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Als '''heuslersche Legierungen''', benannt nach [[Friedrich Heusler]], werden in der [[Metallkunde]] [[Legierung]]en bezeichnet, die als wesentlichen Bestandteil eine Heusler-Phase enthalten. Heusler-Phasen sind [[intermetallische Phase]]n mit spezieller Zusammensetzung und Gitterstruktur.<ref>G. Sauthoff: Intermetallics, Wiley-VCH, Weinheim 1995, S. 83 u. 90.</ref> Sie sind [[Ferromagnetismus|ferromagnetisch]], obwohl die darin enthaltenen [[Legierungselement]]e diese Eigenschaft nicht aufweisen. Heusler beschrieb dieses Phänomen 1903 zuerst an Cu<sub>2</sub>MnAl.<ref>F. Heusler: Verh. Deutsche Physikalische Gesellschaft '''5''' (1903), S. 219 ff.</ref> | Als '''heuslersche Legierungen''', benannt nach [[Friedrich Heusler]], werden in der [[Metallkunde]] [[Legierung]]en bezeichnet, die als wesentlichen Bestandteil eine Heusler-Phase enthalten. Heusler-Phasen sind [[intermetallische Phase]]n mit spezieller Zusammensetzung und Gitterstruktur.<ref>[[Gerhard Sauthoff|G. Sauthoff]]: Intermetallics, Wiley-VCH, Weinheim 1995, S. 83 u. 90.</ref> Sie sind [[Ferromagnetismus|ferromagnetisch]], obwohl die darin enthaltenen [[Legierungselement]]e diese Eigenschaft nicht aufweisen. Heusler beschrieb dieses Phänomen 1903 zuerst an Cu<sub>2</sub>MnAl.<ref>F. Heusler: Verh. Deutsche Physikalische Gesellschaft '''5''' (1903), S. 219 ff.</ref> | ||
Heusler-Verbindungen zeigen andere Eigenschaften, als man aus der Kombination der Legierungsbestandteile vermuten würde: Die erste Heusler-Verbindung bestand aus den nicht-ferromagnetischen Elementen Kupfer, Mangan und Aluminium.<ref name="Römpp">Otto-Albrecht Neumüller ( | Heusler-Verbindungen zeigen andere Eigenschaften, als man aus der Kombination der Legierungsbestandteile vermuten würde: Die erste Heusler-Verbindung bestand aus den nicht-ferromagnetischen Elementen Kupfer, Mangan und Aluminium.<ref name="Römpp">[[Otto-Albrecht Neumüller]] (Hrsg.): [[Römpp Lexikon Chemie|''Römpps Chemie-Lexikon.'']] Band 3: ''H–L.'' 8. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart 1983, ISBN 3-440-04513-7, S. 1694.</ref> Cu<sub>2</sub>MnAl ist jedoch sogar bei Raumtemperatur ein Ferromagnet. <br> | ||
== Aufbau und Eigenschaften == | == Aufbau und Eigenschaften == | ||
[[ | [[Datei:Heusler alloy - structure.png|miniatur|rechts| Bei '''vollständigen Heusler-Legierungen''' der Zusammensetzung X<sub>2</sub>YZ (z. B.: Co<sub>2</sub>MnSi) sind zwei X-Positionen (L21 Struktur) besetzt, bei '''halben Heusler-Legierungen''' XYZ bleibt ein [[Kubisches Gitter|kubisch-flächenzentriertes Teilgitter]] unbesetzt (C1b Struktur).]] | ||
Man unterscheidet zwei Typen von heuslerschen Legierungen. Die ''halben'' Heusler-Legierungen haben allgemein eine Zusammensetzung XYZ (jeder Buchstabe steht für ein Legierungselement), während die ''vollständigen'' Heusler-Legierungen nach der Formel X<sub>2</sub>YZ zusammengesetzt sind. Dabei sind X und Y [[Übergangsmetalle]], während Z ein [[chemisches Element|Element]] der III.