Eidgenössische Hochschulen und Forschungsanstalten | |
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Ordentl. Budget 2016 (CHF Mio.)[1] | |
ETH-Bereich |
2'565 |
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Das Paul Scherrer Institut (PSI) ist ein multidisziplinäres Forschungsinstitut für Natur- und Ingenieurwissenschaften und das grösste von der öffentlichen Hand geförderte Energieforschungszentrum der Schweiz. Es liegt in Villigen und Würenlingen im Schweizer Kanton Aargau beidseits der Aare und gehört zum ETH-Bereich der Schweizerischen Eidgenossenschaft.
Das nach Paul Scherrer benannte Institut entstand 1988 aus dem Zusammenschluss des 1960 gegründeten EIR (Eidgenössisches Institut für Reaktorforschung) und dem 1968 gegründeten SIN (Schweizerisches Institut für Nuklearphysik). Direktor des PSI ist seit August 2008 Joël François Mesot.
Laut einem Zeitungsbericht[2] sind im Januar 2016 20 Kilogramm Plutonium aus dem PSI in die USA gebracht worden. Das Material soll seit den 60er Jahren in einem geheimen Plutoniumlager des Bundes für den damals angedachten Bau einer Atombombe vorgehalten worden sein.
Das PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungseinrichtungen und stellt sie der nationalen und internationalen Wissenschaftsgemeinschaft zur Verfügung. Unter den Grossforschungsanlagen sind mehrere Beschleunigeranlagen, z. B. ein 590-MeV-Hochstromzyklotron, das aktuell (2011) einen Strahlstrom von etwa 2,2 mA liefert, eine Spallations-Neutronenquelle (SINQ), eine Synchrotronlichtquelle (SLS) von besonderer Brillanz und Stabilität und eine Myonenquelle (SμS). Damit ist das PSI zurzeit (2011) weltweit das einzige Institut, das die drei wichtigsten Sonden zur Erforschung der Struktur und der Dynamik kondensierter Materie (Neutronen, Myonen und Synchrotronstrahlung) auf einem Campus der internationalen Nutzergemeinschaft anbietet. Das PSI befasst sich mit erneuerbaren Energien, schadstoffarmer Verbrennungstechnik, Brennstoffzellenentwicklung, Energie und Stoffkreisläufen, den Umwelteinflüssen der Energieproduktion und -verbrauch und mit nuklearer Energieforschung, insbesondere Reaktorsicherheit und Entsorgung.
Neben Energie-, Material- und Grundlagenforschung ist das PSI als Pionier in der Protonentherapie tätig und nahm die weltweit erste Anlage in Betrieb, welche mit einem Scanning-Verfahren tief liegende Tumoren von Patienten behandeln kann. Am PSI wird zurzeit sehr erfolgreich an Therapieanlagen zur Tumorbehandlung mittels Protonen (Projekt PROSCAN[3]) gearbeitet mit dem Ziel, diese Technik zur Marktreife zu bringen und für den Spitaleinsatz vorzubereiten.
Das Institut ist in verschiedene Forschungsbereiche aufgeteilt: Ein Bereich befasst sich mit dem Schwerpunktthema Teilchen und Materie, ein weiterer mit der Festkörperforschung mit Neutronen und Myonen. Weitere Forschungsbereiche bilden die Themen Synchrotronstrahlung und Nanotechnologie, die Biowissenschaften, die nukleare Energie und Sicherheit sowie die allgemeine Energie. Zwei weitere Bereiche sind auf Grossforschungsanlagen und Logistik ausgerichtet.
