Blick in komplexe Lichtwellenformen
Physik-News vom 30.06.2017
Mit einer neuen Methode lässt sich erstmals erfassen, wie sich das elektrische Feld von schwacher Strahlung bewegt
Einem internationalen Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Giuseppe Sansone vom Physikalischen Institut der Universität Freiburg ist es erstmals gelungen, die komplexe Entwicklung des elektrischen Feldes von schwachen Lichtpulsen vollständig zu charakterisieren. Das Team hat seine Ergebnisse im Fachjournal „Nature Photonics“ veröffentlicht.
Publikation:
P. A. Carpeggiani et al.
Vectorial optical field reconstruction by attosecond spatial interferometry
Nature Photonics
Lichtpulse sind elektromagnetische Wellen. Ihre Eigenschaften wie etwa Schwingungsrichtung, Dauer und Intensität hängen davon ab, wie sich ihr elektrisches und ihr magnetisches Feld räumlich und zeitlich entwickeln. Diese beiden Vektoren können in komplexen Bahnkurven verlaufen, während sich ein Lichtpuls ausbreitet – sie können sich zum Beispiel entlang eines Kreises drehen, eine Ellipse oder eine beliebige Mischkombination beschreiben. Die Bewegung erfolgt auf der Zeitskala von einigen Hundert Attosekunden, was viel schneller ist, als jedes herkömmliche elektronische oder optoelektronische Messgerät erfassen kann: Eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer Milliardstel Sekunde.
Um dennoch beobachten zu können, wie sich das elektrische Feld bewegt, hat das Team eine Methode entwickelt, bei der so genannte Attosekunden-Laser zum Einsatz kommen. „Mit diesem neuartigen Werkzeug konnten wir Elektronen als Wellenpakete, die nur wenige Hundert Attosekunden dauern, erzeugen“, erklärt Sansone. Während ihrer Bewegung sind Elektronen äußerst empfindlich gegenüber äußeren Störungen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben diese Eigenschaft ausgenutzt, um die Bahnkurven der Elektronen mit schwachen sichtbaren Lichtpulsen zu modifizieren. Daraufhin haben sie gemessen, wie sich diese Kurven verändert haben, und daraus die Intensität und die Richtung des elektrischen Feldes abgeleitet. „Mit unserer Methode wird es in Zukunft möglich sein, eine vollständige Charakterisierung der elektronischen Bewegung in Festkörpern zu erhalten, indem man das von ihrer Oberfläche reflektierte, sichtbare Licht misst“, sagt Sansone.
Forscherinnen und Forscher der Universität Jena, des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg, der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig sowie des Politecnico in Mailand und des Istituto di Fotonica e Nanotecnologie in Padua/Italien haben wesentlich zu diesen Ergebnissen beigetragen.