Isaak Jakowlewitsch Pomerantschuk: Unterschied zwischen den Versionen

Isaak Jakowlewitsch Pomerantschuk: Unterschied zwischen den Versionen

imported>Intimidator
 
imported>John Red
(Ergänzungen)
 
Zeile 1: Zeile 1:
'''Isaak Jakowlewitsch Pomerantschuk''' ({{RuS|Исаак Яковлевич Померанчук}}, wiss. [[Transliteration]] ''{{lang|ru-Latn|Isaak Jakovlevič Pomerančuk}}''; * {{JULGREGDATUM|20|5|1913|Link="true"}} in [[Warschau]]; † [[14. Dezember]] [[1966]] in [[Moskau]]) war ein [[Russland|russischer]] [[Physiker]].
'''Isaak Jakowlewitsch Pomerantschuk''' ({{ruS|Исаак Яковлевич Померанчук}}, wiss. [[Transliteration]] ''{{lang|ru-Latn|Isaak Jakovlevič Pomerančuk}}''; * {{JULGREGDATUM|20|5|1913|Link=1}} in [[Warschau]]; † [[14. Dezember]] [[1966]] in [[Moskau]]) war ein [[Sowjetunion|sowjetischer]] [[Physiker]].


== Leben und Werk ==
== Leben und Werk ==


Pomerantschuk wurde im damals russischen Warschau als Sohn eines Chemieingenieurs (Jakow Isaakowitsch Pomerantschuk) und einer Ärztin geboren. 1918 zog die Familie nach [[Rostow am Don]] und 1923 nach Rubezhnoe im Donez-Becken, wo er zur Schule ging. Pomerantschuk arbeitete neben der Schule in einer Fabrik und ging 1931 nach Ivanovo um Chemieingenieurwesen zu studieren. 1932 wechselte er ans Polytechnische Institut in [[Sankt Petersburg]], wo er [[physikalische Chemie]] studierte. 1935 empfahl ihn sein Vorgesetzter [[Alexander Iossifowitsch Schalnikow|Alexander Schalnikow]] weiter an den theoretischen Physiker [[Lew Dawidowitsch Landau|Lew Landau]] in [[Charkiw|Charkow]] (nachdem er mehrere Glasröhren für [[Vakuumpumpe]]n zerstört hatte), dessen berüchtigtes „Theoretisches Minimum“ (mehrere schriftliche, sehr anspruchsvolle Prüfungen unter Landaus persönlicher Aufsicht) er in nur zwei Monaten absolvierte. Pomerantschuk wurde einer von Landaus getreuesten Schülern, der auch regelmäßig später seine berühmten Seminare in Moskau besuchte. 1936 veröffentlichte er seine erste Arbeit, über die Streuung von Photonen aneinander in ''Nature'' (mit [[Alexander Iljitsch Achijeser|Alexander Achijeser]]). In den 1930er Jahren gab er eine obere Grenze von <math>10^{17}</math> [[Elektronenvolt|eV]] für die Energie auf der Erde gemessener geladener Teilchen in kosmischer Strahlung an (aufgrund der Wechselwirkung mit dem [[Erdmagnetfeld]]) an. Außerdem arbeitete er über [[Festkörperphysik]].
Pomerantschuk wurde im damals [[Weichselland|russischen]] Warschau als Sohn eines Chemieingenieurs (Jakow Isaakowitsch Pomerantschuk) und einer Ärztin (Amalia Davidowna Pomerantschuk) geboren. 1918 zog die Familie nach [[Rostow am Don]] und 1923 nach [[Rubischne|Rubeschnoje]] im [[Donezbecken]], wo er zur Schule ging. Pomerantschuk arbeitete neben der Schule in einer Fabrik und ging 1931 nach [[Iwanowo]], um Chemieingenieurwesen zu studieren. 1932 wechselte er ans Polytechnische Institut in [[Sankt Petersburg|Leningrad]], wo er [[physikalische Chemie]] studierte. 1935 empfahl ihn sein Vorgesetzter [[Alexander Iossifowitsch Schalnikow|Alexander Schalnikow]] weiter an den theoretischen Physiker [[Lew Dawidowitsch Landau|Lew Landau]] in [[Charkiw|Charkow]] (nachdem er mehrere Glasröhren für [[Vakuumpumpe]]n zerstört hatte), dessen berüchtigtes „Theoretisches Minimum“ (mehrere schriftliche, sehr anspruchsvolle Prüfungen unter Landaus persönlicher Aufsicht) er in nur zwei Monaten absolvierte. Pomerantschuk wurde einer von Landaus getreuesten Schülern, der auch regelmäßig später seine berühmten Seminare in [[Moskau]] besuchte. 1936 veröffentlichte er seine erste Arbeit, über die Streuung von Photonen aneinander in ''Nature'' (mit [[Alexander Iljitsch Achijeser|Alexander Achijeser]]). In den 1930er Jahren gab er eine obere Grenze von 10<sup>17</sup>&nbsp;[[Elektronenvolt|eV]] für die Energie auf der Erde gemessener geladener Teilchen in kosmischer Strahlung an (aufgrund der Wechselwirkung mit dem [[Erdmagnetfeld]]) an. Außerdem arbeitete er über [[Festkörperphysik]].


