Kozai-Effekt

Kozai-Effekt

Version vom 14. Februar 2021, 18:45 Uhr von imported>Aka (→‎Quellen und Literatur: https, Kleinkram)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Der Kozai-Effekt, auch Kozai-Mechanismus oder Kozai-Resonanz genannt, beschreibt in der Himmelsmechanik eine periodische Bahnstörung, die eine Änderung der Exzentrizität und der Bahnneigung (Inklination) des gestörten Objektes bewirkt. Der Effekt ist benannt nach Yoshihide Kozai ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value), Kozai Yoshihide), der ihn 1962 bei der Analyse von Asteroidenbahnen entdeckte. Er wird nach Hugo von Zeipel, der ihn bereits 1910 behandelte und Michail Lwowitsch Lidow, der ihn parallel zu Kozai in der Sowjetunion auch entdeckte, ebenfalls von Zeipel-Lidov-Kozai-Effekt, Lidow-Kozai-Effekt oder Kozai-Lidow-Effekt genannt.

Auswirkungen und Bedeutung

Die Kozai-Resonanz führt zu Einschränkungen der möglichen Bahnen in einem System, zum Beispiel:

  • für reguläre Monde: ist die Bahn eines Mondes stark geneigt gegenüber der seines Planeten, dann steigt die Exzentrizität der Mondbahn, bis der Mond durch Gezeitenkräfte zerstört wird.
  • für irreguläre Monde: wie oben, nur dass die steigende Exzentrizität zu einer Kollision mit einem regulären Mond oder zum Herausschleudern des Satelliten aus der Hill-Sphäre führt.

Der Kozai-Effekt gilt daher als ein bedeutender Faktor bei der Entstehung der Bahnen einiger Körper im Sonnensystem (irreguläre Satelliten der Planeten, transneptunische Objekte). Er wird auch herangezogen, um folgende Beobachtungen zu erklären:

Da eine Vergrößerung der Exzentrizität bei gleich groß bleibender großer Bahnhalbachse dazu führt, dass die Periapsis der Bahn verkleinert wird, kann der Kozai-Mechanismus auch dazu führen, dass die Bahnen von Kometen im Laufe der Zeit so geändert werden, dass sie in die Sonne stürzen.

Erklärung

Man betrachtet ein Dreikörpersystem, das aus einem Zentralkörper (z. B. Sonne), einem diesen umlaufenden relativ großen Körper (z. B. Planet) und einem kleinen Körper (z. B. Asteroid) besteht, der ebenfalls den Zentralkörper umläuft. Der kleine Körper, der auf einer elliptischen Bahn mit einer Inklination $ i $ relativ zur Bahn des Planeten und mit einer Exzentrizität $ e $ um den Zentralkörper läuft, besitzt Bahnelemente, die durch den großen umlaufenden Körper säkular gestört werden. Im störungstheoretischen Ansatz ist der folgende Wert zeitlich konstant:

$ \Theta :=(1-e^{2})\cos ^{2}i={\text{konst.}} $

Diese Konstante der Bewegung ermöglicht eine Austauschbeziehung zwischen Inklination und Exzentrizität: sinkt die Inklination, so steigt die Exzentrizität und umgekehrt. Nahezu kreisförmige Bahnen mit hoher Inklination können also zu sehr exzentrischen Bahnen mit niedriger Inklination verändert werden.

  • Ist die anfängliche Inklination groß genug (d. h. mindestens so groß wie der Kozai-Winkel, s. u.), dann ergibt sich eine Kozai-Resonanz, d. h. ein resonanter Austausch bzw. eine periodische, gegenläufige Schwankung von Inklination und Exzentrizität zwischen minimalen und maximalen Werten. Gleichzeitig kommt es zu einer Libration des Perizentrums, d. h., das Argument des Perizentrums oszilliert um einen konstanten Wert.
  • Sind die Inklination und Exzentrizität des kleinen Körpers jedoch recht klein, so erhält man als Ergebnis einer solchen Störung keinen resonanten Austausch zwischen Exzentrizität und Inklination, sondern nur ein säkulares Fortschreiten des Arguments des Perizentrums, d. h. eine Periheldrehung.

Kozai-Winkel

Der Kozai-Winkel $ i_{0} $, also der für eine Kozai-Resonanz minimal erforderliche anfängliche Inklinationswinkel bei zunächst fast kreisförmiger Bahn ($ e=0 $), hängt ab vom Abstand des störenden Planeten vom kleinen Körper. Ist dieser Abstand sehr groß, so findet man:

$ \Rightarrow i_{0}=\arccos \left({\sqrt {\frac {3}{5}}}\right)\approx 39{,}2^{\circ } $

Der Übergang zwischen Periheldrehung und Kozai-Effekt findet also statt bei einem Wert für die Konstante der Bewegung von maximal

$ \Theta _{0}={\frac {3}{5}}=0{,}6 $

Befindet sich der störende große Körper näher am Orbit des kleinen Körpers, so sinkt der Kozai-Winkel und entsprechend steigt der Grenzwert $ \Theta _{0} $.

Für retrograd, d. h. „rückwärts“ um den Zentralkörper laufende Satelliten liegen die Inklinationswerte zwischen 90° und 270°. In diesem Fall ist der Kozai-Winkel ein Maximalwert und liegt für weit entfernte Störkörper bei $ 180^{\circ }-39{,}2^{\circ }=140{,}8^{\circ } $.

Quellen und Literatur

  • Y. Kozai, Secular perturbations of asteroids with high inclination and eccentricity, Astronomical Journal 67, 591 (1962) ADS
  • C. Murray and S. Dermott Solar System Dynamics, Cambridge University Press, ISBN 0-521-57597-4
  • Innanen et al. The Kozai Mechanism and the stability of planetary orbits in binary star systems, The Astronomical Journal,113 (1997).
  • Benjamin J. Shappe, Todd A. Thompson: The Mass-Loss induced eccentric Kozai Mechanism: A new Channel for the Production of Close Compact Object-Stellar Binaries. In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics. 2012, arxiv:1204.1053v1.
  • Takashi Ito, Katsuhito Ohtsuka: The Lidov–Kozai Oscillation and Hugo von Zeipel. November 2019, arxiv:1911.03984.