Der Nachbar schwingt mit
Physik-News vom 28.11.2019
Arbeitsgruppe der Universität Konstanz gelingt direkte Kopplung zweier nahe beieinanderstehender Sensoren im Nanobereich
Sie sehen aus wie Zahnstocher, nur dass sie winzig klein sind: 10.000-mal kürzer und 1.000-mal dünner. Im Arbeitsbereich der Physikerin Prof. Dr. Eva Weig ist es an der Universität Konstanz gelungen, Nanosäulen so nah aneinander zu bauen, dass sie durch die Verspannung im Boden gekoppelt werden können und miteinander schwingen. Aufgrund dieser Technik sind ganze Felder solcher Resonatoren denkbar, die wiederum als Sensoren oder Taktgeber eingesetzt werden und in der Quantentechnologie Anwendung finden könnten. Die Beschreibung der Experimente ist im Open Access-Journal Nature Communications nachzulesen.
Publikation:
Doster, S., Hoenl, H., Lorenz, P. Paulitschke & E. M. Weig
Collective dynamics of strain-coupled nanomechanical pillar resonators
Nature Communications 10, 5246 (2019)
DOI: 10.1038/s41467-019-13309-9
Die Kopplung von nanomechanischen Resonatoren ist derzeit ein vielbeforschtes Gebiet, da diese in mancher Hinsicht im Kollektiv besser schwingen als allein. Im Gegensatz zu Konstruktionen, bei denen die Kopplung erst durch angelegte Felder aufgebaut werden muss, reicht es beim Resonatoren-Modell der Konstanzer Arbeitsgruppe für Nanomechanische Systeme, dass die Nanosäulen selbst gewisse Bedingungen erfüllen. Die wichtigste Bedingung ist, dass sie nahe genug nebeneinander auf dem Boden verankert sind. Wird eine Nanosäule in Schwingung versetzt, verspannt sich am Boden die Umgebung. Die Verspannung hat eine gewisse Reichweite, so dass die benachbarte Säule sie „spürt“ und sich mit bewegt. „Die Kopplung ist sogar ziemlich stark, wenn man die Säulen nah genug aneinanderstellt“, sagt Eva Weig.
Vorteil: Große Säulenfelder sind leichter möglich
„Unser System hat den Vorteil, dass damit leicht große Felder mit vielen Säulen gebaut werden können“, sagt Doktorandin und Mitautorin Juliane Doster. Da die Schwingungsamplituden der Säulen so groß sind, dass sie sogar im Mikroskop sichtbar sind, wäre es möglich, direkt zu beobachten, was in solch einem Säulenfeld passiert. Die Arbeitsgruppe hat für ihre Nanosäulen den Halbleiter Galliumarsenid verwendet. Denkbar sind eigentlich alle Halbleiter. „Man muss nur wissen, wie man die Säulen aus dem Material herausätzen kann“, sagt Juliane Doster.
Perspektive: Gekoppelte Säulenfelder
In die Resonatorenfelder könnten obendrein zusätzliche Funktionen eingebaut werden. „Auch wenn unsere Säulen bislang noch nicht funktionalisiert sind, eröffnen unsere Ergebnisse die Perspektive, zukünftig ganze Netzwerke von solchen funktionalisierten Nanosäulen zu realisieren“, so Eva Weig. Zum Beispiel könnten damit mehrere Einzelphotonenquellen miteinander synchronisiert werden, was Anwendungen in der Quantentechnologie eröffnet. Eine weitere mögliche Anwendung käme sogar ohne Funktionalisierung aus: Gekoppelte Säulenfelder könnten möglicherweise auch dazu genutzt werden, akustische Signale verlustfrei in einer Art „Einbahnstraße für Schallwellen“ zu leiten.
Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.