1937 folgte er Landau nach Moskau und ging nach dessen Verhaftung 1938 an die Universität Leningrad, wo er [[Promotion (Doktor)|promovierte]] und danach 1939/40 am Physikalisch-Technischen Institut arbeitete. 1940 ging er nach Moskau ans [[Lebedew-Institut]], wo er mit einer Arbeit über [[Wärmeleitung]] und [[Schallabsorption]] in [[Dielektrikum|Dielektrika]] seinen Doktor machte. Während des Zweiten Weltkriegs machte er Forschungen über [[kosmische Strahlung]] in Armenien und war ab 1943 im Team von [[Igor Wassiljewitsch Kurtschatow|Kurtschatow]] im Labor Nr. 2, das den ersten sowjetischen Kernreaktor entwickelte (der 1946 in Betrieb ging). Dabei arbeitete er mit [[Jakow Borissowitsch Seldowitsch]] zusammen. Er wurde bald der führende Kernreaktor-Theoretiker in der Sowjetunion, wobei er wieder mit Achijeser zusammenarbeitete (ihre damaligen grundlegenden Arbeiten, die in der Sowjetunion als Manuskripte zirkulierten, wurden 2002 von Boris Joffe und Gerasimov als Buch veröffentlicht). Ende der 1940er Jahre begann er auch über [[Synchrotronstrahlung]] zu arbeiten (u.a. 1944 mit [[Dmitri Dmitrijewitsch Iwanenko|Iwanenko]] über die maximale Beschleunigungsenergie im [[Betatron]], was auch die erste veröffentlichte Vorhersage von Synchrotronstrahlung war) und über [[Suprafluidität|Supraflüssigkeiten]]. Dabei entstand die Idee der [[Pomerantschuk-Effekt|Pomerantschuk-Kühlung]] (1950).
1937 folgte er Landau nach Moskau und ging nach dessen Verhaftung 1938 an die [[Staatliche Universität Sankt Petersburg|Universität Leningrad]], wo er [[Promotion (Doktor)|promovierte]] und danach 1939/40 am Physikalisch-Technischen Institut arbeitete. 1940 ging er nach Moskau ans [[Lebedew-Institut]], wo er mit einer Arbeit über [[Wärmeleitung]] und [[Schallabsorption]] in [[Dielektrikum|Dielektrika]] seinen Doktor machte. Während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] machte er Forschungen über [[kosmische Strahlung]] in [[Armenische Sozialistische Sowjetrepublik|Armenien]] und war ab 1943 im Team von [[Igor Wassiljewitsch Kurtschatow|Kurtschatow]] im Labor Nr. 2, das den ersten sowjetischen [[Kernreaktor]] entwickelte, der 1946 in Betrieb ging. Dabei arbeitete er mit [[Jakow Borissowitsch Seldowitsch]] zusammen. Er wurde bald der führende Kernreaktor-Theoretiker in der Sowjetunion, wobei er wieder mit Achijeser zusammenarbeitete (ihre damaligen grundlegenden Arbeiten, die als Manuskripte zirkulierten, wurden 2002 von Boris Joffe und Gerasimov als Buch veröffentlicht). Ende der 1940er Jahre begann er auch über [[Synchrotronstrahlung]] zu arbeiten (u.&nbsp;a. 1944 mit [[Dmitri Dmitrijewitsch Iwanenko|Iwanenko]] über die maximale Beschleunigungsenergie im [[Betatron]], was auch die erste veröffentlichte Vorhersage von Synchrotronstrahlung war) und über [[Suprafluidität|Supraflüssigkeiten]]. Dabei entstand die Idee der [[Pomerantschuk-Effekt|Pomerantschuk-Kühlung]] (1950).


