Vakuumfluktuationen (auch Quanten- oder Nullpunktsfluktuation) sind Begriffe, die in Zusammenhang mit der Quantenfeldtheorie verwendet werden. In populärwissenschaftlichen Artikeln wird der Begriff häufig auf die quantenmechanische Energie-Zeit-Unschärferelation oder auf virtuelle Teilchen reduziert.
In der Physik versteht man unter Fluktuation die zufällige Änderung einer ansonsten bekannten konstanten oder schwingenden Systemgröße, wie zum Beispiel Fluktuation im Gravitationsfeld der Erde. In diesem Sinne ist jedoch die Vakuumfluktuation nicht zu verstehen. Das Vakuum ist in Raum und Zeit gleichmäßig und ändert sich überhaupt nicht.[1]
In den Formeln der Quantenfeldtheorie von Werner Heisenberg und Wolfgang Pauli treten Unendlichkeiten auf, die von Richard Feynman und Julian Seymour Schwinger 1948 und etwas früher während des Krieges von Shin’ichirō Tomonaga durch Renormierung aufgelöst wurden. Im Zusammenhang mit den dabei entstehenden Termen entwickelten die Physiker die Vorstellung von Wolken aus virtuellen Teilchen, welche die nicht störungsbehafteten Teilchen der klassischen Theorie umgeben. In der Vorstellung können virtuelle Teilchen in einem sehr kurzem Zeitraum real und sofort wieder absorbiert werden. Durch die entstehende Fluktuation der Energie verändert sich die messbare Masse und Ladung der Teilchen. Somit ist diese Fluktuation in den beobachtbaren Teilchen wie Elektronen oder Photonen bereits enthalten und kann niemals isoliert betrachtet werden. Die virtuellen Teilchen haben daher keine physikalische Bedeutung.[2]
In der Vergangenheit wurde insbesondere der Casimir-Effekt (Anziehungskräfte zwischen parallelen Metallplatten), als Beweis dafür angesehen, dass Vakuumfluktuationen bzw. virtuelle Teilchen eine eigenständige physikalische Bedeutung haben könnten. Robert L. Jaffe zeigte 2005, dass diese Effekte durch quantentheoretische Störungsrechnung auch ohne Vakuumfluktuationen hergeleitet werden können.[3] (Der Casimir-Effekt ergibt sich dabei bereits aus der Van-der-Waals-Wechselwirkung für Platten unendlicher Ausdehnung und Leitfähigkeit.) Auch Joseph Cugnon hat bestätigt, dass die Ursache des Casimir-Effekts eher mit der Van-der-Waals-Wechselwirkung zu erklären ist.[4]
In populärwissenschaftlichen Artikeln wird Vakuumfluktuation unter Annahme von Nullpunktsenergie, die auch Vakuumenergie genannt wird, gelegentlich hergeleitet aus der Unschärferelation zwischen Zeit und Energie. Dabei wird manchmal der Eindruck vermittelt, dass diese Fluktuationen physikalische Effekte auslösen könnten.[5] Vakuumfluktuationen werden als Beleg dafür angeführt, dass das quantenmechanische Vakuum nicht im klassischen Sinne „leer“ ist. Vakuumfluktuationen werden gelegentlich als mögliche Erklärung für die Dunkle Energie angesehen, jedoch unterscheiden sich die errechneten Werte um einen Betrag von 10120.
Aus der Quantenfeldtheorie hat der Physiker Gerald T. Moore schon 1970 hergeleitet, dass virtuelle Teilchen, die sich in einem Vakuum befinden, real werden können, wenn sie von einem Spiegel reflektiert werden, der sich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Dieser Effekt ist jedoch eher auf thermische Emission zurückzuführen.[6] Er wurde später auch dynamischer Casimir-Effekt genannt. Der Experimentalphysiker Per Delsing und Kollegen von der Universität Göteborg glauben diesen Effekt 2011 nachgewiesen zu haben.[7][8][9]
Physiker an der Universität Konstanz haben nach eigener Aussage Vakuumfluktuationen direkt nachgewiesen. Mit einem sehr kurzen Laserpuls im Bereich einer Femtosekunde wurden Effekte gemessen, die sich angeblich nur mithilfe von Vakuumfluktuationen erklären lassen.[10][11] Leitenstorfer und Kollegen kommen zu dem Schluss, dass die beobachteten Effekte von virtuellen Photonen ausgelöst wurden. Mit diesem Artikel setzt sich der Mathematiker Arnold Neumaier in seinem populärwissenschaftlichen Forumsbeitrag kritisch auseinander. Er betont, dass die Verwendung von Vakuumerwartungswerten in der verwendeten quantenmechanischen Formel kein Anhaltspunkt für Vakuumfluktuationen ist, da diese Erwartungswerte in allen Berechnungen auftreten werden, solange sie in einer störungstheoretischen Einstellung durchgeführt werden. In nicht störenden Gitterfeldtheoretischen Studien hat niemand die geringste Spur von Vakuumfluktuationen gesehen.[12]