-V. [[Hauptgruppe]] ist. Die Legierungselemente bilden [[Ordnungsphase]]n, so dass die [[Kristallstruktur]] aus vier (beim XYZ-Typ ist eines unbesetzt) ineinander geschachtelten [[Kubisches Gitter|kubisch-flächenzentrierten Teilgittern]] besteht. Die im Detail bis heute noch nicht verstandenen [[Austauschwechselwirkung|Wechselwirkungen]] zwischen den [[Atom]]en der Teilgitter bewirken eine nahezu vollständige Ausrichtung ([[Spinpolarisation]]) der [[Magnetismus|magnetischen]] [[Magnetisches Moment|Dipolmomente]] des „richtig polarisierten“ Anteils (z. B. Spin <math>\uparrow</math>) der Elektronen, während die „falsch polarisierten“ Elektronen (z. B. <math>\downarrow </math>) allesamt nichtmetallisch sind.<ref>Zu jedem Elektron-Zustand gibt es bekanntlich zwei Spinpolarisationen, <math>\uparrow</math> und <math>\downarrow</math>, die gewöhnlich gleich häufig sind und dieselbe Energie haben. Bei ferromagnetischem Material sind jedoch Elektronen mit der „richtigen Polarisation“ häufiger, da sie niedrigere Energie haben als entsprechende Zustände mit der falschen Polarisation.</ref>, was sich makroskopisch bei hinreichend tiefen Temperaturen (z. B. Zimmertemperatur und darunter) als ''Ferromagnetismus'' äußert. Man hat es also mit sogenanntem [[Halbmetall]]-Ferromagnetismus zu tun. | Man unterscheidet zwei Typen von heuslerschen Legierungen. Die ''halben'' Heusler-Legierungen haben allgemein eine Zusammensetzung XYZ (jeder Buchstabe steht für ein Legierungselement), während die ''vollständigen'' Heusler-Legierungen nach der Formel X<sub>2</sub>YZ zusammengesetzt sind. Dabei sind X und Y [[Übergangsmetalle]], während Z ein [[chemisches Element|Element]] der III.-V. [[Hauptgruppe]] ist. Die Legierungselemente bilden [[Ordnungsphase]]n, so dass die [[Kristallstruktur]] aus vier (beim XYZ-Typ ist eines unbesetzt) ineinander geschachtelten [[Kubisches Gitter|kubisch-flächenzentrierten Teilgittern]] besteht. Die im Detail bis heute noch nicht verstandenen [[Austauschwechselwirkung|Wechselwirkungen]] zwischen den [[Atom]]en der Teilgitter bewirken eine nahezu vollständige Ausrichtung ([[Spinpolarisation]]) der [[Magnetismus|magnetischen]] [[Magnetisches Moment|Dipolmomente]] des „richtig polarisierten“ Anteils (z. B. Spin <math>\uparrow</math>) der Elektronen, während die „falsch polarisierten“ Elektronen (z. B. <math>\downarrow </math>) allesamt nichtmetallisch sind.<ref>Zu jedem Elektron-Zustand gibt es bekanntlich zwei Spinpolarisationen, <math>\uparrow</math> und <math>\downarrow</math>, die gewöhnlich gleich häufig sind und dieselbe Energie haben. Bei ferromagnetischem Material sind jedoch Elektronen mit der „richtigen Polarisation“ häufiger, da sie niedrigere Energie haben als entsprechende Zustände mit der falschen Polarisation.</ref>, was sich makroskopisch bei hinreichend tiefen Temperaturen (z. B. Zimmertemperatur und darunter) als ''Ferromagnetismus'' äußert. Man hat es also mit sogenanntem [[Halbmetall]]-Ferromagnetismus zu tun. | ||
==Verwendung als topologischer Isolator== | == Verwendung als topologischer Isolator == | ||
Im Jahre 2006 sagte [[Shoucheng Zhang]] an der Universität Stanford einen neuen Quantenzustand der Materie für den Halbleiter [[Quecksilbertellurid]] (HgTe) voraus. Physiker um [[Laurens W. Molenkamp]] bestätigten an der Universität Würzburg die Vermutung experimentell. | Im Jahre 2006 sagte [[Shoucheng Zhang]] an der Universität Stanford einen neuen Quantenzustand der Materie für den Halbleiter [[Quecksilbertellurid]] (HgTe) voraus. Physiker um [[Laurens W. Molenkamp]] bestätigten an der Universität Würzburg die Vermutung experimentell. | ||