1946 präsentierten Seldowitsch, [[Issai Israilewitsch Gurewitsch]], Pomerantschuk und [[Juli Borissowitsch Chariton]] der Regierung einen Vorschlag für eine Wasserstoffbombe, was damals nicht einmal geheim eingestuft war und von sowjetischen Stellen auch zunächst nicht sonderlich beachtet wurde (das änderte sich erst als Geheimdienstinformationen auf die Arbeiten der Amerikaner hinwiesen).<ref>Gershtein, in R. A. Sunyaev (Hrsg.), Zeldovich, Reminiscences, Taylor and Francis, 2004, S. 161, zuerst von Y. Romanov im Sakharov Sammelband bei Priroda 1990 bekannt gemacht</ref>
1946 präsentierten Seldowitsch, [[Issai Israilewitsch Gurewitsch]], Pomerantschuk und [[Juli Borissowitsch Chariton]] der Regierung einen Vorschlag für eine Wasserstoffbombe, was damals nicht einmal geheim eingestuft war und von den staatlichen Stellen auch zunächst nicht sonderlich beachtet wurde (das änderte sich erst als Geheimdienstinformationen auf die Arbeiten der Amerikaner hinwiesen).<ref>Gershtein, in R. A. Sunyaev (Hrsg.), Zeldovich, Reminiscences, Taylor and Francis, 2004, S. 161, zuerst von Y. Romanov im Sakharov Sammelband bei Priroda 1990 bekannt gemacht</ref>


