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'''Erwin Rudolf Josef Alexander Schrödinger''' (* [[12. August]] [[1887]] in [[Wien]]-[[Erdberg (Wien)|Erdberg]]; † [[4. Jänner]] [[1961]] in Wien-[[Alsergrund]]) war ein [[österreich]]ischer [[Physiker]] und [[Wissenschaftstheorie|Wissenschaftstheoretiker]]. | '''Erwin Rudolf Josef Alexander Schrödinger''' (* [[12. August]] [[1887]] in [[Wien]]-[[Erdberg (Wien)|Erdberg]]; † [[4. Januar|4. Jänner]] [[1961]] in Wien-[[Alsergrund]]) war ein [[österreich]]ischer [[Physiker]] und [[Wissenschaftstheorie|Wissenschaftstheoretiker]]. Er gilt als einer der Begründer der [[Quantenmechanik]] und erhielt für die ''Entdeckung neuer produktiver Formen der Atomtheorie'' gemeinsam mit [[Paul Dirac]] 1933 den [[Liste der Nobelpreisträger für Physik|Nobelpreis für Physik]]. | ||
== Leben == | == Leben == | ||
Erwin Schrödingers Vater [[Rudolf Schrödinger]] (1857–1919) war [[Wachstuch]]fabrikant und [[Botanik]]er. Seine Mutter Georgine Emilia Brenda (1867–1921) war die Tochter von [[Alexander Bauer (Chemiker)|Alexander Bauer]], dem Professor für Allgemeine Chemie an der [[Kaiserlich-königlich|k. k.]] Technischen Hochschule in Wien. Sein Vater war katholisch, seine Mutter evangelisch-lutherisch. Die Kinder wurden in der evangelischen [[Konfession]] erzogen | [[Datei:Wien-Akademisches Gymnasium-08-Erwin Schroedinger-2005-gje.jpg|mini|Gedenktafel am Wiener Akademischen Gymnasium]] | ||
Erwin Schrödingers Vater [[Rudolf Schrödinger]] (1857–1919) war [[Wachstuch]]fabrikant und [[Botanik]]er. Seine Mutter Georgine Emilia Brenda (1867–1921) war die Tochter von [[Alexander Bauer (Chemiker)|Alexander Bauer]], dem Professor für Allgemeine Chemie an der [[Kaiserlich-königlich|k. k.]] Technischen Hochschule in Wien. Sein Vater war katholisch, seine Mutter evangelisch-lutherisch. Die Kinder wurden in der evangelischen [[Konfession]] erzogen. | |||
Schrödinger ging 1898 auf das [[Akademisches Gymnasium (Wien)|Akademische Gymnasium]]. Danach studierte er von 1906 bis 1910 in Wien [[Mathematik]] und [[Physik]] und wurde 1910 bei [[Franz Serafin Exner (Physiker)|Franz Serafin Exner]] promoviert und habilitierte sich 1914 am Wiener Physikalischen Institut.<ref>{{Internetquelle |autor=Deutsche Biographie |url=https://www.deutsche-biographie.de/sfz106819.html#ndbcontent |titel=Schrödinger, Erwin - Deutsche Biographie |abruf=2019-10-15 |sprache=de}}</ref> Dort arbeitete er unter anderem mit Franz-Serafin Exner, [[Friedrich Hasenöhrl]] und [[Karl Wilhelm Friedrich Kohlrausch|K. W. F. Kohlrausch]] zusammen. Er war während seines Studiums eng befreundet mit dem Botaniker [[Franz Frimmel]]. | |||
Nach seiner Kriegsteilnahme am [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] folgte er Berufungen nach [[Jena]] (1920), [[Stuttgart]] (1920), [[Breslau]] (1921) und [[Zürich]] (1922). In Zürich vertrat er den [[Lehrstuhl]] für [[Theoretische Physik]], den vor ihm bereits [[Albert Einstein]] und [[Max von Laue]] innehatten. Hier formulierte er auch die nach ihm benannte [[Schrödingergleichung]], die er Ende 1925 während eines Ferienaufenthalts in [[Arosa]] entdeckt hatte.<ref name="Schroedinger1926">E. Schrödinger: ''[http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k153811/f373.image.langDE Quantisierung als Eigenwertproblem I]'', Annalen der Physik 79 (1926), 361–376.<br />E. Schrödinger: ''[http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k153811/f509.image.langDE Quantisierung als Eigenwertproblem II]'', Annalen der Physik 79 (1926), 489–527.<br />E. Schrödinger: ''[http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k153811/f760.image.langDE Über das Verhältnis der Heisenberg-Born-Jordanschen Quantenmechanik zu der meinen]'', Annalen der Physik 79 (1926), 734–756.<br />E. Schrödinger: ''[http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k15382c/f461.image.langDE Quantisierung als Eigenwertproblem III]'', Annalen der Physik 80 (1926), 437–490.<br />E. Schrödinger: ''[http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k15383q/f117.image.langDE Quantisierung als Eigenwertproblem IV]'', Annalen der Physik 81 (1926), 109–139</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.nzz.ch/feuilleton/erwin-schroedinger-und-thomas-mann-in-arosa-geniestreich-und-bitterer-abschied-ld.1309927 |titel=Erwin Schrödinger und Thomas Mann in Arosa: Geniestreich und bitterer Abschied |datum=2017-08-13 |werk=www.nzz.ch |zugriff=2017-08-14}}</ref> Damit begründete er die [[Wellenmechanik]] als Beschreibung der [[Quantenmechanik]]. | |||
