Ein exotischer Quantenlicht-Zustand
Physik-News vom 21.03.2023
Lichtteilchen, auch Photonen genannt, interagieren normalerweise nicht miteinander. Ein internationales Forschungsteam konnte nun erstmals zeigen, dass einige wenige Photonen kontrolliert manipuliert und zur Wechselwirkung gebracht werden können. Das eröffnet neue Möglichkeiten in der Entwicklung von Quantentechnologien. Die Ergebnisse beschreibt ein Team der Universität Basel, der University of Sydney und der Ruhr-Universität Bochum in der Zeitschrift Nature Physics, online veröffentlicht am 20. März 2023.
Photonen interagieren im Vakuum nicht miteinander; sie können ungestört durcheinander hindurchfliegen. Das macht sie wertvoll für den Datentransfer, weil Informationen mit Lichtgeschwindigkeit nahezu störungsfrei transportiert werden können. Nicht nur für die Datenübermittlung, sondern auch in gewissen Messinstrumenten ist Licht hilfreich, weil damit winzige Abstände bestimmt werden können, beispielsweise in der medizinischen Bildgebung. Die Sensitivität solcher Messinstrumente ist dabei abhängig von der durchschnittlichen Anzahl der Photonen im System.
Publikation:
Tomm, N., Mahmoodian, S., Antoniadis, N.O. et al.
Photon bound state dynamics from a single artificial atom
Nat. Phys. (2023)
DOI: 10.1038/s41567-023-01997-6
Auch wenn Photonen nicht untereinander wechselwirken, so interagieren sie doch mit anderen Materialien, beispielsweise wenn sie durch Glas hindurchfliegen. Diese Interaktion ist normalerweise unabhängig von der Intensität des Lichts. Nur wenn man sehr energiereiches Laserlicht verwendet, beeinflusst die Intensität die Interaktion. In der aktuellen Arbeit zeigten die Forschenden nun einen solchen Intensitätseffekt für nur zwei Photonen. Sie wiesen nach, dass ein einzelnes Photon etwas langsamer durch ihr Messinstrument flog als zwei Photonen.
Damit demonstrierten die Forschenden außerdem die von Einstein 1916 postulierte stimulierte Lichtemission erstmals für einzelne Photonen. Der Effekt war die Grundlage für die Erfindung des Lasers und ist zuvor nur bei einer großen Anzahl von Photonen beobachtet worden.
Quantenlicht mithilfe von künstlichen Atomen erzeugt
Um das Licht auf die beschriebene Weise zu manipulieren, erzeugte das Team in einem Halbleiter einen Hohlraum, welcher die Lichtteilchen festhielt, sowie ein künstliches Atom, einen sogenannten Quantenpunkt. In diesem wurden die Photonen aneinandergebunden, und es entstand ein neuer verschränkter Zustand – eine Art Schicksalsgemeinschaft, in der sich der Doppelpack anders verhält als einzelne Photonen.
Bessere Auflösung und höhere Sensitivität mit Quantenlicht
Solches verschränktes Quantenlicht ermöglicht prinzipiell sensitivere Messungen mit höherer Auflösung. Da die Technik auf wenigen Photonen basiert, wäre sie auch bei lichtempfindlichen Proben von Vorteil, wie sie in der biologischen Mikroskopie häufig vorkommen, wo die aufzulösenden Strukturen zudem sehr klein sind.
Die Quantenpunkte stellte das Team um Dr. Arne Ludwig von der Ruhr-Universität Bochum her. Die Experimente führte die Gruppe um Dr. Natasha Tomm und Prof. Dr. Richard Warburton von der Universität Basel durch. Die theoretischen Grundlagen legte Dr. Sahand Mahmoodian von der University of Sydney und von der Leibniz Universität Hannover.
Die Forschenden hoffen, dass ihre Experimente den ersten Schritt darstellen, um Quantenlicht für Anwendungen nutzbar zu machen.
Förderung
Die Arbeiten wurden unterstützt vom Schweizerischen Nationalfonds, der Europäischen Union im Rahmen des Horizon 2020-Programms, dem Forschungsfonds der Universität Basel, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Australian Research Council und ARC Centre of Excellence in Engineered Quantum Systems.
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Ruhr-Universität Bochum via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.