Nachdem er vorübergehend 1950 in die Nuklearwaffenforschung abkommandiert war, was aber mit [[Nikolai Nikolajewitsch Bogoljubow|Bogoljubow]]s Hilfe abgebogen werden konnte, war er 1951 wieder Professor am [[Institut für Theoretische und Experimentelle Physik]] (ITEP) in Moskau, wo er ein Seminar für [[Quantenfeldtheorie]] gründete.<ref>Landau weigerte sich in seinen Seminaren, auf die aktuellen Entwicklungen von [[Richard Feynman|Feynman]], [[Freeman Dyson|Dyson]], [[Julian Schwinger|Schwinger]] u.a. einzugehen. So Joffe in seinen Erinnerungen.</ref> Dabei gelang ihm mit Landau die Entdeckung, dass die [[Quantenelektrodynamik]] (QED) und einige andere Quantenfeldtheorien für hohe Energien beliebig stark wird – oder genauer, dass ein endlicher Wert der nackten Ladung bei hohen Energien zu ihrem Verschwinden bei „physikalischen“ Skalen führt. Diese Entdeckungen führten dazu, dass die Quantenfeldtheorie damals in der Landau-Schule und darüber hinaus mit Skepsis betrachtet wurde. Das Verhalten der QED steht im Gegensatz zum Verhalten der 1973 entdeckten [[asymptotische Freiheit|asymptotischen Freiheit]] in der [[Quantenchromodynamik]] und anderen nichtabelschen Eichtheorien. 1958 veröffentlichte er sein Pomerantschuk-Theorem (für hohe Energien asymptotische Gleichheit der Wirkungsquerschnitte für Teilchen und Antiteilchen). In den 1960er Jahren beschäftigte er sich mit der damals aktuellen Entwicklungen in der [[S-Matrix]]-Theorie von [[Tullio Regge]] und anderen, oft in Zusammenarbeit mit [[Wladimir Naumowitsch Gribow|Wladimir Gribow]] in Leningrad (dabei untersuchten sie auch das hypothetische, nach Pomerantschuk benannte „[[Pomeron]]“).
Nachdem er vorübergehend 1950 in die [[Kernwaffe|Kernwaffenforschung]] abkommandiert war, was aber mit [[Nikolai Nikolajewitsch Bogoljubow|Bogoljubows]] Hilfe abgebogen werden konnte, war er 1951 wieder Professor am [[Institut für Theoretische und Experimentelle Physik]] (ITEP) in Moskau, wo er ein Seminar für [[Quantenfeldtheorie]] gründete.<ref>Landau weigerte sich in seinen Seminaren, auf die aktuellen Entwicklungen von [[Richard Feynman|Feynman]], [[Freeman Dyson|Dyson]], [[Julian Schwinger|Schwinger]] u.&nbsp;a. einzugehen. So Joffe in seinen Erinnerungen.</ref> Dabei gelang ihm mit Landau die Entdeckung, dass die [[Quantenelektrodynamik]] (QED) und einige andere Quantenfeldtheorien für hohe Energien beliebig stark wird – oder genauer, dass ein endlicher Wert der nackten Ladung bei hohen Energien zu ihrem Verschwinden bei „physikalischen“ Skalen führt. Diese Entdeckungen führten dazu, dass die Quantenfeldtheorie damals in der Landau-Schule und darüber hinaus mit Skepsis betrachtet wurde. Das Verhalten der QED steht im Gegensatz zum Verhalten der 1973 entdeckten [[Asymptotische Freiheit|asymptotischen Freiheit]] in der [[Quantenchromodynamik]] und anderen nichtabelschen Eichtheorien. 1958 veröffentlichte er sein Pomerantschuk-Theorem (für hohe Energien asymptotische Gleichheit der Wirkungsquerschnitte für Teilchen und Antiteilchen). In den 1960er Jahren beschäftigte er sich mit der damals aktuellen Entwicklungen in der [[S-Matrix]]-Theorie von [[Tullio Regge]] und anderen, oft in Zusammenarbeit mit [[Wladimir Naumowitsch Gribow|Wladimir Gribow]] in Leningrad (dabei untersuchten sie auch das hypothetische, nach Pomerantschuk benannte „[[Pomeron]]“).


Pomerantschuk war in den 1960er Jahren Leiter des Instituts für theoretische Physik am ITEP und gleichzeitig Professor am Moskauer Institut für physikalische Technik (MEPHI). Seit 1953 war er korrespondierendes und seit 1964 volles Mitglied der [[Russische Akademie der Wissenschaften|Akademie der Wissenschaften der UdSSR]].
Pomerantschuk war in den 1960er Jahren Leiter des Instituts für theoretische Physik am ITEP und gleichzeitig Professor am [[Nationale Forschungsuniversität für Kerntechnik „MIFI“|Moskauer Institut für physikalische Technik]] (MIFI). Seit 1953 war er korrespondierendes und seit 1964 volles Mitglied der [[Russische Akademie der Wissenschaften|Akademie der Wissenschaften der UdSSR]].


1965 erkrankte er an Speiseröhrenkrebs. Noch während seines Krankenhausaufenthalts entwickelte er Ideen für eine Therapie mit Protonen-Beschleunigern, die ab 1969 am ITEP realisiert wurden.
1965 erkrankte er an Speiseröhrenkrebs. Noch während seines Krankenhausaufenthalts entwickelte er Ideen für eine Therapie mit Protonen-Beschleunigern, die ab 1969 am ITEP realisiert wurden.