1927 ging Schrödinger nach [[Berlin]], wo er die Nachfolge von [[Max Planck]] an der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Friedrich-Wilhelms-Universität]] antrat. Zahlreiche Physiker von Weltrang versammelten sich in jenen Jahren in Berlin. Dort arbeitete er u. a. mit [[Victor Weisskopf]] zusammen. Nach der [[Machtergreifung]] der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Nationalsozialisten]] 1933 entschloss sich Schrödinger, der schon zuvor in bemerkenswerter Deutlichkeit seine Ablehnung des Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht hatte, Deutschland zu verlassen und eine Stelle am [[Magdalen College]] in [[Oxford]] anzunehmen. Im selben Jahr wurde ihm der Nobelpreis für Physik verliehen. | 1927 ging Schrödinger nach [[Berlin]], wo er die Nachfolge von [[Max Planck]] an der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Friedrich-Wilhelms-Universität]] antrat. Zahlreiche Physiker von Weltrang versammelten sich in jenen Jahren in Berlin. Dort arbeitete er u. a. mit [[Victor Weisskopf]] zusammen. Nach der [[Machtergreifung]] der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Nationalsozialisten]] 1933 entschloss sich Schrödinger, der schon zuvor in bemerkenswerter Deutlichkeit seine Ablehnung des Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht hatte, Deutschland zu verlassen und eine Stelle am [[Magdalen College]] in [[Oxford]] anzunehmen. Im selben Jahr wurde ihm der Nobelpreis für Physik verliehen. | ||
1936 kehrte er nach [[Österreich]] zurück, um in [[Graz]] an der [[Karl-Franzens-Universität]] eine Berufung anzunehmen. Sein Verhalten während des [[Anschluss Österreichs|Anschlusses]] 1938 ist widersprüchlich: Obwohl er bereits in Berlin als NS-Gegner hervorgetreten war, ging er zunächst davon aus, seine Grazer Professur behalten zu können und veröffentlichte am 31. März 1938 in der „Grazer Tagespost“ einen Aufsatz mit dem Titel ''Die Hand jedem Willigen. Bekenntnis zum Führer – Ein hervorragender Wissenschaftler meldet sich zum Dienst für Volk und Heimat''. Die Sommerferien 1938 verbrachte Schrödinger, der sich offenbar sicher fühlte, in den [[Dolomiten]], wo er unter anderem mit Max Planck zusammentraf. In einer Notiz der neuen nationalsozialistischen Universitätsführung wurde Schrödinger als „fachlich hervorragend“, „im persönlichen Verhalten widersprüchlich“ und politisch „semitophil“ bezeichnet; seine Professur wurde während der Ferien 1938 ohne Wissen des zuständigen Dekans [[Karl Polheim]] vom Ministerium neu ausgeschrieben. Am 26. August wurde er schließlich wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ entlassen und reiste am 14. September 1938 per Bahn nach Rom aus.<ref>[[Walter Höflechner]]: ''Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz. Von den Anfängen bis in das Jahr 2005.'' Leykam, Graz 2006, ISBN 3-7011-0058-6. S. 187</ref> | 1936 kehrte er nach [[Österreich]] zurück, um in [[Graz]] an der [[Karl-Franzens-Universität]] eine Berufung anzunehmen. Sein Verhalten während des [[Anschluss Österreichs|Anschlusses]] 1938 ist widersprüchlich: Obwohl er bereits in Berlin als NS-Gegner hervorgetreten war, ging er zunächst davon aus, seine Grazer Professur behalten zu können, und veröffentlichte am 31. März 1938 in der „Grazer Tagespost“ einen Aufsatz mit dem Titel ''Die Hand jedem Willigen. Bekenntnis zum Führer – Ein hervorragender Wissenschaftler meldet sich zum Dienst für Volk und Heimat''. Die Sommerferien 1938 verbrachte Schrödinger, der sich offenbar sicher fühlte, in den [[Dolomiten]], wo er unter anderem mit Max Planck zusammentraf. In einer Notiz der neuen nationalsozialistischen Universitätsführung wurde Schrödinger als „fachlich hervorragend“, „im persönlichen Verhalten widersprüchlich“ und politisch „semitophil“ bezeichnet; seine Professur wurde während der Ferien 1938 ohne Wissen des zuständigen Dekans [[Karl Polheim]] vom Ministerium neu ausgeschrieben. Am 26. August wurde er schließlich wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ entlassen und reiste am 14. September 1938 per Bahn nach Rom aus.<ref>[[Walter Höflechner]]: ''Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz. Von den Anfängen bis in das Jahr 2005.'' Leykam, Graz 2006, ISBN 3-7011-0058-6. S. 187</ref> | ||
Schrödinger ging nach [[Dublin]], wo er ab 1940 wirkte und Direktor der Schule für Theoretische Physik des [[Dublin Institute for Advanced Studies]] war. 1943 gab er am dortigen [[Trinity College (Dublin)|Trinity College]] seine berühmten „Schrödinger lectures“. 1949 wurde er korrespondierendes Mitglied der [[Bayerische Akademie der Wissenschaften|Bayerischen Akademie der Wissenschaften]] und auswärtiges Mitglied der [[Royal Society]].<ref>{{RoyalSocietyUKArchiv|Code=NA7665|AuthorizedFormsOfName=Schrodinger, Erwin (1887 - 1961)}}</ref> | Schrödinger ging nach [[Dublin]], wo er ab 1940 wirkte und Direktor der Schule für Theoretische Physik des [[Dublin Institute for Advanced Studies]] war. 1943 gab er am dortigen [[Trinity College (Dublin)|Trinity College]] seine berühmten „Schrödinger lectures“. 1949 wurde er korrespondierendes Mitglied der [[Bayerische Akademie der Wissenschaften|Bayerischen Akademie der Wissenschaften]] und auswärtiges Mitglied der [[Royal Society]].<ref>{{RoyalSocietyUKArchiv|Code=NA7665|AuthorizedFormsOfName=Schrodinger, Erwin (1887 - 1961)}}</ref> | ||
