Bisher größtes Molekül in einer Planeten bildenden Scheibe entdeckt

Bisher größtes Molekül in einer Planeten bildenden Scheibe entdeckt



Physik-News vom 08.03.2022

Mit Hilfe des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile haben Forscherinnen des Observatoriums Leiden in den Niederlanden zum ersten Mal Dimethylether in einer Planeten bildenden Scheibe nachgewiesen. Mit neun Atomen ist dies das größte Molekül, das bisher in einer solchen Scheibe identifiziert wurde. Es ist zudem ein Vorläufer von größeren organischen Molekülen, die zur Entstehung von Leben führen können.

„Anhand dieser Ergebnisse können wir mehr über den Ursprung des Lebens auf unserem Planeten erfahren und somit eine bessere Vorstellung von dem Potenzial für Leben in anderen Planetensystemen bekommen. Wir finden es sehr aufregend zu erfahren, wie diese Ergebnisse in das Gesamtbild passen“, sagt Nashanty Brunken, Masterstudentin am Observatorium Leiden, das zur Universität Leiden gehört, und Hauptautorin der Studie, die heute in Astronomy & Astrophysics veröffentlicht wurde.


Dimethylether in der Scheibe um den Stern IRS 48 entdeckt.

Publikation:


N.G.C. Brunken et al.
A major asymmetric ice trap in a planet-forming disk: III. First detection of dimethyl ether
Astronomy & Astrophysics (2022)

DOI: 10.1051/0004-6361/202142981



Dimethylether ist ein organisches Molekül, das häufig in Sternentstehungswolken vorkommt, aber noch nie in einer Planetenscheibe gefunden wurde. Zusätzlich entdeckte die Forschungsgruppe möglicherweise Methylformiat, ein komplexes Molekül, das Dimethylether ähnelt und ebenfalls ein Baustein für noch größere organische Moleküle ist.



Die Moleküle wurden in der Planeten bildenden Scheibe um den jungen Stern IRS 48 (auch Oph-IRS 48 genannt) mit Hilfe von ALMA gefunden, einem Observatorium, an dem auch die Europäische Südsternwarte (ESO) beteiligt ist. IRS 48, der 444 Lichtjahre entfernt im Sternbild Ophiuchus liegt, war Gegenstand zahlreicher Studien, weil seine Scheibe eine asymmetrische, Cashewkern-förmige „Staubfalle“ enthält. Diese Region, die wahrscheinlich durch einen neu geborenen Planeten oder einen kleinen Begleitstern zwischen dem Stern und der Staubfalle entstanden ist, beherbergt eine große Anzahl millimetergroßer Staubkörner, die sich zusammenschließen und zu kilometergroßen Objekten wie Kometen, Asteroiden und möglicherweise sogar Planeten werden können.


Jüngste Beobachtungen haben mehrere komplexe organische Moleküle in der Region um den Stern IRS 48 entdeckt, darunter Formaldehyd (orange), Methanol (grün) und Dimethylether (blau), wobei letzteres das größte Molekül ist, das bisher in einer Planeten bildenden Scheibe gefunden wurde. Die Emission, die auf dieses Molekül hinweist, ist in der Staubfalle der Scheibe deutlich stärker, während Kohlenmonoxidgas (CO; lila) in der gesamten Gasscheibe vorhanden ist. Die Position des Zentralsterns ist mit einem Stern markiert.

Es wird angenommen, dass viele komplexe organische Moleküle, wie Dimethylether, in Sternentstehungswolken entstehen, noch bevor die Sterne selbst geboren werden. In diesen kalten Umgebungen bleiben Atome und einfache Moleküle wie Kohlenmonoxid an Staubkörnern haften, bilden eine Eisschicht und führen chemische Reaktionen durch, die zu komplexeren Molekülen führen. So haben Forschende vor kurzem entdeckt, dass die Staubfalle in der IRS 48-Scheibe auch ein Eisreservoir ist, in dem sich Staubkörner befinden, die mit diesem an komplexen Molekülen reichen Eis bedeckt sind. In dieser Region der Scheibe hat ALMA nun Spuren des Dimethylether-Moleküls entdeckt: Wenn die Erwärmung durch IRS 48 das Eis zu Gas sublimiert, werden die eingeschlossenen Moleküle, die aus den kalten Wolken stammen, freigesetzt und können nachgewiesen werden.

„Was das Ganze noch spannender macht, ist die Tatsache, dass wir jetzt wissen, dass diese größeren, komplexen Moleküle während der Entstehung von Planeten in der Scheibe vorliegen“, erklärt Booth. „Das war vorher nicht bekannt, denn in den meisten Systemen sind diese Moleküle im Eis verborgen.“

Die Entdeckung von Dimethylether deutet darauf hin, dass viele andere komplexe Moleküle, die üblicherweise in Sternentstehungsgebieten nachgewiesen werden, auch auf eisigen Strukturen in Planeten bildenden Scheiben lauern könnten. Diese Moleküle sind die Vorläufer präbiotischer Moleküle wie Aminosäuren und Zucker, die zu den Grundbausteinen des Lebens gehören.

Durch die Untersuchung ihrer Entstehung und Entwicklung können Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen daher besser verstehen, wie präbiotische Moleküle auf Planeten, einschließlich unseres eigenen, landen. „Wir freuen uns sehr, dass wir nun beginnen können, die gesamte Reise dieser komplexen Moleküle von den Wolken, aus denen Sterne entstehen, zu den Planeten bildenden Scheiben bis hin zu den Kometen nachzuvollziehen. Wir hoffen, dass wir mit weiteren Beobachtungen dem Verständnis des Ursprungs der präbiotischen Moleküle in unserem eigenen Sonnensystem einen Schritt näher kommen“, sagt Nienke van der Marel, eine Forscherin des Observatoriums Leiden, die ebenfalls an der Studie beteiligt war.



Diese Newsmeldung wurde mit Material des Max-Planck-Instituts für Astronomie via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.






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