Heisenbergsche Bewegungsgleichung: Unterschied zwischen den Versionen

Heisenbergsche Bewegungsgleichung: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Heisenbergsche Bewegungsgleichung''', auch '''Heisenberg-Bewegungsgleichung''' oder '''Heisenberg-Gleichung''', bestimmt die zeitliche Entwicklung eines [[Quantenmechanik|quantenmechanischen Systems]] in der [[Matrizenmechanik|Matrixdarstellung]]. Sie wurde von [[Werner Heisenberg]] in den [[1920er]] Jahren entwickelt und ist Teil des [[Heisenberg-Bild]]es der Quantenmechanik. Der wesentliche Unterschied zur Formulierung der Quantenmechanik über die Schrödingergleichung ist, dass in diesem Fall die  [[Quantenmechanischer Zustand|Zustände]] die zeitliche Dynamik tragen und die Operatoren konstant sind, hingegen in der Heisenberg-Darstellung die Operatoren die zeitliche Dynamik tragen, während der Zustandsvektor, auf den die Operatoren wirken, zeitlich konstant ist. Daher ist die heisenbergsche Formulierung näher an der klassischen Mechanik, was sich auch durch die formale Ähnlichkeit der klassischen [[Bewegungsgleichung]]en, ausgedrückt mit Hilfe der [[Poisson-Klammer]]n zeigt.
#WEITERLEITUNG [[Heisenberg-Bild#Bewegungsgleichungen]]
 
Die Heisenbergsche Bewegungsgleichung ersetzt im Heisenberg-Bild der Quantenmechanik die [[Schrödinger-Gleichung]] des [[Schrödinger-Bild|Schrödinger-Bildes]].
 
Die Bewegungsgleichung selbst lautet:
 
:<math>\frac{\mathrm{d}A_{{\rm H}}}{\mathrm{d}t}=\frac{\mathrm{i}}{\hbar}\left[H_{\rm H},A_{\rm H}\right]+\left( \partial_t A_{\rm S}\right)_{\rm H}</math>
 
wobei <math>H_{\rm H}</math> der [[Hamilton-Operator]] des Systems im Heisenberg-Bild und <math>\left[H_{\rm H},A_{\rm H}\right]\equiv H_{\rm H}A_{\rm H}-A_{\rm H}H_{\rm H}</math> ein [[Kommutator (Mathematik)|Kommutator]] ist. Zur Kennzeichnung des Bildes wird jeweils der Index "H" für das Heisenbergbild und "S" für das Schrödingerbild eingefügt.
 
Wenn eine [[Observable]] <math>A</math> im Schrödingerbild nicht explizit zeitabhängig ist <math>\tfrac{\partial A_{\rm S}}{\partial t}=0</math> und zudem mit dem Hamiltonoperator vertauscht, sind die Eigenwerte des Operators eine [[Erhaltungsgröße]].
 
== Bewegungsgleichung für [[Erwartungswert#Quantenmechanischer Erwartungswert|Erwartungswerte]] ==
 
Da im Heisenbergbild die Zustände zeitunabhängig sind <math>\tfrac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}|\psi_{{\rm H}}\rangle=0</math>
 
:<math>\left\langle \frac{\mathrm{d}A_{{\rm H}}}{\mathrm{d}t}\right\rangle =\langle\psi_{\rm H}|\frac{\mathrm{d}A_{{\rm H}}}{\mathrm{d}t}|\psi_{\rm H}\rangle=\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}\langle\psi_{\rm H}|A_{{\rm H}}|\psi_{\rm H}\rangle=\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}\langle A_{{\rm H}}\rangle</math>
 
kann man sofort die ''Heisenberggleichung der Erwartungswerte'' angeben:
 
:<math>\frac{\mathrm{d}\langle A_{{\rm H}}\rangle}{\mathrm{d}t}=\frac{\mathrm{i}}{\hbar}\left\langle \left[H_{\rm H},A_{\rm H}\right]\right\rangle +\left\langle \left( \partial_t A_{\rm S}\right)_{\rm H}\right\rangle</math>
 
Aufgrund der Invarianz des Skalarprodukts unter Bildwechsel (die Erwartungswerte eines Operators sind in allen Bildern gleich), kann man die Gleichung bildunabhängig schreiben:
 
:<math>\frac{\mathrm{d}\langle A\rangle}{\mathrm{d}t}=\frac{\mathrm{i}}{\hbar}\left\langle \left[H,A\right]\right\rangle +\left\langle \partial_t A\right\rangle </math>
 
Diese Gleichung ist als [[Ehrenfest-Theorem]] bekannt.
 
== Äquivalenz zwischen Schrödinger- und Heisenberg-Gleichung ==
 
Im Folgenden wird ausgehend von der [[Schrödingergleichung]] die Heisenbergsche Bewegungsgleichung abgeleitet. Die umgekehrte Richtung ist ebenfalls möglich.
 
Der Darstellungswechsel eines Operators vom Schrödinger- ins Heisenbergbild geschieht über
 
:<math>A_{{\rm H}}(t)=U^{\dagger}(t)\, A_{{\rm S}}(t)\, U(t)</math>
 
wobei <math>U(t)</math> der [[Zeitentwicklungsoperator]] und <math>U^{\dagger}(t)</math> sein [[adjungierter Operator]] ist.
 