Zu seinen Studenten zählen [[Samoil Michelewitsch Bilenki|Samoil Bilenki]], [[Michael Marinov]], [[Lew Borissowitsch Okun|Lew Okun]], Igor Kobzarev, V. S. Popov, [[Boris Lasarewitsch Joffe|Boris Joffe]].
Zu seinen Studenten zählen [[Samoil Michelewitsch Bilenki|Samoil Bilenki]], [[Michael Marinov]], [[Lew Borissowitsch Okun|Lew Okun]], [[Igor Jurjewitsch Kobsarew|Igor Kobsarew]], [[Wladimir Stepanowitsch Popow|Wladimir Popow]], [[Boris Lasarewitsch Joffe|Boris Joffe]].


Für die Entdeckung der Synchrotronstrahlung erhielt er 1950 den [[Stalinpreis]], den er auch 1952 gewann.
Für die Entdeckung der Synchrotronstrahlung erhielt er 1950 den [[Stalinpreis]], den er auch 1952 gewann. Neben anderen Auszeichnungen erhielt er den [[Leninorden]] und den [[Orden des Roten Banners der Arbeit]].


Ihm zu Ehren vergibt das ITEP seit 1998 den [[Institut für Theoretische und Experimentelle Physik#Pomerantschuk-Preis|Pomerantschuk-Preis]].
Ihm zu Ehren vergibt das ITEP seit 1998 den [[Institut für Theoretische und Experimentelle Physik#Pomerantschuk-Preis|Pomerantschuk-Preis]].


Sein Spitzname war Chuk.
Sein Spitzname war Tschuk.


==Schriften==
== Schriften ==
*Gesammelte Aufsätze (Собрание научных трудов), 3 Bände, Moskau: Nauka 1972
* Gesammelte Aufsätze (Собрание научных трудов). 3 Bände. Nauka, Moskau 1972


== Weblinks ==
== Weblinks ==
*[http://xxx.uni-augsburg.de/abs/physics/0307123 Okun "The life and legacy of Pomerantschuk" 2003]
* Okun: ''The life and legacy of Pomerantschuk''. 2003, {{arXiv|physics/0307123}}
*[http://xxx.uni-augsburg.de/abs/hep-ph/0204295 Joffes Erinnerungen an Landau und Pomerantschuk 2002]
* Joffes Erinnerungen an Landau und Pomerantschuk. 2002, {{arXiv|hep-ph/0204295}}
* [http://www.biblioatom.ru/founders/pomeranchuk_isaak_yakovlevich/ Померанчук, Исаак Яковлевич] Biografie bei ''Geschichte von Rosatom'' (russisch)
* [http://www.ras.ru/win/db/show_per.asp?P=.id-51775.ln-ru Померанчук, Исаак Яковлевич] Eintrag bei der Russischen Akademie der Wissenschaften (russisch)


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==
<references />
<references />


{{Normdaten|TYP=p|LCCN=n/87/125035|VIAF=26113645}}
{{Normdaten|TYP=p|GND=1078973105|LCCN=n/87/125035|VIAF=84400875}}


{{SORTIERUNG:Pomerantschuk, Isaak Jakowlewitsch}}
{{SORTIERUNG:Pomerantschuk, Isaak Jakowlewitsch}}
[[Kategorie:Physiker (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Physiker (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Hochschullehrer (Nationale Kernforschungsuniversität)]]
[[Kategorie:Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Träger des Stalinpreises]]
[[Kategorie:Träger des Stalinpreises]]
[[Kategorie:Träger des Leninordens]]
[[Kategorie:Träger des Ordens des Roten Banners der Arbeit]]
[[Kategorie:Sowjetbürger]]
[[Kategorie:Sowjetbürger]]
[[Kategorie:Geboren 1913]]
[[Kategorie:Geboren 1913]]
Zeile 47: Zeile 52:
|NAME=Pomerantschuk, Isaak Jakowlewitsch
|NAME=Pomerantschuk, Isaak Jakowlewitsch
|ALTERNATIVNAMEN=Померанчук, Исаак Яковлевич; Pomerančuk, Isaak Jakovlevič (wissenschaftliche Transliteration)
|ALTERNATIVNAMEN=Померанчук, Исаак Яковлевич; Pomerančuk, Isaak Jakovlevič (wissenschaftliche Transliteration)
|KURZBESCHREIBUNG=russischer Physiker
|KURZBESCHREIBUNG=sowjetischer Physiker
|GEBURTSDATUM=20. Mai 1913
|GEBURTSDATUM=20. Mai 1913
|GEBURTSORT=[[Warschau]]
|GEBURTSORT=[[Warschau]]