[[Datei:Grave Schroedinger.jpg|mini|hochkant|Grab | [[Datei:Grave Schroedinger.jpg|mini|hochkant=0.86|Erwin Schrödingers Grab in [[Alpbach]] in [[Tirol (Bundesland)|Tirol]]]] | ||
1956 kehrte er nach Wien zurück. Hier lehrte er bis zu seinem Tod am Institut für Theoretische Physik der [[Universität Wien]]. Schrödinger nahm auch an den [[Europäisches Forum Alpbach|Hochschultagen]] in [[Alpbach]] teil. Da es ihm im Ort gefiel, verbrachte er hier seine letzten Jahre. Seine Tochter Ruth Braunizer | 1956 kehrte er nach Wien zurück. Hier lehrte er bis zu seinem Tod am Institut für Theoretische Physik der [[Universität Wien]]. Schrödinger nahm auch an den [[Europäisches Forum Alpbach|Hochschultagen]] in [[Alpbach]] teil. Da es ihm im Ort gefiel, verbrachte er hier seine letzten Jahre. Seine Tochter Ruth Braunizer lebte bis zu ihrem Tod 2018<ref>[https://www.trauerhilfe.at/todesanzeigen/detail/uid/2005/verstorbener/117421/ Todesanzeige Ruth Braunizer]</ref> noch in dem Tiroler Dorf. Erwin Schrödinger starb am 4. Jänner 1961 in Wien an [[Tuberkulose]]. Er wurde seinem Wunsch entsprechend in Alpbach in [[Tirol (Bundesland)|Tirol]] beerdigt. Als Inschrift trägt das Grabkreuz die Gleichung, die seinen Namen trägt. | ||
=== Privates === | |||
Am 6. April 1920 heiratete er Annemarie Bertel, genannt Annie. Die Ehe blieb kinderlos. Schrödinger und seine Frau Annie lebten in offener Beziehung – Schrödinger hatte offen außereheliche Beziehungen, zum Beispiel zur Frau seines Kollegen und Freundes [[Arthur March]], und Annie hatte eine langjährige Beziehung zu [[Hermann Weyl]], was die Freundschaft von Weyl und Schrödinger nicht störte.<ref>Walter Moore: ''A life of Erwin Schrödinger''. Cambridge University Press 1994</ref> Mit Hildegunde March hatte er eine Tochter (Ruth Braunizer, 1934–2018); beide lebten von 1939 bis 1945 bei Schrödinger in Dublin.<ref>[http://www.echoonline.at/submenu-content/geschichte/die-sternenjaeger/march/ ''Der Atomjäger''.] Echo, zu Arthur March</ref> | |||
Im Jahr 1948 erwarb er zusätzlich zur österreichischen auch die irische Staatsbürgerschaft.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.dib.ie/biography/schrodinger-erwin-a7947 |titel=Schrödinger, Erwin {{!}} Dictionary of Irish Biography |abruf=2022-01-06}}</ref> | |||
== | == Werk == | ||
[[Datei:Erwin Schrodinger at U Vienna.JPG|mini| | [[Datei:Erwin Schrodinger at U Vienna.JPG|mini|hochkant=0.86|Erwin Schrödingers Büste mit [[Schrödingergleichung|seiner Gleichung]] <math>\mathrm{i}\,\hbar\,\dot\psi = H\psi</math> in der Ehrenhalle in den Hofarkaden der [[Universität Wien]]]] | ||
1926 formulierte Schrödinger die nach ihm benannte [[Schrödingergleichung]]. Der Zugang zur Quantenmechanik, den Schrödinger mit Hilfe dieser [[Partielle Differentialgleichung|partiellen Differentialgleichung]] fand, kam etwas später als [[Werner Heisenberg|Heisenbergs]] [[Matrizenmechanik]], hat aber den Vorteil, dass er die aus der klassischen Mechanik bekannte Mathematik benutzt. Diese Arbeiten brachten ihm Weltruhm und schließlich auch den [[Nobelpreis]] für [[Physik]] im Jahr 1933 ein. In dieser berühmten Artikelserie (Annalen der Physik Bd. 79, S. 361, 489, 734, und Bd. 81, S. 109, 1926) bewies er auch gleich die Äquivalenz seiner Formulierung mit der Matrizenmechanik von [[Werner Heisenberg|Heisenberg]] und [[Max Born|Born]]. | 1926 formulierte Schrödinger die nach ihm benannte [[Schrödingergleichung]]. Der Zugang zur Quantenmechanik, den Schrödinger mit Hilfe dieser [[Partielle Differentialgleichung|partiellen Differentialgleichung]] fand, kam etwas später als [[Werner Heisenberg|Heisenbergs]] [[Matrizenmechanik]], hat aber den Vorteil, dass er die aus der klassischen Mechanik bekannte Mathematik benutzt. Diese Arbeiten brachten ihm Weltruhm und schließlich auch den [[Nobelpreis]] für [[Physik]] im Jahr 1933 ein. In dieser berühmten Artikelserie (Annalen der Physik Bd. 79, S. 361, 489, 734, und Bd. 81, S. 109, 1926) bewies er auch gleich die Äquivalenz seiner Formulierung mit der Matrizenmechanik von [[Werner Heisenberg|Heisenberg]] und [[Max Born|Born]]. | ||