Typ: | Spiralrücken-Zyklotron |
Magnet: | H-Förmig |
Gewicht des Magneten: | 500 t |
Polplatten Durchmesser: | 250 cm |
Polplatten Abstand: | 20 cm |
Polplatten Form: | 4 auf die Polplatten geschraubte Spiralrücken |
Volumen Vakuumkammer: | 20 m³ |
Extraktionsenergie: | Variabel |
Das 1974 in Betrieb genommene, von der Firma Philips erbaute Injektorzyklotron erfüllte anfänglich zwei Funktionen: Zu 75 % der Strahlzeit diente es als Injektor zur Beschleunigung eines Protonenstrahls auf 72 MeV, der anschliessend durch das Ringzyklotron auf seine Endenergie von 590 MeV gebracht wurde. Die restlichen 25 % der Strahlzeit diente diese Maschine zur Beschleunigung von Teilchen auf verschiedene Energien für Niederenergie-Experimente. Das Hochfrequenz-Beschleunigungssystem wurde für die beiden Einsatzzwecke verschieden ausgelegt. Die Beschleunigung im Injektormodus erfolgte bei 50 MHz mit einer Spannung von 70 kV. Die Beschleunigung erfolgte zweimal pro Umlauf, so dass die Teilchen 500-mal kreisten, bis sie die Extraktionsenergie von 72 MeV erreicht hatten. Dieser Teil wurde jedoch 1991 ausser Betrieb genommen. Für den Betrieb mit variabler Energie kann die Frequenz mittels einer verschiebbaren Kurzschlussplatte zwischen 4,6 und 17 MHz der gewünschten Energie angepasst werden. Der Injektor-1 verfügt über drei Ionenquellen: Eine interne Quelle (RIQ) für Protonen, Deuteronen, Alpha-Teilchen und schwere Ionen; eine externe polarisierte Quelle (PIQ) für Protonen und Deuteronen (welche jedoch mittlerweile ausser Betrieb ist) und eine ebenfalls externe Mikrowellenquelle (ECR), mit welcher Protonen, Argon-Ionen und Xenon-Ionen erzeugt werden. Diese wurde 1997 nachträglich eingebaut. Mit dem Injektor-1 wurden Betriebsströme um 170 µA und Spitzenströme um 200 µA erreicht. Injektor-1 wurde ebenfalls für Niederenergie-Experimente, für die OPTIS-Augentherapie und für das LiSoR-Experiment im Rahmen des MEGAPIE-Projekts genutzt. Seit dem 1. Dezember 2010 ist dieses Zyklotron ausser Betrieb.
Typ: | Isochron-Spiralrücken-Zyklotron |
Magnete: | 4 Stück |
Gesamtgewicht Magnete: | 760 t |
Beschleunigungselemente: | 4 Resonatoren (50 MHz) |
Extraktionsenergie: | 72 MeV |
Der 1984 in Betrieb genommene Injektor-2, eine Eigenentwicklung des damaligen SIN, löste den Injektor-1 als Einschussmaschine für das 590 MeV Ringzyklotron ab. Anfänglich war noch ein wechselnder Betrieb zwischen Injektor-1 und Injektor-2 möglich, inzwischen wird nur noch der Injektor-2 zur Injektion des Protonenstrahles in den Ring genutzt. Durch das neue Zyklotron wurde es möglich, den Strahlstrom auf 1 bis 2 mA anzuheben, für die 1980er Jahre ein absoluter Spitzenwert. Aktuell (2016) liefert der Injektor-2 einen Strahlstrom von ≈ 2,2 mA im Routinebetrieb, 2,4 mA im Testbetrieb. Ursprünglich wurden zwei Resonatoren mit 150 MHz im Flattop-Betrieb betrieben, um eine saubere Trennung der Protonenbahnen zu erhalten, inzwischen werden jedoch auch diese mit 50 MHz zur Beschleunigung eingesetzt. Aus dem extrahierten 72 MeV Protonenstrahl kann ein Teil zur Isotopenproduktion oder für Experimente abgeschnitten werden.
