Auf dem Weg zur Supernova – tränenförmiges Sternsystem offenbart sein Schicksal
Physik-News vom 13.07.2021
Astronomen ist die seltene Sichtung zweier Sterne gelungen, die spiralförmig ihrem Ende zusteuern, indem sie die verräterischen Zeichen eines tränenförmigen Sterns bemerkten. Aktuelle Forschungsergebnisse, die von einem internationalen Team unter Beteiligung der Universität Potsdam in „Nature Astronomy“ veröffentlicht wurden, bestätigen, dass sich die beiden Sterne im frühen Stadium einer Spirale befinden, die wahrscheinlich in einer Supernova vom Typ Ia enden wird. Dieser Supernova-Typ hilft den Astronomen zu bestimmen, wie schnell das Universum expandiert.
Das internationale Team von Astronomen und Astrophysikern unter Leitung der University of Warwick entdeckte ein seltenes Doppelsternsystem, das auf eine Supernova zusteuert. Die tragische Tropfenform des Systems wird durch einen massereichen Weißen Zwerg in der Nähe verursacht, der den anderen Stern mit seiner intensiven Schwerkraft verzerrt, was auch der Katalysator für eine eventuelle Supernova sein wird. Das Sternsystem gehört damit zu den wenigen bereits entdeckten, in denen eines Tages ein Weißer Zwergstern seinen Kern wieder entzünden wird.
Publikation:
Ingrid Pelisoli et al.
A hot subdwarf–white dwarf super-Chandrasekhar candidate supernova Ia progenitor
Nature Astronomy, 2021
DOI: 0.1038/s41550-021-01413-0
Das Doppelsternsystem HD265435 befindet sich in etwa 1.500 Lichtjahren Entfernung und besteht aus einem Heißen Unterzwergstern und einem Weißen Zwergstern, die sich in etwa 100 Minuten eng umkreisen. Weiße Zwerge sind „tote“ Sterne, die ihren gesamten Brennstoff verbrannt haben und in sich zusammengefallen sind, was sie klein und extrem dicht macht. Man geht davon aus, dass eine Supernova vom Typ Ia entsteht, wenn der Kern eines Weißen Zwergsterns wieder aufflammt und eine thermonukleare Explosion auslöst. Es gibt zwei Szenarien, in denen dies geschehen kann. Im ersten Fall gewinnt der Weiße Zwerg genug Masse, um das 1,4-Fache der Sonnenmasse zu erreichen, was als Chandrasekhar-Limit bekannt ist. HD265434 passt in das zweite Szenario, bei dem die Gesamtmasse eines Sternsystems aus mehreren Sternen nahe oder über dieser Grenze liegt. Bisher wurden nur wenige andere Sternsysteme entdeckt, die diesen Grenzwert erreichen und zu einer Supernova vom Typ Ia führen werden.
Hauptautorin Dr. Ingrid Pelisoli von der University of Warwick, Fachbereich Physik erklärt: „Wir wissen nicht genau, wie diese Supernovae explodieren, aber wir wissen, dass es geschehen muss, weil wir sehen, dass es anderswo im Universum passiert. Eine Möglichkeit ist, dass der Weiße Zwerg genug Masse aus dem Heißen Unterzwerg akkumuliert. Während die beiden einander umkreisen und sich annähern, beginnt Materie aus dem Heißen Unterzwerg zu entweichen und auf den Weißen Zwerg überzugehen. Eine andere Möglichkeit ist, dass sie Energie durch Gravitationswellenemissionen verlieren und sich dadurch näher kommen, bis sie verschmelzen. Sobald der Weiße Zwerg bei beiden Methoden genug Masse gewinnt, wird er zur Supernova.“
Prof. Stephan Geier freut sich über die gelungene Beobachtung: „Die charakteristische Tränenform dieses Doppelsternsystems führt zu einer ebenso typischen Variation seiner Helligkeit. Diese Variation ist allerdings meist so klein, dass sie mit bodengebundenen Teleskopen nur schwer aufzuspüren ist. Die deutlich bessere Sensitivität des TESS-Weltraumteleskops ermöglichte uns diese Entdeckung.“ Ihre Forschung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Science and Technology Facilities Council (UK) gefördert.
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Potsdam via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.