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[[Datei:Leonhard Euler 2.jpg|mini|Leonhard Euler | [[Datei:Leonhard Euler 2.jpg|mini|Leonhard Euler (Porträt von [[Jakob Emanuel Handmann]], 1756)[[Datei:Euler's signature.svg|rahmenlos]]]] | ||
[[ | '''Leonhard Euler''' ({{laS|Leonhardus Eulerus}}; * [[15. April]] [[1707]] in [[Basel]]; † {{JULGREGDATUM|18|9|1783|Link=1}} in [[Sankt Petersburg]]) war ein [[Schweiz]]er [[Mathematik]]er, [[Physik]]er, [[Astronomie|Astronom]], [[Geographie|Geograph]], [[Logik]]er und [[Ingenieur]]. | ||
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'''Leonhard Euler''' ({{laS| | |||
Er machte wichtige und weitreichende Entdeckungen in vielen Zweigen der Mathematik, wie beispielsweise der [[Infinitesimalrechnung]] und der [[Graphentheorie]]. Gleichzeitig leistete Euler fundamentale Beiträge auf anderen Gebieten wie der [[Topologie (Mathematik)|Topologie]] und der [[Analytische Zahlentheorie|analytischen Zahlentheorie]]. Er prägte grosse Teile der bis heute weltweit gebräuchlichen mathematischen Terminologie und Notation. Beispielsweise führte Euler den Begriff der [[Mathematische Funktion|mathematischen Funktion]] in die [[Analysis]] ein. Er ist zudem für seine Arbeiten in der [[Mechanik]], [[Strömungsdynamik]], [[Optik]], Astronomie und [[Musiktheorie]] bekannt. | |||
Euler, der den grössten Teil seines Lebens in [[Sankt Petersburg]] und in [[Berlin]] verbrachte, war einer der bedeutendsten Mathematiker des 18. Jahrhunderts. Seine herausragenden Leistungen ebbten auch nach seiner Erblindung im Jahre 1771 nicht ab und wurden bereits von seinen Zeitgenossen anerkannt. Er gilt heute als einer der brillantesten und produktivsten Mathematiker aller Zeiten. Seine gesammelten Schriften ''Opera omnia'' umfassen bisher 76 Bände – ein mathematisches Werk, dessen Umfang bis heute unerreicht bleibt. | |||
Leonhard Euler zu Ehren erhielten zwei mathematische Konstanten seinen Namen: die [[Eulersche Zahl]] <math> \mathrm{e} \approx 2{,}71828</math> (Basis des [[Natürlicher Logarithmus|natürlichen Logarithmus]]) und die [[Euler-Mascheroni-Konstante]] <math> \gamma \approx 0{,}57721</math> aus der Zahlentheorie, die gelegentlich auch ''Eulersche Konstante'' genannt wird. | |||
[[Wissenschaftliches Werk Leonhard Eulers|Leonhard Eulers Arbeiten]] inspirierten viele Generationen von Mathematikern, darunter [[Pierre-Simon Laplace]], [[Carl Gustav Jacobi]] und [[Carl Friedrich Gauß]], nachhaltig. Laplace soll zu seinen Schülern gesagt haben: «Lest Euler, er ist unser aller Meister!». | |||
Leonhard Euler | == Biographie == | ||
=== Kindheit, Jugend und Ausbildung === | |||
[[Datei:Pfarrhaus, Riehen, Switzerland.jpg|alternativtext=Im Pfarrhaus in Riehen wuchs Leonhard Euler auf.|mini|Im Pfarrhaus in [[Riehen]] wuchs Leonhard Euler auf. ]] | |||
Euler wurde als ältester Sohn des Pfarrers Paul III. Euler (1670–1745) und dessen Ehefrau Margaretha Brucker (1677–1761), einer Pfarrerstochter, in Basel geboren. Er hatte zwei jüngere Schwestern, Anna Maria und Maria Magdalena, und einen jüngeren Bruder, Johann Heinrich.<ref>Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Mathematical Genius in the Enlightenment.'' Princeton University Press, 2015, S. 11.</ref> | |||
[[Datei:Riehen Dorfkirche.jpg|mini|In der [[Dorfkirche Riehen]] war Leonhard Eulers Vater Paul Pfarrer.]] | |||
Bald nach der Geburt von Leonhard zog die Familie Euler wegen einer Versetzung des Vaters von Basel in das benachbarte Dorf [[Riehen]], wo Leonhard ab 1708 den grössten Teil seiner Kindheit verbrachte. Das geistige Klima im Pfarrhaushalt war inspirierend: Eulers Mutter kam selbst aus einer gebildeten Familie, und der Vater hatte mathematische Interessen und bei [[Jakob I Bernoulli]] nicht nur Vorlesungen gehört, sondern sogar 1688 eine mathematische Dissertation verfasst.<ref>Thomas Sonar: ''3000 Jahre Analysis.'' Springer, S. 448.</ref> Leonhard Euler besuchte das [[Gymnasium am Münsterplatz]] in Basel und bekam gleichzeitig Privatunterricht beim Theologen [[Johannes Burckhardt (Theologe)|Johannes Burckhardt]] (1691–1743). Dies hatte sein Vater für ihn arrangiert, da der Mathematikunterricht an der Schule gestrichen worden war. Es gilt zudem als gesichert, dass der junge Euler das Buch ''Behend und hübsch Rechnung durch die kunstreichen regeln Algebre, so gemeinicklich die Coß genennt werden'' von [[Christoph Rudolff]] (1499–1545) erfolgreich studierte.<ref>Rüdiger Thiele: ''Leonhard Euler.'' Leipzig, 1982. S. 16.</ref> Der mathematikbegeisterte Vater war mit den Bernoullis und speziell Europas führendem Mathematiker [[Johann I Bernoulli]], der später grossen Einfluss auf den jungen Leonhard nehmen sollte, befreundet. | |||
Im Jahr 1720 schrieb er sich im Alter von 13 Jahren an der [[Universität Basel]] ein. Auf Wunsch seines Vaters, der für seinen Sohn eine Pastorenlaufbahn vorgesehen hatte, begann Euler ein Studium der [[Theologie]] sowie der griechischen und hebräischen Sprache. Drei Jahre später erhielt er die [[Magister]]würde. In der dabei eingereichten Dissertation verglich er die Philosophien von [[Descartes]] und [[Isaac Newton|Newton]]. Zwischenzeitlich hatte er wöchentlich Unterricht bei Johann Bernoulli genommen, der die aussergewöhnliche Begabung seines neuen Schülers für Mathematik erkannte und zu fördern begann.<ref>Ioan James: ''Remarkable Mathematicians: From Euler to von Neumann.'' Cambridge, 2002, S. 2.</ref> Bernoulli überzeugte daraufhin Paul Euler, dass sich Leonhard besser der Mathematik und Physik zuwende. | |||
1726 schloss Euler eine weitere Dissertation mit dem Titel ''De Sono'', ein Werk über die [[Schallausbreitung]], ab.<ref>Ian Bruce: ''Euler’s Dissertation De Sono : E002. Translated & Annotated'' [http://www.17centurymaths.com/contents/euler/e002tr.pdf (PDF)].</ref> Im Jahr 1727 nahm er erstmals am Wettbewerb um den Pariser Akademiepreis teil, in dem es galt, das Problem der optimalen Platzierung von Schiffsmasten zu lösen. Jedes Jahr stellte die Pariser Akademie einen Preisbericht zusammen, und die Berichte wurden anschliessend in ihren Preisbänden ''Pièces qui ont remporté le prix de l'académie royale des sciences de Paris'' (Arbeiten, die den Preis der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Paris gewonnen haben) veröffentlicht.<ref name="Calinger31">Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Mathematical Genius in the Enlightenment.'' Princeton University Press, 2015, S. 31.</ref> Eulers eingereichte Arbeit belegte nur den dritten Platz, löste jedoch ein Problem.<ref name="Calinger31" /> Den Wettbewerb gewann [[Pierre Bouguer]], der später als «Vater des Schiffbaus» Bekanntheit erlangte. Spätere Austragungen des Wettbewerbs konnte Euler in insgesamt zwölf Fällen für sich entscheiden.<ref>Ronald Calinger: ''Leonhard Euler: The First St. Petersburg Years (1727–1741).'' In: ''Historia Mathematica.'' Band 23, Nr. 2, 1996, S. 121–166, [[doi:10.1006/hmat.1996.0015]], S. 156.</ref> Von der ersten Ausschreibung im Jahr 1720 bis zum grössten Teil des achtzehnten Jahrhunderts galt der ''Prix de Paris'' als die bedeutendste wissenschaftliche Auszeichnung in Europa.<ref name="Calinger31" /> | |||
=== Zeit in Sankt Petersburg === | |||
Um diese Zeit arbeiteten die beiden Söhne von Johann Bernoulli, [[Daniel Bernoulli|Daniel]] und [[Nikolaus II Bernoulli|Nikolaus]], an der Kaiserlich Russischen Akademie der Wissenschaften in [[Sankt Petersburg]]. Am 31. Juli 1726 starb Nikolaus an einer Blinddarmentzündung.<ref name="Calinger125">Ronald Calinger: ''Leonhard Euler: The First St. Petersburg Years (1727–1741).'' In: ''Historia Mathematica.'' 23, Nr. 2, 1996, S. 121–166. [[doi:10.1006/hmat.1996.0015]], S. 125.</ref> Als Daniel die Stelle seines Bruders in der Abteilung Mathematik/Physik übernahm, empfahl er, die von ihm frei gewordene Stelle in der [[Physiologie]] mit seinem Freund Euler zu besetzen. Im November 1726 nahm Euler das Angebot an, verzögerte aber die Reise nach Sankt Petersburg, während er sich erfolglos um eine Physikprofessur an der Universität Basel bewarb.<ref name="Calinger125" /> | |||
[[Datei:ETH-BIB-Bernoulli, Daniel (1700-1782)-Portrait-Portr 10971.tif (cropped).jpg|mini|Daniel Bernoulli]] | |||
Euler kam am 17. Mai 1727 in Sankt Petersburg an. Er wurde von seiner Junior-Stelle in der medizinischen Abteilung der Akademie auf eine Stelle in der mathematischen Abteilung befördert. Während dieser Zeit wohnte er bei Daniel Bernoulli, mit dem er oft eng zusammenarbeitete. Euler beherrschte bereits nach kurzem Aufenthalt die [[russische Sprache]] fliessend und liess sich in Sankt Petersburg nieder.<ref>Peter Hoffmann: ''Leonhard Euler and Russia''. In: ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy'', S. 63</ref> Einige Quellen (primär ältere Sekundärwerke) behaupten, dass er (auf der Grundlage eines Preises der Pariser Akademie für [[Schiffsmast]]en und [[Physiologie]]kurse) zum Sanitäter der [[Russische Marine|russischen Marine]] wurde. Hierüber gibt es jedoch keine Aufzeichnungen.<ref>Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Mathematical Genius in the Enlightenment.'' Princeton University Press, 2016, S. 68</ref> | |||
Die von [[Peter der Große|Peter dem Grossen]] gegründete Akademie in Sankt Petersburg sollte die Ausbildung in Russland verbessern und den wissenschaftlichen Vorsprung Westeuropas aufholen. Zu diesem Zweck wurde sie für ausländische Wissenschaftler wie Euler besonders attraktiv gemacht. Die Akademie verfügte über reichlich finanzielle Mittel und eine umfangreiche Bibliothek, die aus den Privatbibliotheken Peters und des Adels stammte. Um die Lehrtätigkeit der Fakultät zu entlasten, wurden nur sehr wenige Studenten an der Akademie eingeschrieben. Die Akademie legte gesteigerten Wert auf die Forschung und bot ihren Mitgliedern sowohl die Zeit als auch die Freiheiten, wissenschaftlichen Fragen nachzugehen.<ref name="CalingerFirst126">Ronald Calinger: ''Leonhard Euler: The First St. Petersburg Years (1727–1741)''. Historia Mathematica. 23 (2), 1996, S. 126</ref> | |||
[[Katharina I.]], die die fortschrittliche Politik ihres verstorbenen Mannes fortgesetzt und die Akademie unterstützt hatte, starb am Tag von Eulers Ankunft. Mit dem Aufstieg des zwölfjährigen [[Peter II. (Russland)|Peter II.]] gewann der russische Adel an Einfluss. Der Adel, der den ausländischen Wissenschaftlern der Akademie ablehnend gegenüberstand, kürzte die Mittel und bereitete Euler und seinen Kollegen damit zunehmende Schwierigkeiten.<ref name="CalingerFirst126" /> | |||
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Euler | Nach dem Tod Peters II. verbesserten sich die Bedingungen für die Wissenschaft wieder ein wenig. Euler stieg dank seiner Leistungen rasch auf und wurde 1731 zum Professor für Physik ernannt. Zwei Jahre später reiste Daniel Bernoulli, der die Zensur und die Feindseligkeiten in Sankt Petersburg nicht mehr ertrug, nach Basel. Euler trat schliesslich 1733 als dessen Nachfolger die Professur für Mathematik an.<ref>Ronald Calinger: ''Leonhard Euler: The First St. Petersburg Years (1727–1741)''. Historia Mathematica. 23 (2), 1996, S. 128–129</ref> | ||
Am 7. Januar 1734 heiratete er Katharina Gsell (1707–1773), eine Tochter des Malers [[Georg Gsell]] aus dessen erster Ehe mit Marie Gertrud van Loen.<ref>I. R. Gekker, A. A. Euler: ''Leonhard Euler’s family and descendants''. In [[Nikolai Nikolajewitsch Bogoljubow]], G. K. Michaĭlow, [[Adolf Pawlowitsch Juschkewitsch]] (Hrsg.): Euler and Modern Science. Übersetzt von Robert Burns. Mathematical Association of America, 2007, S. 402</ref> Das junge Paar kaufte ein Haus an der [[Newa]]. Von ihren 13 Kindern überlebten nur fünf die Kindheit.<ref>Nicolas Fuss: [http://mathshistory.st-andrews.ac.uk/Extras/Euler_Fuss_Eulogy.html ''Eulogy of Euler by Fuss''], abgerufen am 23. Jan. 2020</ref> Charlotte Anna Wilhelmine (* 1773; † 1831), welche Enkeltochter seines Sohnes [[Johann Albrecht Euler|Johann Albrecht]] (* 1734; † 1800) war, war mit [[Jakob II Bernoulli|Jakob Bernoulli]] (* 1759; † 1789) kinderlos verheiratet.<ref>[http://www.euler.ch/stammbaum.pdf Genealogische Liste der Nachkommenschaft von Leonhard Euler], euler.ch, abgerufen am 20. Februar 2020</ref> | |||
Nach Eulers eigener Einschätzung hatten ihn die Petersburger Jahre zu einem starken Wissenschaftler heranreifen lassen. Dies geht aus verschiedenen überlieferten Briefen aus seiner Berliner Zeit hervor.<ref>Peter Hoffmann: ''Leonhard Euler and Russia''. In: ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy'', S. 63</ref> | |||
=== Zeit in Berlin === | |||
[[Datei:Friederike-Charlotte-Preussen.jpg|mini|[[Friederike Charlotte von Brandenburg-Schwedt]] (1767), Fürstäbtissin des [[Stift Herford|Stifts Herford]]]] | |||
Besorgt über die anhaltenden politischen Wirren und Machtkämpfe in Folge des Todes der [[Zar]]in [[Anna (Russland)|Anna I.]] in Russland verliess Euler am 19. Juni 1741 Sankt Petersburg, um eine Stelle an der [[Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften zu Berlin|Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin]] zu übernehmen, die ihm von [[Friedrich der Große|Friedrich II.]] von Preussen angeboten worden war. Euler korrespondierte dort mit [[Christian Goldbach]] und verglich dessen Theorien mit seinen eigenen. | |||
Seine | Darüber hinaus wurde Euler gebeten, [[Friederike Charlotte von Brandenburg-Schwedt]], Friedrichs Cousine zweiten Grades, als Tutor zu dienen. Anfang der 1760er-Jahre schrieb Euler über 200 Briefe an sie, die später zu einem Buchband mit dem Titel ''Briefe an eine deutsche Prinzessin über verschiedene Gegenstände aus der Physik und Philosophie'' zusammengestellt wurden.<ref>Leonhard Euler: [http://echo.mpiwg-berlin.mpg.de/ECHOdocuView?mode=imagepath&url=/permanent/library/DWK1035T/pageimg ''Briefe an eine deutsche Prinzessin über verschiedene Gegenstände aus der Physik und Philosophie'']; Bd. 1.</ref> Dieses Werk enthielt Eulers Ausführungen zu verschiedenen Themen der Physik und Mathematik und bot wertvolle Einblicke in seine Persönlichkeit und religiösen Überzeugungen. Das Buch wurde populärer als jedes seiner mathematischen Werke und in ganz Europa und in den [[Vereinigte Staaten von Amerika|Vereinigten Staaten]] veröffentlicht. Die Popularität der «Briefe» zeugt von Eulers Fähigkeit, wissenschaftliche Themen einem Laienpublikum effektiv zu vermitteln, etwas, was unter engagierten Forschern als selten galt.<ref>William Dunham: ''Euler: The Master of Us All. Mathematical Association of America.'' 1999, S. XXIV–XXV</ref> | ||
[[Datei:Leonhard Euler.jpg|mini|Porträt des Leonhard Euler ([[Jakob Emanuel Handmann]] 1753). Zu erkennen ist das entzündete rechte Auge.]] | |||
Eulers [[Sehkraft]] verschlechterte sich im Laufe seiner mathematischen Laufbahn. Im Jahr 1738, drei Jahre nachdem er zwischenzeitlich lebensgefährlich erkrankt war (es ist aus den Aufzeichnungen Eulers damaligen Arztes nicht zu erkennen, welche Erkrankung genau vorlag<ref>Emil. René Bernoulli: ''Leonhard Eulers Augenkrankheiten''. In: ''Leonhard Euler 1707–1783. Beiträge zu Leben und Werk'', S. 473</ref>), erblindete er auf seinem rechten Auge fast vollständig. Euler machte jedoch die mühsame Arbeit an der [[Kartographie]] für die Sankt Petersburger Akademie dafür verantwortlich. Seine Sehkraft auf diesem Auge verschlechterte sich während seines Aufenthalts in Deutschland so sehr, dass Friedrich ihn bald als «mein [[Kyklop|Zyklop]]» bezeichnete.<ref>Thomas Sonar: ''3000 Jahr Analysis'', Springer, 2011, S. 458</ref> Euler bemerkte zu seinem Sehverlust: «Jetzt werde ich weniger Ablenkung haben».<ref>David S. Richeson (2012). ''Euler’s Gem: The Polyhedron Formula and the Birth of Topology.'' Princeton University Press, S. 17. Zitiert von Howard W. Eves (1969). In Mathematical Circles: A Selection of Mathematical Stories and Anecdotes. Prindle, Weber, & Schmidt. S. 48</ref> | |||
[[Datei:Friedrich Zweite Alt.jpg|mini|Friedrich II. (Porträt von [[Anton Graff]], 1781) gilt als grosser Reformator.]] | |||
Trotz Eulers immensen Beitrags zum Ansehen der Akademie geriet er mit Friedrich in Streit. Der preussische König hatte einen grossen Kreis von Intellektuellen an seinem Hof. Er fand den Mathematiker jedoch unkultiviert und zu schlecht informiert über die Dinge jenseits von Zahlen und Werten. In einem Brief an seinen Bruder [[August Wilhelm von Preußen (1722–1758)|August Wilhelm]] schrieb Friedrich: | |||
{{Zitat | |||
|Text=Liebster Bruder! Ich dachte mir schon, daß Deine Unterhaltung mit Herrn Euler Dich nicht erbauen würde. Seine Epigramme bestehen in Berechnungen neuer Kurven, irgendwelcher Kegelschnitte oder astronomischer Messungen. Unter den Gelehrten gibt es solche gewaltige Rechner, Kommentatoren, Übersetzer und Kompilatoren, die in der Republik der Wissenschaften nützlich, aber sonst alles andere als glänzend sind. Man verwendet sie wie die dorischen Säulen in der Baukunst. Sie gehören in den Unterstock, als Träger des ganzen Bauwerkes und der korinthischen Säulen, die seine Zierde bilden. | |||
|Autor=[[Friedrich II. (Preußen)|Friedrich II.]] | |||
|Quelle=Oktober 1746 | |||
|ref=<ref>E. A. Fellmann: ''Leonhard Euler.'' Reinbek, 1995. S. 85 f.</ref>}} | |||
Als einfacher, frommer Mann, der nie die bestehende Gesellschaftsordnung oder konventionelle Überzeugungen in Frage stellte, galt Euler in vielerlei Hinsicht als das genaue Gegenteil von [[Voltaire]], der an Friedrichs Hof einen hohen Stellenwert genoss. Euler war kein geübter Redner und machte es sich oft zur Aufgabe, über Themen zu streiten, über die er wenig wusste, was ihn zum Ziel von [[Spott]] seitens Voltaires machte.<ref>William Dunham: ''Euler: The Master of Us All.'' Mathematical Association of America, 1999, S. XXIV–XXV</ref> In der als ''Akademiestreit'' bezeichneten Auseinandersetzung zwischen [[Pierre Louis Moreau de Maupertuis|Pierre Maupertuis]] und Voltaire stand Euler, neben Friedrich II., als einer der wenigen auf Maupertuis’ Seite.<ref>Emil. A. Fellmann: ''Leonhard Eulers Stellung in der Geschichte der Optik''. In: ''Leonhard Euler 1707–1783. Beiträge zu Leben und Werk'', S. 310</ref> | |||
Friedrich hatte für Eulers Arbeits- und Ausdrucksweise nur wenig Verständnis. Unter anderem konnten Eulers Versuche, die Musik auf Basis der Mathematik zu behandeln, bei Friedrich nur hämische Bemerkungen hervorrufen.<ref>Thomas Sonar: ''3000 Jahre Analysis'', Springer, S. 457</ref> Er äusserte auch seine Enttäuschung über Eulers praktische Fähigkeiten als [[Ingenieur]]: | |||
{{Zitat | |||
|Text=Je voulus faire un jet d’eau en mon Jardin; le Ciclope Euler calcula l’éffort des roues, pour faire monter l’eau dans un bassin, d’ou elle devoit retomber par des canaux, afin de jaillir à Sans-Souci. Mon Moulin a été éxécuté géométriquement, et il n’a pu élever une goutte d’eau à Cinquante pas du Bassin. Vanité des Vanités ! Vanité de la géométrie. | |||
|Sprache=fr | |||
|Autor=[[Friedrich II. (Preußen)|Friedrich II.]] | |||
|Quelle=An Voltaire 25. Januar 1778 | |||
|Übersetzung=Ich wollte in meinem Garten eine Fontaine anlegen lassen. Der Zyklop Euler berechnete die Kräfte der Räder, durch die das Wasser in ein Bassin steigen, von da wieder herunterfallen, durch Kanäle fliessen und in [[Sanssouci]] springen sollte. Meine Wasserkunst ward mathematisch angelegt, und konnte fünfzig Schritte weit nicht einen Tropfen in die Höhe bringen. O Eitelkeit der Eitelkeiten! O Eitelkeit der Geometrie! | |||
|ref=<ref>''Deutsch in Karl Heinrich Siegfried Rödenbeck: Tagebuch oder Geschichtskalender aus Friedrich’s des Großen Regentenleben'' (1740–1786). Bd. 3, S. 182–183</ref><ref>{{Literatur |Hrsg=Theodore Besterman |Titel=The Complete Works of Voltaire |Band=Band 129: ''Correspondence and related documents, XLV September 1777-May 1778, letters D20780-D21221'' |Verlag=The Voltaire Foundation |Ort=Banbury |Datum=1976 |Kapitel=D21010, Frederick II to Voltaire, 25 January 1778 |Seiten=184–186 |Fundstelle=hier S. 185 |Sprache=en}} {{" |Text=I wanted to make a jet of water in my Garden; the Cyclop Euler calculated the effort of the wheels for raising the water to a basin, from where it should fall down through canals, in order to form a fountain jet at Sans-Souci. My mill was constructed mathematically, and it could not raise one drop of water to a distance of fifty feet from the basin. Vanity of Vanities! Vanity of mathematics. |Sprache=en}}</ref>}} | |||
Nach Einschätzung des Physikers [[Michael Eckert]] ist das Scheitern des Bauprojektes jedoch nicht auf Rechenfehler Eulers, sondern minderwertiges Baumaterial zurückzuführen.<ref>M. Eckert: ''Euler and the Fountains of Sanssouci'', Arch. Hist. Exact Sci. 56 (2002) 451–468., S. 451 ff.</ref> | |||
Als Grund für den endgültigen Bruch zwischen Euler und Friedrich gilt jedoch die Weigerung des Monarchen, nach dem Tode von [[Pierre Louis Moreau de Maupertuis|Pierre Maupertuis]] Euler als dessen Nachfolger für das Amt des Präsidenten der Akademie zu ernennen. Stattdessen favorisierte Friedrich den französischen Mathematiker [[Jean-Baptiste le Rond d’Alembert]]. Als dieser den Posten nicht annahm und stattdessen Euler vorschlug, ignorierte Friedrich dies. Als Reaktion reichte Euler ein Entlassungsgesuch ein, blieb mit seiner Bitte jedoch erfolglos. Erst nach einem zweiten Versuch liess Friedrich ihn ziehen.<ref>Rüdiger Thiele: ''Leonhard Euler.'' Leipzig, 1982. S. 137</ref> Kurz nach Eulers Abreise ernannte Friedrich den Mathematiker [[Joseph-Louis Lagrange]], mit dem Euler bei der Entwicklung der [[Variationsrechnung]] zusammengearbeitet hatte, zum Präsidenten.<ref>Thomas Sonar: ''3000 Jahre Analysis'', Springer, S. 459</ref> | |||
Euler lebte insgesamt 25 Jahre lang in Berlin, wo er über 380 Artikel schrieb. In Berlin veröffentlichte er zwei seiner bekanntesten Werke: die ''Introductio in analysin infinitorum'', ein 1748 veröffentlichter Text über [[Mathematische Funktion|Funktionen]], und die Arbeit ''Institutiones calculi differentialis'',<ref>Leonhard Euler: [http://eulerarchive.maa.org//pages/E212.html ''Institutiones calculi differentialis cum eius usu in analysi finitorum ac doctrina serierum''], E212, Dartmouth.</ref> die die [[Differentialrechnung]] behandelt und 1755 veröffentlicht wurde. 1755 wurde er ausserdem zum ausländischen Mitglied der [[Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften|Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften]] gewählt. | |||
=== Rückkehr nach Sankt Petersburg und Tod === | |||
[[Datei:Catherine II by J.B.Lampi (1780s, Kunsthistorisches Museum).jpg|mini|Katharina II. bereitete Euler in Sankt Petersburg einen grossen Empfang.]] | |||
