Forschungszentrum Jülich GmbH | |
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Forschungszentrum Jülich GmbH Logo seit 2008 | |
Bestehen: | Gründungsdatum: 1956 (e.V. wird in GmbH umgewandelt) |
Standort der Einrichtung: | Jülich, Kreis Düren |
Leitung: | Wolfgang Marquardt |
Mitarbeiter: | 5.768 (Ende 2014)[1] |
Anmerkung: | Rechtsform: GmbH |
Homepage: | www.fz-juelich.de |
Die Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ) betreibt, gestützt auf die Schlüsselkompetenzen Physik und Supercomputing, interdisziplinäre Forschung in den Bereichen Gesundheit, Energie und Umwelt sowie Information. Mit rund 5800 Mitarbeitern (2014) gehört es zu den größten Forschungseinrichtungen Europas. International ist es auch als Jülich Research Center (JRC) bekannt.
Am 11. Dezember 1956 beschloss der Landtag von Nordrhein-Westfalen den Bau einer „Atomforschungsanlage“, als deren Gründer[2] der Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Verkehr in Nordrhein-Westfalen, Leo Brandt, gilt. Als Standort wurde später der Staatsforst Stetternich gewählt. 1958 wurde der Grundstein für die Forschungsreaktoren MERLIN (FRJ-1) und DIDO (FRJ-2) gelegt, die 1962 in Betrieb genommen wurden. 1960 wurde die „Gesellschaft zur Förderung der kernphysikalischen Forschung (GFKF)“ umbenannt in „Kernforschungsanlage Jülich des Landes Nordrhein-Westfalen e. V.“ (KFA). 1967 erfolgt die Umwandlung in eine GmbH, deren Gesellschafter die Bundesrepublik Deutschland (heute 90 %) und das Land Nordrhein-Westfalen (10 %) sind. Im selben Jahr hat der Hochtemperaturreaktor AVR den Betrieb aufgenommen, der auch Strom ins öffentliche Netz lieferte. Der AVR wurde von der KFA Jülich wissenschaftlich betreut und mit Betriebskostenzuschüssen unterstützt, war aber formal unabhängig.
Ab Mitte der 1980er Jahre reduzierte die damalige Kernforschungsanlage ihre Arbeiten zur Weiterentwicklung des gasgekühlten Hochtemperaturreaktors. Für einige Jahre wurden Entwicklungsarbeiten zur geplanten, aber nicht bewilligten Spallationsneutronenquelle SNQ zum Leitprojekt. Gleichzeitig wurden neue Themen aufgegriffen und andere wichtige Themen erweitert. Deshalb erfolgte 1990 die Umbenennung in „Forschungszentrum Jülich GmbH“ (FZJ).
1985 und 2006 wurden die Forschungsreaktoren MERLIN und DIDO abgeschaltet. In den Jahren 2000 bis 2008 wurde MERLIN vollständig zurückgebaut. Ein zweiter Versuch, Standort einer großen Spallationsneutronenquelle (European Spallation Source ESS) zu werden, endete 2003 ohne Erfolg.
Der Rückbau des 1988 stillgelegten AVR-Kugelhaufenreaktors bereitet aufgrund der „extrem starken Kontamination des Reaktorkerns“ erhebliche Probleme. Eine entsprechende Expertenstudie kam 2008 zu dem Ergebnis, dass die Betreiber nur knapp an einer Katastrophe „vorbeigeschlittert“ seien.[3] Für die Publikation dieser Probleme[4] unter Inkaufnahme damit verbundener beruflicher Nachteile erhielt der FZJ-Sicherheitsforscher Rainer Moormann den Whistleblowerpreis 2011. Das Darmstädter Öko-Institut bezeichnete den AVR-Reaktor gar als einen der „problematischsten Reaktoren weltweit“.[5] Erst unmittelbar nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima setzten das FZJ und die AVR GmbH eine unabhängige Expertengruppe ein, welche die Historie des AVR aufarbeitete und insbesondere zu den Enthüllungen von Moormann Stellung nahm.[6] Im April 2014 wurde ein Bericht erstellt, der wesentliche Kritikpunkte bestätigt (s. hier). Der Bericht wurde im Juni 2014 mit den Autoren öffentlich diskutiert.