Typ: | Isochron-Spiralrücken-Zyklotron |
Magnete: | 8 Stück |
Gesamtgewicht Magnete: | 2000 t |
Beschleunigungselemente: | 4 (5) Kavitäten (50 MHz) |
Extraktionsenergie: | 590 MeV |
Das 1974 in Betrieb genommene Ring-Zyklotron ist wie der Injektor-2 eine Eigenentwicklung des damaligen SIN und Herzstück der PSI Protonenbeschleunigeranlagen. Mittlerweile wird aus dem Ringzyklotron bei 590 MeV ein Protonenstrom von 2,2 mA (testweise bis zu 2,4 mA) extrahiert. Aufgrund dieses hohen Strahlstromes wird das PSI auch als Mesonenfabrik bezeichnet. Weltweit gibt es nur deren drei, nämlich: TRIUMF in Vancouver, Kanada; LAMPF in Los Alamos, USA; und das PSI; die beiden erstgenannten erreichten nur Strahlströme von 500 µA bzw. 1 mA. Auf der ca. 4 km langen Strecke, welche die Protonen im Ring zurücklegen, werden sie auf 80 % der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Die 1979 zusätzlich eingebaute, kleinere, fünfte Kavität wird mit 150 Megahertz als Flattop-Kavität betrieben, wodurch die Anzahl der extrahierten Teilchen deutlich gesteigert werden konnte. Seit 2008 sind alle alten Aluminiumkavitäten des Ringzyklotrons durch neue Kupferkavitäten ersetzt worden. Diese ermöglichen höhere Spannungsamplituden und somit eine grössere Beschleunigung der Protonen pro Umlauf. Die Anzahl der Umläufe der Protonen im Zyklotron konnte so von ca. 200 auf 186 verringert werden, und der im Zyklotron zurückgelegte Weg der Protonen sank von 6 km auf 4 km. Mit dem Strahlstrom von 2,2 mA stellt diese Protonenanlage des PSI den zurzeit leistungsfähigsten Teilchenbeschleuniger der Welt dar. Der 1,3 MW starke Protonenstrahl wird durch zwei Targets hindurch, an denen Pionen und Myonen erzeugt werden, auf die Spallations-Neutronenquelle (SINQ) gelenkt.
Die seit 1996 in Betrieb befindliche Neutronenquelle SINQ ist die erste und gleichzeitig die stärkste ihrer Art. Sie liefert einen kontinuierlichen Neutronenfluss von 1014 n/cm2/s. Neben thermischen Neutronen liefert ein Moderator aus flüssigem Deuterium auch langsame Neutronen, welche ein tieferes Energiespektrum besitzen.
Durch die Inbetriebnahme des MEGAPIE Targets (Megawatt Pilot-Experiment) im Sommer 2006, bei dem das Feststofftarget durch eines aus einer Blei- und Bismut-Legierung ersetzt wurde, konnte die Neutronenausbeute um ca. weitere 80 % gesteigert werden.
Das MEGAPIE-Projekt wurde durch die CEA in Cadarache und das Forschungszentrum Karlsruhe in Zusammenarbeit mit dem PSI initiiert, um die Machbarkeit eines Flüssigmetall-Targets bei 1 MW Leistung zu demonstrieren. Beschleunigergetriebene Kernreaktoren (ADS) mit derartiger Neutronenquelle stehen zur Diskussion für die Transmutation von nuklearen Abfällen.
Dieses supraleitende 250-MeV-Zyklotron ist seit 2007 für die Protonentherapie in Betrieb und liefert den Strahl für die Tumorbekämpfung an Krebspatienten. In Zukunft werden 150 bis 250 Personen pro Jahr am PSI von der neuartigen Strahlentherapie tief liegender Tumoren profitieren können. Bei der Augentherapie (OPTIS) liegt die Erfolgsrate bei über 98 %.
Ein Elektronen-Synchrotron, die Synchrotron-Lichtquelle Schweiz (Swiss Light Source,[4] SLS) ist seit dem 1. August 2001 in Betrieb. Sie kann mit einem Röntgenapparat und einem Mikroskop verglichen werden. Die SLS bietet ein sehr breites Spektrum von Synchrotronstrahlung von infrarotem Licht bis zu harten Röntgenstrahlen.
Der Freie-Elektronen-Laser SwissFEL befindet sich seit 2013 im Bau. Am 5. Dezember 2016 wurde die Anlage durch Bundesrat Johann Schneider-Amman symbolisch eröffnet.
Dem Paul Scherrer Institut ist die Reaktorschule als Sektion angeschlossen. Die Reaktorschule bildet zum Reaktoroperateur aus. Rechtlich handelt es sich bei der Schule um eine höhere Fachschule für Technik, womit sie auch als Technikerschule bezeichnet werden kann.
Koordinaten: 47° 32′ 10″ N, 8° 13′ 22″ O; CH1903: 659043 / 265337