1760, als der [[Siebenjähriger Krieg|Siebenjährige Krieg]] im Gange war, wurde Eulers Hof in [[Berlin-Charlottenburg|Charlottenburg]] von den vorrückenden russischen Truppen geplündert. Als General [[Iwan Petrowitsch Saltykow]] von diesem Zwischenfall erfuhr, zahlte er eine Entschädigung an Euler für dessen verloren gegangenen Besitz, wobei Kaiserin Elisabeth von Russland später eine weitere Zahlung von 4000 [[Rubel]] hinzufügte – damals eine enorme Summe.<ref>Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Life and Thought''. In: ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy'', S. 43–44</ref> Die politische Situation in Russland stabilisierte sich nach der Thronbesteigung von [[Katharina die Große|Katharina der Grossen]], so dass Euler 1766 eine Einladung zur Rückkehr an die Sankt Petersburger Akademie annahm. Euler stellte Bedingungen: ein Jahresgehalt von 3000 Rubel, eine Rente für seine Frau und das Versprechen, seine Söhne in hohe Positionen zu berufen. All diesen Bitten wurde stattgegeben.<ref>Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Life and Thought''. In: ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy'', S. 47</ref> Er sollte den Rest seines Lebens in Russland verbringen. | |||
1771 erblindete er vollständig. Es hatte sich ein [[Grauer Star]] in seinem linken Auge entwickelt, der 1766 entdeckt wurde. Die Wiederherstellung des Sehvermögens durch einen chirurgischen Eingriff an seinem linken Auge verbesserte seine Sehkraft temporär. Im Oktober wurde er jedoch durch eine Komplikation, möglicherweise eine Infektion, fast vollständig blind und hatte gelegentlich Schmerzen.<ref>Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Life and Thought''. In: ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy'', S. 51</ref> Er war damals 59 Jahre alt. Sein Zustand schien aber kaum Auswirkungen auf seine Produktivität zu haben, da er vieles mit seinen geistigen Rechenfähigkeiten und seinem aussergewöhnlichen Gedächtnis kompensierte. Mit Hilfe seiner Schreiber konnte Euler seine Publikationsrate sogar noch erhöhen.<ref>Edna Ernestine Kramer: ''The Nature and Growth of Modern Mathematics'', Princeton University Press, S. 217</ref> Die Eulers trugen einen Doppelnamen, Euler-Schölpi, der sich von «schelb» und «schief» ableitet und für schielende oder krumme Augen steht.<ref>Fritz Nagel: ''Leonhard Euler und die Wonnen der Wissenschaft'', Begleittext zur Ausstellung in der Universitätsbibliothek Basel vom 17.03. bis 9. Juni 2007, S. 15</ref> Dies deutet darauf hin, dass die Eulers möglicherweise alle eine Anfälligkeit für Augenprobleme hatten.<ref>Ronald Calinger: ''Leonhard Euler mathematical genius in the Enlightenment''. Princeton University Press, 2016, S. 8</ref> | |||
Trotz Erblindung entstand fast die Hälfte seines Lebenswerks in der zweiten Petersburger Zeit. Hilfe erhielt er dabei von seinen Söhnen [[Johann Albrecht Euler|Johann Albrecht]], Karl und [[Christoph Euler|Christoph]] sowie von seinem Sekretär [[Nikolaus Fuss]].<ref>Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Life and Thought''. In: ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy'', S. 53</ref> Trotz seiner wissenschaftlichen Produktivität wurde er nie Präsident der Universität. Eulers Beziehungen zum Direktor der Petersburger Akademie [[Wladimir Grigorjewitsch Orlow]], der den Posten im Alter von 23 Jahren angetreten hatte, gestalteten sich erneut schwierig. Euler zog sich bald von seinen offiziellen akademischen Pflichten an der Petersburger Akademie zurück, was ihm mehr Freiraum für seine wissenschaftliche Arbeit gab.<ref>Peter Hoffmann: ''Leonhard Euler and Russia''. In: ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy'', S. 69</ref> | |||
Sein zweiter Aufenthalt in Russland war, neben seiner Erblindung, auch von weiteren einschneidenden Ereignissen geprägt. Ein Brand in Sankt Petersburg im Jahr 1771 kostete ihn seine Heimat und fast sein Leben. Unter anderem seine Bibliothek und Möbel fielen den Flammen zum Opfer, doch durch die schnelle Reaktion von Wladimir Orlow konnten viele Manuskripte gerettet werden. Ein Verlust war ein Werk über Mondtheorie, das 1772 von der Akademie in Paris hätte veröffentlicht werden sollen. Johann Albrecht Euler musste es anschliessend Wort für Wort neu aufschreiben.<ref>Ronald Calinger: ''Leonhard Euler mathematical genius in the Enlightenment''. Princeton University Press, 2016, S. 487</ref> 1773 starb schliesslich seine erste Frau Katharina.<ref name="Calinger52">Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Life and Thought''. In: ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy'', S. 52</ref> Der Verlust erschwerte das häusliche Leben enorm, da Katharina den kompletten Haushalt geführt hatte. Euler war entschlossen, unabhängig zu bleiben und sich nicht auf seine Söhne zu verlassen, obwohl es damals durchaus üblich war, dass ein älterer Elternteil bei den Kindern wohnte und unter ihrer Obhut stand.<ref name="Calinger52" /> Er arbeitete wie in der ersten Sankt Petersburger Periode in der [[Kunstkammer (Sankt Petersburg)|Kunstkammer]]. | |||
[[Datei:euler1a.jpg|mini|Grab Eulers auf dem Friedhof des [[Alexander-Newski-Kloster]]s in Sankt Petersburg]] | |||
Drei Jahre nach dem Tod seiner Frau heiratete Euler ihre Halbschwester Salome Abigail Gsell (1723–1794), Tochter von Georg Gsell und dessen dritter Ehefrau [[Dorothea Maria Graff|Maria Dorothea Gsell]],<ref name="eulerstammbaum">[http://www.euler.ch/stammbaum.pdf ''Genealogische Liste der Nachkommenschaft von Leonhard Euler.''] Online auf: ''Euler.ch.'' (PDF; 1 MB), abgerufen am 24. Dezember 2016.</ref> der Tochter von [[Maria Sibylla Merian]]. Diese Ehe währte bis zu seinem Tod. Im Jahr 1782 wurde er zum ausländischen Ehrenmitglied der [[American Academy of Arts and Sciences|Amerikanischen Akademie der Künste und Wissenschaften]] gewählt.<ref>[https://www.amacad.org/sites/default/files/academy/multimedia/pdfs/publications/bookofmembers/ChapterE.pdf Leonhard Euler:] in the book of members of the AAAS</ref> | |||
Am 18. September 1783 (des [[Gregorianischer Kalender|gregorianischen Kalenders]]) diskutierte Euler in Sankt Petersburg nach einem Mittagessen mit seiner Familie und seinem Kollegen [[Anders Johan Lexell]] über den neu entdeckten Planeten [[Uranus (Planet)|Uranus]] und seine Umlaufbahn, als er in Folge einer [[Hirnblutung]] kollabierte. Einige Stunden später, gegen elf Uhr in der Nacht, starb er.<ref>''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy'', herausgegeben von Robert E. Bradley, Ed Sandifer, S. 56</ref> [[Jacob von Staehlin]] schrieb einen kurzen Nachruf für die Russische Akademie der Wissenschaften, und Nikolaus Fuss hielt bei einem Gedenktreffen eine ausführlichere Lobrede. [[Marquis de Condorcet]] schrieb angesichts Eulers Ableben: | |||
{{Zitat | |||
|Text=[…] er hörte auf zu rechnen und zu leben. | |||
|Autor=Marquis de Condorcet | |||
|ref=<ref>{{Literatur |Autor=Marquis de Condorcet |Titel=Leonhard Eulers Briefe über verschiedene Gegenstände aus der Naturlehre |Band=1 |Datum= |Seiten=XIX |Originalsprache=fr |Übersetzer=Friedrich Kries |Online={{Google Buch |BuchID=iCB6cs1YQ80C |SeitenID=PR19}}}}</ref>}} | |||
Euler wurde neben seiner Frau auf dem lutherischen Smolensker Friedhof auf der [[Wassiljewski-Insel]] in Sankt Petersburg begraben. Die [[Russische Akademie der Wissenschaften]] setzte 1837 einen [[Grabstein|Stein auf das Grab]].<ref>''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy'', herausgegeben von Robert E. Bradley, Ed Sandifer, S. 57</ref> Zum Gedenken an den 250. Jahrestag von Eulers Geburtstag wurde der Grabstein 1956 zusammen mit seinen sterblichen Überresten in die Nekropole auf den [[Lazarus-Friedhof]] des [[Alexander-Newski-Kloster]]s umgebettet. | |||
[[Datei:Nicolaus Fuss.png|mini|Titelblatt der «Lobrede auf Herrn Leonhard Euler» 1783]] | |||
Eulers bahnbrechende Leistungen auf vielen Gebieten waren bereits seinen Zeitgenossen bewusst. So wurde er als «fleischgewordene Analysis» und «Sonne aller Mathematiker» gefeiert.<ref>Thomas Sonar: ''3000 Jahre Analysis.'' Springer, S. 448.</ref> In seiner ausführlichen Lobrede betonte Nikolas Fuss Eulers Einfluss auf die Wissenschaft: | |||
{{Zitat | |||
|Text=Dies sind Eulers Verdienste um die Aufklärung seines Zeitalters, dies seine der Unsterblichkeit würdigen Arbeiten. Sein Name, den die Nachwelt dem eines Galilei, Descartes, Leibnitz, Newton und so vieler anderer grossen Männer, die der Menschheit durch ihr Genie Ehre gemacht haben, an die Seite setzen wird, kann nur mit den Wissenschaften erlöschen. […] Wenige Gelehrte haben so viel als Euler geschrieben, kein Geometer so viele Gegenstände auf einmal umfaßt, keiner über alle Teile der Mathematik so viel Licht verbreitet. | |||
|Autor=[[Nikolaus Fuss]] | |||
|Quelle=1783 | |||
|ref=<ref>N. Fuss: [https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10063079_00116.html ''Lobrede auf Herrn Leonhard Euler''], Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek, München, S. 106–107.</ref>}} | |||
Bei diesem Nachruf handelt es sich um einen der berühmtesten, die aus der Geschichte der Wissenschaften überliefert sind. Die ursprüngliche Fassung war auf Französisch geschrieben und wurde am 23. Oktober 1783 (gregorianisch: 3. November) in der ''Kayserlichen Akademie der Wissenschaften zu Sankt Petersburg'' vorgelesen.<ref>Werner Schaal: [http://www.personalschriften.de/aktuelles/artikelansicht/details/leonhard-euler-1707-1783.html ''Lobrede auf einen großen Mathematiker'']. In: Forschungsstelle für Personalschriften (Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz), abgerufen am 16. Februar 2020</ref> | |||
Nach der [[Oktoberrevolution]] von 1917 kehrte ein Teil seiner Nachkommen von Russland in die Schweiz zurück, darunter die Eltern des späteren Nationalrats [[Alexander Euler]] (1929–2012).<ref>{{HLS|33690|Alexander Euler|Autor=[[Ruedi Brassel-Moser]]|Datum=2012-10-24|Abruf=2020-02-08}}</ref> | |||
== Wissenschaftliches Werk == | |||
{{Hauptartikel|Wissenschaftliches Werk Leonhard Eulers}} | |||
Eulers Forschung war sehr vielseitig. Er arbeitete in fast allen Bereichen der Mathematik und gilt als einer der produktivsten Mathematiker der Geschichte.<ref>Thomas Sonar: ''3000 Jahre Analysis''. Springer, S. 448.</ref><ref>Lokenath Debnath: ''The legacy of Leonhard Euler, A Tricentennial Tribute'', S. vii</ref><ref>Andreas Verdun: ''Leonhard Eulers Arbeiten zur Himmelsmechanik'', Springer, S. XI</ref> Unter anderem publizierte er über [[Geometrie]], [[Infinitesimalrechnung]], [[Trigonometrie]], [[Algebra]] und [[Zahlentheorie]], sowie [[Kontinuumsmechanik]], Mondtheorie und andere Bereiche der Physik. Seine gesammelten Schriften der ''Opera omnia'' umfassen 74 Bände.<ref>Walter Guatschi: [https://www.cs.purdue.edu/homes/wxg/EulerLect.pdf ''Leonhard Euler: His Life, the Man, and His Works''], SIAM Review, Bd. 50, Nr. 1, S. 3–33, [[doi:10.1137/070702710]], S. 3</ref> Insgesamt sind 866 Publikationen von ihm bekannt.<ref>James J. Tattersall: ''Elementary Number Theory in Nine Chapters'', S. 18</ref> Sein Gesamtwerk umfasst damit schätzungsweise ein Drittel des gesamten [[Textkorpus|Korpus]] mathematischer, physikalischer und mechanischer Forschung innerhalb der letzten drei Viertel des 18. Jahrhunderts.<ref>W. Dunham: ''The Genius of Euler: Reflections on His Life and Work'', S. 15</ref> Eulers Name ist mit einer grossen Anzahl von Resultaten und wissenschaftlichen Themenbereichen verbunden. | |||
Nach Leonhard Euler sind gleich zwei [[Liste mathematischer Konstanten|mathematische Konstanten]] benannt: die [[Eulersche Zahl]] <math> \mathrm{e} \approx 2{,}71828 </math> aus der [[Analysis]] und die [[Euler-Mascheroni-Konstante]] γ (Gamma) aus der Zahlentheorie, die manchmal nur als ''Eulersche Konstante'' bezeichnet wird und ungefähr gleich 0,57721 ist. | |||
Sein mathematisches Werk inspirierte viele Generationen von Mathematikern nachhaltig. Unter anderem beeinflusste er die Arbeit von [[Pierre-Simon Laplace]], [[Joseph-Louis Lagrange]], [[Carl Friedrich Gauß]], [[Carl Gustav Jacobi]], [[Niels Henrik Abel]], [[Évariste Galois]], [[Karl Weierstraß]] und [[Bernhard Riemann]].<ref>Herbert Pieper: ''Der Euler des 19. Jahrhunderts: C.G. Jacob Jacobi'', Elemente der Mathematik, Swiss Mathematical Society, 2005, S. 98</ref><ref>Lokenath Debnath: ''The legacy of Leonhard Euler, A Tricentennial Tribute'', S. xix</ref> | |||
=== Mathematische Notationen === | |||
Euler hat in seine zahlreichen Lehrbüchern mehrere Notationskonventionen eingeführt. Durch die weite Verbreitung der Bücher setzten sich viele seiner Notationen nachhaltig durch. Er führte das Konzept der [[Mathematische Funktion|mathematischen Funktion]] ein<ref>Dunham, William (1999). ''Euler: The Master of Us All.'' Mathematical Association of America. S. 17</ref> und schrieb als erster ''f(x)'', um die Funktion ''f'' zu bezeichnen, die auf das Argument ''x'' angewandt wird. Von ihm stammen auch die bis heute gebräuchlichen Notationen für die [[Trigonometrische Funktion|trigonometrischen Funktionen]], der Buchstabe ''e'' für die [[Potenz (Mathematik)|Basis]] des [[Logarithmus|natürlichen Logarithmus]], der griechische Buchstabe Σ ([[Sigma]]) für [[Summe]]n und der Buchstabe ''i'' zur Bezeichnung der [[Imaginäre Einheit|imaginären Einheit]].<ref name="Boyer">Boyer, Carl B.; Merzbach, Uta C. (1991). ''A History of Mathematics.'' John Wiley & Sons. S. 439–45.</ref> Die Verwendung des griechischen Buchstabens π zur Bezeichnung des Verhältnisses von Kreisumfang und -durchmesser ([[Kreiszahl]]) wurde ebenfalls von Euler popularisiert, obwohl sie ursprünglich auf den [[Wales|walisischen]] Mathematiker [[William Jones (Mathematiker)|William Jones]] zurückgeht.<ref>Wolfram, Stephen. [https://www.stephenwolfram.com/publications/mathematical-notation-past-future/ ''Mathematical Notation: Past and Future'']. Aufgerufen am 25. Januar 2020.</ref> | |||
=== Analysis === | |||
Euler kann als einer der Begründer der [[Analysis]] angesehen werden. Wegen anhaltender Forschung war die [[Infinitesimalrechnung]] im 18. Jahrhundert auf dem Vormarsch. Insbesondere Eulers Freunde, die Bernoullis, waren für einen Grossteil der frühen Fortschritte auf diesem Gebiet verantwortlich. Dank ihres Einflusses wurde das Studium der Infinitesimalrechnung zum Hauptschwerpunkt von Eulers Arbeit. | |||
Wegweisend waren vor allen Dingen sein Beweis der [[Taylor-Reihe]] der [[Exponentialfunktion]] | |||
:<math> \mathrm{e}^x = \sum_{n=0}^\infty \frac{x^n}{n!} = 1 + x + \frac{x^2}{2} + \frac{x^3}{6} + \cdots, </math> | |||
sowie seine Lösung des sog. [[Basler Problem]]s: | |||
:<math> \sum_{n=1}^\infty \frac{1}{n^2} = 1 + \frac{1}{4} + \frac{1}{9} + \cdots = \frac{\pi^2}{6}.</math> | |||
[[Datei:Euler's formula.svg|mini|Geometrische Interpretation der Eulerschen Formel anhand des [[Einheitskreis]]es.]] | |||
Euler verwendete erstmals die [[Exponentialfunktion]] und [[Logarithmen]] in analytischen Beweisen und definierte sie erfolgreich für [[komplexe Zahl]]en. Dadurch wurde deren Anwendungsbereich stark erweitert.<ref name="Boyer" /> Damit fand er die enge Beziehung zu den trigonometrischen Funktionen. Für jede reelle Zahl <math>\varphi</math> (im [[Bogenmaß|Bogenmass]]) besagt die [[Eulersche Formel]], dass die [[komplexe Exponentialfunktion]] die Gleichung | |||
:<math> \mathrm{e}^{\mathrm{i}\varphi} = \cos(\varphi) + \mathrm{i}\sin(\varphi)</math> | |||
erfüllt. Ein spezieller Fall der obigen Formel ist als die [[Eulersche Identität]] | |||
:<math> \mathrm{e}^{\mathrm{i}\pi} + 1 = 0</math> | |||
bekannt. | |||
=== Zahlentheorie === | |||
Eulers Interesse an der [[Zahlentheorie]] lässt sich auf den Einfluss von [[Christian Goldbach]], einem Freund in der Sankt Petersburger Akademie, zurückführen. Viele von Eulers frühen Arbeiten zur Zahlentheorie basieren auf den Werken von [[Pierre de Fermat]]. Euler entwickelte einige von Fermats Ideen und widerlegte manche seiner Vermutungen. | |||
Euler verknüpfte die Natur der Primzahlverteilung mit Ideen aus der Analysis. Zum Beispiel bewies er, dass die [[Satz von Euler (Primzahlen)|Summe der Kehrwerte der Primzahlen divergiert]]. Dabei fand er die Verbindung zwischen der [[Riemannsche Zeta-Funktion|Riemannschen Zeta-Funktion]] und den Primzahlen; seine Entdeckung ist heute als [[Euler-Produkt]]formel für die Riemannsche Zeta-Funktion bekannt. Er verwendete analytische Methoden, um ein gewisses Verständnis für die Verteilung der Primzahlen zu gewinnen. Eulers Arbeiten auf diesem Gebiet führten zur Entwicklung des [[Primzahlsatz]]es.<ref>Dunham, William (1999). ''Euler: The Master of Us All.'' Mathematical Association of America. Kapitel 3 und 4.</ref> | |||
Euler bewies den [[Kleiner fermatscher Satz|kleinen fermatschen Satz]], Fermats Satz über die [[Zwei-Quadrate-Satz|Summe zweier Quadrate]], und er leistete wichtige Beiträge zu Lagranges [[Vier-Quadrate-Satz]]. Er führte auch die [[Eulersche Phi-Funktion]] ein. Mit Hilfe der Eigenschaften dieser Funktion verallgemeinerte er Fermats kleinen Satz zu dem, was heute als [[Satz von Euler]] bekannt ist. Er trug wesentlich zur Theorie der [[Perfekte Zahl|vollkommenen Zahlen]] bei, die die Mathematiker seit [[Euklid]] fasziniert hatten. Euler bewies, dass die von Euklid gezeigte Beziehung zwischen (geraden) vollkommenen Zahlen und [[Mersenne-Primzahl]]en sogar [[Bijektion|eins zu eins]] ist, ein Ergebnis, das als [[Euklid-Euler-Satz]] bekannt ist. Euler vermutete auch das Gesetz der [[Quadratisches Reziprozitätsgesetz|quadratischen Reziprozität]], das später durch [[Carl Friedrich Gauß]] bewiesen wurde. Dabei handelt es sich um eines der grundlegendsten Konzepte der Zahlentheorie. 1772 hatte Euler bewiesen, dass <math>2^{31} - 1 =</math> [[2147483647|2.147.483.647]] eine Mersenne-Primzahl ist. Sie galt bis 1867 als die grösste gefundene Primzahl.<ref>Caldwell, Chris: [https://primes.utm.edu/notes/by_year.html ''The largest known prime by year''], abgerufen am 26. Januar 2020</ref> | |||
Nach Euler sind verschiedene Zahlen und Zahlenfolgen benannt, siehe dazu [[Eulersche Zahlen (Begriffsklärung)]]. | Nach Euler sind verschiedene Zahlen und Zahlenfolgen benannt, siehe dazu [[Eulersche Zahlen (Begriffsklärung)]]. | ||
=== | === Angewandte Mathematik === | ||
Zu Eulers grössten Erfolgen gehören analytische Lösungen praktischer Probleme und die Beschreibung zahlreicher Anwendungen der [[Bernoulli-Zahl]]en, [[Fourier-Reihe]]n, [[Euler-Zahl]]en, der Konstanten ''e'' und ''π'', der [[Kettenbruch|Kettenbrüche]] und [[Integralrechnung|Integrale]]. Er integrierte die Differentialrechnung von Leibniz mit der ''Method of Fluxions'' (Newtons Beschreibung der [[Differentialrechnung#Ableitungsfunktion|Ableitung]]) und entwickelte Techniken, die die Anwendung der Mathematik auf physikalische Probleme erleichterten. Er machte grosse Fortschritte bei der Verbesserung der [[Numerische Mathematik|numerischen Approximation]] von Integralen. Die bemerkenswertesten dieser Annäherungen sind das [[Explizites Euler-Verfahren|explizite Euler-Verfahren]] und die [[Euler-Maclaurin-Formel]]. Er erkannte den Nutzen von Differentialgleichungen und führte die [[Euler-Mascheroni-Konstante]] ein: | |||
:<math>\gamma := \lim_{n \to \infty} \left[ \sum_{k=1}^n \frac{1}{k} - \log(n) \right]</math> | |||
die u. a. beim [[Zipfsches Gesetz|Zipfschen Gesetz]], aber auch in zahlreichen weiteren Feldern, eine Rolle spielt. In anderen Arbeiten setzte Euler sich mit der Anwendung mathematischer Methoden in den [[Sozialwissenschaften|Sozial-]] und [[Wirtschaftswissenschaften]] auseinander (zum Beispiel Bevölkerungswachstum,<ref>A. J. Lotka: ''Studies on the mode of growth of material aggregates.'' American Journal of Science, 24, S. 199–216</ref> [[Rentenrechnung]], [[Lotterie]]n,<ref>R. E. Bradley: ''Euler’s analysis of the Genoese lottery'', 2004.</ref> [[Lebenserwartung]] und [[Lebensversicherung]]<ref>Lokenath Debnath: ''The legacy of Leonhard Euler, A Tricentennial Tribute'', S. 341</ref>). Wegen seiner Beiträge zur Populationsdynamik ist die [[Euler-Lotka-Gleichung]] zum Teil nach ihm benannt. | |||
=== Graphentheorie und Topologie === | |||
[[Datei:Konigsberg bridges.png|gerahmt|Karte von [[Königsberg (Preußen)|Königsberg]] zur Zeit Eulers: zu sehen sind die Grundrisse der Sieben Königsberger Brücken und der Fluss Pregel. Die Brücken sind mit Farbe hervorgehoben.]] | |||
Im Jahr 1735<ref>Alexanderson, Gerald (July 2006): ''Euler and Königsberg’s bridges: a historical view''. Bulletin of the American Mathematical Society. 43 (4): 567–573, [[doi:10.1090/S0273-0979-06-01130-X]]. S. 567</ref> (1736 erschienen und 1741 veröffentlicht)<ref>[http://eulerarchive.maa.org/publications/journals/Commentarii.html Commentarii academiae scientiarum imperialis Petropolitanae], Euler Archive</ref> mit der Arbeit ''Solutio problematis ad geometriam situs pertinentis''<ref>L. Euler: ''[http://eulerarchive.maa.org/docs/originals/E053.pdf Solutio problematis ad geometriam situs pertinentis]'', Commentarii academiae scientiarum imperialis Petropolitanae (CASP), Vol. 8</ref> präsentierte Euler eine Lösung für das [[Königsberger Brückenproblem]]. Die Stadt [[Königsberg (Preußen)|Königsberg]] in Preussen lag am Fluss [[Pregel]] und umfasste zwei grosse Inseln, die durch sieben Brücken miteinander und mit dem Festland verbunden waren. Das Problem besteht darin, zu entscheiden, ob es möglich ist, einen Weg zu wählen, der jede Brücke genau einmal überquert und zum Ausgangspunkt zurückkehrt. Das ist nicht möglich, da es keinen [[Eulerkreisproblem|Eulerkreis]] für diesen [[Graph (Graphentheorie)|Graphen]] gibt. Diese Lösung Eulers gilt als der erste Satz der [[Graphentheorie]], insbesondere der [[Planarer Graph|planaren Graphentheorie]].<ref>Alexanderson, Gerald (July 2006): ''Euler and Königsberg’s bridges: a historical view''. Bulletin of the American Mathematical Society. 43 (4): 567–573, [[doi:10.1090/S0273-0979-06-01130-X]]. S. 567</ref> | |||
Euler entdeckte die Formel <math> E - K + F = 2 </math> bezüglich Anzahl der Ecken (''E''), Kanten (''K'') und Flächen (''F'') eines [[Konvexe und konkave Fläche|konvexen]] [[Polyeder]]s,<ref>David Richeson: ''The Polyhedral Formula.'' In: ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy.'' S. 421.</ref> eines planaren Graphen. Die Konstante in dieser Formel wird heute als [[Euler-Charakteristik]] des Graphen (oder eines anderen mathematischen Objekts) bezeichnet und steht mit dem mathematischen [[Geschlecht (Fläche)|Geschlecht]] des Objekts direkt in Zusammenhang.<ref>David Richeson: ''The Polyhedral Formula.'' In: ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy.'' S. 430</ref> Die Untersuchung und Verallgemeinerung dieser Formel, insbesondere durch [[Augustin-Louis Cauchy|Cauchy]]<ref>Cauchy, A.L. (1813): ''Recherche sur les polyèdres – premier mémoire''. Journal de l'École Polytechnique. 9 (Cahier 16): S. 66–86.</ref> und [[Simon L’Huilier|L’Huilier]],<ref>L’Huillier, S.-A.-J. (1861): ''Mémoire sur la polyèdrométrie''. Annales de Mathématiques. 3: 169–89.</ref> markierte den Beginn der [[Topologie (Mathematik)|Topologie]].<ref>Andreas Verdun: ''Leonhard Eulers Arbeiten zur Himmelsmechanik'', Springer, S. 10</ref> | |||