Im Januar 2010 musste das FZJ Nachmeldungen zu dem in die Asse eingebrachten Atommüll aus dem AVR vornehmen (siehe auch AVR-Atommüll im havarierten Versuchsendlager Asse-II). Anfang April 2011 geriet das Forschungszentrum bundesweit wegen des angeblichen Verschwindens von 2285 Kugelbrennelementen aus dem AVR-Reaktor in die Schlagzeilen. Der Untersuchungsausschuss zur sogenannten Atomkugelaffäre endete wegen der vorgezogenen NRW-Landtagswahlen 2012 ohne Abschlussbericht. Da die wesentlichen Aspekte, vor allem eine nonchalante Kugelbuchführung des FZJ, aufgeklärt werden konnten, wurde der Untersuchungsausschuss nach der Wahl nicht wieder eingesetzt.
Im November 2012 gab das Forschungszentrum nach erheblichen Protesten die Absicht vorerst auf, 152 Castoren mit abgebrannten AVR-Brennelementen nach Ahaus zu verlagern.[7] Die Genehmigung des derzeitigen Jülicher Castor-Zwischenlagers lief Mitte 2013 aus, da die erforderlichen Sicherheitsnachweise nicht beigebracht werden konnten. Die weitere Lagerung wurde noch für ein Jahr durch eine atomrechtliche Anordnung der Düsseldorfer Aufsichtsbehörde geduldet, am 2. Juli 2014 wurde jedoch eine Räumungsanordnung erlassen. Da damit ein nicht mehr gesetzeskonformer Zustand erreicht war, nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen FZJ wegen schuldhafter Herbeiführung eines genehmigungslosen Zustands bei Kernbrennstoffen auf.[8] Die Bundesregierung als FZJ-Hauptgesellschafter hatte den Transport auch deshalb für notwendig gehalten, weil in Jülich verbleibende nukleare Altlasten dem Ruf des FZJ schaden könnten.[9] Derzeit favorisiert das FZJ den Export dieses Atommülls in die USA, was nach Presseberichten mit Kosten von 450 Mio € verbunden wäre.[10] Arbeiten zur Verbesserung der Sicherheit des Castorenlagers gegen terroristische Attacken, nämlich der Bau einer Betonmauer um das Lager, wurden auf Weisung der Behörden Anfang 2014 begonnen.
Im Jahr 2004 wurde das Ernst Ruska-Centre für Elektronenmikroskopie gegründet, das mit modernsten Transmissionselektronenmikroskopen ausgestattet ist und auch auswärtigen Wissenschaftlern zur Verfügung steht.
Die Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen wurde 2007 durch die Gründung des JARA-Verbunds (Jülich Aachen Research Alliance) verstärkt.
Das FZJ ist zusammen mit den Universitäten Köln, Bonn und der RWTH Aachen im GeoVerbund ABC/J zusammengeschlossen.[11]
Das Forschungszentrum ist Gründungsmitglied der damaligen Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen (AGF, 1970), die sich 1995 in die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren umwandelte.
Koordinaten: 50° 54′ 18″ N, 6° 24′ 43″ O
Das Forschungszentrum liegt inmitten des Stetternicher Forstes in Jülich (Kreis Düren, Nordrhein-Westfalen) und umfasst eine Fläche von ca. 2,2 Quadratkilometern. Es liegt ca. 30 km nordöstlich von Aachen und 45 km westlich von Köln.
Das jährliche Budget des Forschungszentrums beträgt etwa 530 Millionen Euro. Die öffentlichen Mittel werden zu 90 % vom Bund und zu 10 % vom Land Nordrhein-Westfalen getragen.
Das Forschungszentrum beschäftigte Ende 2014 insgesamt 5768 Mitarbeiter[veraltet] und arbeitet im Rahmen der Disziplinen Physik, Chemie, Biologie, Medizin und Ingenieurwissenschaften an Grundlagen und Anwendungen in den Bereichen Gesundheit, Information, Umwelt und Energie. Von den Mitarbeitern waren über 2000 Wissenschaftler, einschließlich 540 Doktoranden und 152 Diplomanden. 717 Menschen arbeiteten im Bereich Administration und Service, 937 Personen für Projektträger und fast 1700 als technisches Personal – in 26 Berufen gab es über 350 Auszubildende und Praktikanten.[1][12]
2014 forschten 907 Gastwissenschaftler aus 65 Ländern im Forschungszentrum Jülich.[1]
Am 9. Oktober 2007 wurde von der Nobelstiftung bekannt gegeben, dass Peter Grünberg vom Forschungszentrum Jülich zusammen mit dem Franzosen Albert Fert von der Université Paris-Sud für die – voneinander unabhängige – Entdeckung des GMR-Effekts mit dem Nobelpreis für Physik am 10. Dezember 2007 in Stockholm ausgezeichnet werden wird. Dies ist der erste Nobelpreis für einen Mitarbeiter des Forschungszentrums Jülich und der Helmholtz-Gemeinschaft.