Aktuelle Version vom 2. Dezember 2021, 16:44 Uhr

Isaak Jakowlewitsch Pomerantschuk ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:ISO15924:97: attempt to index field 'wikibase' (a nil value), wiss. Transliteration {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value); * 7. Maijul./ 20. Mai 1913greg. in Warschau; † 14. Dezember 1966 in Moskau) war ein sowjetischer Physiker.

Leben und Werk

Pomerantschuk wurde im damals russischen Warschau als Sohn eines Chemieingenieurs (Jakow Isaakowitsch Pomerantschuk) und einer Ärztin (Amalia Davidowna Pomerantschuk) geboren. 1918 zog die Familie nach Rostow am Don und 1923 nach Rubeschnoje im Donezbecken, wo er zur Schule ging. Pomerantschuk arbeitete neben der Schule in einer Fabrik und ging 1931 nach Iwanowo, um Chemieingenieurwesen zu studieren. 1932 wechselte er ans Polytechnische Institut in Leningrad, wo er physikalische Chemie studierte. 1935 empfahl ihn sein Vorgesetzter Alexander Schalnikow weiter an den theoretischen Physiker Lew Landau in Charkow (nachdem er mehrere Glasröhren für Vakuumpumpen zerstört hatte), dessen berüchtigtes „Theoretisches Minimum“ (mehrere schriftliche, sehr anspruchsvolle Prüfungen unter Landaus persönlicher Aufsicht) er in nur zwei Monaten absolvierte. Pomerantschuk wurde einer von Landaus getreuesten Schülern, der auch regelmäßig später seine berühmten Seminare in Moskau besuchte. 1936 veröffentlichte er seine erste Arbeit, über die Streuung von Photonen aneinander in Nature (mit Alexander Achijeser). In den 1930er Jahren gab er eine obere Grenze von 1017 eV für die Energie auf der Erde gemessener geladener Teilchen in kosmischer Strahlung an (aufgrund der Wechselwirkung mit dem Erdmagnetfeld) an. Außerdem arbeitete er über Festkörperphysik.

1937 folgte er Landau nach Moskau und ging nach dessen Verhaftung 1938 an die Universität Leningrad, wo er promovierte und danach 1939/40 am Physikalisch-Technischen Institut arbeitete. 1940 ging er nach Moskau ans Lebedew-Institut, wo er mit einer Arbeit über Wärmeleitung und Schallabsorption in Dielektrika seinen Doktor machte. Während des Zweiten Weltkriegs machte er Forschungen über kosmische Strahlung in Armenien und war ab 1943 im Team von Kurtschatow im Labor Nr. 2, das den ersten sowjetischen Kernreaktor entwickelte, der 1946 in Betrieb ging. Dabei arbeitete er mit Jakow Borissowitsch Seldowitsch zusammen. Er wurde bald der führende Kernreaktor-Theoretiker in der Sowjetunion, wobei er wieder mit Achijeser zusammenarbeitete (ihre damaligen grundlegenden Arbeiten, die als Manuskripte zirkulierten, wurden 2002 von Boris Joffe und Gerasimov als Buch veröffentlicht). Ende der 1940er Jahre begann er auch über Synchrotronstrahlung zu arbeiten (u. a. 1944 mit Iwanenko über die maximale Beschleunigungsenergie im Betatron, was auch die erste veröffentlichte Vorhersage von Synchrotronstrahlung war) und über Supraflüssigkeiten. Dabei entstand die Idee der Pomerantschuk-Kühlung (1950).