=== Logik === | |||
{{Hauptartikel|Mengendiagramm}} | |||
Euler wird die Verwendung geschlossener Kurven zur Veranschaulichung der [[Syllogismus|syllogistischen]] Argumentation zugeschrieben. Diese Diagramme sind als Euler-Diagramme bekannt geworden. In den ''Briefen an eine deutsche Prinzessin'' 101 bis 108, die im Februar und März 1761 verfasst wurden, stellte Euler die heute als Venn-Diagramme bezeichneten Diagramme vor, obwohl das eine falsche Bezeichnung ist. Diagramme für mathematische Darstellungen in der Logik tauchten in einigen Abhandlungen des achtzehnten Jahrhunderts zu diesem Thema auf, und es ist möglich, dass [[Johann Heinrich Lambert]] sie kurz vor Eulers Briefen verwendete. In den Briefen 101 und 102 betonte Euler die Notwendigkeit einer disziplinierten Sprache bei der Darstellung allgemeiner Ideen und ihrer Erweiterung; er verwendete Kreise in Diagrammen, um verschiedene Formen von Syllogismen und hypothetischen [[Satz (Mathematik)|Propositionen]] zu erklären.<ref>Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Mathematical Genius in the Enlightenment.'' Princeton University Press, 2016, S. 467</ref> | |||
=== Physik und Astronomie === | |||
Euler hat sich in sehr vielen klassischen Gebieten der [[Physik]] verdient gemacht. | |||
In der | In Schriften wie ''Mechanica, sive motus scientia analytica exposita'' (1736) und ''Theoria motus corporum solidorum seu rigidorum'' (1765) wandte Euler die Mathematik auf Fragen der Physik an. Am 3. September 1750 las er vor der Berliner Akademie der Wissenschaften ein Mémoire, in dem er das Prinzip «Kraft gleich Masse mal Beschleunigung» im Kontext der «Eulerschen Gleichung der Starrkörper-Rotation» als eigene und neue Entdeckung vorstellte.<ref>Andreas Verdun: ''Leonhard Eulers Arbeiten zur Himmelsmechanik'', Springer, S. 11</ref> | ||
Im Jahr 1757 veröffentlichte er wichtige Gleichungen, die den Fluss reibungsfreier elastischer Fluide beschreiben. Diese sind heute als [[Euler-Gleichungen (Strömungsmechanik)|Euler-Gleichungen der Strömungsmechanik]] bekannt. Ausserdem arbeitete Leonhard Euler in der [[Mechanik]] auf den Gebieten der [[Turbine]]ngleichung und der [[Kreiseltheorie]] ([[Eulersche Gleichungen (Kreiseltheorie)|Eulersche Kreiselgleichungen]]). | |||
Weniger bekannt sind seine Arbeiten zum [[Stabilitätskriterium]] von Schiffen, in denen er das bereits erworbene, aber wieder verlorengegangene Wissen von [[Archimedes]] | Die erste analytische Beschreibung der Knickung eines mit einer [[Kraft|Druckkraft]] belasteten [[Stab (Statik)|Stabes]] geht auf Euler zurück; er begründete damit die [[Stabilitätstheorie]]. Er half bei der Entwicklung der [[Balkentheorie|Euler-Bernoulli-Balkengleichung]], die zu einem Eckpfeiler des Ingenieurwesens wurde. Abgesehen von der erfolgreichen Anwendung seiner analytischen Werkzeuge auf Probleme der klassischen Mechanik wandte Euler diese auch in der [[Astronomie]] an – diese Arbeiten wurden im Laufe seiner Karriere durch eine Reihe von Preisen der Pariser Akademie anerkannt. Zu seinen Errungenschaften gehören die genaue Bestimmung der Bahnen von [[Komet]]en und anderen [[Himmelskörper]]n, das Verständnis der Natur von Kometen und die Berechnung der [[Sonnenparallaxe]].<ref>Andreas Verdun: ''Leonhard Eulers Arbeiten zur Himmelsmechanik'', Springer, S. 283</ref> Seine Berechnungen trugen zur Entwicklung präziser [[Längenproblem|Längengradtabellen]] bei.<ref>Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Mathematical Genius in the Enlightenment'', S. 384</ref> | ||
In der [[Optik]] veröffentlichte er Werke zur [[Wellentheorie des Lichts]] und zur Berechnung von optischen [[Linse (Optik)|Linsen]] zur Vermeidung von [[Chromatische Aberration|Farbfehlern]]. Er widersprach Newtons [[Korpuskeltheorie]] des Lichts, die damals vorherrschend war, in den ''[[Opticks]]''.<ref>Christa Jungnickel, Russell McCormmach: ''Cavendish – The Experimental Life'', S. 155</ref> Seine Arbeiten zur Optik aus den 1740er-Jahren trugen dazu bei, dass die von [[Christiaan Huygens]] vorgeschlagene Wellentheorie des Lichts zur vorherrschenden Denkweise wurde<ref>Emil A. Fellmann: ''Leonhard Euler: Essay über Leben und Werk.'' In: ''Leonhard Euler 1707–1783: Beiträge zu Leben und Werk'', S. 67</ref>, zumindest bis zur Entwicklung der [[Quantentheorie]] des Lichts.<ref>Lokenath Debnath: ''The legacy of Leonhard Euler. A Tricentennial Tribute.'' S. 361.</ref> | |||
1745 übersetzte Euler das Werk ''New principles of gunnery'' des Engländers [[Benjamin Robins]] ins Deutsche, wobei er dessen Umfang stark erweiterte. Somit wurde dank Robins und mit Eulers Hilfe «das erste Lehrbuch der Ballistik» geschaffen. Es wurde zum Beispiel in Frankreich (in französischer Übersetzung) als offizielles Lehrbuch in den Militärschulen eingeführt. [[Napoleon Bonaparte]] musste es als Leutnant studieren.<ref>L. Euler: ''Einleitung in die Analysis des Unendlichen: Erster Teil'', Springer Verlag Berlin Heidelberg GmbH, S. 11 (Einführung zur Reprintausgabe)</ref> | |||
Weniger bekannt sind seine Arbeiten zum [[Stabilität (Schiffskörper)|Stabilitätskriterium]] von Schiffen, in denen er das bereits erworbene, aber wieder verlorengegangene Wissen von [[Archimedes]] erneuerte.<ref>''Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft'', Bouger und Euler: Zur Begründung der Theorie der hydrostatischen Schiffsstabilität, Band 98, 2004, S. 183</ref> | |||
=== Mathematische Musiktheorie === | === Mathematische Musiktheorie === | ||
Auch im Bereich der Musik beruhten Eulers Gedanken hauptsächlich auf der Mathematik. Obwohl seine Schriften über Musiktheorie nur einen kleinen Teil seiner Arbeit ausmachen (einige hundert Seiten, bei einer Gesamtproduktion von etwa 30 000 Seiten), spiegeln sie dennoch ein bereits früh gewecktes Interesse wider, das ihn sein ganzes Leben lang nicht mehr verlassen hat.<ref>Peter Pesic: ''Music and the Making of Modern Science'', S. 133.</ref> Einer seiner Schwerpunkte war die Zuordnung eines «Grades der Lieblichkeit» zu Mehrklängen wie musikalischen Intervallen oder auch Akkorden wie Dreiklängen. Dieser kann abstrakt als [[zahlentheoretische Funktion]] aufgefasst werden und impliziert mit steigenden Werten eine erhöhte Komplexität (also fallende Annehmlichkeit) des Klangs.<ref>Emil A. Fellmann: ''Leonhard Euler: Essay über Leben und Werk'' In: ''Leonhard Euler 1707–1783: Beiträge zu Leben und Werk'', S. 73–74</ref> | |||
=== Populäre Darstellungen und Themen === | === Populäre Darstellungen und Themen === | ||
Besondere Bedeutung in der breiten Öffentlichkeit erlangte seine populärwissenschaftliche Schrift ''Lettres à une princesse d’Allemagne'' von 1768, in der er in Form von Briefen an die Prinzessin [[Friederike Charlotte von Brandenburg-Schwedt]], eine Nichte Friedrichs | Besondere Bedeutung in der breiten Öffentlichkeit erlangte seine populärwissenschaftliche Schrift ''Lettres à une princesse d’Allemagne'' von 1768, in der er in Form von Briefen an die Prinzessin [[Friederike Charlotte von Brandenburg-Schwedt]], eine Nichte Friedrichs II., die Grundzüge der Physik, der Astronomie, der Mathematik, der Philosophie und der Theologie vermittelt.<ref>Ronald S Calinger, Ekaterina (Katya) Denisova, Elena N Polyakhova: ''Leonhard Euler’s Letters to a German Princess'', IOP Concise Physics, Morgan and Claypool Publishers, 2019</ref> Darüber hinaus widmete er sich Aufgaben der [[Schachmathematik]], zum Beispiel dem [[Springerproblem]].<ref>Leonhard Euler: [https://scholarlycommons.pacific.edu/euler-works/309/ ''Solution d’une question curieuse que ne paroit soumise à aucune analyse''], 1766</ref> Er ist der Erfinder des [[Lateinisches Quadrat|lateinischen Quadrats]], einer Vorform des [[Sudoku]].<ref>Lokenath Debnath: ''The legacy of Leonhard Euler, A Tricentennial Tribute'', S. 162</ref> | ||
Euler | == Überzeugungen gegenüber Philosophie und Religion == | ||
Euler und sein Freund [[Daniel Bernoulli]] lehnten beide die [[Monadologie]] von Leibniz und die Philosophie von [[Christian Wolff (Aufklärer)|Christian Wolff]] ab.<ref>W. Breidert: ''Leonhard Euler and Philosophy''. In: ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy'', S. 98</ref> Euler war davon überzeugt, dass Wissen (zumindest in Teilen) auf präzisen quantitativen Gesetzen beruht, etwas, was die Monadologie und die Wolffsche Wissenschaft nicht zu leisten vermochten. Eulers religiöse Neigungen könnten einen Einfluss auf seine Abneigung gegen diese Lehre gehabt haben; er ging sogar so weit, Wolffs Ideen als «[[Heidentum|heidnisch]] und [[Atheismus|atheistisch]]» zu bezeichnen.<ref>Ronald Calinger: ''Leonhard Euler: The First St. Petersburg Years (1727–1741)''. Historia Mathematica. 23 (2), 1996: 121–66. [[doi:10.1006/hmat.1996.0015.|doi:10.1006/hmat.1996.0015 .]], S. 153–154</ref> Eine religiöse Überzeugung im Sinne des reformierten Glaubens wurde auch in seiner Grabrede betont.<ref>{{Internetquelle |autor=Nikolaus von Fuss |url=http://turnbull.mcs.st-and.ac.uk/~history/Extras/Euler_Fuss_Eulogy.html |titel=Grabrede für Euler |datum=1783 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20150324171852/http://turnbull.mcs.st-and.ac.uk/~history/Extras/Euler_Fuss_Eulogy.html |archiv-datum=2015-03-24 |offline=1 |abruf=2017-02-22}}</ref> Dies macht verständlich, dass er und der [[Aufklärung|Aufklärer]] [[Voltaire]], zeitgleich am preussischen Hof, keinen Konsens bezüglich Weltanschauung fanden. | |||
In einem Brief vom August 1736 an den Danziger Mathematiker [[Karl Leonhard Gottlieb Ehler]] begann Euler, der wissenschaftliche Streitigkeiten meist vermied, vorsichtig mit der Kritik an Christian Wolffs ''Philosophia prima sive ontologia'' (1729), ''Cosmologia generalis'' (1731) und der «Theorie der positiven und negativen Unendlichkeit», die in der letzten Ausgabe von ''Elementa matheseos universae'' (1710) gegeben wurde.<ref>Leonhard Euler: ''Opera omnia'', ser. IVA, vol. 1, ''Briefwechsel'', eds. Adolph Pavlovitch Jusˇkevicˇ et al., Basel: Birkhaüser, 1975. S. 115</ref> Er akzeptierte nicht die Art und Weise, wie Wolff bei Verwendung der [[Regel von de L’Hospital]] den Ausdruck <math> \tfrac{0}{0}</math> interpretierte. Er stimmte zwar mit Leibniz und Wolff darin überein, dass infinitesimale Grössen «absolute Nullen» sind (diese Anschauung Eulers war ein Resultat von dessen «Nullenrechnung»<ref>Thomas Sonar: ''3000 Jahre Analysis'', Springer, S. 462</ref>), aber er war formal der Auffassung, dass das Verhältnis <math> \tfrac00</math> nur in besonderen Situationen eine feste «endliche Zahl» darstellt. [[Michael Segre]] zeigt, dass Euler dieses Problem später in seiner ''Institutiones calculi differentialis'' (1755) über die Schlussfolgerung <math>n \cdot 0 = 0</math> und damit <math>n \cdot 1 = \tfrac00</math> aufgriff.<ref>Leonhard Euler: ''Opera omnia'', ser. I, vol. 10, ''Institutiones calculi differentialis'', ed. Gerhard Kowalewski, Leipzig: Teubner, 1913, esp. 69–71. S. 136</ref> | |||
== | Vieles von dem, was über Eulers religiöse Überzeugungen bekannt ist, lässt sich aus seinen ''Briefen an eine deutsche Prinzessin'' und einem früheren Werk, der ''Rettung der Göttlichen Offenbahrung Gegen die Einwürfe der Freygeister'', ableiten. Diese Werke zeigen, dass Euler ein gläubiger [[Christ]] war, der die [[Bibel]] als wegweisend empfand; die ''Rettung'' war in erster Linie ein Argument für die göttliche [[Verbalinspiration]].<ref>Leonhard Euler: ''Rettung der Göttlichen Offenbahrung Gegen die Einwürfe der Freygeister''. Leonhardi Euleri Opera Omnia (3. Auflage), 1960. 12.</ref> Euler war in aktiven Funktionen in der reformierten Gemeinde tätig.<ref>[[Michael Raith]]: ''Der Vater Paulus Euler. Zur geistigen Herkunft Leonhard Eulers'', in ''Leonhard Euler 1707–1783 Beiträge zu Leben und Werk''. S. 465</ref> | ||
Der | |||
Es gibt eine berühmte [[Anekdote]],<ref name="Calinger501">Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Mathematical Genius in the Enlightenment.'' Princeton University Press, 2015, S. 501</ref> die von Eulers Auseinandersetzungen mit [[Säkularismus|säkularen]] Philosophen über Religion inspiriert wurde und die während Eulers zweiter Amtszeit an der Sankt Petersburger Akademie spielt. In dieser soll Euler gegenüber [[Denis Diderot]] als [[Gottesbeweis]] die ''[[non sequitur]]'': «Mein Herr! <math> \tfrac{a+b^n}{n} = x </math>, also existiert Gott. Antworten Sie mir!» vorgebracht haben, woraufhin dieser nichts erwidern konnte und Russland gedemütigt verliess. Die Anekdote ist [[Apokryphen#Begriff|apokryph]], da Diderot selbst in der Mathematik forschte.<ref>Jacques Marty: [https://www.persee.fr/doc/rde_0769-0886_1988_num_4_1_954 ''Quelques aspects des travaux de Diderot en Mathematiques Mixtes'']. Recherches Sur Diderot et Sur l’Encyclopédie. 4 (1), 1988: S. 145–147.</ref> Die Legende wurde offenbar zuerst von [[Dieudonné Thiébault]] erzählt (in seinem Buch ''Mes souvenirs de vingt ans de séjour à Berlin'' im Jahr 1801<ref name="Calinger501" />), mit weiteren starken Verzierungen durch [[Augustus De Morgan]].<ref>Dirk J. Struik: ''A Concise History of Mathematics'' (3. überarbeitete Edition). Dover Books, 1967, S. 129</ref><ref>R. J. Gillings: ''The So-Called Euler-Diderot Anecdote''. American Mathematical Monthly. 61 (2), Februar 1954: S. 77–80. [[doi:10.2307/2307789.|doi:10.2307/2307789 .]]</ref> Dies geschah möglicherweise, um die religiösen Überzeugungen Eulers hervorzuheben.<ref name="Calinger501" /> Für den angeblichen Vorfall liegen jedoch keine zeitgenössischen Quellen vor.<ref>Dirk J. Struik: ''A Concise History of Mathematics''. Dover, dritte überarbeitete Auflage, 1967, ([https://cs.uwaterloo.ca/~shallit/euler.html Online-Kopie]), S. 129</ref> | |||
== Korrespondenzen == | |||
Euler unterhielt umfangreiche Kontakte und Korrespondenz mit vielen der bedeutendsten mathematischen Wissenschaftler der damaligen Zeit, darunter [[Christian Goldbach]], [[Alexis Clairaut]], [[Jean d’Alembert]], [[Joseph Louis Lagrange]] und [[Pierre Simon Laplace]]. Es gab eine freundschaftliche Korrespondenz zwischen Euler und Goldbach sowie Euler und Clairaut, die sich mit aktuellen Problemen der Zahlentheorie, der mathematischen Analysis, der Differentialgleichungen, der Strömungsmechanik und der Himmelsmechanik befassten. Weder Meinungsverschiedenheiten noch Ansprüche des einen gegen andere dominierten den Austausch. Sie diskutierten vielmehr alle mathematischen Ideen und Probleme offen, oft schon deutlich vor ihrer Veröffentlichung. | |||
Besonders Euler in Berlin und d'Alembert in Paris hatten über viele Jahre eine umfangreiche mathematische Korrespondenz. Im Jahre 1757 hatten sie dabei schliesslich doch eine starke Meinungsverschiedenheit, die zu einer Entfremdung darüber führte, ob diskontinuierliche oder nichtdifferenzierbare Funktionen zulässige Lösungen des Schwing[[saite]]nproblems sind. Auch über die Theorie der [[Präzession]], der [[Äquinoktium|Tagundnachtgleichen]] und der [[Nutation (Astronomie)|Nutation]] der [[Erdachse]] gab es zwischen ihnen einen Prioritätsstreit. Nachdem d'Alembert 1763 Euler in Berlin besuchte, wurde ihr Verhältnis jedoch wieder vertrauter. 1759 beteiligte sich der junge Lagrange mit einem kontroversen Artikel, der sowohl von Euler als auch von d'Alembert kritisiert wurde, an der Diskussion der Lösungen. Lagrange schloss sich jedoch den meisten von Eulers Ansichten an. 1761 versuchte Lagrange, den Kritiken von d'Alembert und anderen zu begegnen, indem er eine andere Behandlung des Problems der schwingenden Saiten vorsah. Die Debatte dauerte weitere zwanzig Jahre, ohne dass eine Lösung gefunden wurde. Die strittigen Fragen wurden erst gelöst, als [[Joseph Fourier]] das Thema im nächsten Jahrhundert aufgriff. | |||
Obwohl Euler einen wichtigen und wegweisenden Beitrag zur [[Variationsrechnung]] leistete, machte Lagrange im Alter von 19 Jahren die erste Formulierung der Gleichungen der analytischen Dynamik nach den Prinzipien der Variationsrechnung, und sein Ansatz war Eulers semi-geometrischen Methoden überlegen. So führte das klassische Euler-Lagrange-Variationsproblem der Bestimmung des Extremwertes einer [[Funktionalanalysis|Funktionalanalyse]] zu der berühmten [[Euler-Lagrange-Gleichung]].<ref>Lokenath Debnath: ''The legacy of Leonhard Euler, A Tricentennial Tribute'', S. ix–x</ref> | |||
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ETH-BIB-Bernoulli, Daniel (1700-1782)-Portrait-Portr 10971.tif (cropped).jpg|mini|Daniel Bernoulli | |||
Johann Bernoulli2.jpg|mini|Johann I Bernoulli | |||
PierreLouisMaupertuis.jpg|mini|Pierre Louis de Maupertuis | |||
Alexis Clairault.jpg|miniatur|Alexis-Claude Clairaut | |||
Alembert.jpg|mini|Jean Baptiste le Rond d’Alembert | |||
Лагранж.jpg|mini|Joseph-Louis Lagrange | |||
Pierre-Simon Laplace.jpg|mini|Pierre-Simon Laplace | |||
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Die wissenschaftliche Korrespondenz fusste in erster Linie auf zahlreichen Briefen. Besonders regen Austausch gab es mit Jean d’Alembert (mind. 39 Briefe), [[Daniel Bernoulli]] (mind. 100 Briefe), [[Johann I Bernoulli]] (mind. 38 Briefe), Alexis Clairaut (mind. 61 Briefe), Christian Goldbach (mind. 196 Briefe) sowie [[Pierre Louis Maupertuis]] (mind. 129 Briefe, davon 124 von Euler).<ref>Leonhard Euler: ''Briefwechsel'', Opera omnia, Series Quarta A, Vol, 1, S. 505–509</ref> | |||
{{Annotiertes Bild | |||
| image = Euler Korrespondenz.pdf | |||
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| caption = Anzahl der Briefwechsel Eulers über die Jahre seines Lebens (diese Angaben stützen sich auf das chronologische Verzeichnis der ca. 3000 Briefe von und an Euler in der Opera omnia IV (Series Auqrta) A. 1. S. 513–554). Die ''gesamte'' Korrespondenz Eulers dürfte sich nach vorsichtiger Schätzung auf etwa das Doppelte belaufen.<ref name="Fellmann32">Emil A. Fellmann: ''Leonhard Euler: Essay über Leben und Werk''. In: ''Leonhard Euler 1707–1783: Beiträge zu Leben und Werk'', S. 32</ref> | |||
}} | |||
Legende in oberer Graphik:<ref name="Fellmann32" /><br /> | |||
A: 1738 erkrankte Euler schwer und verlor die Sehkraft seines rechten Auges.<br /> | |||
B: Im Januar 1745 wurde die Berliner Akademie eröffnet, und Euler, der sich seit 1741 in Berlin aufhielt, hatte als Direktor der Mathematischen Klasse viele administrative Arbeiten zu erledigen. Zudem erkrankte er in diesem Jahr ernsthaft.<br /> | |||
C: In die Jahre 1751/52 fällt die aufreibende Kontroverse Maupertuis’ mit J. S. Koenig, die den «Akademiestreit» zur Folge hatte.<br /> | |||
D: 1753 lässt sich Maupertuis beurlauben und reist nach Frankreich. Euler obliegt – inoffiziell zwar, aber de facto – die Leitung der Akademie.<br /> | |||
E: Der Siebenjährige Krieg (1756–1763) unterbindet – in der ersten Hälfte wenigstens – weitgehend den Postverkehr.<br /> | |||
F: Eulers Zerwürfnis mit Friedrich II., das schliesslich<br /> | |||
G: 1766 zur Abreise Eulers nach Petersburg führt.<br /> | |||
H: Euler hat sich neu einzurichten, stark behindert durch den sich verschlimmernden Star am linken Auge.<br /> | |||
J: 1771 gänzlicher Verlust der Sehkraft (vollständige [[Erblindung]]). | |||
== Rezeption == | |||
=== Zeitgenössisch === | |||
Eulers Ansehen und Einfluss galten schon zu seinen Lebzeiten als äusserst gross. Etwa zwei Jahrzehnte lang war er der «geistige Führer der gebildeten Kreise» im protestantischen Teil Deutschlands. Wichtige Dienste leistete er als «goldene Brücke zwischen zwei Akademien», wovon seine Korrespondenzen ein ebenso eindrückliches Zeugnis ablegen wie die Tatsache, dass während seiner Berliner Zeit 1741–1766 in den Petersburger Akten (den Zeitschriftenbünden der Akademie) 109 Publikationen aus seiner Feder stammten, gegenüber 119 in den ''Memoires'' der Preussischen Akademie. Insgesamt gewann Euler zwölf internationale Akademiepreise, die acht Preise seiner Söhne Johann Albrecht (7) und Karl (1), zu denen er entscheidende Beiträge leistete, nicht mitgerechnet. [[Ludwig XVI.]] schenkte ihm für seine ''zweite Schiffstheorie'' 1000 [[Rubel]], und Katharina II. bescherte ihn mit dem doppelten Betrag.<ref name="Fellmann33">Emil A. Fellmann: ''Leonhard Euler: Essay über Leben und Werk''. In: ''Leonhard Euler 1707–1783: Beiträge zu Leben und Werk'', S. 33</ref> | |||
Eulers erste [[Wissenschaftliches Werk Leonhard Eulers#Astronomie|Mondtheorie]] hatte eine nicht zu unterschätzende praktische Konsequenz: der Göttinger Astronom [[Tobias Mayer]] stellte 1755 nach Eulers Formeln [[Mondtafel]]n zusammen, die gestatteten, die Position des Erdtrabanten und damit die geographische Lange eines Schiffes auf hoher See mit einer damals in der [[Navigation]]slehre noch nie erreichten Exaktheit zu bestimmen. Das britische Parlament hatte 1714 einen beachtlichen Geldpreis für die Längenbestimmung auf hoher See unterhalb einer Fehlergrenze von einem halben Grad ausgesetzt. Dieser Preis wurde erstmals 1765 vergeben: die Witwe Mayers erhielt 3000 [[Britisches Pfund|Pfund]], und Euler für die den ''Mayerschen Tafeln'' zugrunde gelegte Theorie 300 Pfund. Diese Mondtafeln wurden in alle Navigationsalmanache aufgenommen und die Methode mehr als ein Jahrhundert lang in der Seefahrt genutzt.<ref>Emil A. Fellmann: ''Leonhard Euler: Essay über Leben und Werk''. In: ''Leonhard Euler 1707–1783: Beiträge zu Leben und Werk'', S. 71</ref> | |||
[[Pierre-Simon Laplace]] soll zu seinen Schülern gesagt haben: | |||
{{Zitat | |||
|Text=Lisez Euler, c’est notre maître à tous! | |||
|Sprache=fr | |||
|Autor=[[Pierre-Simon Laplace]] | |||
|Übersetzung=Lest Euler, er ist unser aller Meister! | |||
|ref=<ref>Dirk Jan Struik: ''Abriss der Geschichte der Mathematik.'' Springer, S. 139.</ref>}} | |||
=== Im 19. Jahrhundert === | |||
Eulers Bücher, die sich nach Emil Fellmann «durchweg durch höchstes Streben nach Klarheit und Einfachheit auszeichnen» und die «ersten eigentlichen Lehrbücher im modernen Sinne darstellen», etablierten Euler nicht nur «zum Lehrer Europas seiner Zeit», sondern bis tief ins 19. Jahrhundert hinein: die Werke [[Bernhard Riemann]]s trügen so beispielsweise «unverkennbare Eulersche Züge». [[Henri Poincaré]] berichtet, dass nach [[Theodore Strong]] «Euler der Gott der Mathematik sei, dessen Tod den Niedergang der mathematischen Wissenschaften markiere».<ref name="Fellmann33" /> | |||
Im Gegensatz dazu stiessen Eulers Lehren «zweier Materien», einer «groben» und einer «subtilen», auf welche alle Erscheinungen zurückzuführen seien, im 19. Jahrhundert auf Ablehnung. Entsprechend wurden sie in dieser Zeit nicht weiter verfolgt. Eulers Gedanken zu so einer [[Ontologischer Dualismus|Dualität]] wurden posthum in seiner ''Anleitung zur Naturlehre'' veröffentlicht. Dabei sei die «grobe Materie» für «diverse Stoffe» (deren genaue Untersuchung Euler der [[Chemie]] überliess) und die «subtile Materie» (ein [[Äther (Physik)|Äther]]) für [[Schwerkraft]], [[Elektrizität]], [[Magnetismus]] und [[Optik]] verantwortlich. Es gilt jedoch als möglich, dass Bernhard Riemann die ''Anleitung'' studierte und von ihr beeinflusst war.<ref>David Speiser: ''Eulers Schriften zur Optik, zur Elektrizität und zum Magnetismus''. In: ''Leonhard Euler 1707–1783: Beiträge zu Leben und Werk'', S. 226</ref> | |||