2007 wurden im Forschungszentrum etwa 350 Menschen in 20 Berufen ausgebildet. Die Ausbildungsquote beträgt rund 9 % und liegt mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt (bei Betrieben mit mehr als 500 Mitarbeitern). In Kooperation mit der RWTH Aachen und der Fachhochschule Aachen existieren ebenfalls kombinierte Ausbildungs- und Studiengänge. Den Absolventen wird nach bestandener Prüfung ein Beschäftigung bis zu einem halben Jahr im erlernten Beruf angeboten. Mehr als 4.500 Auszubildende schlossen seit der Gründung ihre Ausbildung am Forschungszentrum in mehr als 25 Berufen erfolgreich ab.[12]
Am Forschungszentrum selbst werden in der Regel keine Vorlesungen abgehalten, aber nach dem sogenannten „Jülicher Modell“ werden die Institutsdirektoren in einem gemeinsamen Berufungsverfahren mit dem Land Nordrhein-Westfalen auf eine Professur an eine der benachbarten Universitäten (in der Regel Aachen, Bonn, Köln, Düsseldorf, aber auch weiter entfernte wie Bochum, Duisburg-Essen oder Münster) berufen. Dort kommen sie ihrem Lehrauftrag nach. Auch viele weitere habilitierte Wissenschaftler am Forschungszentrum übernehmen Lehraufträge an den benachbarten Universitäten. In Zusammenarbeit mit den Universitäten wurden sog. „Research schools“ (z. B. „German Research School for Simulation Sciences“ mit der RWTH Aachen oder „International Helmholtz Research School of Biophysics and Soft Matter“ mit den Universitäten Köln und Düsseldorf) gegründet, um die wissenschaftliche Ausbildung von Studenten zu fördern.
Eine Ausnahme stellt die Ausbildung zum Mathematisch-technischen Softwareentwickler dar. Dabei werden in Kooperation mit der Fachhochschule Aachen (Standort Jülich) die Vorlesungen, die für den Bachelor „Scientific Programming“ benötigt werden, zum größten Teil im „Jülich Supercomputing Centre“ (JSC) – ehemals „Zentralinstitut für Angewandte Mathematik“ (ZAM) – von den Professoren der FH und Ausbildern des Supercomputing Centre gehalten. Auch für den konsekutiven Master-Studiengang „Technomathematik“ wird ein Teil der Vorlesungen von Mitarbeitern des Supercomputing Centre gehalten.
Im Forschungszentrum Jülich findet jährlich die zweiwöchige „IFF-Ferienschule“ statt, die aktuelle Fragestellungen der Festkörperphysik behandelt. Sie ist nach dem früheren Institut für Festkörperforschung (IFF) benannt.
Das Forschungszentrum gliedert sich in
Organe des Forschungszentrums sind
Gremien des Forschungszentrums sind unter anderem
Die Forschung in Jülich ist in die Forschungsbereiche Gesundheit, Energie und Umwelt sowie Information aufgeteilt. Als Schlüsselkompetenzen werden Physik und Scientific Computing genannt.[13]
Der Forschungsreaktor Jülich 2 war ein Reaktor der DIDO-Klasse und wurde für Neutronenstreuexperimente genutzt. Betrieben wurde er von der Zentralabteilung für Forschungsreaktoren (ZFR). Der FRJ-2 war bis zur Inbetriebnahme der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz in Garching die stärkste deutsche Neutronenquelle und diente hauptsächlich der Durchführung von Streu- und Spektroskopie-Experimenten an kondensierter Materie. Er war vom 14. November 1962 bis zum 2. Mai 2006 in Betrieb.
Mit der Gründung des Jülich Centre for Neutron Science (JCNS) im Jahr 2006, das seit 2011 den Status eines Instituts hat, bleibt das Forschungszentrum Jülich ein nationales Kompetenzzentrum für Neutronenstreuung. Sechs der wichtigsten Instrumente wurden vom FRJ-2 an den FRM II verlegt; weitere Instrumente dort neu aufgebaut. Daneben betreibt das JCNS Außenstellen am Institut Laue-Langevin (ILL) in Grenoble und an der Spallation Neutron Source (SNS) in Oak Ridge.