Topologische Isolatoren bestehen aus Materialien, die zwar Isolatoren oder Halbleiter sind, an ihrer Oberfläche oder an Grenzflächen aber metallisch wirken. Sie unterscheiden sich dabei von normalen Metallen, da die Elektronen wie bei Supraleitern an der Oberfläche oder an Grenzflächen keine Wechselwirkung mit der Umgebung zeigen, da sie sich in einem neuen Quantenzustand befinden. Anders als in Supraleitern zeigen topologische Isolatoren zwei nichtwechselwirkende Ströme, jeweils einen für jede Spinrichtung. Beide Spinströme, die weder Defekte noch Verunreinigungen im Material wahrnehmen, können zur Informationsverarbeitung dienen. | Topologische Isolatoren bestehen aus Materialien, die zwar Isolatoren oder Halbleiter sind, an ihrer Oberfläche oder an Grenzflächen aber metallisch wirken. Sie unterscheiden sich dabei von normalen Metallen, da die Elektronen wie bei Supraleitern an der Oberfläche oder an Grenzflächen keine Wechselwirkung mit der Umgebung zeigen, da sie sich in einem neuen Quantenzustand befinden. Anders als in Supraleitern zeigen topologische Isolatoren zwei nichtwechselwirkende Ströme, jeweils einen für jede Spinrichtung. Beide Spinströme, die weder Defekte noch Verunreinigungen im Material wahrnehmen, können zur Informationsverarbeitung dienen. | ||
Von den mehr als 1000 bekannten Heusler-Verbindungen vermutet man für mehr als 50 Merkmale [[topologischer Isolator | Von den mehr als 1000 bekannten Heusler-Verbindungen vermutet man für mehr als 50 Merkmale [[topologischer Isolator]]en. | ||
==Liste einiger Heusler-Phasen== | == Liste einiger Heusler-Phasen == | ||
*Cu<sub>2</sub>MnAl, Cu<sub>2</sub>MnIn, Cu<sub>2</sub>MnSn, | *Cu<sub>2</sub>MnAl, Cu<sub>2</sub>MnIn, Cu<sub>2</sub>MnSn, | ||
*Ni<sub>2</sub>MnAl, Ni<sub>2</sub>MnIn, Ni<sub>2</sub>MnSn, Ni<sub>2</sub>MnSb, Ni<sub>2</sub>MnGa | *Ni<sub>2</sub>MnAl, Ni<sub>2</sub>MnIn, Ni<sub>2</sub>MnSn, Ni<sub>2</sub>MnSb, Ni<sub>2</sub>MnGa | ||
*Co<sub>2</sub>MnAl, Co<sub>2</sub>MnSi, Co<sub>2</sub>MnGa, Co<sub>2</sub>MnGe | *Co<sub>2</sub>MnAl, Co<sub>2</sub>MnSi, Co<sub>2</sub>MnGa, Co<sub>2</sub>MnGe | ||
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*Mn<sub>2</sub>VGa, Co<sub>2</sub>FeGe <ref>{{cite journal|doi =10.1109/TMAG.2009.2022748|title =First-Principles Calculation and Experimental Investigations on Full-Heusler Alloy Co<sub>2</sub>FeGe|year =2009|last1 =Kumar|first1 =K. Ramesh|last2 =Bharathi|first2 =K. Kamala|last3 =Chelvane|first3 =J. Arout|last4 =Venkatesh|first4 =S.|last5 =Markandeyulu|first5 =G.|last6 =Harishkumar|first6 =N.|journal =IEEE Transactions on Magnetics|volume =45|pages =3997|bibcode = 2009ITM....45.3997K|issue =10 }}</ref> | *Mn<sub>2</sub>VGa, Co<sub>2</sub>FeGe<ref>{{cite journal|doi =10.1109/TMAG.2009.2022748|title =First-Principles Calculation and Experimental Investigations on Full-Heusler Alloy Co<sub>2</sub>FeGe|year =2009|last1 =Kumar|first1 =K. Ramesh|last2 =Bharathi|first2 =K. Kamala|last3 =Chelvane|first3 =J. Arout|last4 =Venkatesh|first4 =S.|last5 =Markandeyulu|first5 =G.|last6 =Harishkumar|first6 =N.|journal =IEEE Transactions on Magnetics|volume =45|pages =3997|bibcode = 2009ITM....45.3997K|issue =10 }}</ref> | ||