Die Schriften Eulers sollen einen ganz besonderen Einfluss auf [[Carl Gustav Jacobi]] gehabt haben, einen der bedeutendsten Mathematiker des 19. Jahrhunderts. Er sammelte Bücher Eulers, studierte diese voller Eifer, und bemerkte 1849 in einem Brief an seinen Bruder: | |||
{{Zitat | |||
|Text=Es ist wunderbar, dass man noch heute jede seiner Abhandlungen nicht bloß mit Belehrung, sondern mit Vergnügen liest. | |||
|Autor=[[Carl Gustav Jacobi]] | |||
|Quelle=1849 | |||
|ref=<ref>W. Ahrens: ''Briefwechsel zwischen C.G.J. Jacobi und M.H. Jacobi.'' Leipzig 1907.</ref>}} | |||
Vergeblich versuchte er, die 1783 und 1785 in Petersburg erschienenen beiden Bände ''Opuscula analytica'' Eulers zu erhalten. Als Eulers Urenkel Paul Heinrich von Fuss ihm die Bände aus Petersburg sandte, antwortete Jacobi ihm am 3. Mai 1841 in einem Brief: | |||
{{Zitat | |||
|Text=Ich sah sie [die beiden Bände] zuerst vor zwei Jahren bei Crelle und entdeckte gleich etwas, was Dirichlet und ich bisher für unser Eigenthum gehalten hatten; anderes, indem es alte Ideen von mir befruchtete, kann mich vielleicht zu einer interessanten Entdeckung führen. | |||
|Autor=[[Carl Gustav Jacobi]] | |||
|Quelle=1841 | |||
|ref=<ref name="Pieper98">Herbert Pieper: ''Der Euler des 19. Jahrhunderts: C.G. Jacob Jacobi'', Elemente der Mathematik, Swiss Mathematical Society, 2005, S. 98</ref>}} | |||
Die Eulerschen Schriften wurden für Jacobi eine «Fundgrube der Anregung» und seine Resultate und Methoden führten Jacobi zu neuen «scharfsinnigen Entdeckungen».<ref name="Pieper98" /> Dies bezieht sich vor allen Dingen auf das von Jacobi gefundene [[Jacobi-Tripelprodukt|Tripelprodukt]], welches er als das «wohl das wichtigste und fruchtbarste, was [er] in reiner Mathematik erfunden habe» bezeichnete.<ref>Herbert Pieper: ''Der Euler des 19. Jahrhunderts: C.G. Jacob Jacobi'', Elemente der Mathematik, Swiss Mathematical Society, 2005, S. 100</ref> Dieses ist eine direkte Verallgemeinerung des Eulerschen Pentagonalsatzes und zieht wichtige Konsequenzen für die Theorie der [[Thetafunktion]]en nach sich. | |||
[[Carl Friedrich Gauß]] lobte Eulers Arbeit und betonte ihren Wert für kommende Generationen von Mathematikern: | |||
{{Zitat | |||
|Text=Von keinem anderen Mathematiker älterer und neuerer Zeit kann man eine solche fast unbegreifliche Schnelligkeit in den schwierigsten Arbeiten bei einer solchen unerschöpflichen Fruchtbarkeit an neuen Ideen und Hilfsquellen rühmen. Alle Teile der Mathematik bearbeitete er, und die meisten erhielten unter seinen Händen eine ganz neue Gestalt. | |||
|Autor=Carl Friedrich Gauß | |||
|ref=<ref>K. R. Biermann: ''C.F. Gauß als Mathematik- und Astronomiehistoriker.'' Historia Math. 10 (1983), 422–434.</ref>}} | |||
=== Im | === Im 20. Jahrhundert bis heute === | ||
Aus Sicht der heutigen Wissenschaftshistorie wird Leonhard Euler einschlägig eine sehr bedeutende Rolle bezüglich Fortschritt von Mathematik und Technik eingeräumt. Bezüglich seiner nicht mitunter strengen Ausführung analytischer Techniken werden jedoch vereinzelt «logische Lücken» moniert. Insbesondere sein Umgang mit dem [[unendlich]] Grossen stiessen auf Kritik, obgleich ihm wegen der trotz allem vielen korrekten Endergebnisse öfters eine grosse «analytische Kraft» zugesprochen wird. | |||
[[Ronald Calinger]] ordnet das Phänomen Euler und seine Leistungen wie folgt in die Geschichte der Wissenschaft ein: In der Mathematik wurden mit Beginn der Aufklärung nur wenige grosse neue Errungenschaften oder grundlegende Innovationen erwartet. Das 17. Jahrhundert – als die meisten Fachleute auf diesem Gebiet aus der [[Aristokratie]] kamen oder Positionen in Medizin, Recht oder Religion innehatten – galt als ein «goldenes Zeitalter» der Mathematik. Mitte des Jahrhunderts hatten [[René Descartes]] und [[Pierre de Fermat]] unabhängig das geschaffen, was heute als [[analytische Geometrie]] bezeichnet wird. Diese Periode gipfelte in den Anfängen der Differentialrechnung in der ''Method of fluxions'' von [[Isaac Newton|Newton]] und dem Werk von [[Gottfried Wilhelm Leibniz]]. Viele gingen nun davon aus, dass es nur noch wenig von allgemeiner Bedeutung zu verfolgen gäbe. Doch andere Gelehrte erwarteten stattdessen eine «fruchtbare Ära» nicht nur in der Analysis, einschliesslich der Schaffung ihrer Kernzweige, sondern auch in der gesamten Mathematik – sowohl in Theorie als auch in Anwendung. Vor allem die umfangreichen Forschungen und Schriften Leonhard Eulers sollten sicherstellen, dass all dies geschehen würde. | |||
Euler | |||
Angetrieben von «enormer Energie», einer «Leidenschaft für die Mathematik» und die exakten Wissenschaften, einem «Engagement» für den Aufbau einer «starken institutionellen Basis» für diese Felder, und einer «beharrlichen Verteidigung» des [[Reformation|reformierten Christentums]], verfolgte Euler seit seiner Zeit in Basel mit Ausnahme einiger schwerer Fieberschübe «fleißig» ein «immenses Forschungs-, Rechen- und Schreibprogramm» in reiner und angewandter Mathematik und verwandten Feldern. Allein im Kalkül der Differentialrechnung lieferte er Hunderte von Entdeckungen und Beweisen, zusammen mit vielen «furchtlosen» Berechnungen zur Vereinfachung und Verdeutlichung von Techniken für [[Differentialrechnung]], [[Reihe (Mathematik)|unendlichen Reihen]] und [[Integralrechnung]]. Er war der Haupterfinder der Kernzweige von [[Differentialgleichung]]en in einer semi-geometrischen analytischen Form und (zusammen mit Lagrange) später der analytischen [[Variationsrechnung]]. In Hunderten von Artikeln und einer Analysis-Trilogie, beginnend mit der zweibändigen ''Introductio in analysin infinitorum'' (Einführung in die Analyse des Unendlichen, E101 und E102, 1748), legte Euler Grundlagen: diese wurden von ihm «methodisch arrangiert», «ausgearbeitet» und «als Kalkül vermittelt». Er legte damit den Grundstein für das anfängliche Programm für die Entwicklung der [[Infinitesimalrechnung]]. Als ein primäres Ergebnis seiner Studien verdrängte die Analysis die [[euklidische Geometrie]] von ihrer zwei Jahrtausende währenden Vorherrschaft in der Mathematik und war das Vorbild für die Vernunft im ''esprit géométrique'' der Epoche. In der reinen Mathematik tat Euler mehr: er leistete «wesentliche Fortschritte» in [[Zahlentheorie]], [[Algebra]], [[Kombinatorik]], [[Graphentheorie]], [[Wahrscheinlichkeitsrechnung]], [[Topologie (Mathematik)|Topologie]] und [[Geometrie]], wie auch Pionierarbeit der [[Differentialgeometrie]] von Oberflächen. Auch in den exakten Wissenschaften der Mechanik, Optik und Astronomie war Euler «tief verwurzelt» und leistete Beiträge zur angewandten Mathematik, die in ihrer Kombination von Umfang und Tiefe «ihresgleichen suchten».<ref>Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler: Mathematical Genius in the Enlightenment.'' Princeton University Press, 2016, S. 1–2</ref> | |||
==== Eulers Analysis aus heutiger Sicht ==== | |||
Nach Einschätzung von [[Alexander Ossipowitsch Gelfond|Alexander Gelfond]] war für Leonhard Euler die Mathematik «unzertrennlich mit ihren Anwendungen verbunden». Bei der Suche nach einem Algorithmus zur Lösung von Aufgaben hätten «an erster Stelle Methoden, die mit bequemsten, praktischen und einfachsten Operationen zum Ziel führten» gestanden. Euler habe in der Mathematik ein «mächtiges Hilfsmittel», das zum Aufsuchen von Lösungsalgorithmen «unumgänglich» ist, gesehen. Dies hätte stets im Vordergrund gestanden und habe «die algebraische und konstruktive Färbung» der Methoden die Euler in die Analysis einführte, bestimmt. | |||
=== | Bezüglich des Begriffs des [[Unendlich]]en führe Euler «statt irgendwelchen exakten Definitionen lange philosophische Erläuterungen» durch, die «das Wesen der Frage nicht erhellen». Er mache jedoch im Umgang mit unendlich wachsenden oder abnehmenden Grössen «keine Fehler», weil er stets die «Schnelligkeit des Anwachsens oder Abnehmens» dieser Grössen beachtet, wenn sie ihm z. B. in Form von Verhältnissen begegnen. An verschiedenen Stellen spreche «er auch über das Unendliche unendlich großer Ordnung im Vergleich zu einem andern Unendlich». So sage er beispielsweise in der Arbeit ''De summa seriei ex numeris primis formatae'', dass «das Unendliche, das durch die Reihe | ||
:<math> \sum_{p \, \mathrm{Primzahl}} \frac1p = \infty</math> | |||
entsteht der Logarithmus desjenigen Unendlichen ist, das durch die harmonische Reihe | |||
:<math> \sum_{n=1}^\infty \frac1n = \infty </math> | |||
repräsentiert wird». Somit sei «die zweite Unendlichkeit von unendlich höherer Ordnung als die erstere». Aufkommende Probleme mit fehlender Konvergenz (etwa bei Werten der Riemannschen Zeta-Funktion an negativen Stellen) habe er stets «umgangen», indem er unter anderem «die sogenannte [[Abelsche partielle Summation|Abelsche Summationsmethode]] verwendet» und somit «um ein Jahrhundert vorweggenommen» habe.<ref>Aleksander O. Gelfond: ''Über einige charakteristische Züge in den Ideen L. Eulers auf dem Gebiet der mathematischen Analysis und seiner Einführung in die Analysis des Unendlichen'' In: ''Leonhard Euler 1707–1783: Beiträge zu Leben und Werk'', S. 100–101</ref> [[Detlef Laugwitz]] bemerkt in diesem Kontext die Gewohnheit Eulers, Gleichheiten wie | |||
:<math> \sum_{k=1}^{\Omega} \frac{\xi^k}{k!} = \left( 1 + \frac{\xi}{\Omega}\right)^\Omega </math> | |||
oder auch | |||
:<math> \sum_{n=1}^\Omega \frac{1}{n} = \log(\Omega + 1) + C </math> | |||
verwendet zu haben (wobei hier <math> \Omega</math> «größer als jede endliche Zahl ist»), was «zu mancher Kritik Anlass gegeben» habe.<ref>Detlef Laugwitz: ''Die Nichtstandard-Analysis: Ideen und Methoden von Leibniz und Euler''. In: ''Leonhard Euler 1707–1783: Beiträge zu Leben und Werk'', S. 187–188</ref> [[Emil Fellmann]] verweist wegen Eulers Schwächen bezüglich des Umgangs mit dem Unendlichen auf das Fehlen einer axiomatischen Einführung der [[Reelle Zahl|reellen Zahlen]]: | |||
{{Zitat | |||
|Text=Gewiss hat man oftmals – fast immer zu Unrecht – auf vermeintlich eindeutige Schwächen im Werk Eulers hingewiesen, hauptsächlich auf das angeblich unzulässige Umspringen mit dem Begriff des Unendlichen, sei es im Grossen (Reihentheorie) wie auch im Kleinen. Um Konvergenz- und Stetigkeitskriterien im modernen Sinne wie auch um die logisch exakte und geschlossene Fundierung der Analysis im Sinne der ''ars demonstrandi'' eines Cauchy, Bolzano oder Weierstrass konnte er sich gar nicht kümmern, da ein (im heutigen Sinne) strenger Beweis etwa fur das [[Cauchy-Kriterium|Cauchysche Konvergenzkriterium]] erst nach einer Definition der reellen Zahlen – also frühestens 1870 – ermöglicht wurde. Euler verliess sich – nur vereinzelt erfolglos – auf seine erstaunliche Instinktsicherheit und algorithmische Kraft. | |||
|Autor=Emil Fellmann | |||
|ref=<ref>Emil A. Fellmann: ''Leonhard Euler: Essay über Leben und Werk''. In: ''Leonhard Euler 1707–1783: Beiträge zu Leben und Werk'', S. 34.</ref>}} | |||
[[Thomas Sonar]] hebt in besonderer Weise die Bedeutung der Eulerschen «Nullenrechnung» als grosse Leistung hervor. Diese sei von Euler «zur höchsten Perfektion» gebracht worden. Dabei bezieht sich Sonar unter anderem auf Leibnizsche Beiträge zur Bewegungslehre, in der von «Rudimenten und Anfängen von Linien und Figuren» die Rede ist, welche «kleiner als jede angebbare Größe» sind.<ref>Thomas Sonar: ''3000 Jahre Analysis''. Springer, S. 415.</ref> Auf «virtuose» Weise gelänge es Euler mit diesem Werkzeug, als richtig bekannte unendliche Reihen für die Exponentialfunktion und den Logarithmus, aber auch Ableitungen wie | |||
:<math> \mathrm{d}(\log(x)) = \frac{\mathrm{d}x}{x}</math> | |||
herzuleiten.<ref>Thomas Sonar: ''3000 Jahre Analysis''. Springer, S. 462–464.</ref> | |||
==== Einschätzung der Arbeitsweise und Produktivität ==== | |||
[[ | Der Wissenschaftshistoriker [[Emil Fellmann]] nennt bezüglich des Phänomens der Produktivität und Arbeitsweise Eulers drei Schlüsselkomponenten. Erstens hätte Euler «die Gabe eines wohl einmaligen [[Gedächtnis]]ses» besessen. Was Euler je gehört, gesehen oder geschrieben hatte, scheint sich «ihm für immer fest eingeprägt» zu haben. Davon gebe es «unzählige zeitgenössische Zeugnisse». Noch in hohem Alter solI er beispielsweise «seine Familienangehörigen, Freunde und Gesellschaften mit der wortgetreuen Rezitation jedes beliebigen Gesanges aus ''Vergils Aeneis'' entzückt haben, und Protokolle der Akademiesitzungen kannte er nach Jahrzehnten noch auswendig – von seinem Gedächtnis für mathematische Belange ganz zu schweigen». Als zweiten Punkt hebt Fellmann Eulers «seltene Konzentrationsfähigkeit» hervor. Lärm und Betrieb in seiner unmittelbaren Umgebung hätten ihn «kaum in seiner Gedankenarbeit gestört». Das Zitat: «Ein Kind auf den Knien, eine Katze auf dem Rücken, so schrieb er seine unsterblichen Werke» soll von [[Dieudonné Thiébault]] überliefert sein. Der dritte Schlüssel bestehe «ganz einfach in steter, ruhiger Arbeit».<ref>Emil A. Fellmann: ''Leonhard Euler: Essay über Leben und Werk''. In: ''Leonhard Euler 1707–1783: Beiträge zu Leben und Werk'', S. 31</ref> | ||
== Ehrungen == | == Ehrungen == | ||
[[Datei:Gedenktafel für Leonhard Euler (1707–1783), Dorfkirche Sankt Martin. Riehen, Schweiz.jpg|alt=Gedenktafel für Leonhard Euler (1707–1783), Dorfkirche Sankt Martin. Riehen, Schweiz|mini|Gedenktafel, Dorfkirche St. Martin, [[Riehen]], mit Aufschrift: ''Leonhard Euler (1707–1783): Mathematiker, Physiker, Ingenieur, Astronom und Philosoph, verbrachte in Riehen seine Jugendjahre. Er war ein grosser Gelehrter und ein gütiger Mensch.'']] | |||
=== Namensgeber für Preise und Auszeichnungen === | |||
Nach Leonhard Euler sind mehrere Mathematikpreise benannt. So wird seit 1991 von der Russischen Akademie der Wissenschaften die [[Leonhard-Euler-Goldmedaille]] für besonders herausragende Leistungen in den Bereichen Mathematik und Physik verliehen. Für besondere Leistungen im Bereich [[Kombinatorik]] verleiht das [[Institute of Combinatorics and its Applications]] seit 1993 jährlich die sog. [[Euler-Medaille]]. | |||
Ebenfalls nach Leonhard Euler benannt ist der [[Euler Book Prize]], der jährlich von der [[Mathematical Association of America]] für «ein hervorragendes Buch über Mathematik» vergeben wird.<ref>[https://www.maa.org/programs-and-communities/member-communities/maa-awards/writing-awards/euler-book-prize ''Euler Book Prize''], Mathematical Association of America, abgerufen am 29. Februar 2020</ref> | |||
=== Ausstellungen, Kolloquien und Vorträge === | |||
Zu seinem 200. Todesjahr 1983 veranstaltete die [[Technische Universität Berlin]] ein ''Euler-Kolloquium'', in welchem unter anderem [[Emil Fellmann]], [[Erhard Heinz]], [[Olli Lehto]] und [[Kurt Strebel]] Vorträge hielten.<ref>Eberhard Knobloch: ''Zum Werk Leonhard Eulers: Vorträge des Euler-Kolloquiums im Mai 1983 in Berlin'', Birkhäuser, 1984, S. XI</ref> | |||
Anlässlich seines 300. Geburtstages widmete das [[Landesmuseum Braunschweig]] Leonhard Euler eine Ausstellung und Vortragsreihe. Dabei ging es «in der Erforschung, Darstellung und Vermittlung von wissenschaftsgeschichtlichen Fragestellungen um Kooperation unterschiedlicher Fachrichtungen, für die sich das «Projekt Euler» in hervorragender Weise angeboten habe.»<ref>Gerd Biegel, Angela Klein und Thomas Sonar (Hg.): ''Leonhard Euler 1707–1783. Mathematiker – Mechaniker – Physiker'', Disquisitiones Historiae Scientiarum. Braunschweiger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte Bd. 3. Braunschweigisches Landesmuseum. Braunschweig 2008, S. 9</ref> Ferner heisst es im Ausstellungsbericht: | |||
{{Zitat | |||
|Text=Euler war nicht nur herausragender Wissenschaftler mit internationaler Bedeutung, sondern darüber hinaus auch eine Persönlichkeit, die bereits im 18. Jahrhundert ein mit den Wissenschaftszentren Europas eng verbundenes Leben führte. | |||
|Autor=Gerd Biegel et al. | |||
|ref=<ref>Gerd Biegel, Angela Klein, Menso Folkerts, Karin Reich und Thomas Sonar: [https://www.degruyter.com/downloadpdf/j/dmvm.2007.15.issue-1/dmvm-2007-0022/dmvm-2007-0022.pdf ''Euler-Ausstellung in Braunschweig''], Mitteilungen der Deutschen Mathematiker-Vereinigung</ref>}} | |||
Andere Ausstellungen veranstalteten u. a. die [[Universität Basel]]<ref>[https://www.euler-2007.ch/ausstell.htm ''Ausstellung zu Eulers Leben und Werk'']. Abgerufen am 29. Februar 2020</ref> und die [[Universität Würzburg]].<ref>[http://www.history.didaktik.mathematik.uni-wuerzburg.de/ausstell/euler/index.html ''Ausstellung zum 300. Geburtstag von Leonhard Euler'']. Abgerufen am 29. Februar 2020</ref> | |||
=== Populärwissenschaftlich === | |||
Die [[Eulersche Identität]] in der Form <math> \mathrm{e}^{\mathrm{i}\pi} + 1 = 0 </math> wurde vom Nobelpreisträger [[Richard P. Feynman]] als «die bemerkenswerteste Formel in der Mathematik» bezeichnet wegen ihrer genau einmaligen Verwendung von [[Addition]], [[Multiplikation]], [[Potenz (Mathematik)|Potenz]] und [[Gleichheit]] sowie der einmaligen Verwendung der wichtigen Konstanten 0, 1, ''e'', ''i'' und π.<ref>Richard Feynman: ''Chapter 22: Algebra''. The Feynman Lectures on Physics, 1970. I. S. 10.</ref> 1988 wählten die Leser des [[Mathematical Intelligencer]] sie (in der Form <math> \mathrm{e}^{\mathrm{i}\pi} = -1</math>) zur «schönsten mathematischen Formel aller Zeiten». Insgesamt war Euler für drei der fünf besten Formeln dieser Umfrage verantwortlich: gleich auf Platz zwei rangierte der [[Polyedersatz]] und auf Platz fünf das [[Basler Problem]]<ref>David Wells: ''Are these the most beautiful?'' Mathematical Intelligencer. 12 (3), 1990: 37–41. [[doi:10.1007/BF03024015]]</ref> | |||
:<math> 1 + \frac{1}{2^2} + \frac{1}{3^2} + \frac{1}{4^2} + \cdots = \frac{\pi^2}{6}.</math> | |||
Euler ist Namensgeber des sog. [[Project Euler]], einer Website, auf der eine Reihe von Problemen gestellt sind, welche zumeist mittels mathematischer Programmierung gelöst werden müssen. Ziel des Projektes ist es interessierte Menschen dabei zu unterstützen, spielerisch Programmierkenntnisse zu vertiefen oder bereits gelerntes aufzufrischen. | |||
Die ''Euler-Scheibe'' (englisch ''Euler’s Disc'') ist ein physikalisches Spielzeug für die Demonstration der Energiedissipation einer rotierenden Scheibe. Die Scheibe wurde etwa 1987 von Joe Bendik erfunden, die dieser nach Leonhard Euler benannte, weil Euler sich bereits mit mathematischen Aspekten dieses physikalischen Problems beschäftigt hatte.<ref>''[https://www.experimentis.de/physikalisches_spielzeug/eulers-disk/ Euler’s Disc]'' bei ''Experimentis.de.'' Abgerufen am 2. November 2017.</ref> | |||
Leonhard Euler hatte | |||
== Leonhard Euler | === Leonhard-Euler-Teleskop === | ||
{{Hauptartikel|Leonhard-Euler-Teleskop}} | |||
Ebenfalls nach Euler benannt ist das Leonhard-Euler-Teleskop, ein [[Spiegelteleskop]] mit 1,2-m-Apertur der Sternwarte Genf am La-Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte. | |||
=== Leonhard Euler als Namensgeber === | |||
Von Leonhard Euler entwickelte Methoden oder Ideen, die seinen Namen tragen, sind: | Von Leonhard Euler entwickelte Methoden oder Ideen, die seinen Namen tragen, sind: | ||
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* Euler-Bernoulli-Gleichung, Differentialgleichung vierter Ordnung, die der [[Balkentheorie|Kontinuumsmechanik des Balkens]] zugrunde liegt, siehe [[Biegelinie]] (Bestandteil der Euler-Bernoulli-Balkentheorie) | * Euler-Bernoulli-Gleichung, Differentialgleichung vierter Ordnung, die der [[Balkentheorie|Kontinuumsmechanik des Balkens]] zugrunde liegt, siehe [[Biegelinie]] (Bestandteil der Euler-Bernoulli-Balkentheorie) | ||
* [[Eulersche Differentialgleichung]], lineare gewöhnliche Differentialgleichung beliebiger Ordnung | * [[Eulersche Differentialgleichung]], lineare gewöhnliche Differentialgleichung beliebiger Ordnung | ||
* [[ | * [[Euler-Gleichungen (Strömungsmechanik)|Eulersche Gleichungen der Strömungsmechanik]], Grundgleichungen zur Dynamik idealer (reibungsfreier) [[Flüssigkeit]]en | ||
* [[Eulersche Gleichungen (Kreiseltheorie)|Eulersche Kreiselgleichungen]] | * [[Eulersche Gleichungen (Kreiseltheorie)|Eulersche Kreiselgleichungen]] | ||
* [[Euler-Lagrange-Gleichung]] | * [[Euler-Lagrange-Gleichung]] | ||
* [[Euler-Lotka-Gleichung]] | |||
Formeln: | Formeln: | ||
* [[Euler-Eytelwein-Formel]], Formel für [[Seilhaftung]] | * [[Euler-Eytelwein-Formel]], Formel für [[Seilhaftung]] | ||
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* [[Euler-Maclaurin-Formel]] | * [[Euler-Maclaurin-Formel]] | ||
* [[Euler-Rodrigues-Formel]] | * [[Euler-Rodrigues-Formel]] | ||
Theoreme: | * [[Eulersche Reihe]] | ||
* [[Euler-Produkt]] | |||
Sätze und Theoreme: | |||
* [[Euler-Theorem]], Theorem in den Wirtschaftswissenschaften | * [[Euler-Theorem]], Theorem in den Wirtschaftswissenschaften | ||
* [[Satz von Euler]] | * [[Satz von Euler]]-Fermat (Zahlentheorie) | ||
Konstanten und Zahlenfolgen: | |||
* [[Euler-Mascheroni-Konstante]] <math>\gamma = 0{,}5772\dots</math>, auch ''Eulersche Konstante'' genannt | * [[Euler-Mascheroni-Konstante]] <math>\gamma = 0{,}5772\dots</math>, auch ''Eulersche Konstante'' genannt | ||
* [[Eulersche Zahl]] <math>e = \exp(1) = 2{,}71828\dots</math> | * [[Eulersche Zahl]] <math>e = \exp(1) = 2{,}71828\dots</math> | ||
* [[Eulersche Zahlen]], verwandt mit den [[Bernoulli-Zahlen]], treten als Taylor-Koeffizienten der [[Sekans | * [[Eulersche Zahlen]], verwandt mit den [[Bernoulli-Zahlen]], treten als Taylor-Koeffizienten der [[Sekans hyperbolicus und Kosekans hyperbolicus|Sekans-hyperbolicus-Funktion]] auf | ||
* [[Euler-Zahlen]] bilden das dem [[Pascalsches Dreieck|Pascalschen Dreieck]] ähnliche Euler-Dreieck in der Kombinatorik | * [[Euler-Zahlen]] bilden das dem [[Pascalsches Dreieck|Pascalschen Dreieck]] ähnliche Euler-Dreieck in der Kombinatorik | ||
* [[Euler-Zahl]] ist eine dimensionslose Kennzahl in der Strömungsmechanik | * [[Euler-Zahl]] ist eine dimensionslose Kennzahl in der Strömungsmechanik | ||
* [[Eulersche Pseudoprimzahl]] | * [[Eulersche Pseudoprimzahl]] | ||
Vermutungen: | |||
* [[Eulersche Vermutung]], Vermutung der Zahlentheorie und Verallgemeinerung der [[Fermatsche Vermutung|fermatschen Vermutung]] | * [[Eulersche Vermutung]], Vermutung der Zahlentheorie und Verallgemeinerung der [[Fermatsche Vermutung|fermatschen Vermutung]] | ||
Funktionen und (mathematische) Verfahren: | |||
Funktionen und | |||
* Eulersches Integral erster und zweiter Gattung ([[Eulersche Betafunktion]] und [[Gammafunktion]]) | * Eulersches Integral erster und zweiter Gattung ([[Eulersche Betafunktion]] und [[Gammafunktion]]) | ||