Durch Anwenden des [[Zeitentwicklungsoperator]]s <math>U(t)</math> auf einen [[Zustand (Quantenmechanik)|Zustandsvektor]] im Schrödingerbild zum Zeitpunkt <math>t_0=0</math> erhält man den Zustandsvektor zum Zeitpunkt <math>t</math>. Im Folgenden wird stets die abkürzende Schreibweise <math>U(t,0)=U(t)</math> verwendet:
 
:<math>|\psi_{\rm S}(t)\rangle=U(t)|\psi_{\rm S}(0)\rangle</math>
 
Einsetzen der zeitabhängigen [[Wellenfunktion]] in die [[Schrödingergleichung]] <math>\mathrm{i}\hbar\tfrac{\partial}{\partial t}|\psi_{\rm S}(t)\rangle=H_{\rm S}(t)|\psi_{\rm S}(t)\rangle</math> liefert:
 
:<math>\mathrm{i}\hbar\frac{\partial}{\partial t}U(t)|\psi_{\rm S}(0)\rangle=H_{\rm S}(t)U(t)|\psi_{\rm S}(0)\rangle</math>
 
Man bekommt eine zur Schrödingergleichung äquivalente [[Operatorgleichung]]:
 
:<math>\mathrm{i}\hbar\frac{\partial}{\partial t}U(t)=H_{\rm S}(t)U(t)</math>
 
Vom Operator <math>A_{{\rm H}}(t)</math>
 
:<math>A_{{\rm H}}(t)=U^{\dagger}(t)\,A_{{\rm S}}(t)\,U(t)</math>
 
wird die Zeitableitung gebildet, wobei die Produktregel angewandt wird:
 
:<math>\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}A_{{\rm H}}=\left(\frac{\partial}{\partial t}U^{\dagger}\right)A_{{\rm S}}\, U+U^{\dagger}\, A_{{\rm S}}\left(\frac{\partial}{\partial t}U\right)+U^{\dagger}\left(\frac{\partial}{\partial t}A_{{\rm S}}\right)U</math>
 
Nun werden obige Operatorgleichungen und deren adjungierte
 
:<math>\frac{\partial}{\partial t}U=-\frac{\mathrm{i}}{\hbar}H_{\rm S}U</math> &nbsp; und &nbsp; <math>\frac{\partial}{\partial t}U^{\dagger}=\frac{\mathrm{i}}{\hbar}U^{\dagger}H_{\rm S}</math>
 
eingesetzt:
 
:<math>\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}A_{{\rm H}}=\left(\frac{\mathrm{i}}{\hbar}U^{\dagger}H_{\rm S}\right)A_{{\rm S}}\, U+U^{\dagger}\, A_{{\rm S}}\left(-\frac{\mathrm{i}}{\hbar}H_{\rm S}U\right)+U^{\dagger}\left(\frac{\partial A_{{\rm S}}}{\partial t}\right)U</math>
 
Zusammenfassen:
 
:<math>\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}A_{{\rm H}}=\frac{\mathrm{i}}{\hbar}\left(U^{\dagger}H_{S}A_{{\rm S}}U-U^{\dagger}A_{{\rm S}}H_{S}U\right)+U^{\dagger}\left(\frac{\partial A_{{\rm S}}}{\partial t}\right)U</math>
 
Nun schiebt man geschickt eine <math>1=UU^{\dagger}</math> zwischen <math>H_{\rm S} A_{\rm S}</math> und zwischen <math>A_{\rm S} H_{\rm S}</math> ein:
 
:<math>\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}t}A_{{\rm H}}=\frac{\mathrm{i}}{\hbar}(\underbrace{U^{\dagger}H_{\rm S}U}_{H_{\rm H}}\underbrace{U^{\dagger}A_{{\rm S}}\hat{U}}_{A_{\rm H}}-\underbrace{U^{\dagger}A_{{\rm S}}U}_{A_{\rm H}}\underbrace{U^{\dagger}H_{\rm S}U}_{H_{\rm H}})+\underbrace{U^{\dagger}\left(\frac{\partial A_{{\rm S}}}{\partial t}\right)U}_{\left( \partial_t A_{\rm S}\right)_{\rm H}}=\frac{\mathrm{i}}{\hbar}(H_{\rm H}A_{\rm H}-A_{\rm H}H_{\rm H})+\left( \partial_t A_{\rm S}\right)_{\rm H} </math>
 
Mit dem Kommutator lässt sich die Heisenbergsche Bewegungsgleichung kompakt schreiben:
 
:<math>\frac{\mathrm{d}A_{{\rm H}}}{\mathrm{d}t}=\frac{\mathrm{i}}{\hbar}\left[H_{\rm H},A_{\rm H}\right]+\left( \partial_t A_{\rm S}\right)_{\rm H}</math>
 
== Literatur ==
* [[Franz Schwabl]]: ''Quantenmechanik. (QM I). Eine Einführung.'' 7. Auflage. Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-3-540-73674-5.
 
[[Kategorie:Quantenmechanik]]
[[Kategorie:Werner Heisenberg]]

Aktuelle Version vom 1. März 2022, 02:03 Uhr