Die Auseinandersetzung mit den Arbeiten von [[Ernst Mach]] führten ihn zur Beschäftigung mit der Theorie der Farbwahrnehmung. Auf diesem Gebiet wurde er bald zum anerkannten [[Experte]]n. Er untersuchte auch [[Farbraum|Farben-Räume]] mit speziellen Metriken und gab so wichtige theoretische Anregungen beispielsweise bei der Erarbeitung des späteren [[CIE-Normvalenzsystem|XYZ-Farbraumes]] der [[Internationale Beleuchtungskommission|CIE]].<ref>W. Heisenberg: ''Erwin Schrödinger.'' Jahrbuch der | Die Auseinandersetzung mit den Arbeiten von [[Ernst Mach]] führten ihn zur Beschäftigung mit der Theorie der Farbwahrnehmung. Auf diesem Gebiet wurde er bald zum anerkannten [[Experte]]n. Er untersuchte auch [[Farbraum|Farben-Räume]] mit speziellen Metriken und gab so wichtige theoretische Anregungen beispielsweise bei der Erarbeitung des späteren [[CIE-Normvalenzsystem|XYZ-Farbraumes]] der [[Internationale Beleuchtungskommission|CIE]].<ref>W. Heisenberg: ''Erwin Schrödinger.'' Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1961, 27–35.</ref> Die additive Farbmischung folgt den Regeln der Vektoraddition, deshalb führte Schrödinger die vektorielle Darstellung in die Farbmessung ein.<ref>Erwin Schrödinger: ''Grundlinien einer Theorie der Farbmetrik im Tagessehen''. In: Annalen der Physik, Heft IV, Jahrgang 63, 1920, [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k15365s/f404.image.langDE S. 397 ff.], [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k15365s/f434.image.langDE S. 427 ff.],[http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k15365s/f488.image.langDE S. 481 ff.]</ref> | ||
Schrödinger nahm auch zu [[Philosophie|philosophischen]] Aspekten der Quantenmechanik Stellung.<ref>„Er verkörpert den Typus eines Gelehrten, der die engen Grenzen des Fachspezialistentums überschreitet und der in unserem Jahrhundert rar geworden ist. ''Erwin Schrödinger'' verstand sich als ein eminent philosophischer Physiker.“ – [http://link.springer.com/content/pdf/bfm%3A978-3-322-92064-5%2F1.pdf Dieter Hoffmann (PDF; 298 kB)] (Berlin): ''Erwin Schrödinger'' – Leipzig: Teubner, 1984. ([[Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner]]; 66) – Vorwort S. 5</ref><ref>„Doch ''Schrödinger'' war mehr als nur Physiker; zutiefst in seinem Inneren war er ein Philosoph, der sich sein Leben lang unter anderem und vor allem mit dem Wesen der Vererbung beschäftigte, die er als eine gegen die individuelle Vererbung gefeite Übertragung von Vergangenem in die Zukunft, als gegen die Stürme der Zeit immunes genealogisches Gedächtnis betrachtete“ – ''[[Evelyn Fox Keller]]: ''Das Leben neu denken: Metaphern der Biologie im 20. Jahrhundert''. Aus dem Engl. von [[Inge Leipold]]. – Kunstmann, München 1998. S. 67.''</ref> In seinem 1944 erschienenen Werk ''Was ist Leben?'' (im Original ''What is Life?'') führt er den Begriff der [[Negentropie]] ein. Sie hatte damals großen Einfluss auf Wissenschaftler wie [[Maurice Wilkins]], [[Francis Crick]] und [[James D. Watson]] in der sich entwickelnden Molekularbiologie<ref>[http://www.whatislife.ie/schrodinger.htm What is Life ?], Webseite des Botanischen Gartens Dublin</ref>, indem sie versucht, biologische Themen physikalisch zu erklären, und das Interesse auf den damals unbekannten Mechanismus der Vererbung lenkte, für den er den Begriff des „aperiodischen Kristalls“ prägte, den er sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch als Protein vorstellte. Er war damals in Dublin relativ isoliert und kannte die frühe Forschung zum Beispiel von [[Oswald Avery]] zur Rolle der DNA und [[Max Delbrück (Biophysiker)|Max Delbrück]] zu Bakteriophagen in den USA nicht, sein auch stilistisch herausragendes Buch<ref>Freeman Dyson, Origins of Life, Cambridge University Press 2004, S. 1f</ref> stellte aber in der Rückschau von [[Freeman Dyson]] zur richtigen Zeit die richtigen Fragen. | |||
Sein wohl bekanntestes Gedankenexperiment ist [[Schrödingers Katze]],<ref>Erstmals dargestellt in: ''Die gegenwärtige Situation in der Quantenmechanik''. Naturwissenschaften (Organ der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte – Berlin, Springer) – Bd. 23, 1935.</ref> womit er die kontraintuitiven Aussagen der Quantenmechanik auf Gegenstände des täglichen Lebens übertrug und so seine Ablehnung der üblichen statistischen Interpretation der Quantenmechanik zum Ausdruck bringen wollte. | |||
Außerdem veröffentlichte er 50 weitere Publikationen zu verschiedenen Themen. In den letzten Lebensjahren beschäftigte er sich intensiv mit Verallgemeinerungen der Allgemeinen Relativitätstheorie („[[einheitliche Feldtheorie]]n“), worüber er auch mit [[Albert Einstein]] korrespondierte – das Verhältnis kühlte aber ab, als Schrödinger seinen Enthusiasmus für seine Theorie auch in überzogenen Pressemitteilungen verlauten ließ. | |||
== Auszeichnungen und Mitgliedschaften == | |||