COSY (Cooler Synchrotron) ist ein Teilchenbeschleuniger (Synchrotron) und Speicherring (Umfang: 184 m) zur Beschleunigung von Protonen und Deuteronen, der vom Institut für Kernphysik (IKP) im Forschungszentrum betrieben wird.
COSY zeichnet sich vor allem durch die so genannte Strahlkühlung aus, bei der die Abweichung der Teilchen von ihrer vorgegebenen Bahn (kann auch als Wärmebewegung der Teilchen aufgefasst werden) durch Elektronen- bzw. stochastische Kühlung reduziert wird. An COSY gibt es mehrere Experimentiereinrichtungen für Untersuchungen im Bereich der Hadronenphysik. Den Schwerpunkt bilden hierbei das Magnetspektrometer ANKE, das Flugzeitmassenspektrometer TOF und der Universaldetektor WASA, dessen Umzug vom Speicherring CELSIUS des The Svedberg Labors (TSL) in Uppsala zu COSY 2005 durchgeführt wurde.
COSY ist einer der wenigen Beschleuniger im mittleren Energiebereich, die sowohl über Elektronenkühlung, als auch stochastische Kühlung verfügen.
Der Synchrotron wird von Wissenschaftlern aus deutschen und ausländischen Forschungseinrichtungen an internen und externen Experimentierplätzen genutzt und gehört zu den Forschungsgeräten der Verbundforschung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
TEXTOR war ein Tokamak-Experiment für technologieorientierte Forschung (Tokamak EXperiment for Technology Oriented Research) auf dem Gebiet der Plasma-Wand-Wechselwirkungen, das vom Institut für Energie- und Klimaforschung, Bereich Plasmaphysik (IEK-4) im Forschungszentrum betrieben wurde. Die Anlage wurde Ende 2013 stillgelegt.[14] Konstruiert wurde sie in den Jahren ab 1976, eingeweiht wurde sie 1983.[15]
TEXTOR diente der Erforschung der Kernfusionsreaktor-Technik. Hierzu wird in Experimenten Wasserstoff und Deuterium auf bis zu 50 Millionen Grad aufgeheizt, so dass er in vollionisierter Form (Protonen, Elektronen), als Plasma, vorliegt. Die Erforschung der Wechselwirkung dieses Plasmas mit den umgebenden Wänden war eine der Aufgaben dieses Experiments. Die Erkenntnisse dienten der Vorbereitung des nächsten großen Schrittes, des Versuchsreaktors ITER, an dessen Bau im südfranzösischen Cadarache das Forschungszentrum Jülich mitarbeitet.
Die Auswirkungen eines angenommenen Lecks im Druckbehälter eines zukünftigen Kugelhaufen-Hochtemperaturreaktors, wie er in Jülich unter Rudolf Schulten entwickelt wurde, werden mit dem Großversuchsstand NACOK (Naturzug im Core mit Korrosion) im IEF-6 in Kooperation mit RWTH Aachen untersucht. Diese Testanlage besitzt einen über 7 Meter hohen Versuchskanal, der bis auf 1200 °C aufgeheizt werden kann, und ein ebenfalls beheizbares Rückführrohr. Die Ergebnisse werden für die Bestätigung thermohydraulischer Rechenprogramme eingesetzt. Experimente wurden für die südafrikanische Reaktorbaufirma PBMR, für die EU im Rahmen des Projektes RAPHAEL sowie 2010-11 gefördert vom Land NRW ausgeführt. Seit 2012 fördert das Bundeswirtschaftsministerium NACOK-Untersuchungen zur Staubbildung in Kugelhaufenreaktoren im Normalbetrieb. Nach längerer öffentlicher Diskussion über den Sinn der HTR-Forschung im FZJ beschloss der Aufsichtsrat im Mai 2014, die HTR-Forschung Ende 2014 zu beenden und NACOK stillzulegen.[16]
Ebenfalls seit 2004 wird vom Institut für Neurowissenschaften und Medizin ein Magnet-Resonanz-Tomograph (MRT) betrieben, der eine magnetische Flussdichte von 4 Tesla liefert. Damit ist er eines der stärksten Geräte in Deutschland und Europa. Weiterhin existieren ein 1,5-Tesla- und ein 3-Tesla-Tomograph, welche insbesondere für die funktionelle Bildgebung (fMRT) mit neurologischen, neuropsychologischen und psychischen Fragestellungen verwendet werden. Seit 2007 befindet sich ein weiterer 3,0-Tesla-Tomograph mit PET-Einsatz im Aufbau. Nach Bewilligung der finanziellen Mittel ist ein 9,4-Tesla-Scanner mit kombinierter PET in Bau. Dieser wird einer der stärksten MR-Tomographen in Europa sein, neben dem bereits zu Vorschungszwecken genutzten 9,4-Tesla-Scanner an der Universität Maastricht in den Niederlanden (zwei weitere Tomographen mit dieser magnetischen Flussdichte existieren bereits in den USA).
