Als Synchrotronstrahlung bezeichnet man die elektromagnetische Strahlung, die tangential zur Bewegungsrichtung geladener Teilchen abgestrahlt wird, wenn diese sich mit relativistischer Geschwindigkeit bewegen und aus einer geraden Bahn abgelenkt werden. Da die Ablenkung im physikalischen Sinne eine Beschleunigung (Änderung des Geschwindigkeitsvektors) darstellt, handelt es sich um eine besondere Form der Bremsstrahlung.
Synchrotronstrahlung wurde 1944 von Dmitri Dmitrijewitsch Iwanenko und Isaak Jakowlewitsch Pomerantschuk vorhergesagt.[1] Etwa gleichzeitig wurde ihr Auftreten (ebenfalls für Elektronen in einem Betatron, den damals in Entstehung begriffenen Synchrotronen und Synchro-Zyklotronen) 1945 von Julian Schwinger am MIT berechnet, der darüber im Sommer 1945 in Los Alamos (und bei anderen Gelegenheiten wie dem APS-Treffen im Herbst 1946 in New York) vortrug und mit David Saxon veröffentlichte.[2][3] Zu der Zeit war von einigen Physikern die Existenz einer solchen Strahlung bezweifelt worden (man argumentierte, der Kreisstrom der Elektronen würde destruktiv interferierende Strahlung erzeugen), was Schwinger widerlegte.
Zuerst experimentell beobachtet wurde sie 1946 an einem Synchrotron von General Electric bei der Ringbeschleunigung von Elektronen.[4][5] Zunächst wurde sie nur als störender Energieverlust der beschleunigten Teilchen angesehen. Erst ab Ende der 1970er Jahre begannen Planungen für spezielle Beschleuniger zur Erzeugung von Synchrotronstrahlung.
Synchrotronstrahlung wird für Anwendungszwecke durch Ablenkung von Elektronen mit Bewegungsenergien der Größenordnung 1 Giga-Elektronenvolt (GeV) erzeugt. Dazu dienen Elektronen-Speicherringe und Freie-Elektronen-Laser mit speziell hierfür konstruierten magnetischen Strukturen (Undulatoren). In der Astronomie tritt Synchrotronstrahlung dann auf, wenn sich ein heißes Plasma in einem Magnetfeld bewegt. Beispiele für kosmische „Synchrotronquellen“ sind Pulsare, Radiogalaxien und Quasare.
Der Energieverlust eines Teilchens mit der Ladung $ Z\cdot e $ durch die Abstrahlung beträgt beispielsweise in einem Speicherring pro Umlauf[6]
Dabei ist $ Z $ die Kernladungszahl, $ e $ die Elementarladung, $ \varepsilon _{0} $ die elektrische Feldkonstante, $ R $ der Radius des Speicherrings, $ \beta ={\frac {v}{c}} $ das Verhältnis der Teilchengeschwindigkeit zur Lichtgeschwindigkeit und $ \gamma ={\frac {1}{\sqrt {1-\beta ^{2}}}}\equiv {\frac {E}{mc^{2}}} $ der Lorentzfaktor.
Für relativistische Geschwindigkeiten, also $ v\approx c $ und damit $ \beta \approx 1 $, wird dies zu:
Bei Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit nimmt also der Energieverlust des Teilchens durch die Abstrahlung sehr steil mit der kinetischen Energie zu. Auch wird ersichtlich, warum für Synchrotronstrahlungsquellen immer die leichtesten geladenen Teilchen eingesetzt werden: Aufgrund der geringeren Masse ist die abgestrahlte Energie bei Elektronen und Positronen im Vergleich zu den leichtesten Ionen, den Protonen, um 13 Größenordnungen höher.
Der Öffnungswinkel $ \vartheta $, in dem die Synchrotronstrahlung um die momentane Flugrichtung des Teilchens herum gebündelt ist, nimmt mit wachsender Energie $ E $ des Teilchens ab und ist gegeben durch[7]
Im momentanen Ruhesystem erfolgt die Abstrahlung nach der Charakteristik eines Hertz’schen Dipols quer zur Beschleunigung des Teilchens. Die im Laborsystem mit steigender Energie beobachtete zunehmend scharfe Bündelung entlang der Bewegungsrichtung wird durch die Lorentztransformation verständlich.
Für die Erzeugung von Synchrotronstrahlung existieren weltweit etwa 30 Laboratorien. In Deutschland sind das unter anderem BESSY in Berlin, DESY in Hamburg, DELTA an der Technischen Universität Dortmund und ANKA in Karlsruhe. Eine natürliche Quelle für Synchrotronstrahlung im All ist z. B. der Jupiter, der seine Monde mit dieser Art der Strahlung beschießt.
Synchrotronstrahlung hat eine Reihe interessanter Eigenschaften für die Anwendung in Wissenschaft und Technik:
Die in Richtung der Ringebene linear polarisierte Strahlung eignet sich beispielsweise gut, um magnetische Materialien mittels mikromagnetischer Untersuchung zu charakterisieren. Die lineare Polarisation kann mittels mechanischer Phasenverschiebung der Magnetisierungsregionen in einem Undulator in zirkulare Polarisation umgewandelt werden; dies ermöglicht höhere Kontraste bei der Untersuchung der Magnetisierungsregionen magnetischer Materialien. Die Bestrahlung racemischer organischer Verbindungen mit zirkular polarisierter Synchrotronstrahlung erlaubt es etwa, in chiralen Aminosäuren einen Enantiomerenüberschuss zu erzielen.
Man unterscheidet Quellen der ersten, zweiten, dritten und vierten Generation. Diese unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Brillanz der emittierten Strahlung.
Die Synchrotronstrahlung kann genutzt werden für die