1950 wurde Schrödinger in die [[American Academy of Arts and Sciences]] gewählt. 1956 wurde er in | 1928 wurde er korrespondierendes und 1934 Ehrenmitglied der [[Russische Akademie der Wissenschaften|Akademie der Wissenschaften der UdSSR]]. 1950 wurde Schrödinger in die [[American Academy of Arts and Sciences]] gewählt. 1956 wurde er in den Orden [[Pour le Mérite]] aufgenommen<ref name="OplM">''Verzeichnis der Mitglieder: Erwin Schrödinger'' in: ''Orden pour le Mérite für Wissenschaften und Künste, 1842-2002'', Bleicher Verlag, Gerlingen, 2002, ISBN 3-88350-175-1</ref> und wurde erster Preisträger des nach ihm benannten [[Erwin Schrödinger-Preis]]es der [[Österreichische Akademie der Wissenschaften|Österreichischen Akademie der Wissenschaften]].<ref>{{Webarchiv|url=http://stipendien.oeaw.ac.at/de/geschichte-des-erwin-schr%C3%B6dinger-preises |wayback=20151127032428 |text=Geschichte des Erwin Schrödinger-Preises }}</ref> | ||
Von der Republik Österreich erhielt er 1957 das [[Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst|Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst]]. | 1920 wurde Erwin Schrödinger mit dem [[Haitinger-Preis]] der [[Österreichische Akademie der Wissenschaften|Akademie der Wissenschaften in Wien]] ausgezeichnet. Von der Republik Österreich erhielt er 1957 das [[Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst|Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst]]. 1937 wurde ihm die [[Max-Planck-Medaille]] verliehen. | ||
== Ehrungen == | == Ehrungen == | ||
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* 1956 wurde Schrödinger erster Preisträger des nach ihm benannten [[Erwin Schrödinger-Preis]]es der [[Österreichische Akademie der Wissenschaften|Österreichischen Akademie der Wissenschaften]]. | * 1956 wurde Schrödinger erster Preisträger des nach ihm benannten [[Erwin Schrödinger-Preis]]es der [[Österreichische Akademie der Wissenschaften|Österreichischen Akademie der Wissenschaften]]. | ||
* Der [[Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft]] vergibt auf Vorschlag der [[Helmholtz-Gemeinschaft]] seit 1999 den [[Erwin-Schrödinger-Preis]] für wissenschaftliche oder technisch innovative Leistungen im Grenzgebiet zwischen Medizin, Natur- und Ingenieurwissenschaften. | * Der [[Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft]] vergibt auf Vorschlag der [[Helmholtz-Gemeinschaft]] seit 1999 den [[Erwin-Schrödinger-Preis]] für wissenschaftliche oder technisch innovative Leistungen im Grenzgebiet zwischen Medizin, Natur- und Ingenieurwissenschaften. | ||
* Im Jahr 1973 wurde in Wien [[Donaustadt]] (22. Bezirk) der ''Schrödingerplatz'' nach ihm benannt.<ref>Wiener Straßennamen: | * Im Jahr 1973 wurde in Wien-[[Donaustadt]] (22. Bezirk) der ''Schrödingerplatz'' nach ihm benannt.<ref>Wiener Straßennamen: {{Wien Geschichte Wiki|Schrödingerplatz|Schrödingerplatz}}; [http://maps.google.at/maps?hl=de&q=Schr%C3%B6dingerplatz%20wien&um=1&ie=UTF-8&sa=N&tab=wl Schrödingerplatz Wien] bei Google Maps</ref> | ||
* Auch der [[Schrödinger (Mondkrater)|Mondkrater Schrödinger]], das [[Liste der Täler des Erdmondes|Mondtal]] ''Vallis Schrödinger'' | * Auch der [[Schrödinger (Mondkrater)|Mondkrater Schrödinger]], das [[Liste der Täler des Erdmondes|Mondtal]] ''Vallis Schrödinger'' und der Asteroid [[(13092) Schrödinger]]<ref>[http://ssd.jpl.nasa.gov/sbdb.cgi?sstr=13092 13092 Schrodinger (1992 SS16)] JPL Small-Body Database Browser</ref> sind nach Erwin Schrödinger benannt. | ||
*[[Schrödinger Medal]] der [[WATOC]] | * Der [[Gletscher]] ''Schrödingerbreen'' auf [[Spitzbergen (Insel)|Spitzbergen]] trägt seinen Namen ebenfalls zu Ehren Erwin Schrödingers.<ref>{{Svalbard|82500131-82ce-544b-9854-7977bdcf6f14|Titel=Schrödingerbreen}}</ref> | ||
* [[Schrödinger Medal]] der [[WATOC]] | |||
* Weiters auch das Erwin-Schrödinger-Zentrum der [[Humboldt-Universität zu Berlin]], in dem Einrichtungen wie der Computer- und Medienservice oder die Zweigbibliothek Naturwissenschaften der [[Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin]] vertreten sind.<ref>[http://www.esz.hu-berlin.de/ Erwin-Schrödinger-Zentrum] esz.hu-berlin.de (abgerufen 7. März 2012)</ref> | * Weiters auch das Erwin-Schrödinger-Zentrum der [[Humboldt-Universität zu Berlin]], in dem Einrichtungen wie der Computer- und Medienservice oder die Zweigbibliothek Naturwissenschaften der [[Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin]] vertreten sind.<ref>[http://www.esz.hu-berlin.de/ Erwin-Schrödinger-Zentrum] esz.hu-berlin.de (abgerufen 7. März 2012)</ref> | ||
=== Banknote und Briefmarke === | === Banknote und Briefmarke === | ||
* | * Von 1983 bis 1997 befand sich Schrödingers Konterfei auf den österreichischen 1000-[[Österreichischer Schilling#Serie 1983|Schilling-Banknoten der Serie 1983]], den Noten mit dem damals höchsten Nennwert in Österreich. | ||