In der 20 Meter langen SAPHIR-Kammer (Simulation Atmosphärischer PHotochemie In einer großen Reaktionskammer) untersucht der Bereich Troposphäre (IEK-8) des Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK) photochemische Reaktionen in der Erdatmosphäre.
Das Jülich Plant Phenotyping Center (JPPC) ist eine international führende Einrichtung zur Entwicklung und Anwendung von nicht-invasiven Techniken zur Quantifizierung von Struktur und Funktion von Pflanzen. Am JPPC wird sowohl Technologie-Entwicklung betrieben als auch phänotypische Untersuchungen auf mechanistischer Ebene, im Hochdurchsatz und im Feld durchgeführt.
Seit 2003 steht ein Gewächshaus mit modernster Technik zur Verfügung. Maximale Transparenz der Scheiben von über 95 % im Bereich des pflanzenrelevanten Lichtspektrums wird durch eine spezielle Glasart und Antireflex-Beschichtung erreicht. Zusätzlich dringt auch UV-B durch die Scheiben. Die CO2-Konzentration in zwei Abteilen kann erhöht und verringert werden, die Luftfeuchtigkeit kann variiert werden, die Temperatur kann auch im Sommer bei voller Einstrahlung auf 25 °C gehalten werden. Der Bereich Phytosphäre (ICG-III) des Instituts für Chemie und Dynamik der Geosphäre (ICG) simuliert hier verschiedene Klimaszenarien und untersucht deren Einfluss auf pflanzliche Schlüsselprozesse wie Wachstum, Transport, Austauschprozesse mit Atmosphäre und Boden sowie auf biotische Interaktionen.
Am ICG-3:Phytosphäre wurde ab 2006 mit dem Aufbau eines MRI-PET-Zentrums für Pflanzen begonnen. Inzwischen stehen dediziert für die Pflanzenforschung aufgebaute MRI- und PET-Systeme und seit Dezember 2009 auch ein Zyklotron zur Produktion von kurzlebigen Isotopen zur Verfügung.
Das Peter Grünberg Institut (PGI) unterhält oder unterhielt mehrere Beamlines zur Forschung mit Synchrotronstrahlung an verschiedenen Synchrotrons:
Zum Forschungszentrum Jülich gehört auch ein 124 Meter hoher Stahlfachwerkmast für meteorologische Messungen. Er ist in 10, 20, 30, 50, 80, 100 und 120 Metern Höhe mit Plattformen ausgestattet, welche Messgeräte tragen. Der 1963/64 errichtete Messmast ist eine dreieckige Stahlfachwerkkonstruktion.[17]
Die folgenden Supercomputer werden bzw. wurden alle vom Jülich Supercomputing Centre (JSC) im Rahmen des John von Neumann-Instituts für Computing (NIC) in Jülich betrieben.
Der aktuell neueste Supercomputer trägt die Bezeichnung JUQUEEN und konnte 2012 in Betrieb genommen werden.[19]
Am 22. Februar 2008 wurde der auf IBMs BlueGene/P-Architektur basierende massiv-parallele Supercomputer JUGENE in Betrieb genommen. Zeitweilig war er der schnellste Rechner Europas und der schnellste zivile Rechner der Welt. Das Forschungszentrum hat JUGENE im Jahr 2012 abgestellt und zur Verschrottung freigegeben.[20]
Der 2006 eingeweihte JUBL gilt als Vorgänger des JUGENE und wurde nach dessen erfolgreicher Installation Mitte 2008 außer Betrieb genommen.