== Einzelnachweise und Fußnoten == | == Einzelnachweise und Fußnoten == |
Als heuslersche Legierungen, benannt nach Friedrich Heusler, werden in der Metallkunde Legierungen bezeichnet, die als wesentlichen Bestandteil eine Heusler-Phase enthalten. Heusler-Phasen sind intermetallische Phasen mit spezieller Zusammensetzung und Gitterstruktur.[1] Sie sind ferromagnetisch, obwohl die darin enthaltenen Legierungselemente diese Eigenschaft nicht aufweisen. Heusler beschrieb dieses Phänomen 1903 zuerst an Cu2MnAl.[2]
Heusler-Verbindungen zeigen andere Eigenschaften, als man aus der Kombination der Legierungsbestandteile vermuten würde: Die erste Heusler-Verbindung bestand aus den nicht-ferromagnetischen Elementen Kupfer, Mangan und Aluminium.[3] Cu2MnAl ist jedoch sogar bei Raumtemperatur ein Ferromagnet.
Man unterscheidet zwei Typen von heuslerschen Legierungen. Die halben Heusler-Legierungen haben allgemein eine Zusammensetzung XYZ (jeder Buchstabe steht für ein Legierungselement), während die vollständigen Heusler-Legierungen nach der Formel X2YZ zusammengesetzt sind. Dabei sind X und Y Übergangsmetalle, während Z ein Element der III.-V. Hauptgruppe ist. Die Legierungselemente bilden Ordnungsphasen, so dass die Kristallstruktur aus vier (beim XYZ-Typ ist eines unbesetzt) ineinander geschachtelten kubisch-flächenzentrierten Teilgittern besteht. Die im Detail bis heute noch nicht verstandenen Wechselwirkungen zwischen den Atomen der Teilgitter bewirken eine nahezu vollständige Ausrichtung (Spinpolarisation) der magnetischen Dipolmomente des „richtig polarisierten“ Anteils (z. B. Spin $ \uparrow $) der Elektronen, während die „falsch polarisierten“ Elektronen (z. B. $ \downarrow $) allesamt nichtmetallisch sind.[4], was sich makroskopisch bei hinreichend tiefen Temperaturen (z. B. Zimmertemperatur und darunter) als Ferromagnetismus äußert. Man hat es also mit sogenanntem Halbmetall-Ferromagnetismus zu tun.
Im Jahre 2006 sagte Shoucheng Zhang an der Universität Stanford einen neuen Quantenzustand der Materie für den Halbleiter Quecksilbertellurid (HgTe) voraus. Physiker um Laurens W. Molenkamp bestätigten an der Universität Würzburg die Vermutung experimentell. Topologische Isolatoren bestehen aus Materialien, die zwar Isolatoren oder Halbleiter sind, an ihrer Oberfläche oder an Grenzflächen aber metallisch wirken. Sie unterscheiden sich dabei von normalen Metallen, da die Elektronen wie bei Supraleitern an der Oberfläche oder an Grenzflächen keine Wechselwirkung mit der Umgebung zeigen, da sie sich in einem neuen Quantenzustand befinden. Anders als in Supraleitern zeigen topologische Isolatoren zwei nichtwechselwirkende Ströme, jeweils einen für jede Spinrichtung. Beide Spinströme, die weder Defekte noch Verunreinigungen im Material wahrnehmen, können zur Informationsverarbeitung dienen. Von den mehr als 1000 bekannten Heusler-Verbindungen vermutet man für mehr als 50 Merkmale topologischer Isolatoren.