* Im Jahr seines 100. Geburtstages 1987 wurde eine Sonderbriefmarke der österreichischen Post herausgegeben. | * Im Jahr seines 100. Geburtstages 1987 wurde eine Sonderbriefmarke der österreichischen Post herausgegeben. | ||
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* ''Die Natur und die Griechen''. Verlag Zsolnay, Wien 1987, ISBN 3-552-00742-3 (''Sherman Lectures'' am University College, London, 24., 26., 28. und 30. Mai 1948) | * ''Die Natur und die Griechen''. Verlag Zsolnay, Wien 1987, ISBN 3-552-00742-3 (''Sherman Lectures'' am University College, London, 24., 26., 28. und 30. Mai 1948) | ||
* ''Was ist Leben? – Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet''. Leo Lehnen Verlag ([[Sammlung Dalp]] 1), München, 1951, 2. Aufl. | * ''Was ist Leben? – Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet''. Leo Lehnen Verlag ([[Sammlung Dalp]] 1), München, 1951, 2. Aufl. | ||
* ''What is matter?'' Scientific American, 189, (1953), | * ''What is matter?'' Scientific American, 189, (1953), 52–57 | ||
* ''Was ist Materie?'', 2-CD-Set, 86 Minuten, Originaltonaufnahmen, supposé Köln, ISBN 3-932513-30-4 | * ''Was ist Materie?'', 2-CD-Set, 86 Minuten, Originaltonaufnahmen, supposé Köln, ISBN 3-932513-30-4 | ||
* ''Was ist ein Naturgesetz? Beiträge zum naturwissenschaftlichen Weltbild''. Scientia nova, 5. Auflage, Oldenbourg, München 1997, ISBN 978-3-486-56293-4. | * ''Was ist ein Naturgesetz? Beiträge zum naturwissenschaftlichen Weltbild''. Scientia nova, 5. Auflage, Oldenbourg, München 1997, ISBN 978-3-486-56293-4. | ||
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* [[Hans Thirring]]: ''Der Weg der theoretischen Physik von Newton bis Schrödinger.'' Springer, Wien 1962, Eine Würdigung des Werkes von Erwin Schrödinger (35 Seiten). | * [[Hans Thirring]]: ''Der Weg der theoretischen Physik von Newton bis Schrödinger.'' Springer, Wien 1962, Eine Würdigung des Werkes von Erwin Schrödinger (35 Seiten). | ||
* [[Dieter Hoffmann (Historiker)|Dieter Hoffmann]]: ''Erwin Schrödinger.'' Teubner, Leipzig 1984, 94 Seiten (''Biographien'' hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner; 66) | * [[Dieter Hoffmann (Historiker)|Dieter Hoffmann]]: ''Erwin Schrödinger.'' Teubner, Leipzig 1984, 94 Seiten (''Biographien'' hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner; 66) | ||
* C. W. Kilmister (Hrsg.): ''Schrödinger | * C. W. Kilmister (Hrsg.): ''Schrödinger – Centenary celebration of a polymath'', Cambridge University Press 1987 | ||
* [[Gerhard Oberkofler]] / [[Peter Goller]]: Erwin Schrödinger. Briefe und Dokumente aus Zürich, Wien und Innsbruck. Eingeleitet und kommentiert. Hg. von der Zentralbibliothek für Physik in Wien. Illustr. Innsbruck 1992. | |||
* Michael P. Murphy und Luk A.J. O’Neil (beide Hrsg.): ''What is Life? The Next Fifty Years. Speculations on the future of biology.'' Cambridge University Press, 1995, ISBN 0-521-45509-X (hardback) und ISBN 0-521-59939-3 (paperback) – Aufsatzsammlung. | * Michael P. Murphy und Luk A.J. O’Neil (beide Hrsg.): ''What is Life? The Next Fifty Years. Speculations on the future of biology.'' Cambridge University Press, 1995, ISBN 0-521-45509-X (hardback) und ISBN 0-521-59939-3 (paperback) – Aufsatzsammlung. | ||
* Walter J. Moore: ''Erwin Schrödinger: Eine Biographie''. Primus Verlag, 2012, ISBN 978-3-86312-301-7. (Englisches Original: ''Schrödinger | * [[Walter J. Moore]]: ''Erwin Schrödinger. Life and Thought'', Cambridge University Press 1989, 2015 | ||
* Norbert Straumann: ''Schrödingers discovery of wave mechanics'', in ''Schrödingers Wave Mechanics 75 years after'', Universität Zürich 2001, | *Walter J. Moore: ''Erwin Schrödinger: Eine Biographie''. Primus Verlag, 2012, ISBN 978-3-86312-301-7. (Englisches Original: ''A life of Schrödinger'', Cambridge University Press 1994, die Kurzfassung seiner Biographie) | ||
* [[Norbert Straumann]]: ''Schrödingers discovery of wave mechanics'', in ''Schrödingers Wave Mechanics 75 years after'', Universität Zürich 2001, {{arxiv|quant-ph/0110097}} | |||
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* | * Nobel-Vortrag (1933): ''Der Grundgedanke der Wellenmechanik'' {{doi|10.1002/phbl.19660220102}} – Abgedruckt in: Erwin Schrödinger: ''Was ist ein Naturgesetz?'' : Beiträge zum naturwissenschaftlichen Weltbild – 5. Aufl. - München : Oldenbourg, 1997. (Scientia nova) – ISBN 3-486-56293-2 – ''S. 86–101'' | ||
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Erwin Rudolf Josef Alexander Schrödinger (* 12. August 1887 in Wien-Erdberg; † 4. Jänner 1961 in Wien-Alsergrund) war ein österreichischer Physiker und Wissenschaftstheoretiker. Er gilt als einer der Begründer der Quantenmechanik und erhielt für die Entdeckung neuer produktiver Formen der Atomtheorie gemeinsam mit Paul Dirac 1933 den Nobelpreis für Physik.