Der massiv-parallele Supercomputer IBM p690-Cluster Jump ist seit Anfang 2004 in Betrieb. Mit 1312 Prozessoren (41 Knoten mit je 32 Prozessoren) und einem Hauptspeicher von 5 Terabyte (128 Gigabyte pro Knoten) erbringt der Rechner eine Maximalleistung von 5,6 TFLOPS und war damit zum Zeitpunkt seiner Einrichtung auf Platz 30 der leistungsstärksten Rechner der Welt. Die Knoten sind durch einen High-Performance-Switch (HPS) miteinander verbunden. Anwendungen haben über ein globales paralleles Dateisystem Zugriff auf über 60 Terabyte Speicherplatz und einen integrierten Kassettenspeicher mit einer Kapazität von einem Petabyte. Betrieben wird der IBM-p690-Cluster Jump unter dem Betriebssystem AIX 5.1.
Für die Supercomputer wurde 2003 eine neue 1.000 m² große Maschinenhalle neben dem Jülich Supercomputer Centre errichtet.
Ebenfalls am 26. Mai 2009 wurden die beiden Rechner HPC-FF – der von Bull gebaute Rechner für die Fusionsforschung mit 1080 Cluster-Knoten mit je zwei Xeon-Quad-Core-Prozessoren (Xeon X5570, 2,93 GHz) – und der von Sun gelieferte JuRoPA mit 4416 Xeon-X5570-Prozessoren (2208 Prozessornodes) in Betrieb genommen. Beide Rechner lassen sich für spezielle Aufgaben zusammenschalten und erbringen zusammen 274,8 TFLOPS mit Linpack (entspricht Platz 10 weltweit). Als Betriebssystem kommt SUSE Linux Enterprise Server zum Einsatz.[21]
Das Verständnis der chemischen Prozesse in der Atmosphäre bildet die Grundlage für zahlreiche Klimamodelle. Umweltforscher des Forschungszentrum Jülich untersuchen die Chemie der Atmosphäre mit Flugzeugen, Ballons und Satelliten und erstellen daraus chemische Modelle wie z.B. das CLaMS (Chemical Lagrangian Model of the Stratosphere), die in Simulationen auf Supercomputern zum Einsatz kommen. Diese Atmosphärensimulation ist in Fortran 90 geschrieben und modelliert den Ozonabbau in der nördlichen Stratosphäre. Die Ansteuerung erfolgt mit Shellprogrammen und die Visualisierung mit IDL.
Mit seinen Forschungspartnern entwickelt das Forschungszentrum Jülich keramische Membranen. Sie könnten in Kraftwerken als Filter eingesetzt werden, um Prozessgase zu trennen und auch Kohlendioxid effektiv zurückzuhalten.
Rechen- und Speicherressourcen sind oftmals auf mehreren Computersystemen, Rechenzentren oder sogar Ländern verteilt. Industrie und Wissenschaft benötigen also Werkzeuge für den einfachen und sicheren Zugriff auf diese Ressourcen. UNICORE aus Jülich ist ein Grid-basiertes Werkzeugpaket. Die aktuelle Version UNICORE 6 ist Web-Services basiert (WS-RF) und implementiert Grid-Standards des OGF.
In Zusammenarbeit mit RWTH Aachen und der Firma Siemens wird an der Entwicklung eines gasgekühlten unterkritischen nuklearen Transmutationsreaktors AGATE gearbeitet, mit dessen Hilfe die Lebensdauer radioaktiver Abfälle verkürzt werden soll. Die vorhandene Expertise für gasgekühlte nukleare Kugelhaufenreaktoren wird dabei genutzt.[22]
Neben den forschenden Instituten und den Großeinrichtungen gibt es zahlreiche Infrastruktureinheiten und Zentralinstitute, so ist zum Beispiel eine hauptamtliche Werkfeuerwehr rund um die Uhr einsatzbereit, um Menschen, Sachwerte, Tiere und die Natur im und um das Forschungszentrum zu schützen.[23]
Auf dem Gelände betreibt die Landesanstalt für Arbeitsschutz (LAfA) des Landes Nordrhein-Westfalen eine Landessammelstelle für radioaktive Abfälle für die Länder NRW und Niedersachsen. Diese Sammelstelle nimmt neben radioaktivem Abfall aus dem Forschungszentrum auch weitere (schwach)-radioaktive Abfälle aus den genannten Ländern an.