* [[Euler-Maruyama-Verfahren]] zur Lösung von [[Stochastische Differentialgleichung|stochastischen Differentialgleichungen]] | * [[Euler-Maruyama-Verfahren]] zur Lösung von [[Stochastische Differentialgleichung|stochastischen Differentialgleichungen]] | ||
* [[Eulersches Polygonzugverfahren | * [[Eulersches Polygonzugverfahren]] (Integrationsverfahren für Differenzialgleichungen) | ||
* [[Eulersche Phi-Funktion]] <math>\varphi(m)</math> = Anzahl der zu <math>m</math> teilerfremden ganzen Zahlen <math>a</math> mit <math>0 < a \leq m</math> | * [[Eulersche Phi-Funktion]] <math>\varphi(m)</math> = Anzahl der zu <math>m</math> teilerfremden ganzen Zahlen <math>a</math> mit <math>0 < a \leq m</math> | ||
* [[Eulersche Reihentransformation]] | * [[Eulersche Reihentransformation]] | ||
* Manchmal als Euler-Funktion bezeichnet wird das Euler-Produkt in der Theorie der [[Partitionsfunktion]] (siehe auch [[Pochhammer-Symbol]]). | * Manchmal als Euler-Funktion bezeichnet wird das Euler-Produkt in der Theorie der [[Partitionsfunktion]] (siehe auch [[Pochhammer-Symbol]]). | ||
Geometrie: | * [[Eulersches Kriterium]] zur Berechnung des Legendre-Symbols | ||
* [[Eulersche Substitution]] in der [[Integralrechnung]] | |||
Geometrie und Topologie: | |||
* [[Eulersche Gerade]]: die [[Verbindungsgerade]] von Schwerpunkt, [[Höhenschnittpunkt]] und Umkreismittelpunkt eines [[Dreieck]]s | * [[Eulersche Gerade]]: die [[Verbindungsgerade]] von Schwerpunkt, [[Höhenschnittpunkt]] und Umkreismittelpunkt eines [[Dreieck]]s | ||
* [[Satz von Euler (Geometrie)]] | * [[Satz von Euler (Geometrie)]] | ||
* [[Satz von Euler (Vierecksgeometrie)]] | * [[Satz von Euler (Vierecksgeometrie)]] | ||
* [[Eulersches Dreieck]], eine besondere Form des [[Kugeldreieck]]s | * [[Eulersches Dreieck]], eine besondere Form des [[Kugeldreieck]]s | ||
* [[ | * [[Euler-Ziegel]], ein Quader mit ganzzahligen Längen der Kanten und Flächendiagonalen | ||
* [[Eulerscher Polyedersatz]] | * [[Eulerscher Polyedersatz]] | ||
* [[Eulersche Winkel]] | * [[Eulersche Winkel]] | ||
* [[Euler-Charakteristik]], in der [[Topologie (Mathematik)|Topologie]] eine Kennzahl für geschlossene Flächen | * [[Euler-Charakteristik]], in der [[Topologie (Mathematik)|Topologie]] eine Kennzahl für geschlossene Flächen | ||
* [[Euler-Wiege]], eine kardanische Aufhängung, die in allen drei [[Eulersche Winkel|Eulerschen Winkeln]] drehbar ist | |||
* [[Euler-Klasse]] | |||
Graphentheorie: | |||
* [[Euler-Hierholzer-Satz]] | * [[Euler-Hierholzer-Satz]] | ||
* [[Eulerkreisproblem|Eulersche Linie]] (auch «Eulertour» oder «Eulerkreis»), ein Kantenzug, der jede Kante eines Graphen enthält | |||
Musiktheorie: | |||
* [[Eulersches Tonnetz]], Darstellung des Tonumfanges der reinen Stimmung in einem zweidimensionalen Gitternetz aus reinen Quint- und Terzintervallen | |||
Physik und Mechanik: | |||
* Euler-Bernoulli-Balkentheorie, siehe [[Bernoullische Annahmen]] | |||
* [[Eulersche Knickfälle]] | * [[Eulersche Knickfälle]] | ||
* [[Eulersche Turbinengleichung]] als Grundlage für die [[Kraftmaschine]] der modernen [[Stromerzeugung]] | |||
* [[Eulersche Last]] in der [[Balkentheorie]] die minimale axiale Last, die nötig ist, um eine Verbiegung zu bewirken | * [[Eulersche Last]] in der [[Balkentheorie]] die minimale axiale Last, die nötig ist, um eine Verbiegung zu bewirken | ||
* [[Euler-Kreisel]] | |||
* [[Eulerkraft]] | |||
* [[Euler- | |||
* | |||
* [[Euler-Wind]] | * [[Euler-Wind]] | ||
Weiterhin sind zu seinen Ehren ein [[Mondkrater]] (der [[Euler (Mondkrater)|Krater Euler]]) und der [[Asteroid]] [[(2002) Euler]] benannt. Auch | === Sonstige Ehrungen und Widmungen === | ||
[[Datei:Gedenktafel Behrenstr 21-22 Leonhard Euler.JPG|mini|Gedenktafel am Haus Behrenstraße 21/22 in [[Berlin-Mitte]] mit Aufschrift: ''Hier wohnte von 1743 bis 1766 der Mathematiker Leonhard Euler (* 15.IV.1707; † 18.IX.1783) Seinem Andenken die Stadt Berlin 1907'']] | |||
[[Datei:Euler-(krater).jpg|mini|Nach Leonhard Euler ist der Krater ''Euler'' auf dem Mond benannt.]] | |||
Die [[Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika]] erinnert mit einem Gedenktag am 24. Mai an Leonhard Euler, gemeinsam mit [[Nikolaus Kopernikus]].<ref>[http://www.heiligenlexikon.de/KalenderMai/24.htm 24. Mai im Ökumenischen Heiligenlexikon.] Online auf: ''Heiligenlexikon.de.'' Abgerufen am 24. Dezember 2016.</ref> | |||
In Basel wurde 1875 zu Ehren von Leonhard Euler beim Eingang des [[Bernoullianum]]s eine Büste aufgestellt.<ref>[[Gustaf Adolf Wanner]]: ''Rund um Basels Denkmäler.'' Basel 1975, S. 40 ff.</ref> Auf einer Texttafel wird darauf hingewiesen, dass das Bernoullianum in den Jahren 1872–1874 von [[Johann Jakob Stehlin der Jüngere]] (1826–1894) zur 400-Jahrfeier der Universität für die Naturwissenschaftlichen Disziplinen auf dem Areal des 1530 errichteten Wasenbollwerks erbaut wurde.<ref>[http://www.w-volk.de/museum/bust08.htm ''Zeugnisse zu Mathematikern'']: Büsten von Daniel, Jakob und Johann Bernoulli sowie Leonhard Euler im Bernoullianum in Basel (Schweiz), abgerufen am 16. Mai 2020</ref> | |||
An seine Tätigkeit und sein damaliges Wohnhaus in Berlin erinnert eine Gedenktafel an der [[Behrenstraße#Behrenstraße 21–39|Behrenstraße 21/22]], dem heutigen Haus der Bayerischen Vertretung in Berlin, die 1907 angebracht wurde. | |||
Seit 1976 zeigte die Vorderseite der [[Schweizer Franken#Sechste Serie von 1976|10-Schweizer-Franken]]-Banknote das Porträt Eulers. Das Motiv den Scheins auf der Rückseite zeigte eine [[Wasserturbine]] (eine solche mit hohem Wirkungsgrad wurde von Euler erstmals konstruiert), unser [[Sonnensystem]] und der [[Strahlengang]] in einem [[Linsensystem]]. In der in den 1980er-Jahren entworfene ''Reserveserie'' (sog. Geheimreserve, die im Falle massenhafter Fälschungen im Umlauf gekommen wäre), war Leonhard Euler ebenfalls auf dem 10 Franken Schein abgebildet. Allerdings änderte sich sowohl Porträt als auch Motiv. Auf dem Reserveschein sind die [[Gammafunktion]], das Sonnensystem und im Hintergrund eine Zahlentabelle abgebildet. | |||
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Euler-10 Swiss Franc banknote (front).jpg|[[Schweizer Franken#Sechste Serie von 1976|10-Schweizer-Franken]]-[[Banknote|Note]] von 1976 bis 1995 | |||
CHF10 6 back horizontal.png|Gegenstände des Eulerschen Schaffens: Wasserturbine, Sonnensystem, Linsensystem | |||
CHF10 7 front horizontal.jpg|[[Schweizer Franken#Sechste Serie von 1984|10-Schweizer-Franken]]-[[Banknote|Note]] (Reserveserie ab 1984) | |||
CHF10 7 back horizontal.jpg|Auf dem Reserveschein änderte sich das Motiv: andere Gegenstände von Eulers Forschung wurden abgebildet | |||
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Weiterhin sind zu seinen Ehren ein [[Mondkrater]] (der [[Euler (Mondkrater)|Krater Euler]]) und der [[Asteroid]] [[(2002) Euler]] benannt. Letzteres geschah im Jahr 2002 in Anerkennung «seiner Beiträge zur Mathematik und den Wissenschaften».<ref>Ronald S Calinger, Ekaterina (Katya) Denisova, Elena N Polyakhova: ''Leonhard Euler’s Letters to a German Princess'', IOP Concise Physics, Morgan and Claypool Publishers, 2019, S. 3–25</ref> | |||
Das [[Leonhard-Euler-Teleskop]] ist ein [[Spiegelteleskop]] der [[Sternwarte Genf]] am [[La-Silla-Observatorium]] der [[Europäische Südsternwarte|Europäischen Südsternwarte]] in [[Chile]].<ref name="kuleuven">[http://www.eso.org/public/austria/teles-instr/lasilla/swiss/ Swiss 1.2-metre Leonhard Euler Telescope] In: ''ster.kuleuven.be''</ref><ref name="phot-13c-00">[http://www.eso.org/public/austria/teles-instr/lasilla/swiss/ Swiss 1.2-metre Leonhard Euler Telescope] In: ''eso.org''</ref> | |||
Auch eine Software für numerische und symbolische Berechnungen ([[Euler (Software)|Euler Math Toolbox]]) trägt seinen Namen. Die Pflanzengattung ''[[Euleria]]'' {{Person|Urb.}} aus der Familie der [[Sumachgewächse]] (Anacardiaceae) wurde 1925 nach ihm benannt.<ref>Lotte Burkhardt: ''Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen''. Erweiterte Edition. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin Berlin 2018. [https://www.bgbm.org/de/other-publications/verzeichnis-eponymischer-pflanzennamen-erweiterte-edition bgbm.org]</ref> | |||
Leonhard Euler wurde mehrfach auf Briefmarken geehrt: in der Schweiz 1957 und 2007,<ref>[https://www.euler-2007.ch/bilder.htm Leonhard Eulers 300. Geburtstag – Basel 2007]. Abgerufen am 20. Februar 2020</ref> in der DDR 1950, 1957 und 1983 und in der Sowjetunion 1983. 2007 wurde in Russland eine Gedenkmünze zu Ehren Eulers herausgegeben. | |||
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DDR-Briefmarke Akademie 1950 1 Pf.JPG|Briefmarke DDR 1950 | |||
Stamps of Germany (DDR) 1957, MiNr 0575.jpg|Briefmarke DDR anlässlich des 250. Geburtstages (1957) | |||
Euler-USSR-1957-stamp.jpg|Briefmarke Sowjetunion anlässlich des 250. Geburtstages (1957) | |||
Euler GDR stamp.jpg|DDR-Briefmarke anlässlich des 200. Todestages (1983) | |||
RR5110-0079R.gif|Silbermünze Russland 2007 mit der Lösung des ''Basler Problems'' | |||
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Unter anderem in Basel und Berlin wurden Strassen nach Leonhard Euler benannt.<ref>[https://euler.bbaw.de/euleriana/ansicht.php?dokument=147 ''Euleriana''], berlin-brandenburgische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 19. Februar 2020</ref> | |||
== Schriften == | |||
=== Publikationen (Auswahl) === | |||
* ''Mechanica sive motus scientia analytice exposita.'' 2 Bände, 1736 ([http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E015.html E015], [http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E016.html E016]). | |||
* ''[[Tentamen novae theoriae musicae]].'' 1739 ([http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E033.html E033]). | |||
* ''Einleitung zur Rechen-Kunst zum Gebrauch des Gymnasii bey der Kayserlichen Academie der Wissenschafften in St. Petersburg.'' 2 Bände, Academische Buchdruckerey, Sankt Petersburg; Band 1 1738, Band 2 1740. ({{DTAW|euler_rechenkunst01_1738}} Band 1, {{DTAW|euler_rechenkunst02_1740}} Band 2). | |||
* ''Solutio problematis ad geometriam situs pertinentis.'' 1741 ([http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E053.html E053]). | |||
* ''Methodus inveniendi lineas curvas maximi minimive proprietate gaudentes sive solutio problematis isoperimetrici latissimo sensu accepti.'' 1744 ([http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E065.html E065]). | |||
* ''Introductio in analysin infinitorum.'' 2 Bände, 1748 ([http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E101.html E101], [http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E102.html E102]). | |||
* ''Découverte d’un nouveau principe de Mécanique.'' In: ''Mémoires de l'académie des sciences de Berlin.'' Band 6, 1752, S. 185–217 ([http://www.math.dartmouth.edu/~euler/pages/E177.html E177]). | |||
* ''Institutiones calculi differentialis.'' 2 Bände, 1755 ([http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E212.html E212]). | |||
* ''Theoria motus corporum solidorum seu rigidorum.'' 1765 ([http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E289.html E289]). | |||
* ''Lettres à une princesse d’Allemagne.'' 3 Bände, 1768 ([http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E343.html E343], [http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E344.html E344], [http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E417.html E417]). | |||
* ''Institutiones calculi integralis.'' 3 Bände, 1768–1770 ([http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E342.html E342], [http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E366.html E366], [http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E385.html E385]). | |||
* ''Vollständige Anleitung zur Algebra.'' 2 Bände, 1770 ([http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E387.html E387], [http://math.dartmouth.edu/~euler/pages/E388.html E388], Band 2 {{DTAW|euler_algebra02_1770}}). | |||
<gallery class="center"> | |||
Methodus inveniendi - Leonhard Euler - 1744.jpg|mini|Titelblatt der ''Methodus inveniendi lineas curvas'' von 1744 | |||
Introductio1.pdf|mini|Titelblatt der ''Introductio in analysin infinitorum'' (Band 1) von 1748 | |||
Introductio2.pdf|mini|Titelblatt der ''Introductio in analysin infinitorum'' (Band 2) von 1748 | |||
Differentialis.pdf|mini|Titelblatt der ''Institutiones calculi differentialis'' von 1755 | |||
Euler Inst Calc Int Vol1.jpg|mini|Titelblatt der ''Institutiones calculi integralis'' (Band 1) von 1768 | |||
Secundum.pdf|mini|Titelblatt (beschrieben) der ''Institutiones calculi integralis'' (Band 2) von 1769 | |||
Tertium.pdf|mini|Titelblatt (gestempelt) der ''Institutiones calculi integralis'' (Band 3) von 1770 | |||
</gallery> | |||
=== Deutsche Übersetzungen und Ausgaben seiner Werke === | |||
* ''Leonhard Euler’s vollständige Anleitung zur Integralrechnung'', Hrsg. Joseph Solomon, 3 Bände, Wien 1828 bis 1830 (Band 1 [https://www.e-rara.ch/zut/content/titleinfo/14891491 e-rara.ch], Band 1 {{archive.org|vollstndigeanle01eulegoog}}, Band 2 {{archive.org|vollstndigeanle00eulegoog}}, Band 3 {{archive.org|vollstndigeanle02eulegoog}}). | |||
* ''Leonhard Euler’s Mechanik oder analytische Darstellung der Wissenschaft,'' 3 Bände, Hrsg. J. Ph. Wolfers, Greifswald 1848 bis 1853 (Band 1 {{archive.org|leonhardeulersm02eulegoog}}, Band 2 {{archive.org|leonhardeulersm01eulegoog}}, Band 3 {{archive.org|leonhardeulersm00eulegoog}}). | |||
* Euler, Johann Bernoulli, Jacob Bernoulli: ''Abhandlungen über Variationsrechnung,'' 1. Teil, [[Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften|Ostwalds Klassiker]] 46, Leipzig 1894 ({{archive.org|abhandlungenber01jacogoog}}). | |||
* Euler: ''Zwei Abhandlungen über Sphärische Trigonometrie,'' Ostwalds Klassiker 73, Leipzig 1896 ({{archive.org|abn7435.0001.001.umich.edu}}). | |||
* Euler: ''Drei Abhandlungen über Kartenprojektion,'' Ostwalds Klassiker 93, Leipzig 1898 ({{archive.org|dreiabhandlunge00wanggoog}}). | |||
* Jakob Bernoulli, Leonhard Euler: ''Abhandlungen über das Gleichgewicht und die Schwingungen der ebenen elastischen Kurven,'' Ostwalds Klassiker 175, Leipzig 1910 | |||
* Euler: ''Vollständigere Theorie der Maschinen, die durch Reaktion des Wassers in Bewegung versetzt werden (1754),'' Ostwalds Klassiker 182, Leipzig 1911 | |||
* Euler: ''Drei Abhandlungen über die Auflösung der Gleichungen (1783, 1764, 1790)'', Ostwalds Klassiker 226, Leipzig 1928 | |||
* Euler: ''Einleitung in die Analysis des Unendlichen,'' Teil 1, Einführung Wolfgang Walter, Springer 1983 | |||
* Euler: ''Zur Theorie komplexer Funktionen,'' Einleitung A. P. Juschkewitsch, Ostwalds Klassiker 261, Akademische Verlagsgesellschaft 1983 | |||
=== Opera Omnia === | |||
Euler veröffentlichte rund zwei Dutzend Bücher und 500 wissenschaftliche Aufsätze. Der deutsche Mathematiker [[Ferdinand Rudio]] (1856–1929) initiierte die Herausgabe von Eulers sämtlichen Werken. Zu Lebzeiten Rudios wurden mehr als 30 Bände publiziert. Bis 2013 sind über 70 Einzelbände erschienen, ausserdem vier Bände aus dem umfangreichen Briefwechsel. Die Arbeiten erscheinen in der Originalsprache, meist Französisch oder Latein. | |||
Die gesammelten Werke werden seit 1911 als '''''Opera Omnia''''' im Birkhäuser (Springer) Verlag herausgegeben durch die [[Euler-Kommission]], die von Ferdinand Rudio gegründet wurde. Damals waren auch [[Adolf Krazer (Mathematiker)|Adolf Krazer]], [[Rudolf Fueter]], [[Heinrich Weber (Mathematiker)|Heinrich Weber]], [[Paul Stäckel]] und [[Karl von der Mühll]] an der Herausgabe beteiligt. Zu den späteren Herausgebern von Einzelbänden gehörten [[Ludwig Schlesinger (Mathematiker)|Ludwig Schlesinger]], [[Friedrich Engel (Mathematiker)|Friedrich Engel]], [[Andreas Speiser]], [[Clifford Truesdell]] (Physik, Mechanik, der ganze Band 11-1 ist eine Geschichte der Elastizitätstheorie im 17. und 18. Jahrhundert, verfasst von Truesdell),<ref>Clifford Truesdell: ''The rational mechanics of flexible elastic bodies 1638–1788.'' 1960.</ref> [[Alexander Michailowitsch Ljapunow]], [[Georg Faber (Mathematiker)|Georg Faber]], [[August Gutzmer]], [[Carl Boehm]], [[Constantin Carathéodory]], [[Henri Dulac]], [[Max Herzberger]], [[Emile Cherbuliez (Physiker)|Emile Cherbuliez]], [[Charles Blanc (Mathematiker)|Charles Blanc]] und [[Eric Aiton]] (Physik). Hauptherausgeber nach Rudio waren Andreas Speiser (ab 1928), [[Walter Habicht]] (ab 1965) und seit 1985 [[Hans-Christoph Im Hof]]. Weitere Herausgeber waren unter anderem [[Emil Fellmann]], [[Adolf Juschkewitsch]], Henri Dulac, [[Pierre Costabel]], [[René Taton]], [[Wladimir Iwanowitsch Smirnow]], Alot T. Grigorjan, [[Joachim Otto Fleckenstein]], [[Johann Jakob Burckhardt (Mathematiker)|Johann Jakob Burckhardt]], Gleb K. Mikhailov, [[Franz Lemmermeyer]], [[Andreas Kleinert (Wissenschaftshistoriker)|Andreas Kleinert]] und Martin Mattmüller. | |||
Die Edition besteht aus | |||
* Reihe 1: Mathematik, 30 Bände (vollständig). Erster Band war 1911 die ''Anleitung zur Algebra.'' Band 16 besteht aus zwei Teilbänden. | |||
* Reihe 2: Mechanik und Astronomie, 27 Bände in 30 Teilbänden (vollständig). | |||
* Reihe 3: Physik und Sonstiges, 12 Bände (vollständig). | |||
* Reihe 4a: Briefwechsel. Geplant: 10 Bände für die rund 3100 Briefe mit rund 300 Korrespondenten. Bisher erschienen: 4 Bände. | |||
* Reihe 4b: Notizbücher, Tagebücher und Unveröffentlichtes (geplant).<ref>Hans-Christoph Im Hof, Andreas Kleinert u. a.: ''Leonhard Euler, Opera omnia.'' In: ''Birkhäuser Wissenschaftsgeschichte.'' ([http://www.springer.com/birkhauser/history+of+science?SGWID=0-40295-2-121672-0 springer.com]) Abgerufen am 24. Dezember 2016.</ref><ref>Andreas Kleinert, Matthias Mattmüller: [http://www.euler-2007.ch/doc/EMS70965.pdf ''Leonhardi Euleri Opera Omnia: a centenary project.''] EMS Newsletter, September 2007, {{ISSN|1027-488X}} (PDF; 1,9 MB), online auf: ''Euler-2007.ch.'' Abgerufen am 24. Dezember 2016.</ref> | |||
=== Briefe === | |||
Beim Briefwechsel sind im Rahmen der ''Opera Omnia'' erschienen: | |||
* Band 1 (Zusammenfassung Inhalte, Übersicht, 1975), | |||
* Band 2 (mit Johann I. und Nikolaus I. Bernoulli), | |||
* Band 5 (mit [[Alexis-Claude Clairaut|Clairaut]], [[Jean-Baptiste le Rond d’Alembert|d’Alembert]] und [[Joseph-Louis Lagrange|Lagrange]]) und | |||
* Band 6 (mit Maupertuis und Friedrich II.). | |||
Ausserdem sind ausserhalb der ''Opera Omnia'' folgende Briefwechsel erschienen: | |||
* mit Goldbach (Akademie Verlag, Berlin 1965), | |||
* mit den Berliner und Petersburger Akademien (Akademie Verlag, Berlin, 3 Bände: 1959, 1961, 1976), | |||
* mit [[Tobias Mayer]] (American Elsevier, 1971). | |||
Paul-Heinrich Fuss veröffentlichte 1845 Teile des Briefwechsels von Euler mit Goldbach, [[Nikolaus Fuss]], Johann I, Nikolaus und Daniel Bernoulli. Im Band 14 der Werkausgabe von Lagrange ist auch der Briefwechsel mit Euler.<ref>''Lagrange, Œuvre.'' Band 14 ([https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k229949x/f9 gallica.bnf.fr]).</ref> | |||
* [[s:Leonhard Euler|Briefe an eine deutsche Prinzessin]] | |||
== Literatur == | == Literatur == | ||
=== Monografien === | === Monografien und Sammelbände === | ||
* [[Gerd Biegel]] | * [[Gerd Biegel]], Angela Klein, Thomas Sonar (Hrsg.): ''Leonhard Euler. 1707–1783. Mathematiker – Mechaniker – Physiker'' (= ''Disquisitiones historiae scientiarum. Braunschweiger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte.'' Bd. 3). Braunschweigisches Landesmuseum, Braunschweig 2008, ISBN 978-3-927939-79-0. | ||
*[[Nikolai Nikolajewitsch Bogoljubow]], Gleb K. Michailow, [[Adolf Juschkewitsch]]: ''Euler and modern science.'' Mathematical Association of America, 2008. | * [[Nikolai Nikolajewitsch Bogoljubow]], Gleb K. Michailow, [[Adolf Juschkewitsch]]: ''Euler and modern science.'' Mathematical Association of America, 2008. | ||
*Robert E. Bradley, C. Edward Sandifer (Hrsg.): ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy.'' Elsevier 2007. | * Robert E. Bradley, C. Edward Sandifer (Hrsg.): ''Leonhard Euler: Life, Work and Legacy.'' Elsevier 2007. | ||
* [[Horst Bredekamp]], Wladimir Velminski (Hrsg.): ''Mathesis & Graphe. Leonhard Euler und die Entfaltung der Wissensysteme.'' Akademie-Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-05-004566-5. | * [[Horst Bredekamp]], Wladimir Velminski (Hrsg.): ''Mathesis & Graphe. Leonhard Euler und die Entfaltung der Wissensysteme.'' Akademie-Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-05-004566-5. | ||
* Ronald S. Calinger: ''Leonhard Euler. Mathematical Genius in the Enlightment'', Princeton University Press 2015 | |||
* Lokenath Debnath: ''The legacy of Leonhard Euler. A tricentennial tribute.'' Imperial College Press, London 2010. | * Lokenath Debnath: ''The legacy of Leonhard Euler. A tricentennial tribute.'' Imperial College Press, London 2010. | ||
*[[William Dunham]]: ''Euler: The Master of Us All.'' Mathematical Association of America, 1999, ISBN 0-88385-328-0. | * [[William Dunham]]: ''Euler: The Master of Us All.'' Mathematical Association of America, 1999, ISBN 0-88385-328-0. | ||
* | * William Dunham (Hrsg.): ''The Genius of Euler. Reflections on his life and work'', Mathematical Association of America 2007 | ||
* Emil Fellmann (Hrsg.): ''Leonhard Euler 1707–1783. Beiträge zu Leben und Werk. Gedenkband des Kantons Basel-Stadt.'' Birkhäuser, Basel 1983, ISBN 3-7643-1343-9. | |||
* [[Emil Fellmann|Emil A. Fellmann]]: ''Leonhard Euler.'' Rowohlt, Reinbek 1995, ISBN 3-499-50387-5. | * [[Emil Fellmann|Emil A. Fellmann]]: ''Leonhard Euler.'' Rowohlt, Reinbek 1995, ISBN 3-499-50387-5. | ||
* | * Emil Fellmann: ''Leonhard Euler'', Birkhäuser 2007 | ||
* Xavier Hascher, Athanase Papadopoulos (Hrsg.): ''Leonhard Euler: Mathématicien, physicien et théoricien de la musique.'' CNRS Editions, Paris 2015, ISBN 978-2-271-08331-9. | * Xavier Hascher, Athanase Papadopoulos (Hrsg.): ''Leonhard Euler: Mathématicien, physicien et théoricien de la musique.'' CNRS Editions, Paris 2015, ISBN 978-2-271-08331-9. | ||
* C. Edward Sandifer: ''How Euler did it.'' Mathematical Association of America 2007 (monatliche Kolumne von Sandifer in MAA Online 2003 bis 2007). | * C. Edward Sandifer: ''How Euler did it.'' Mathematical Association of America 2007 (monatliche Kolumne von Sandifer in MAA Online 2003 bis 2007). | ||
* [[Otto Spiess]]: ''Leonhard Euler. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte des 18. | * C. Edward Sandifer: ''How Euler did even more'', Mathematical Association of America 2015 | ||
* [[Wilhelm Stieda]]: ''Die Übersiedlung Leonhard Eulers von | * C. Edward Sandifer: ''The early math of Leonhard Euler'', Mathematical Association of America 2007 | ||
* [[Thomas Sonar]]: ''3000 Jahre Analysis'', Springer, 2011. | |||