Erwin Schrödingers Vater Rudolf Schrödinger (1857–1919) war Wachstuchfabrikant und Botaniker. Seine Mutter Georgine Emilia Brenda (1867–1921) war die Tochter von Alexander Bauer, dem Professor für Allgemeine Chemie an der k. k. Technischen Hochschule in Wien. Sein Vater war katholisch, seine Mutter evangelisch-lutherisch. Die Kinder wurden in der evangelischen Konfession erzogen.
Schrödinger ging 1898 auf das Akademische Gymnasium. Danach studierte er von 1906 bis 1910 in Wien Mathematik und Physik und wurde 1910 bei Franz Serafin Exner promoviert und habilitierte sich 1914 am Wiener Physikalischen Institut.[1] Dort arbeitete er unter anderem mit Franz-Serafin Exner, Friedrich Hasenöhrl und K. W. F. Kohlrausch zusammen. Er war während seines Studiums eng befreundet mit dem Botaniker Franz Frimmel.
Nach seiner Kriegsteilnahme am Ersten Weltkrieg folgte er Berufungen nach Jena (1920), Stuttgart (1920), Breslau (1921) und Zürich (1922). In Zürich vertrat er den Lehrstuhl für Theoretische Physik, den vor ihm bereits Albert Einstein und Max von Laue innehatten. Hier formulierte er auch die nach ihm benannte Schrödingergleichung, die er Ende 1925 während eines Ferienaufenthalts in Arosa entdeckt hatte.[2][3] Damit begründete er die Wellenmechanik als Beschreibung der Quantenmechanik.
1927 ging Schrödinger nach Berlin, wo er die Nachfolge von Max Planck an der Friedrich-Wilhelms-Universität antrat. Zahlreiche Physiker von Weltrang versammelten sich in jenen Jahren in Berlin. Dort arbeitete er u. a. mit Victor Weisskopf zusammen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 entschloss sich Schrödinger, der schon zuvor in bemerkenswerter Deutlichkeit seine Ablehnung des Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht hatte, Deutschland zu verlassen und eine Stelle am Magdalen College in Oxford anzunehmen. Im selben Jahr wurde ihm der Nobelpreis für Physik verliehen.
1936 kehrte er nach Österreich zurück, um in Graz an der Karl-Franzens-Universität eine Berufung anzunehmen. Sein Verhalten während des Anschlusses 1938 ist widersprüchlich: Obwohl er bereits in Berlin als NS-Gegner hervorgetreten war, ging er zunächst davon aus, seine Grazer Professur behalten zu können, und veröffentlichte am 31. März 1938 in der „Grazer Tagespost“ einen Aufsatz mit dem Titel Die Hand jedem Willigen. Bekenntnis zum Führer – Ein hervorragender Wissenschaftler meldet sich zum Dienst für Volk und Heimat. Die Sommerferien 1938 verbrachte Schrödinger, der sich offenbar sicher fühlte, in den Dolomiten, wo er unter anderem mit Max Planck zusammentraf. In einer Notiz der neuen nationalsozialistischen Universitätsführung wurde Schrödinger als „fachlich hervorragend“, „im persönlichen Verhalten widersprüchlich“ und politisch „semitophil“ bezeichnet; seine Professur wurde während der Ferien 1938 ohne Wissen des zuständigen Dekans Karl Polheim vom Ministerium neu ausgeschrieben. Am 26. August wurde er schließlich wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ entlassen und reiste am 14. September 1938 per Bahn nach Rom aus.[4]
Schrödinger ging nach Dublin, wo er ab 1940 wirkte und Direktor der Schule für Theoretische Physik des Dublin Institute for Advanced Studies war. 1943 gab er am dortigen Trinity College seine berühmten „Schrödinger lectures“. 1949 wurde er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und auswärtiges Mitglied der Royal Society.[5]
1956 kehrte er nach Wien zurück. Hier lehrte er bis zu seinem Tod am Institut für Theoretische Physik der Universität Wien. Schrödinger nahm auch an den Hochschultagen in Alpbach teil. Da es ihm im Ort gefiel, verbrachte er hier seine letzten Jahre. Seine Tochter Ruth Braunizer lebte bis zu ihrem Tod 2018[6] noch in dem Tiroler Dorf. Erwin Schrödinger starb am 4. Jänner 1961 in Wien an Tuberkulose. Er wurde seinem Wunsch entsprechend in Alpbach in Tirol beerdigt. Als Inschrift trägt das Grabkreuz die Gleichung, die seinen Namen trägt.
