefasern in Gewebeschnitten oder im lebenden Tier ausgelesen werden kann.
Dieses neue Gebiet der Mechanobiologie hat eine breite Palette von biologischen und medizinischen Implikationen, da neue Einsichten in die mechanoregulierten Tricks, die bakterielle Infektionen ermöglichen, oder mit denen Immunzellen mit Mikroben kämpfen, zu neuen diagnostischen und therapeutischen Methoden führen werden. Auch die Differenzierung von Stammzellen bis zum Gewebewachstum und zu degenerativen Erkrankungen sind von physikalischen Kräften co-reguliert. Wenn das Kräftegleichgewicht zwischen Zellen und ihrer extrazellulären Umgebung nicht richtig balanciert ist, wie dies bei akuten oder chronischen Entzündungen geschieht, führt dies häufig zu narbenähnlichen Gewebeveränderungen, die Organfunktionen progressiv zerstören können. Abnorme Kräfte stimulieren auch das Krebswachstum und greifen in viele physiologische Vorgänge ein. In Zusammenarbeit mit Medizinern evaluiert Vogel nun das Potential ihrer Erkenntnisse und Technologien für klinische Anwendungen. Für technische Anwendungen baute sie Nanoshuttles, die von molekularen Motoren angetriebene Cargo in mikrofabrizierten Umgebungen transportieren.
Vogel ist in zahlreichen wissenschaftlichen Beratergremien tätig, so z. B. für die Max-Planck Gesellschaft, dem Wyss Center in Boston und für A*STAR in Singapur. Von 1999 bis 2002 war sie in Präsident Bill Clinton’s 10-köpfigem Gremium, welches die US Nanotechnologie Initiative für das Weisse Haus vorbereitete. Sie ist im Wissenschaftlichen Beirat der Nano-Initiative München[4] und seit 2011 im Hochschulrat der Ludwig-Maximilians-Universität München[5][6] Sie war 2014–2016 Mitglied des Global Agenda Councils für Nanotechnologie des Weltwirtschaftsforums.[7] Seit 2014 ist sie Mitglied der Jury für den Queen-of-Elizabeth-Preis für Ingenieurwissenschaften.
Personendaten | |
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NAME | Vogel, Viola |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Biophysikerin |
GEBURTSDATUM | 1959 |
GEBURTSORT | Tübingen |