* [[Otto Spiess]]: ''Leonhard Euler. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte des 18. Jahrhunderts.'' Frauenfeld 1929. | |||
* [[Wilhelm Stieda]]: ''Die Übersiedlung Leonhard Eulers von Berlin nach St. Petersburg.'' Hirzel, Leipzig 1931 {{URN|nbn:de:hbz:061:1-13189}}. | |||
* Dieter Suisky: ''Euler as physicist.'' Springer, Berlin 2009. | * Dieter Suisky: ''Euler as physicist.'' Springer, Berlin 2009. | ||
* Margaret B. W. Tent: ''Leonhard Euler and the Bernoullis: Mathematicians from Basel.'' 2009, ISBN 978-1-56881-464-3. | * Margaret B. W. Tent: ''Leonhard Euler and the Bernoullis: Mathematicians from Basel.'' 2009, ISBN 978-1-56881-464-3. | ||
* [[Rüdiger Thiele (Mathematiker)|Rüdiger Thiele]]: ''Leonhard Euler.'' B. G. Teubner, Leipzig 1982, ISBN 3-322-00576-3. | * [[Rüdiger Thiele (Mathematiker)|Rüdiger Thiele]]: ''Leonhard Euler.'' (= ''[[Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner]].'' Band 56) B. G. Teubner, Leipzig 1982, ISBN 3-322-00576-3. | ||
* [[V. | * [[V. S. Varadarajan]]: ''Euler through time: A new look at old themes.'' American Mathematical Society, 2006. | ||
* Andreas Verdun: ''Leonard Eulers Arbeiten zur Himmelsmechanik'', Springer-Spektrum 2015 | |||
* Wladimir Velminski (Hrsg.): ''Leonhard Euler. Die Geburt der Graphentheorie.'' Kulturverlag Kadmos, Berlin 2009, ISBN 3-86599-056-8. | * Wladimir Velminski (Hrsg.): ''Leonhard Euler. Die Geburt der Graphentheorie.'' Kulturverlag Kadmos, Berlin 2009, ISBN 3-86599-056-8. | ||
* [[Rudolf Wolf (Astronom)|Rudolf Wolf]]: ''Leonhard Euler von Basel.'' In: ''Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz. Vierter Cyclus.'' Orell, | * [[Rudolf Wolf (Astronom)|Rudolf Wolf]]: ''Leonhard Euler von Basel.'' In: ''Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz. Vierter Cyclus.'' Orell, Füssli & Comp., Zürich 1862, S. 87–134 ([https://books.google.de/books?id=k5EPAAAAQAAJ&pg=PA87 books.google.de]). | ||
=== | === Sonstiges === | ||
* Rüdiger Thiele: ''The Mathematics and Science of Leonhard Euler (1707–1783).'' Kapitel 5 in Glen van Brummelen, Michael Kinyon (Hrsg.): ''Mathematics and the Historian’s Craft.'' Springer, New York 2005, ISBN 978-0-387-25284-1, S. | * [[Gustaf Eneström]]: ''Verzeichnis der Schriften Leonhard Eulers.'' Ergänzungsband 4 zum Jahresbericht der DMV. B. G. Teubner, Leipzig 1910 (erste Lieferung), 1913 (zweite Lieferung) – ({{archive.org|enestrom-test}}). | ||
* [[Lutz Felbick]]: ''Lorenz Christoph Mizler de Kolof. Schüler Bachs und pythagoreischer «Apostel der Wolffischen Philosophie»'' (= ''Hochschule für Musik und Theater «Felix Mendelssohn Bartholdy», Leipzig. Schriften.'' Bd. 5). Georg-Olms-Verlag, Hildesheim u. a. 2012, ISBN 978-3-487-14675-1 (Zugleich: Leipzig, Hochschule für Musik und Theater «Felix Mendelssohn Bartholdy», Dissertation, 2011), S. 126–172 (Eulers Musiktheorie) [https://gigamove.rz.rwth-aachen.de/d/id/nSnKcXPD662jLu Online-Version]. | |||
* [[Günther Frei]]: ''Zahlentheorie, Analysis und vieles mehr – Die Bedeutung von Leonhard Euler für die heutige Zeit.'' In: ''Naturwissenschaftliche Rundschau.'' Band 60 (12). 2007, {{ISSN|0028-1050}}. S. 629–635. | |||
* Rüdiger Thiele: ''The Mathematics and Science of Leonhard Euler (1707–1783).'' Kapitel 5 in Glen van Brummelen, Michael Kinyon (Hrsg.): ''Mathematics and the Historian’s Craft.'' Springer, New York 2005, ISBN 978-0-387-25284-1, S. 81–140. | |||
* [[André Weil]]: ''Zahlentheorie – ein Gang durch die Geschichte von Hammurabi zu Legendre.'' Birkhäuser 1992. | * [[André Weil]]: ''Zahlentheorie – ein Gang durch die Geschichte von Hammurabi zu Legendre.'' Birkhäuser 1992. | ||
* | * Patricia Radelet-de Grave: ''The Problem of the Elastica Treated by Jacob I Bernoulli and the Further Development of this Study by Leonhard Euler.'' In: [[Karl-Eugen Kurrer]], [[Werner Lorenz (Historiker)|Werner Lorenz]], Volker Wetzk (Hrsg.): ''Proceedings of the Third International Congress on Construction History.'' Neunplus, Berlin 2009, ISBN 978-3-936033-31-1, S. 1209–1217 ([http://www.bma.arch.unige.it/PDF/CONSTRUCTION_HISTORY_2009/VOL3/Radelet%20de%20Grave-Patricia_layouted%20_Formula_.pdf bma.arch.unige.it] PDF). | ||
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* {{NDB|4|688|689|Euler. Leonhard|[[Andreas Speiser]]|118531379}} | * {{NDB|4|688|689|Euler. Leonhard|[[Andreas Speiser]]|118531379}} | ||
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'''Über Euler''' | |||
* [ | * [https://euler.scnat.ch/de Euler-Kommission] der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) | ||
* [http://www.euler-2007.ch/ Euler 2007] | * [http://www.euler-2007.ch/ Euler 2007] | ||
* [http://eulerarchive.maa.org/hedi/ Rubrik bei MAA von Ed Sandifer | * [http://eulerarchive.maa.org/hedi/ Rubrik bei MAA von Ed Sandifer «How Euler did it»] | ||
* {{MacTutor | * {{MacTutor|id=Euler}} | ||
* [http://www.euler.ch/ Genealogie Leonhard Eulers] | * [http://www.euler.ch/ Genealogie Leonhard Eulers] | ||
* [http://www1.wdr.de/stichtag/stichtag3198~_mon-092008_tag-18092008.html WDR-Reportage zum 225. Todestag Eulers] | * [http://www1.wdr.de/stichtag/stichtag3198~_mon-092008_tag-18092008.html WDR-Reportage zum 225. Todestag Eulers] | ||
* [http://euler.bbaw.de/ 300 Jahre Leonhard Euler (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften)] | * [http://euler.bbaw.de/ 300 Jahre Leonhard Euler (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften)] | ||
* [http://www.spektrum.de/sixcms/media.php/924/April_2007_Euler.pdf Mathematischer Kalender in Spektrum der Wissenschaft] (PDF | * [http://www.spektrum.de/sixcms/media.php/924/April_2007_Euler.pdf Mathematischer Kalender in Spektrum der Wissenschaft] (PDF; 849 kB) | ||
* [http://www.ams.org/journals/bull/2007-44-04/ verschiedene Aufsätze zu Euler in den BAMS 2007] | * [http://www.ams.org/journals/bull/2007-44-04/ verschiedene Aufsätze zu Euler in den BAMS 2007] | ||
* [http://sonic-arts.org/monzo/euler/euler-en.htm Music translated into Mathematics: Leonhard Euler] | * [http://sonic-arts.org/monzo/euler/euler-en.htm Music translated into Mathematics: Leonhard Euler] | ||
* [http://e-collection.library.ethz.ch/eserv/eth:29353/eth-29353-01.pdf | * Günther Frei: [http://e-collection.library.ethz.ch/eserv/eth:29353/eth-29353-01.pdf ''Zum 300. Geburtstag von Leonhard Euler.''] Hombrechtikum 15. März 2007 (PDF; 656 kB) | ||
* [http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/view/collections/c-49.html Euler, Leonhard], in [http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/view/collections/c-16.html Heidelberger Texte zur Mathematikgeschichte] | * [http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/view/collections/c-49.html Euler, Leonhard], in [http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/view/collections/c-16.html Heidelberger Texte zur Mathematikgeschichte] | ||
* [https://www.youtube.com/watch?v=HK5iP8DOolI Video über Leonhard Eulers Leben]. | * [https://www.youtube.com/watch?v=HK5iP8DOolI Video über Leonhard Eulers Leben]. | ||
* [https://www.ams.org/journals/bull/2007-44-04/home.html Bulletin of the AMS, Band 44, 2007, Heft 4], mit Aufsätzen zu Euler (Varadarajan, Euler and his work on infinite series, Burt Totaro, Euler and algebraic geometry, George Andrews, Euler’s De partitio numerorum, Harold Edwards, Euler’s definition of the derivative) | |||
* [http://math.dartmouth.edu/~euler Gesammelte Schriften im Euler-Archiv] (englische Benutzerführung) | |||
'''Von Euler''' | |||
* [http://math.dartmouth.edu/~euler Gesammelte Schriften im Euler-Archiv der MAA] (englische Benutzerführung, auch mit Texten zu Euler und seinem Umfeld) | |||
* [http://www-gdz.sub.uni-goettingen.de/cgi-bin/digbib.cgi?PPN378953206 Einleitung in die Analysis des Unendlichen] (Deutsche Übersetzung) | * [http://www-gdz.sub.uni-goettingen.de/cgi-bin/digbib.cgi?PPN378953206 Einleitung in die Analysis des Unendlichen] (Deutsche Übersetzung) | ||
* [http://euler.bbaw.de/euleriana/ Digitalisierte Schriften zu Eulers Wirken in Berlin] (BBAW) | * [http://euler.bbaw.de/euleriana/ Digitalisierte Schriften zu Eulers Wirken in Berlin] (BBAW) | ||
* [http://friedrich.uni-trier.de/oeuvres/20/219/ Briefwechsel mit Friedrich | * [http://friedrich.uni-trier.de/oeuvres/20/219/ Briefwechsel mit Friedrich II.] – Digitale Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier | ||
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Leonhard Euler (lateinisch Leonhardus Eulerus; * 15. April 1707 in Basel; † 7. Septemberjul./ 18. September 1783greg. in Sankt Petersburg) war ein Schweizer Mathematiker, Physiker, Astronom, Geograph, Logiker und Ingenieur.
Er machte wichtige und weitreichende Entdeckungen in vielen Zweigen der Mathematik, wie beispielsweise der Infinitesimalrechnung und der Graphentheorie. Gleichzeitig leistete Euler fundamentale Beiträge auf anderen Gebieten wie der Topologie und der analytischen Zahlentheorie. Er prägte grosse Teile der bis heute weltweit gebräuchlichen mathematischen Terminologie und Notation. Beispielsweise führte Euler den Begriff der mathematischen Funktion in die Analysis ein. Er ist zudem für seine Arbeiten in der Mechanik, Strömungsdynamik, Optik, Astronomie und Musiktheorie bekannt.
Euler, der den grössten Teil seines Lebens in Sankt Petersburg und in Berlin verbrachte, war einer der bedeutendsten Mathematiker des 18. Jahrhunderts. Seine herausragenden Leistungen ebbten auch nach seiner Erblindung im Jahre 1771 nicht ab und wurden bereits von seinen Zeitgenossen anerkannt. Er gilt heute als einer der brillantesten und produktivsten Mathematiker aller Zeiten. Seine gesammelten Schriften Opera omnia umfassen bisher 76 Bände – ein mathematisches Werk, dessen Umfang bis heute unerreicht bleibt.
Leonhard Euler zu Ehren erhielten zwei mathematische Konstanten seinen Namen: die Eulersche Zahl $ \mathrm {e} \approx 2{,}71828 $ (Basis des natürlichen Logarithmus) und die Euler-Mascheroni-Konstante $ \gamma \approx 0{,}57721 $ aus der Zahlentheorie, die gelegentlich auch Eulersche Konstante genannt wird.
Leonhard Eulers Arbeiten inspirierten viele Generationen von Mathematikern, darunter Pierre-Simon Laplace, Carl Gustav Jacobi und Carl Friedrich Gauß, nachhaltig. Laplace soll zu seinen Schülern gesagt haben: «Lest Euler, er ist unser aller Meister!».
Euler wurde als ältester Sohn des Pfarrers Paul III. Euler (1670–1745) und dessen Ehefrau Margaretha Brucker (1677–1761), einer Pfarrerstochter, in Basel geboren. Er hatte zwei jüngere Schwestern, Anna Maria und Maria Magdalena, und einen jüngeren Bruder, Johann Heinrich.[1]
Bald nach der Geburt von Leonhard zog die Familie Euler wegen einer Versetzung des Vaters von Basel in das benachbarte Dorf Riehen, wo Leonhard ab 1708 den grössten Teil seiner Kindheit verbrachte. Das geistige Klima im Pfarrhaushalt war inspirierend: Eulers Mutter kam selbst aus einer gebildeten Familie, und der Vater hatte mathematische Interessen und bei Jakob I Bernoulli nicht nur Vorlesungen gehört, sondern sogar 1688 eine mathematische Dissertation verfasst.[2] Leonhard Euler besuchte das Gymnasium am Münsterplatz in Basel und bekam gleichzeitig Privatunterricht beim Theologen Johannes Burckhardt (1691–1743). Dies hatte sein Vater für ihn arrangiert, da der Mathematikunterricht an der Schule gestrichen worden war. Es gilt zudem als gesichert, dass der junge Euler das Buch Behend und hübsch Rechnung durch die kunstreichen regeln Algebre, so gemeinicklich die Coß genennt werden von Christoph Rudolff (1499–1545) erfolgreich studierte.[3] Der mathematikbegeisterte Vater war mit den Bernoullis und speziell Europas führendem Mathematiker Johann I Bernoulli, der später grossen Einfluss auf den jungen Leonhard nehmen sollte, befreundet.
Im Jahr 1720 schrieb er sich im Alter von 13 Jahren an der Universität Basel ein. Auf Wunsch seines Vaters, der für seinen Sohn eine Pastorenlaufbahn vorgesehen hatte, begann Euler ein Studium der Theologie sowie der griechischen und hebräischen Sprache. Drei Jahre später erhielt er die Magisterwürde. In der dabei eingereichten Dissertation verglich er die Philosophien von Descartes und Newton. Zwischenzeitlich hatte er wöchentlich Unterricht bei Johann Bernoulli genommen, der die aussergewöhnliche Begabung seines neuen Schülers für Mathematik erkannte und zu fördern begann.[4] Bernoulli überzeugte daraufhin Paul Euler, dass sich Leonhard besser der Mathematik und Physik zuwende.
1726 schloss Euler eine weitere Dissertation mit dem Titel De Sono, ein Werk über die Schallausbreitung, ab.[5] Im Jahr 1727 nahm er erstmals am Wettbewerb um den Pariser Akademiepreis teil, in dem es galt, das Problem der optimalen Platzierung von Schiffsmasten zu lösen. Jedes Jahr stellte die Pariser Akademie einen Preisbericht zusammen, und die Berichte wurden anschliessend in ihren Preisbänden Pièces qui ont remporté le prix de l'académie royale des sciences de Paris (Arbeiten, die den Preis der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Paris gewonnen haben) veröffentlicht.[6] Eulers eingereichte Arbeit belegte nur den dritten Platz, löste jedoch ein Problem.[6] Den Wettbewerb gewann Pierre Bouguer, der später als «Vater des Schiffbaus» Bekanntheit erlangte. Spätere Austragungen des Wettbewerbs konnte Euler in insgesamt zwölf Fällen für sich entscheiden.[7] Von der ersten Ausschreibung im Jahr 1720 bis zum grössten Teil des achtzehnten Jahrhunderts galt der Prix de Paris als die bedeutendste wissenschaftliche Auszeichnung in Europa.[6]
Um diese Zeit arbeiteten die beiden Söhne von Johann Bernoulli, Daniel und Nikolaus, an der Kaiserlich Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg. Am 31. Juli 1726 starb Nikolaus an einer Blinddarmentzündung.[8] Als Daniel die Stelle seines Bruders in der Abteilung Mathematik/Physik übernahm, empfahl er, die von ihm frei gewordene Stelle in der Physiologie mit seinem Freund Euler zu besetzen. Im November 1726 nahm Euler das Angebot an, verzögerte aber die Reise nach Sankt Petersburg, während er sich erfolglos um eine Physikprofessur an der Universität Basel bewarb.[8]
Euler kam am 17. Mai 1727 in Sankt Petersburg an. Er wurde von seiner Junior-Stelle in der medizinischen Abteilung der Akademie auf eine Stelle in der mathematischen Abteilung befördert. Während dieser Zeit wohnte er bei Daniel Bernoulli, mit dem er oft eng zusammenarbeitete. Euler beherrschte bereits nach kurzem Aufenthalt die russische Sprache fliessend und liess sich in Sankt Petersburg nieder.[9] Einige Quellen (primär ältere Sekundärwerke) behaupten, dass er (auf der Grundlage eines Preises der Pariser Akademie für Schiffsmasten und Physiologiekurse) zum Sanitäter der russischen Marine wurde. Hierüber gibt es jedoch keine Aufzeichnungen.[10]
Die von Peter dem Grossen gegründete Akademie in Sankt Petersburg sollte die Ausbildung in Russland verbessern und den wissenschaftlichen Vorsprung Westeuropas aufholen. Zu diesem Zweck wurde sie für ausländische Wissenschaftler wie Euler besonders attraktiv gemacht. Die Akademie verfügte über reichlich finanzielle Mittel und eine umfangreiche Bibliothek, die aus den Privatbibliotheken Peters und des Adels stammte. Um die Lehrtätigkeit der Fakultät zu entlasten, wurden nur sehr wenige Studenten an der Akademie eingeschrieben. Die Akademie legte gesteigerten Wert auf die Forschung und bot ihren Mitgliedern sowohl die Zeit als auch die Freiheiten, wissenschaftlichen Fragen nachzugehen.[11]
Katharina I., die die fortschrittliche Politik ihres verstorbenen Mannes fortgesetzt und die Akademie unterstützt hatte, starb am Tag von Eulers Ankunft. Mit dem Aufstieg des zwölfjährigen Peter II. gewann der russische Adel an Einfluss. Der Adel, der den ausländischen Wissenschaftlern der Akademie ablehnend gegenüberstand, kürzte die Mittel und bereitete Euler und seinen Kollegen damit zunehmende Schwierigkeiten.[11]
Nach dem Tod Peters II. verbesserten sich die Bedingungen für die Wissenschaft wieder ein wenig. Euler stieg dank seiner Leistungen rasch auf und wurde 1731 zum Professor für Physik ernannt. Zwei Jahre später reiste Daniel Bernoulli, der die Zensur und die Feindseligkeiten in Sankt Petersburg nicht mehr ertrug, nach Basel. Euler trat schliesslich 1733 als dessen Nachfolger die Professur für Mathematik an.[12]
Am 7. Januar 1734 heiratete er Katharina Gsell (1707–1773), eine Tochter des Malers Georg Gsell aus dessen erster Ehe mit Marie Gertrud van Loen.[13] Das junge Paar kaufte ein Haus an der Newa. Von ihren 13 Kindern überlebten nur fünf die Kindheit.[14] Charlotte Anna Wilhelmine (* 1773; † 1831), welche Enkeltochter seines Sohnes Johann Albrecht (* 1734; † 1800) war, war mit Jakob Bernoulli (* 1759; † 1789) kinderlos verheiratet.[15]
Nach Eulers eigener Einschätzung hatten ihn die Petersburger Jahre zu einem starken Wissenschaftler heranreifen lassen. Dies geht aus verschiedenen überlieferten Briefen aus seiner Berliner Zeit hervor.[16]
Besorgt über die anhaltenden politischen Wirren und Machtkämpfe in Folge des Todes der Zarin Anna I. in Russland verliess Euler am 19. Juni 1741 Sankt Petersburg, um eine Stelle an der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin zu übernehmen, die ihm von Friedrich II. von Preussen angeboten worden war. Euler korrespondierte dort mit Christian Goldbach und verglich dessen Theorien mit seinen eigenen.
Darüber hinaus wurde Euler gebeten, Friederike Charlotte von Brandenburg-Schwedt, Friedrichs Cousine zweiten Grades, als Tutor zu dienen. Anfang der 1760er-Jahre schrieb Euler über 200 Briefe an sie, die später zu einem Buchband mit dem Titel Briefe an eine deutsche Prinzessin über verschiedene Gegenstände aus der Physik und Philosophie zusammengestellt wurden.[17] Dieses Werk enthielt Eulers Ausführungen zu verschiedenen Themen der Physik und Mathematik und bot wertvolle Einblicke in seine Persönlichkeit und religiösen Überzeugungen. Das Buch wurde populärer als jedes seiner mathematischen Werke und in ganz Europa und in den Vereinigten Staaten veröffentlicht. Die Popularität der «Briefe» zeugt von Eulers Fähigkeit, wissenschaftliche Themen einem Laienpublikum effektiv zu vermitteln, etwas, was unter engagierten Forschern als selten galt.[18]
Eulers Sehkraft verschlechterte sich im Laufe seiner mathematischen Laufbahn. Im Jahr 1738, drei Jahre nachdem er zwischenzeitlich lebensgefährlich erkrankt war (es ist aus den Aufzeichnungen Eulers damaligen Arztes nicht zu erkennen, welche Erkrankung genau vorlag[19]), erblindete er auf seinem rechten Auge fast vollständig. Euler machte jedoch die mühsame Arbeit an der Kartographie für die Sankt Petersburger Akademie dafür verantwortlich. Seine Sehkraft auf diesem Auge verschlechterte sich während seines Aufenthalts in Deutschland so sehr, dass Friedrich ihn bald als «mein Zyklop» bezeichnete.[20] Euler bemerkte zu seinem Sehverlust: «Jetzt werde ich weniger Ablenkung haben».[21]
Trotz Eulers immensen Beitrags zum Ansehen der Akademie geriet er mit Friedrich in Streit. Der preussische König hatte einen grossen Kreis von Intellektuellen an seinem Hof. Er fand den Mathematiker jedoch unkultiviert und zu schlecht informiert über die Dinge jenseits von Zahlen und Werten. In einem Brief an seinen Bruder August Wilhelm schrieb Friedrich:
„Liebster Bruder! Ich dachte mir schon, daß Deine Unterhaltung mit Herrn Euler Dich nicht erbauen würde. Seine Epigramme bestehen in Berechnungen neuer Kurven, irgendwelcher Kegelschnitte oder astronomischer Messungen. Unter den Gelehrten gibt es solche gewaltige Rechner, Kommentatoren, Übersetzer und Kompilatoren, die in der Republik der Wissenschaften nützlich, aber sonst alles andere als glänzend sind. Man verwendet sie wie die dorischen Säulen in der Baukunst. Sie gehören in den Unterstock, als Träger des ganzen Bauwerkes und der korinthischen Säulen, die seine Zierde bilden.“
Als einfacher, frommer Mann, der nie die bestehende Gesellschaftsordnung oder konventionelle Überzeugungen in Frage stellte, galt Euler in vielerlei Hinsicht als das genaue Gegenteil von Voltaire, der an Friedrichs Hof einen hohen Stellenwert genoss. Euler war kein geübter Redner und machte es sich oft zur Aufgabe, über Themen zu streiten, über die er wenig wusste, was ihn zum Ziel von Spott seitens Voltaires machte.[23] In der als Akademiestreit bezeichneten Auseinandersetzung zwischen Pierre Maupertuis und Voltaire stand Euler, neben Friedrich II., als einer der wenigen auf Maupertuis’ Seite.[24]
Friedrich hatte für Eulers Arbeits- und Ausdrucksweise nur wenig Verständnis. Unter anderem konnten Eulers Versuche, die Musik auf Basis der Mathematik zu behandeln, bei Friedrich nur hämische Bemerkungen hervorrufen.[25] Er äusserte auch seine Enttäuschung über Eulers praktische Fähigkeiten als Ingenieur:
„Je voulus faire un jet d’eau en mon Jardin; le Ciclope Euler calcula l’éffort des roues, pour faire monter l’eau dans un bassin, d’ou elle devoit retomber par des canaux, afin de jaillir à Sans-Souci. Mon Moulin a été éxécuté géométriquement, et il n’a pu élever une goutte d’eau à Cinquante pas du Bassin. Vanité des Vanités ! Vanité de la géométrie.“
„Ich wollte in meinem Garten eine Fontaine anlegen lassen. Der Zyklop Euler berechnete die Kräfte der Räder, durch die das Wasser in ein Bassin steigen, von da wieder herunterfallen, durch Kanäle fliessen und in Sanssouci springen sollte. Meine Wasserkunst ward mathematisch angelegt, und konnte fünfzig Schritte weit nicht einen Tropfen in die Höhe bringen. O Eitelkeit der Eitelkeiten! O Eitelkeit der Geometrie!“
Nach Einschätzung des Physikers Michael Eckert ist das Scheitern des Bauprojektes jedoch nicht auf Rechenfehler Eulers, sondern minderwertiges Baumaterial zurückzuführen.[28]
Als Grund für den endgültigen Bruch zwischen Euler und Friedrich gilt jedoch die Weigerung des Monarchen, nach dem Tode von Pierre Maupertuis Euler als dessen Nachfolger für das Amt des Präsidenten der Akademie zu ernennen. Stattdessen favorisierte Friedrich den französischen Mathematiker Jean-Baptiste le Rond d’Alembert. Als dieser den Posten nicht annahm und stattdessen Euler vorschlug, ignorierte Friedrich dies. Als Reaktion reichte Euler ein Entlassungsgesuch ein, blieb mit seiner Bitte jedoch erfolglos. Erst nach einem zweiten Versuch liess Friedrich ihn ziehen.[29] Kurz nach Eulers Abreise ernannte Friedrich den Mathematiker Joseph-Louis Lagrange, mit dem Euler bei der Entwicklung der Variationsrechnung zusammengearbeitet hatte, zum Präsidenten.[30]
Euler lebte insgesamt 25 Jahre lang in Berlin, wo er über 380 Artikel schrieb. In Berlin veröffentlichte er zwei seiner bekanntesten Werke: die Introductio in analysin infinitorum, ein 1748 veröffentlichter Text über Funktionen, und die Arbeit Institutiones calculi differentialis,[31] die die Differentialrechnung behandelt und 1755 veröffentlicht wurde. 1755 wurde er ausserdem zum ausländischen Mitglied der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften gewählt.