Am 6. April 1920 heiratete er Annemarie Bertel, genannt Annie. Die Ehe blieb kinderlos. Schrödinger und seine Frau Annie lebten in offener Beziehung – Schrödinger hatte offen außereheliche Beziehungen, zum Beispiel zur Frau seines Kollegen und Freundes Arthur March, und Annie hatte eine langjährige Beziehung zu Hermann Weyl, was die Freundschaft von Weyl und Schrödinger nicht störte.[7] Mit Hildegunde March hatte er eine Tochter (Ruth Braunizer, 1934–2018); beide lebten von 1939 bis 1945 bei Schrödinger in Dublin.[8]
Im Jahr 1948 erwarb er zusätzlich zur österreichischen auch die irische Staatsbürgerschaft.[9]
1926 formulierte Schrödinger die nach ihm benannte Schrödingergleichung. Der Zugang zur Quantenmechanik, den Schrödinger mit Hilfe dieser partiellen Differentialgleichung fand, kam etwas später als Heisenbergs Matrizenmechanik, hat aber den Vorteil, dass er die aus der klassischen Mechanik bekannte Mathematik benutzt. Diese Arbeiten brachten ihm Weltruhm und schließlich auch den Nobelpreis für Physik im Jahr 1933 ein. In dieser berühmten Artikelserie (Annalen der Physik Bd. 79, S. 361, 489, 734, und Bd. 81, S. 109, 1926) bewies er auch gleich die Äquivalenz seiner Formulierung mit der Matrizenmechanik von Heisenberg und Born.
Die Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Ernst Mach führten ihn zur Beschäftigung mit der Theorie der Farbwahrnehmung. Auf diesem Gebiet wurde er bald zum anerkannten Experten. Er untersuchte auch Farben-Räume mit speziellen Metriken und gab so wichtige theoretische Anregungen beispielsweise bei der Erarbeitung des späteren XYZ-Farbraumes der CIE.[10] Die additive Farbmischung folgt den Regeln der Vektoraddition, deshalb führte Schrödinger die vektorielle Darstellung in die Farbmessung ein.[11]
Schrödinger nahm auch zu philosophischen Aspekten der Quantenmechanik Stellung.[12][13] In seinem 1944 erschienenen Werk Was ist Leben? (im Original What is Life?) führt er den Begriff der Negentropie ein. Sie hatte damals großen Einfluss auf Wissenschaftler wie Maurice Wilkins, Francis Crick und James D. Watson in der sich entwickelnden Molekularbiologie[14], indem sie versucht, biologische Themen physikalisch zu erklären, und das Interesse auf den damals unbekannten Mechanismus der Vererbung lenkte, für den er den Begriff des „aperiodischen Kristalls“ prägte, den er sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch als Protein vorstellte. Er war damals in Dublin relativ isoliert und kannte die frühe Forschung zum Beispiel von Oswald Avery zur Rolle der DNA und Max Delbrück zu Bakteriophagen in den USA nicht, sein auch stilistisch herausragendes Buch[15] stellte aber in der Rückschau von Freeman Dyson zur richtigen Zeit die richtigen Fragen.
Sein wohl bekanntestes Gedankenexperiment ist Schrödingers Katze,[16] womit er die kontraintuitiven Aussagen der Quantenmechanik auf Gegenstände des täglichen Lebens übertrug und so seine Ablehnung der üblichen statistischen Interpretation der Quantenmechanik zum Ausdruck bringen wollte.
Außerdem veröffentlichte er 50 weitere Publikationen zu verschiedenen Themen. In den letzten Lebensjahren beschäftigte er sich intensiv mit Verallgemeinerungen der Allgemeinen Relativitätstheorie („einheitliche Feldtheorien“), worüber er auch mit Albert Einstein korrespondierte – das Verhältnis kühlte aber ab, als Schrödinger seinen Enthusiasmus für seine Theorie auch in überzogenen Pressemitteilungen verlauten ließ.
1928 wurde er korrespondierendes und 1934 Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. 1950 wurde Schrödinger in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. 1956 wurde er in den Orden Pour le Mérite aufgenommen[17] und wurde erster Preisträger des nach ihm benannten Erwin Schrödinger-Preises der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.[18]
1920 wurde Erwin Schrödinger mit dem Haitinger-Preis der Akademie der Wissenschaften in Wien ausgezeichnet. Von der Republik Österreich erhielt er 1957 das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst. 1937 wurde ihm die Max-Planck-Medaille verliehen.
Personendaten | |
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NAME | Schrödinger, Erwin |
ALTERNATIVNAMEN | Schrödinger, Erwin Rudolf Josef Alexander (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Physiker und Nobelpreisträger |
GEBURTSDATUM | 12. August 1887 |
GEBURTSORT | Wien-Erdberg |
STERBEDATUM | 4. Januar 1961 |
STERBEORT | Wien |