1946 präsentierten Seldowitsch, Issai Israilewitsch Gurewitsch, Pomerantschuk und Juli Borissowitsch Chariton der Regierung einen Vorschlag für eine Wasserstoffbombe, was damals nicht einmal geheim eingestuft war und von den staatlichen Stellen auch zunächst nicht sonderlich beachtet wurde (das änderte sich erst als Geheimdienstinformationen auf die Arbeiten der Amerikaner hinwiesen).[1]

Nachdem er vorübergehend 1950 in die Kernwaffenforschung abkommandiert war, was aber mit Bogoljubows Hilfe abgebogen werden konnte, war er 1951 wieder Professor am Institut für Theoretische und Experimentelle Physik (ITEP) in Moskau, wo er ein Seminar für Quantenfeldtheorie gründete.[2] Dabei gelang ihm mit Landau die Entdeckung, dass die Quantenelektrodynamik (QED) und einige andere Quantenfeldtheorien für hohe Energien beliebig stark wird – oder genauer, dass ein endlicher Wert der nackten Ladung bei hohen Energien zu ihrem Verschwinden bei „physikalischen“ Skalen führt. Diese Entdeckungen führten dazu, dass die Quantenfeldtheorie damals in der Landau-Schule und darüber hinaus mit Skepsis betrachtet wurde. Das Verhalten der QED steht im Gegensatz zum Verhalten der 1973 entdeckten asymptotischen Freiheit in der Quantenchromodynamik und anderen nichtabelschen Eichtheorien. 1958 veröffentlichte er sein Pomerantschuk-Theorem (für hohe Energien asymptotische Gleichheit der Wirkungsquerschnitte für Teilchen und Antiteilchen). In den 1960er Jahren beschäftigte er sich mit der damals aktuellen Entwicklungen in der S-Matrix-Theorie von Tullio Regge und anderen, oft in Zusammenarbeit mit Wladimir Gribow in Leningrad (dabei untersuchten sie auch das hypothetische, nach Pomerantschuk benannte „Pomeron“).

Pomerantschuk war in den 1960er Jahren Leiter des Instituts für theoretische Physik am ITEP und gleichzeitig Professor am Moskauer Institut für physikalische Technik (MIFI). Seit 1953 war er korrespondierendes und seit 1964 volles Mitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR.

1965 erkrankte er an Speiseröhrenkrebs. Noch während seines Krankenhausaufenthalts entwickelte er Ideen für eine Therapie mit Protonen-Beschleunigern, die ab 1969 am ITEP realisiert wurden.

Zu seinen Studenten zählen Samoil Bilenki, Michael Marinov, Lew Okun, Igor Kobsarew, Wladimir Popow, Boris Joffe.

Für die Entdeckung der Synchrotronstrahlung erhielt er 1950 den Stalinpreis, den er auch 1952 gewann. Neben anderen Auszeichnungen erhielt er den Leninorden und den Orden des Roten Banners der Arbeit.

Ihm zu Ehren vergibt das ITEP seit 1998 den Pomerantschuk-Preis.

Sein Spitzname war Tschuk.

Schriften

  • Gesammelte Aufsätze (Собрание научных трудов). 3 Bände. Nauka, Moskau 1972

Weblinks

Anmerkungen

  1. Gershtein, in R. A. Sunyaev (Hrsg.), Zeldovich, Reminiscences, Taylor and Francis, 2004, S. 161, zuerst von Y. Romanov im Sakharov Sammelband bei Priroda 1990 bekannt gemacht
  2. Landau weigerte sich in seinen Seminaren, auf die aktuellen Entwicklungen von Feynman, Dyson, Schwinger u. a. einzugehen. So Joffe in seinen Erinnerungen.