1760, als der Siebenjährige Krieg im Gange war, wurde Eulers Hof in Charlottenburg von den vorrückenden russischen Truppen geplündert. Als General Iwan Petrowitsch Saltykow von diesem Zwischenfall erfuhr, zahlte er eine Entschädigung an Euler für dessen verloren gegangenen Besitz, wobei Kaiserin Elisabeth von Russland später eine weitere Zahlung von 4000 Rubel hinzufügte – damals eine enorme Summe.[32] Die politische Situation in Russland stabilisierte sich nach der Thronbesteigung von Katharina der Grossen, so dass Euler 1766 eine Einladung zur Rückkehr an die Sankt Petersburger Akademie annahm. Euler stellte Bedingungen: ein Jahresgehalt von 3000 Rubel, eine Rente für seine Frau und das Versprechen, seine Söhne in hohe Positionen zu berufen. All diesen Bitten wurde stattgegeben.[33] Er sollte den Rest seines Lebens in Russland verbringen.
1771 erblindete er vollständig. Es hatte sich ein Grauer Star in seinem linken Auge entwickelt, der 1766 entdeckt wurde. Die Wiederherstellung des Sehvermögens durch einen chirurgischen Eingriff an seinem linken Auge verbesserte seine Sehkraft temporär. Im Oktober wurde er jedoch durch eine Komplikation, möglicherweise eine Infektion, fast vollständig blind und hatte gelegentlich Schmerzen.[34] Er war damals 59 Jahre alt. Sein Zustand schien aber kaum Auswirkungen auf seine Produktivität zu haben, da er vieles mit seinen geistigen Rechenfähigkeiten und seinem aussergewöhnlichen Gedächtnis kompensierte. Mit Hilfe seiner Schreiber konnte Euler seine Publikationsrate sogar noch erhöhen.[35] Die Eulers trugen einen Doppelnamen, Euler-Schölpi, der sich von «schelb» und «schief» ableitet und für schielende oder krumme Augen steht.[36] Dies deutet darauf hin, dass die Eulers möglicherweise alle eine Anfälligkeit für Augenprobleme hatten.[37]
Trotz Erblindung entstand fast die Hälfte seines Lebenswerks in der zweiten Petersburger Zeit. Hilfe erhielt er dabei von seinen Söhnen Johann Albrecht, Karl und Christoph sowie von seinem Sekretär Nikolaus Fuss.[38] Trotz seiner wissenschaftlichen Produktivität wurde er nie Präsident der Universität. Eulers Beziehungen zum Direktor der Petersburger Akademie Wladimir Grigorjewitsch Orlow, der den Posten im Alter von 23 Jahren angetreten hatte, gestalteten sich erneut schwierig. Euler zog sich bald von seinen offiziellen akademischen Pflichten an der Petersburger Akademie zurück, was ihm mehr Freiraum für seine wissenschaftliche Arbeit gab.[39]
Sein zweiter Aufenthalt in Russland war, neben seiner Erblindung, auch von weiteren einschneidenden Ereignissen geprägt. Ein Brand in Sankt Petersburg im Jahr 1771 kostete ihn seine Heimat und fast sein Leben. Unter anderem seine Bibliothek und Möbel fielen den Flammen zum Opfer, doch durch die schnelle Reaktion von Wladimir Orlow konnten viele Manuskripte gerettet werden. Ein Verlust war ein Werk über Mondtheorie, das 1772 von der Akademie in Paris hätte veröffentlicht werden sollen. Johann Albrecht Euler musste es anschliessend Wort für Wort neu aufschreiben.[40] 1773 starb schliesslich seine erste Frau Katharina.[41] Der Verlust erschwerte das häusliche Leben enorm, da Katharina den kompletten Haushalt geführt hatte. Euler war entschlossen, unabhängig zu bleiben und sich nicht auf seine Söhne zu verlassen, obwohl es damals durchaus üblich war, dass ein älterer Elternteil bei den Kindern wohnte und unter ihrer Obhut stand.[41] Er arbeitete wie in der ersten Sankt Petersburger Periode in der Kunstkammer.
Drei Jahre nach dem Tod seiner Frau heiratete Euler ihre Halbschwester Salome Abigail Gsell (1723–1794), Tochter von Georg Gsell und dessen dritter Ehefrau Maria Dorothea Gsell,[42] der Tochter von Maria Sibylla Merian. Diese Ehe währte bis zu seinem Tod. Im Jahr 1782 wurde er zum ausländischen Ehrenmitglied der Amerikanischen Akademie der Künste und Wissenschaften gewählt.[43]
Am 18. September 1783 (des gregorianischen Kalenders) diskutierte Euler in Sankt Petersburg nach einem Mittagessen mit seiner Familie und seinem Kollegen Anders Johan Lexell über den neu entdeckten Planeten Uranus und seine Umlaufbahn, als er in Folge einer Hirnblutung kollabierte. Einige Stunden später, gegen elf Uhr in der Nacht, starb er.[44] Jacob von Staehlin schrieb einen kurzen Nachruf für die Russische Akademie der Wissenschaften, und Nikolaus Fuss hielt bei einem Gedenktreffen eine ausführlichere Lobrede. Marquis de Condorcet schrieb angesichts Eulers Ableben:
„[…] er hörte auf zu rechnen und zu leben.“
Euler wurde neben seiner Frau auf dem lutherischen Smolensker Friedhof auf der Wassiljewski-Insel in Sankt Petersburg begraben. Die Russische Akademie der Wissenschaften setzte 1837 einen Stein auf das Grab.[46] Zum Gedenken an den 250. Jahrestag von Eulers Geburtstag wurde der Grabstein 1956 zusammen mit seinen sterblichen Überresten in die Nekropole auf den Lazarus-Friedhof des Alexander-Newski-Klosters umgebettet.
Eulers bahnbrechende Leistungen auf vielen Gebieten waren bereits seinen Zeitgenossen bewusst. So wurde er als «fleischgewordene Analysis» und «Sonne aller Mathematiker» gefeiert.[47] In seiner ausführlichen Lobrede betonte Nikolas Fuss Eulers Einfluss auf die Wissenschaft:
„Dies sind Eulers Verdienste um die Aufklärung seines Zeitalters, dies seine der Unsterblichkeit würdigen Arbeiten. Sein Name, den die Nachwelt dem eines Galilei, Descartes, Leibnitz, Newton und so vieler anderer grossen Männer, die der Menschheit durch ihr Genie Ehre gemacht haben, an die Seite setzen wird, kann nur mit den Wissenschaften erlöschen. […] Wenige Gelehrte haben so viel als Euler geschrieben, kein Geometer so viele Gegenstände auf einmal umfaßt, keiner über alle Teile der Mathematik so viel Licht verbreitet.“
Bei diesem Nachruf handelt es sich um einen der berühmtesten, die aus der Geschichte der Wissenschaften überliefert sind. Die ursprüngliche Fassung war auf Französisch geschrieben und wurde am 23. Oktober 1783 (gregorianisch: 3. November) in der Kayserlichen Akademie der Wissenschaften zu Sankt Petersburg vorgelesen.[49]
Nach der Oktoberrevolution von 1917 kehrte ein Teil seiner Nachkommen von Russland in die Schweiz zurück, darunter die Eltern des späteren Nationalrats Alexander Euler (1929–2012).[50]
Eulers Forschung war sehr vielseitig. Er arbeitete in fast allen Bereichen der Mathematik und gilt als einer der produktivsten Mathematiker der Geschichte.[51][52][53] Unter anderem publizierte er über Geometrie, Infinitesimalrechnung, Trigonometrie, Algebra und Zahlentheorie, sowie Kontinuumsmechanik, Mondtheorie und andere Bereiche der Physik. Seine gesammelten Schriften der Opera omnia umfassen 74 Bände.[54] Insgesamt sind 866 Publikationen von ihm bekannt.[55] Sein Gesamtwerk umfasst damit schätzungsweise ein Drittel des gesamten Korpus mathematischer, physikalischer und mechanischer Forschung innerhalb der letzten drei Viertel des 18. Jahrhunderts.[56] Eulers Name ist mit einer grossen Anzahl von Resultaten und wissenschaftlichen Themenbereichen verbunden.
Nach Leonhard Euler sind gleich zwei mathematische Konstanten benannt: die Eulersche Zahl $ \mathrm {e} \approx 2{,}71828 $ aus der Analysis und die Euler-Mascheroni-Konstante γ (Gamma) aus der Zahlentheorie, die manchmal nur als Eulersche Konstante bezeichnet wird und ungefähr gleich 0,57721 ist.
Sein mathematisches Werk inspirierte viele Generationen von Mathematikern nachhaltig. Unter anderem beeinflusste er die Arbeit von Pierre-Simon Laplace, Joseph-Louis Lagrange, Carl Friedrich Gauß, Carl Gustav Jacobi, Niels Henrik Abel, Évariste Galois, Karl Weierstraß und Bernhard Riemann.[57][58]
Euler hat in seine zahlreichen Lehrbüchern mehrere Notationskonventionen eingeführt. Durch die weite Verbreitung der Bücher setzten sich viele seiner Notationen nachhaltig durch. Er führte das Konzept der mathematischen Funktion ein[59] und schrieb als erster f(x), um die Funktion f zu bezeichnen, die auf das Argument x angewandt wird. Von ihm stammen auch die bis heute gebräuchlichen Notationen für die trigonometrischen Funktionen, der Buchstabe e für die Basis des natürlichen Logarithmus, der griechische Buchstabe Σ (Sigma) für Summen und der Buchstabe i zur Bezeichnung der imaginären Einheit.[60] Die Verwendung des griechischen Buchstabens π zur Bezeichnung des Verhältnisses von Kreisumfang und -durchmesser (Kreiszahl) wurde ebenfalls von Euler popularisiert, obwohl sie ursprünglich auf den walisischen Mathematiker William Jones zurückgeht.[61]
Euler kann als einer der Begründer der Analysis angesehen werden. Wegen anhaltender Forschung war die Infinitesimalrechnung im 18. Jahrhundert auf dem Vormarsch. Insbesondere Eulers Freunde, die Bernoullis, waren für einen Grossteil der frühen Fortschritte auf diesem Gebiet verantwortlich. Dank ihres Einflusses wurde das Studium der Infinitesimalrechnung zum Hauptschwerpunkt von Eulers Arbeit.
Wegweisend waren vor allen Dingen sein Beweis der Taylor-Reihe der Exponentialfunktion
sowie seine Lösung des sog. Basler Problems:
Euler verwendete erstmals die Exponentialfunktion und Logarithmen in analytischen Beweisen und definierte sie erfolgreich für komplexe Zahlen. Dadurch wurde deren Anwendungsbereich stark erweitert.[60] Damit fand er die enge Beziehung zu den trigonometrischen Funktionen. Für jede reelle Zahl $ \varphi $ (im Bogenmass) besagt die Eulersche Formel, dass die komplexe Exponentialfunktion die Gleichung
erfüllt. Ein spezieller Fall der obigen Formel ist als die Eulersche Identität
bekannt.
Eulers Interesse an der Zahlentheorie lässt sich auf den Einfluss von Christian Goldbach, einem Freund in der Sankt Petersburger Akademie, zurückführen. Viele von Eulers frühen Arbeiten zur Zahlentheorie basieren auf den Werken von Pierre de Fermat. Euler entwickelte einige von Fermats Ideen und widerlegte manche seiner Vermutungen.
Euler verknüpfte die Natur der Primzahlverteilung mit Ideen aus der Analysis. Zum Beispiel bewies er, dass die Summe der Kehrwerte der Primzahlen divergiert. Dabei fand er die Verbindung zwischen der Riemannschen Zeta-Funktion und den Primzahlen; seine Entdeckung ist heute als Euler-Produktformel für die Riemannsche Zeta-Funktion bekannt. Er verwendete analytische Methoden, um ein gewisses Verständnis für die Verteilung der Primzahlen zu gewinnen. Eulers Arbeiten auf diesem Gebiet führten zur Entwicklung des Primzahlsatzes.[62]
Euler bewies den kleinen fermatschen Satz, Fermats Satz über die Summe zweier Quadrate, und er leistete wichtige Beiträge zu Lagranges Vier-Quadrate-Satz. Er führte auch die Eulersche Phi-Funktion ein. Mit Hilfe der Eigenschaften dieser Funktion verallgemeinerte er Fermats kleinen Satz zu dem, was heute als Satz von Euler bekannt ist. Er trug wesentlich zur Theorie der vollkommenen Zahlen bei, die die Mathematiker seit Euklid fasziniert hatten. Euler bewies, dass die von Euklid gezeigte Beziehung zwischen (geraden) vollkommenen Zahlen und Mersenne-Primzahlen sogar eins zu eins ist, ein Ergebnis, das als Euklid-Euler-Satz bekannt ist. Euler vermutete auch das Gesetz der quadratischen Reziprozität, das später durch Carl Friedrich Gauß bewiesen wurde. Dabei handelt es sich um eines der grundlegendsten Konzepte der Zahlentheorie. 1772 hatte Euler bewiesen, dass $ 2^{31}-1= $ 2.147.483.647 eine Mersenne-Primzahl ist. Sie galt bis 1867 als die grösste gefundene Primzahl.[63]
Nach Euler sind verschiedene Zahlen und Zahlenfolgen benannt, siehe dazu Eulersche Zahlen (Begriffsklärung).
Zu Eulers grössten Erfolgen gehören analytische Lösungen praktischer Probleme und die Beschreibung zahlreicher Anwendungen der Bernoulli-Zahlen, Fourier-Reihen, Euler-Zahlen, der Konstanten e und π, der Kettenbrüche und Integrale. Er integrierte die Differentialrechnung von Leibniz mit der Method of Fluxions (Newtons Beschreibung der Ableitung) und entwickelte Techniken, die die Anwendung der Mathematik auf physikalische Probleme erleichterten. Er machte grosse Fortschritte bei der Verbesserung der numerischen Approximation von Integralen. Die bemerkenswertesten dieser Annäherungen sind das explizite Euler-Verfahren und die Euler-Maclaurin-Formel. Er erkannte den Nutzen von Differentialgleichungen und führte die Euler-Mascheroni-Konstante ein:
die u. a. beim Zipfschen Gesetz, aber auch in zahlreichen weiteren Feldern, eine Rolle spielt. In anderen Arbeiten setzte Euler sich mit der Anwendung mathematischer Methoden in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften auseinander (zum Beispiel Bevölkerungswachstum,[64] Rentenrechnung, Lotterien,[65] Lebenserwartung und Lebensversicherung[66]). Wegen seiner Beiträge zur Populationsdynamik ist die Euler-Lotka-Gleichung zum Teil nach ihm benannt.
Im Jahr 1735[67] (1736 erschienen und 1741 veröffentlicht)[68] mit der Arbeit Solutio problematis ad geometriam situs pertinentis[69] präsentierte Euler eine Lösung für das Königsberger Brückenproblem. Die Stadt Königsberg in Preussen lag am Fluss Pregel und umfasste zwei grosse Inseln, die durch sieben Brücken miteinander und mit dem Festland verbunden waren. Das Problem besteht darin, zu entscheiden, ob es möglich ist, einen Weg zu wählen, der jede Brücke genau einmal überquert und zum Ausgangspunkt zurückkehrt. Das ist nicht möglich, da es keinen Eulerkreis für diesen Graphen gibt. Diese Lösung Eulers gilt als der erste Satz der Graphentheorie, insbesondere der planaren Graphentheorie.[70]
Euler entdeckte die Formel $ E-K+F=2 $ bezüglich Anzahl der Ecken (E), Kanten (K) und Flächen (F) eines konvexen Polyeders,[71] eines planaren Graphen. Die Konstante in dieser Formel wird heute als Euler-Charakteristik des Graphen (oder eines anderen mathematischen Objekts) bezeichnet und steht mit dem mathematischen Geschlecht des Objekts direkt in Zusammenhang.[72] Die Untersuchung und Verallgemeinerung dieser Formel, insbesondere durch Cauchy[73] und L’Huilier,[74] markierte den Beginn der Topologie.[75]
Euler wird die Verwendung geschlossener Kurven zur Veranschaulichung der syllogistischen Argumentation zugeschrieben. Diese Diagramme sind als Euler-Diagramme bekannt geworden. In den Briefen an eine deutsche Prinzessin 101 bis 108, die im Februar und März 1761 verfasst wurden, stellte Euler die heute als Venn-Diagramme bezeichneten Diagramme vor, obwohl das eine falsche Bezeichnung ist. Diagramme für mathematische Darstellungen in der Logik tauchten in einigen Abhandlungen des achtzehnten Jahrhunderts zu diesem Thema auf, und es ist möglich, dass Johann Heinrich Lambert sie kurz vor Eulers Briefen verwendete. In den Briefen 101 und 102 betonte Euler die Notwendigkeit einer disziplinierten Sprache bei der Darstellung allgemeiner Ideen und ihrer Erweiterung; er verwendete Kreise in Diagrammen, um verschiedene Formen von Syllogismen und hypothetischen Propositionen zu erklären.[76]
Euler hat sich in sehr vielen klassischen Gebieten der Physik verdient gemacht.
In Schriften wie Mechanica, sive motus scientia analytica exposita (1736) und Theoria motus corporum solidorum seu rigidorum (1765) wandte Euler die Mathematik auf Fragen der Physik an. Am 3. September 1750 las er vor der Berliner Akademie der Wissenschaften ein Mémoire, in dem er das Prinzip «Kraft gleich Masse mal Beschleunigung» im Kontext der «Eulerschen Gleichung der Starrkörper-Rotation» als eigene und neue Entdeckung vorstellte.[77]
Im Jahr 1757 veröffentlichte er wichtige Gleichungen, die den Fluss reibungsfreier elastischer Fluide beschreiben. Diese sind heute als Euler-Gleichungen der Strömungsmechanik bekannt. Ausserdem arbeitete Leonhard Euler in der Mechanik auf den Gebieten der Turbinengleichung und der Kreiseltheorie (Eulersche Kreiselgleichungen).
Die erste analytische Beschreibung der Knickung eines mit einer Druckkraft belasteten Stabes geht auf Euler zurück; er begründete damit die Stabilitätstheorie. Er half bei der Entwicklung der Euler-Bernoulli-Balkengleichung, die zu einem Eckpfeiler des Ingenieurwesens wurde. Abgesehen von der erfolgreichen Anwendung seiner analytischen Werkzeuge auf Probleme der klassischen Mechanik wandte Euler diese auch in der Astronomie an – diese Arbeiten wurden im Laufe seiner Karriere durch eine Reihe von Preisen der Pariser Akademie anerkannt. Zu seinen Errungenschaften gehören die genaue Bestimmung der Bahnen von Kometen und anderen Himmelskörpern, das Verständnis der Natur von Kometen und die Berechnung der Sonnenparallaxe.[78] Seine Berechnungen trugen zur Entwicklung präziser Längengradtabellen bei.[79]
In der Optik veröffentlichte er Werke zur Wellentheorie des Lichts und zur Berechnung von optischen Linsen zur Vermeidung von Farbfehlern. Er widersprach Newtons Korpuskeltheorie des Lichts, die damals vorherrschend war, in den Opticks.[80] Seine Arbeiten zur Optik aus den 1740er-Jahren trugen dazu bei, dass die von Christiaan Huygens vorgeschlagene Wellentheorie des Lichts zur vorherrschenden Denkweise wurde[81], zumindest bis zur Entwicklung der Quantentheorie des Lichts.[82]
1745 übersetzte Euler das Werk New principles of gunnery des Engländers Benjamin Robins ins Deutsche, wobei er dessen Umfang stark erweiterte. Somit wurde dank Robins und mit Eulers Hilfe «das erste Lehrbuch der Ballistik» geschaffen. Es wurde zum Beispiel in Frankreich (in französischer Übersetzung) als offizielles Lehrbuch in den Militärschulen eingeführt. Napoleon Bonaparte musste es als Leutnant studieren.[83]
Weniger bekannt sind seine Arbeiten zum Stabilitätskriterium von Schiffen, in denen er das bereits erworbene, aber wieder verlorengegangene Wissen von Archimedes erneuerte.[84]
Auch im Bereich der Musik beruhten Eulers Gedanken hauptsächlich auf der Mathematik. Obwohl seine Schriften über Musiktheorie nur einen kleinen Teil seiner Arbeit ausmachen (einige hundert Seiten, bei einer Gesamtproduktion von etwa 30 000 Seiten), spiegeln sie dennoch ein bereits früh gewecktes Interesse wider, das ihn sein ganzes Leben lang nicht mehr verlassen hat.[85] Einer seiner Schwerpunkte war die Zuordnung eines «Grades der Lieblichkeit» zu Mehrklängen wie musikalischen Intervallen oder auch Akkorden wie Dreiklängen. Dieser kann abstrakt als zahlentheoretische Funktion aufgefasst werden und impliziert mit steigenden Werten eine erhöhte Komplexität (also fallende Annehmlichkeit) des Klangs.[86]
Besondere Bedeutung in der breiten Öffentlichkeit erlangte seine populärwissenschaftliche Schrift Lettres à une princesse d’Allemagne von 1768, in der er in Form von Briefen an die Prinzessin Friederike Charlotte von Brandenburg-Schwedt, eine Nichte Friedrichs II., die Grundzüge der Physik, der Astronomie, der Mathematik, der Philosophie und der Theologie vermittelt.[87] Darüber hinaus widmete er sich Aufgaben der Schachmathematik, zum Beispiel dem Springerproblem.[88] Er ist der Erfinder des lateinischen Quadrats, einer Vorform des Sudoku.[89]
Euler und sein Freund Daniel Bernoulli lehnten beide die Monadologie von Leibniz und die Philosophie von Christian Wolff ab.[90] Euler war davon überzeugt, dass Wissen (zumindest in Teilen) auf präzisen quantitativen Gesetzen beruht, etwas, was die Monadologie und die Wolffsche Wissenschaft nicht zu leisten vermochten. Eulers religiöse Neigungen könnten einen Einfluss auf seine Abneigung gegen diese Lehre gehabt haben; er ging sogar so weit, Wolffs Ideen als «heidnisch und atheistisch» zu bezeichnen.[91] Eine religiöse Überzeugung im Sinne des reformierten Glaubens wurde auch in seiner Grabrede betont.[92] Dies macht verständlich, dass er und der Aufklärer Voltaire, zeitgleich am preussischen Hof, keinen Konsens bezüglich Weltanschauung fanden.
In einem Brief vom August 1736 an den Danziger Mathematiker Karl Leonhard Gottlieb Ehler begann Euler, der wissenschaftliche Streitigkeiten meist vermied, vorsichtig mit der Kritik an Christian Wolffs Philosophia prima sive ontologia (1729), Cosmologia generalis (1731) und der «Theorie der positiven und negativen Unendlichkeit», die in der letzten Ausgabe von Elementa matheseos universae (1710) gegeben wurde.[93] Er akzeptierte nicht die Art und Weise, wie Wolff bei Verwendung der Regel von de L’Hospital den Ausdruck $ {\tfrac {0}{0}} $ interpretierte. Er stimmte zwar mit Leibniz und Wolff darin überein, dass infinitesimale Grössen «absolute Nullen» sind (diese Anschauung Eulers war ein Resultat von dessen «Nullenrechnung»[94]), aber er war formal der Auffassung, dass das Verhältnis $ {\tfrac {0}{0}} $ nur in besonderen Situationen eine feste «endliche Zahl» darstellt. Michael Segre zeigt, dass Euler dieses Problem später in seiner Institutiones calculi differentialis (1755) über die Schlussfolgerung $ n\cdot 0=0 $ und damit $ n\cdot 1={\tfrac {0}{0}} $ aufgriff.[95]
Vieles von dem, was über Eulers religiöse Überzeugungen bekannt ist, lässt sich aus seinen Briefen an eine deutsche Prinzessin und einem früheren Werk, der Rettung der Göttlichen Offenbahrung Gegen die Einwürfe der Freygeister, ableiten. Diese Werke zeigen, dass Euler ein gläubiger Christ war, der die Bibel als wegweisend empfand; die Rettung war in erster Linie ein Argument für die göttliche Verbalinspiration.[96] Euler war in aktiven Funktionen in der reformierten Gemeinde tätig.[97]
Es gibt eine berühmte Anekdote,[98] die von Eulers Auseinandersetzungen mit säkularen Philosophen über Religion inspiriert wurde und die während Eulers zweiter Amtszeit an der Sankt Petersburger Akademie spielt. In dieser soll Euler gegenüber Denis Diderot als Gottesbeweis die non sequitur: «Mein Herr! $ {\tfrac {a+b^{n}}{n}}=x $, also existiert Gott. Antworten Sie mir!» vorgebracht haben, woraufhin dieser nichts erwidern konnte und Russland gedemütigt verliess. Die Anekdote ist apokryph, da Diderot selbst in der Mathematik forschte.[99] Die Legende wurde offenbar zuerst von Dieudonné Thiébault erzählt (in seinem Buch Mes souvenirs de vingt ans de séjour à Berlin im Jahr 1801[98]), mit weiteren starken Verzierungen durch Augustus De Morgan.[100][101] Dies geschah möglicherweise, um die religiösen Überzeugungen Eulers hervorzuheben.[98] Für den angeblichen Vorfall liegen jedoch keine zeitgenössischen Quellen vor.[102]
Euler unterhielt umfangreiche Kontakte und Korrespondenz mit vielen der bedeutendsten mathematischen Wissenschaftler der damaligen Zeit, darunter Christian Goldbach, Alexis Clairaut, Jean d’Alembert, Joseph Louis Lagrange und Pierre Simon Laplace. Es gab eine freundschaftliche Korrespondenz zwischen Euler und Goldbach sowie Euler und Clairaut, die sich mit aktuellen Problemen der Zahlentheorie, der mathematischen Analysis, der Differentialgleichungen, der Strömungsmechanik und der Himmelsmechanik befassten. Weder Meinungsverschiedenheiten noch Ansprüche des einen gegen andere dominierten den Austausch. Sie diskutierten vielmehr alle mathematischen Ideen und Probleme offen, oft schon deutlich vor ihrer Veröffentlichung.
Besonders Euler in Berlin und d'Alembert in Paris hatten über viele Jahre eine umfangreiche mathematische Korrespondenz. Im Jahre 1757 hatten sie dabei schliesslich doch eine starke Meinungsverschiedenheit, die zu einer Entfremdung darüber führte, ob diskontinuierliche oder nichtdifferenzierbare Funktionen zulässige Lösungen des Schwingsaitenproblems sind. Auch über die Theorie der Präzession, der Tagundnachtgleichen und der Nutation der Erdachse gab es zwischen ihnen einen Prioritätsstreit. Nachdem d'Alembert 1763 Euler in Berlin besuchte, wurde ihr Verhältnis jedoch wieder vertrauter. 1759 beteiligte sich der junge Lagrange mit einem kontroversen Artikel, der sowohl von Euler als auch von d'Alembert kritisiert wurde, an der Diskussion der Lösungen. Lagrange schloss sich jedoch den meisten von Eulers Ansichten an. 1761 versuchte Lagrange, den Kritiken von d'Alembert und anderen zu begegnen, indem er eine andere Behandlung des Problems der schwingenden Saiten vorsah. Die Debatte dauerte weitere zwanzig Jahre, ohne dass eine Lösung gefunden wurde. Die strittigen Fragen wurden erst gelöst, als Joseph Fourier das Thema im nächsten Jahrhundert aufgriff.
Obwohl Euler einen wichtigen und wegweisenden Beitrag zur Variationsrechnung leistete, machte Lagrange im Alter von 19 Jahren die erste Formulierung der Gleichungen der analytischen Dynamik nach den Prinzipien der Variationsrechnung, und sein Ansatz war Eulers semi-geometrischen Methoden überlegen. So führte das klassische Euler-Lagrange-Variationsproblem der Bestimmung des Extremwertes einer Funktionalanalyse zu der berühmten Euler-Lagrange-Gleichung.[103]
Die wissenschaftliche Korrespondenz fusste in erster Linie auf zahlreichen Briefen. Besonders regen Austausch gab es mit Jean d’Alembert (mind. 39 Briefe), Daniel Bernoulli (mind. 100 Briefe), Johann I Bernoulli (mind. 38 Briefe), Alexis Clairaut (mind. 61 Briefe), Christian Goldbach (mind. 196 Briefe) sowie Pierre Louis Maupertuis (mind. 129 Briefe, davon 124 von Euler).[104]
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Legende in oberer Graphik:[105]
A: 1738 erkrankte Euler schwer und verlor die Sehkraft seines rechten Auges.
B: Im Januar 1745 wurde die Berliner Akademie eröffnet, und Euler, der sich seit 1741 in Berlin aufhielt, hatte als Direktor der Mathematischen Klasse viele administrative Arbeiten zu erledigen. Zudem erkrankte er in diesem Jahr ernsthaft.
C: In die Jahre 1751/52 fällt die aufreibende Kontroverse Maupertuis’ mit J. S. Koenig, die den «Akademiestreit» zur Folge hatte.
D: 1753 lässt sich Maupertuis beurlauben und reist nach Frankreich. Euler obliegt – inoffiziell zwar, aber de facto – die Leitung der Akademie.
E: Der Siebenjährige Krieg (1756–1763) unterbindet – in der ersten Hälfte wenigstens – weitgehend den Postverkehr.
F: Eulers Zerwürfnis mit Friedrich II., das schliesslich
G: 1766 zur Abreise Eulers nach Petersburg führt.
H: Euler hat sich neu einzurichten, stark behindert durch den sich verschlimmernden Star am linken Auge.
J: 1771 gänzlicher Verlust der Sehkraft (vollständige Erblindung).
Eulers Ansehen und Einfluss galten schon zu seinen Lebzeiten als äusserst gross. Etwa zwei Jahrzehnte lang war er der «geistige Führer der gebildeten Kreise» im protestantischen Teil Deutschlands. Wichtige Dienste leistete er als «goldene Brücke zwischen zwei Akademien», wovon seine Korrespondenzen ein ebenso eindrückliches Zeugnis ablegen wie die Tatsache, dass während seiner Berliner Zeit 1741–1766 in den Petersburger Akten (den Zeitschriftenbünden der Akademie) 109 Publikationen aus seiner Feder stammten, gegenüber 119 in den Memoires der Preussischen Akademie. Insgesamt gewann Euler zwölf internationale Akademiepreise, die acht Preise seiner Söhne Johann Albrecht (7) und Karl (1), zu denen er entscheidende Beiträge leistete, nicht mitgerechnet. Ludwig XVI. schenkte ihm für seine zweite Schiffstheorie 1000 Rubel, und Katharina II. bescherte ihn mit dem doppelten Betrag.[106]
Eulers erste Mondtheorie hatte eine nicht zu unterschätzende praktische Konsequenz: der Göttinger Astronom Tobias Mayer stellte 1755 nach Eulers Formeln Mondtafeln zusammen, die gestatteten, die Position des Erdtrabanten und damit die geographische Lange eines Schiffes auf hoher See mit einer damals in der Navigationslehre noch nie erreichten Exaktheit zu bestimmen. Das britische Parlament hatte 1714 einen beachtlichen Geldpreis für die Längenbestimmung auf hoher See unterhalb einer Fehlergrenze von einem halben Grad ausgesetzt. Dieser Preis wurde erstmals 1765 vergeben: die Witwe Mayers erhielt 3000 Pfund, und Euler für die den Mayerschen Tafeln zugrunde gelegte Theorie 300 Pfund. Diese Mondtafeln wurden in alle Navigationsalmanache aufgenommen und die Methode mehr als ein Jahrhundert lang in der Seefahrt genutzt.[107]
Pierre-Simon Laplace soll zu seinen Schülern gesagt haben:
„Lisez Euler, c’est notre maître à tous!“
„Lest Euler, er ist unser aller Meister!“
Eulers Bücher, die sich nach Emil Fellmann «durchweg durch höchstes Streben nach Klarheit und Einfachheit auszeichnen» und die «ersten eigentlichen Lehrbücher im modernen Sinne darstellen», etablierten Euler nicht nur «zum Lehrer Europas seiner Zeit», sondern bis tief ins 19. Jahrhundert hinein: die Werke Bernhard Riemanns trügen so beispielsweise «unverkennbare Eulersche Züge». Henri Poincaré berichtet, dass nach Theodore Strong «Euler der Gott der Mathematik sei, dessen Tod den Niedergang der mathematischen Wissenschaften markiere».[106]
Im Gegensatz dazu stiessen Eulers Lehren «zweier Materien», einer «groben» und einer «subtilen», auf welche alle Erscheinungen zurückzuführen seien, im 19. Jahrhundert auf Ablehnung. Entsprechend wurden sie in dieser Zeit nicht weiter verfolgt. Eulers Gedanken zu so einer Dualität wurden posthum in seiner Anleitung zur Naturlehre veröffentlicht. Dabei sei die «grobe Materie» für «diverse Stoffe» (deren genaue Untersuchung Euler der Chemie überliess) und die «subtile Materie» (ein Äther) für Schwerkraft, Elektrizität, Magnetismus und Optik verantwortlich. Es gilt jedoch als möglich, dass Bernhard Riemann die Anleitung studierte und von ihr beeinflusst war.[109]
Die Schriften Eulers sollen einen ganz besonderen Einfluss auf Carl Gustav Jacobi gehabt haben, einen der bedeutendsten Mathematiker des 19. Jahrhunderts. Er sammelte Bücher Eulers, studierte diese voller Eifer, und bemerkte 1849 in einem Brief an seinen Bruder:
„Es ist wunderbar, dass man noch heute jede seiner Abhandlungen nicht bloß mit Belehrung, sondern mit Vergnügen liest.“
Vergeblich versuchte er, die 1783 und 1785 in Petersburg erschienenen beiden Bände Opuscula analytica Eulers zu erhalten. Als Eulers Urenkel Paul Heinrich von Fuss ihm die Bände aus Petersburg sandte, antwortete Jacobi ihm am 3. Mai 1841 in einem Brief:
„Ich sah sie [die beiden Bände] zuerst vor zwei Jahren bei Crelle und entdeckte gleich etwas, was Dirichlet und ich bisher für unser Eigenthum gehalten hatten; anderes, indem es alte Ideen von mir befruchtete, kann mich vielleicht zu einer interessanten Entdeckung führen.“
Die Eulerschen Schriften wurden für Jacobi eine «Fundgrube der Anregung» und seine Resultate und Methoden führten Jacobi zu neuen «scharfsinnigen Entdeckungen».[111] Dies bezieht sich vor allen Dingen auf das von Jacobi gefundene Tripelprodukt, welches er als das «wohl das wichtigste und fruchtbarste, was [er] in reiner Mathematik erfunden habe» bezeichnete.[112] Dieses ist eine direkte Verallgemeinerung des Eulerschen Pentagonalsatzes und zieht wichtige Konsequenzen für die Theorie der Thetafunktionen nach sich.
Carl Friedrich Gauß lobte Eulers Arbeit und betonte ihren Wert für kommende Generationen von Mathematikern:
„Von keinem anderen Mathematiker älterer und neuerer Zeit kann man eine solche fast unbegreifliche Schnelligkeit in den schwierigsten Arbeiten bei einer solchen unerschöpflichen Fruchtbarkeit an neuen Ideen und Hilfsquellen rühmen. Alle Teile der Mathematik bearbeitete er, und die meisten erhielten unter seinen Händen eine ganz neue Gestalt.“
Aus Sicht der heutigen Wissenschaftshistorie wird Leonhard Euler einschlägig eine sehr bedeutende Rolle bezüglich Fortschritt von Mathematik und Technik eingeräumt. Bezüglich seiner nicht mitunter strengen Ausführung analytischer Techniken werden jedoch vereinzelt «logische Lücken» moniert. Insbesondere sein Umgang mit dem unendlich Grossen stiessen auf Kritik, obgleich ihm wegen der trotz allem vielen korrekten Endergebnisse öfters eine grosse «analytische Kraft» zugesprochen wird.
Ronald Calinger ordnet das Phänomen Euler und seine Leistungen wie folgt in die Geschichte der Wissenschaft ein: In der Mathematik wurden mit Beginn der Aufklärung nur wenige grosse neue Errungenschaften oder grundlegende Innovationen erwartet. Das 17. Jahrhundert – als die meisten Fachleute auf diesem Gebiet aus der Aristokratie kamen oder Positionen in Medizin, Recht oder Religion innehatten – galt als ein «goldenes Zeitalter» der Mathematik. Mitte des Jahrhunderts hatten René Descartes und Pierre de Fermat unabhängig das geschaffen, was heute als analytische Geometrie bezeichnet wird. Diese Periode gipfelte in den Anfängen der Differentialrechnung in der Method of fluxions von Newton und dem Werk von Gottfried Wilhelm Leibniz. Viele gingen nun davon aus, dass es nur noch wenig von allgemeiner Bedeutung zu verfolgen gäbe. Doch andere Gelehrte erwarteten stattdessen eine «fruchtbare Ära» nicht nur in der Analysis, einschliesslich der Schaffung ihrer Kernzweige, sondern auch in der gesamten Mathematik – sowohl in Theorie als auch in Anwendung. Vor allem die umfangreichen Forschungen und Schriften Leonhard Eulers sollten sicherstellen, dass all dies geschehen würde.
Angetrieben von «enormer Energie», einer «Leidenschaft für die Mathematik» und die exakten Wissenschaften, einem «Engagement» für den Aufbau einer «starken institutionellen Basis» für diese Felder, und einer «beharrlichen Verteidigung» des reformierten Christentums, verfolgte Euler seit seiner Zeit in Basel mit Ausnahme einiger schwerer Fieberschübe «fleißig» ein «immenses Forschungs-, Rechen- und Schreibprogramm» in reiner und angewandter Mathematik und verwandten Feldern. Allein im Kalkül der Differentialrechnung lieferte er Hunderte von Entdeckungen und Beweisen, zusammen mit vielen «furchtlosen» Berechnungen zur Vereinfachung und Verdeutlichung von Techniken für Differentialrechnung, unendlichen Reihen und Integralrechnung. Er war der Haupterfinder der Kernzweige von Differentialgleichungen in einer semi-geometrischen analytischen Form und (zusammen mit Lagrange) später der analytischen Variationsrechnung. In Hunderten von Artikeln und einer Analysis-Trilogie, beginnend mit der zweibändigen Introductio in analysin infinitorum (Einführung in die Analyse des Unendlichen, E101 und E102, 1748), legte Euler Grundlagen: diese wurden von ihm «methodisch arrangiert», «ausgearbeitet» und «als Kalkül vermittelt». Er legte damit den Grundstein für das anfängliche Programm für die Entwicklung der Infinitesimalrechnung. Als ein primäres Ergebnis seiner Studien verdrängte die Analysis die euklidische Geometrie von ihrer zwei Jahrtausende währenden Vorherrschaft in der Mathematik und war das Vorbild für die Vernunft im esprit géométrique der Epoche. In der reinen Mathematik tat Euler mehr: er leistete «wesentliche Fortschritte» in Zahlentheorie, Algebra, Kombinatorik, Graphentheorie, Wahrscheinlichkeitsrechnung, Topologie und Geometrie, wie auch Pionierarbeit der Differentialgeometrie von Oberflächen. Auch in den exakten Wissenschaften der Mechanik, Optik und Astronomie war Euler «tief verwurzelt» und leistete Beiträge zur angewandten Mathematik, die in ihrer Kombination von Umfang und Tiefe «ihresgleichen suchten».[114]
Nach Einschätzung von Alexander Gelfond war für Leonhard Euler die Mathematik «unzertrennlich mit ihren Anwendungen verbunden». Bei der Suche nach einem Algorithmus zur Lösung von Aufgaben hätten «an erster Stelle Methoden, die mit bequemsten, praktischen und einfachsten Operationen zum Ziel führten» gestanden. Euler habe in der Mathematik ein «mächtiges Hilfsmittel», das zum Aufsuchen von Lösungsalgorithmen «unumgänglich» ist, gesehen. Dies hätte stets im Vordergrund gestanden und habe «die algebraische und konstruktive Färbung» der Methoden die Euler in die Analysis einführte, bestimmt.
Bezüglich des Begriffs des Unendlichen führe Euler «statt irgendwelchen exakten Definitionen lange philosophische Erläuterungen» durch, die «das Wesen der Frage nicht erhellen». Er mache jedoch im Umgang mit unendlich wachsenden oder abnehmenden Grössen «keine Fehler», weil er stets die «Schnelligkeit des Anwachsens oder Abnehmens» dieser Grössen beachtet, wenn sie ihm z. B. in Form von Verhältnissen begegnen. An verschiedenen Stellen spreche «er auch über das Unendliche unendlich großer Ordnung im Vergleich zu einem andern Unendlich». So sage er beispielsweise in der Arbeit De summa seriei ex numeris primis formatae, dass «das Unendliche, das durch die Reihe
entsteht der Logarithmus desjenigen Unendlichen ist, das durch die harmonische Reihe
repräsentiert wird». Somit sei «die zweite Unendlichkeit von unendlich höherer Ordnung als die erstere». Aufkommende Probleme mit fehlender Konvergenz (etwa bei Werten der Riemannschen Zeta-Funktion an negativen Stellen) habe er stets «umgangen», indem er unter anderem «die sogenannte Abelsche Summationsmethode verwendet» und somit «um ein Jahrhundert vorweggenommen» habe.[115] Detlef Laugwitz bemerkt in diesem Kontext die Gewohnheit Eulers, Gleichheiten wie
oder auch
verwendet zu haben (wobei hier $ \Omega $ «größer als jede endliche Zahl ist»), was «zu mancher Kritik Anlass gegeben» habe.[116] Emil Fellmann verweist wegen Eulers Schwächen bezüglich des Umgangs mit dem Unendlichen auf das Fehlen einer axiomatischen Einführung der reellen Zahlen:
„Gewiss hat man oftmals – fast immer zu Unrecht – auf vermeintlich eindeutige Schwächen im Werk Eulers hingewiesen, hauptsächlich auf das angeblich unzulässige Umspringen mit dem Begriff des Unendlichen, sei es im Grossen (Reihentheorie) wie auch im Kleinen. Um Konvergenz- und Stetigkeitskriterien im modernen Sinne wie auch um die logisch exakte und geschlossene Fundierung der Analysis im Sinne der ars demonstrandi eines Cauchy, Bolzano oder Weierstrass konnte er sich gar nicht kümmern, da ein (im heutigen Sinne) strenger Beweis etwa fur das Cauchysche Konvergenzkriterium erst nach einer Definition der reellen Zahlen – also frühestens 1870 – ermöglicht wurde. Euler verliess sich – nur vereinzelt erfolglos – auf seine erstaunliche Instinktsicherheit und algorithmische Kraft.“
Thomas Sonar hebt in besonderer Weise die Bedeutung der Eulerschen «Nullenrechnung» als grosse Leistung hervor. Diese sei von Euler «zur höchsten Perfektion» gebracht worden. Dabei bezieht sich Sonar unter anderem auf Leibnizsche Beiträge zur Bewegungslehre, in der von «Rudimenten und Anfängen von Linien und Figuren» die Rede ist, welche «kleiner als jede angebbare Größe» sind.[118] Auf «virtuose» Weise gelänge es Euler mit diesem Werkzeug, als richtig bekannte unendliche Reihen für die Exponentialfunktion und den Logarithmus, aber auch Ableitungen wie
herzuleiten.[119]
Der Wissenschaftshistoriker Emil Fellmann nennt bezüglich des Phänomens der Produktivität und Arbeitsweise Eulers drei Schlüsselkomponenten. Erstens hätte Euler «die Gabe eines wohl einmaligen Gedächtnisses» besessen. Was Euler je gehört, gesehen oder geschrieben hatte, scheint sich «ihm für immer fest eingeprägt» zu haben. Davon gebe es «unzählige zeitgenössische Zeugnisse». Noch in hohem Alter solI er beispielsweise «seine Familienangehörigen, Freunde und Gesellschaften mit der wortgetreuen Rezitation jedes beliebigen Gesanges aus Vergils Aeneis entzückt haben, und Protokolle der Akademiesitzungen kannte er nach Jahrzehnten noch auswendig – von seinem Gedächtnis für mathematische Belange ganz zu schweigen». Als zweiten Punkt hebt Fellmann Eulers «seltene Konzentrationsfähigkeit» hervor. Lärm und Betrieb in seiner unmittelbaren Umgebung hätten ihn «kaum in seiner Gedankenarbeit gestört». Das Zitat: «Ein Kind auf den Knien, eine Katze auf dem Rücken, so schrieb er seine unsterblichen Werke» soll von Dieudonné Thiébault überliefert sein. Der dritte Schlüssel bestehe «ganz einfach in steter, ruhiger Arbeit».[120]
Nach Leonhard Euler sind mehrere Mathematikpreise benannt. So wird seit 1991 von der Russischen Akademie der Wissenschaften die Leonhard-Euler-Goldmedaille für besonders herausragende Leistungen in den Bereichen Mathematik und Physik verliehen. Für besondere Leistungen im Bereich Kombinatorik verleiht das Institute of Combinatorics and its Applications seit 1993 jährlich die sog. Euler-Medaille.
Ebenfalls nach Leonhard Euler benannt ist der Euler Book Prize, der jährlich von der Mathematical Association of America für «ein hervorragendes Buch über Mathematik» vergeben wird.[121]
Zu seinem 200. Todesjahr 1983 veranstaltete die Technische Universität Berlin ein Euler-Kolloquium, in welchem unter anderem Emil Fellmann, Erhard Heinz, Olli Lehto und Kurt Strebel Vorträge hielten.[122]
Anlässlich seines 300. Geburtstages widmete das Landesmuseum Braunschweig Leonhard Euler eine Ausstellung und Vortragsreihe. Dabei ging es «in der Erforschung, Darstellung und Vermittlung von wissenschaftsgeschichtlichen Fragestellungen um Kooperation unterschiedlicher Fachrichtungen, für die sich das «Projekt Euler» in hervorragender Weise angeboten habe.»[123] Ferner heisst es im Ausstellungsbericht:
„Euler war nicht nur herausragender Wissenschaftler mit internationaler Bedeutung, sondern darüber hinaus auch eine Persönlichkeit, die bereits im 18. Jahrhundert ein mit den Wissenschaftszentren Europas eng verbundenes Leben führte.“
Andere Ausstellungen veranstalteten u. a. die Universität Basel[125] und die Universität Würzburg.[126]
Die Eulersche Identität in der Form $ \mathrm {e} ^{\mathrm {i} \pi }+1=0 $ wurde vom Nobelpreisträger Richard P. Feynman als «die bemerkenswerteste Formel in der Mathematik» bezeichnet wegen ihrer genau einmaligen Verwendung von Addition, Multiplikation, Potenz und Gleichheit sowie der einmaligen Verwendung der wichtigen Konstanten 0, 1, e, i und π.[127] 1988 wählten die Leser des Mathematical Intelligencer sie (in der Form $ \mathrm {e} ^{\mathrm {i} \pi }=-1 $) zur «schönsten mathematischen Formel aller Zeiten». Insgesamt war Euler für drei der fünf besten Formeln dieser Umfrage verantwortlich: gleich auf Platz zwei rangierte der Polyedersatz und auf Platz fünf das Basler Problem[128]
Euler ist Namensgeber des sog. Project Euler, einer Website, auf der eine Reihe von Problemen gestellt sind, welche zumeist mittels mathematischer Programmierung gelöst werden müssen. Ziel des Projektes ist es interessierte Menschen dabei zu unterstützen, spielerisch Programmierkenntnisse zu vertiefen oder bereits gelerntes aufzufrischen.
Die Euler-Scheibe (englisch Euler’s Disc) ist ein physikalisches Spielzeug für die Demonstration der Energiedissipation einer rotierenden Scheibe. Die Scheibe wurde etwa 1987 von Joe Bendik erfunden, die dieser nach Leonhard Euler benannte, weil Euler sich bereits mit mathematischen Aspekten dieses physikalischen Problems beschäftigt hatte.[129]
Ebenfalls nach Euler benannt ist das Leonhard-Euler-Teleskop, ein Spiegelteleskop mit 1,2-m-Apertur der Sternwarte Genf am La-Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte.
Von Leonhard Euler entwickelte Methoden oder Ideen, die seinen Namen tragen, sind:
Gleichungen:
Formeln:
Sätze und Theoreme:
Konstanten und Zahlenfolgen:
Vermutungen:
Funktionen und (mathematische) Verfahren:
Geometrie und Topologie:
Graphentheorie:
Musiktheorie:
Physik und Mechanik:
Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika erinnert mit einem Gedenktag am 24. Mai an Leonhard Euler, gemeinsam mit Nikolaus Kopernikus.[130]
In Basel wurde 1875 zu Ehren von Leonhard Euler beim Eingang des Bernoullianums eine Büste aufgestellt.[131] Auf einer Texttafel wird darauf hingewiesen, dass das Bernoullianum in den Jahren 1872–1874 von Johann Jakob Stehlin der Jüngere (1826–1894) zur 400-Jahrfeier der Universität für die Naturwissenschaftlichen Disziplinen auf dem Areal des 1530 errichteten Wasenbollwerks erbaut wurde.[132]
An seine Tätigkeit und sein damaliges Wohnhaus in Berlin erinnert eine Gedenktafel an der Behrenstraße 21/22, dem heutigen Haus der Bayerischen Vertretung in Berlin, die 1907 angebracht wurde.
Seit 1976 zeigte die Vorderseite der 10-Schweizer-Franken-Banknote das Porträt Eulers. Das Motiv den Scheins auf der Rückseite zeigte eine Wasserturbine (eine solche mit hohem Wirkungsgrad wurde von Euler erstmals konstruiert), unser Sonnensystem und der Strahlengang in einem Linsensystem. In der in den 1980er-Jahren entworfene Reserveserie (sog. Geheimreserve, die im Falle massenhafter Fälschungen im Umlauf gekommen wäre), war Leonhard Euler ebenfalls auf dem 10 Franken Schein abgebildet. Allerdings änderte sich sowohl Porträt als auch Motiv. Auf dem Reserveschein sind die Gammafunktion, das Sonnensystem und im Hintergrund eine Zahlentabelle abgebildet.
Weiterhin sind zu seinen Ehren ein Mondkrater (der Krater Euler) und der Asteroid (2002) Euler benannt. Letzteres geschah im Jahr 2002 in Anerkennung «seiner Beiträge zur Mathematik und den Wissenschaften».[133]
Das Leonhard-Euler-Teleskop ist ein Spiegelteleskop der Sternwarte Genf am La-Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte in Chile.[134][135]
Auch eine Software für numerische und symbolische Berechnungen (Euler Math Toolbox) trägt seinen Namen. Die Pflanzengattung Euleria Urb. aus der Familie der Sumachgewächse (Anacardiaceae) wurde 1925 nach ihm benannt.[136]
Leonhard Euler wurde mehrfach auf Briefmarken geehrt: in der Schweiz 1957 und 2007,[137] in der DDR 1950, 1957 und 1983 und in der Sowjetunion 1983. 2007 wurde in Russland eine Gedenkmünze zu Ehren Eulers herausgegeben.
DDR-Briefmarke anlässlich des 200. Todestages (1983)
Unter anderem in Basel und Berlin wurden Strassen nach Leonhard Euler benannt.[138]
Euler veröffentlichte rund zwei Dutzend Bücher und 500 wissenschaftliche Aufsätze. Der deutsche Mathematiker Ferdinand Rudio (1856–1929) initiierte die Herausgabe von Eulers sämtlichen Werken. Zu Lebzeiten Rudios wurden mehr als 30 Bände publiziert. Bis 2013 sind über 70 Einzelbände erschienen, ausserdem vier Bände aus dem umfangreichen Briefwechsel. Die Arbeiten erscheinen in der Originalsprache, meist Französisch oder Latein.
Die gesammelten Werke werden seit 1911 als Opera Omnia im Birkhäuser (Springer) Verlag herausgegeben durch die Euler-Kommission, die von Ferdinand Rudio gegründet wurde. Damals waren auch Adolf Krazer, Rudolf Fueter, Heinrich Weber, Paul Stäckel und Karl von der Mühll an der Herausgabe beteiligt. Zu den späteren Herausgebern von Einzelbänden gehörten Ludwig Schlesinger, Friedrich Engel, Andreas Speiser, Clifford Truesdell (Physik, Mechanik, der ganze Band 11-1 ist eine Geschichte der Elastizitätstheorie im 17. und 18. Jahrhundert, verfasst von Truesdell),[139] Alexander Michailowitsch Ljapunow, Georg Faber, August Gutzmer, Carl Boehm, Constantin Carathéodory, Henri Dulac, Max Herzberger, Emile Cherbuliez, Charles Blanc und Eric Aiton (Physik). Hauptherausgeber nach Rudio waren Andreas Speiser (ab 1928), Walter Habicht (ab 1965) und seit 1985 Hans-Christoph Im Hof. Weitere Herausgeber waren unter anderem Emil Fellmann, Adolf Juschkewitsch, Henri Dulac, Pierre Costabel, René Taton, Wladimir Iwanowitsch Smirnow, Alot T. Grigorjan, Joachim Otto Fleckenstein, Johann Jakob Burckhardt, Gleb K. Mikhailov, Franz Lemmermeyer, Andreas Kleinert und Martin Mattmüller.
Die Edition besteht aus
Beim Briefwechsel sind im Rahmen der Opera Omnia erschienen:
Ausserdem sind ausserhalb der Opera Omnia folgende Briefwechsel erschienen:
Paul-Heinrich Fuss veröffentlichte 1845 Teile des Briefwechsels von Euler mit Goldbach, Nikolaus Fuss, Johann I, Nikolaus und Daniel Bernoulli. Im Band 14 der Werkausgabe von Lagrange ist auch der Briefwechsel mit Euler.[142]
Über Euler
Von Euler
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NAME | Euler, Leonhard |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Mathematiker und Physiker |
GEBURTSDATUM | 15. April 1707 |
GEBURTSORT | Basel |
STERBEDATUM | 18. September 1783 |
STERBEORT | Sankt Petersburg |