Eine zweispurige Autobahn für Signale

Eine zweispurige Autobahn für Signale



Physik-News vom 14.07.2023

Neue Studie eröffnet Möglichkeiten für die Kontrolle von Signalen etwa in der Quanteninformationsverarbeitung.

Die Weiterleitung von Signalen und ihre Isolierung gegen Rauschen und Rückreflexionen sind in vielen praktischen Situationen in der klassischen Kommunikation, aber auch in der Quantenverarbeitung unerlässlich.


Eine zweispurige Autobahn für Signale. Die eine Quadratur wird in die eine, die andere Quadratur in die andere Richtung übertragen.

Publikation:


Clara C. Wanjura, Jesse J. Slim, Javier del Pino, Matteo Brunelli, Ewold Verhagen, and Andreas Nunnenkamp
Quadrature nonreciprocity in bosonic networks without breaking time-reversal symmetry
Nat. Phys. (2023)

DOI: 10.1038/s41567-023-02128-x



In einer theoretisch-experimentellen Zusammenarbeit gelang einem Forschungsteam unter der Leitung von Andreas Nunnenkamp von der Universität Wien und Ewold Verhagen vom Forschungsinstitut AMOLF in Amsterdam der Transport von Signalen in Paaren von „Einbahnstraßen“. Diese in Nature Physics veröffentlichte Forschungsarbeit eröffnet neue Möglichkeiten für flexiblere Bauelemente zur Weiterleitung und Verstärkung von Signalen.

Bauelemente, die es ermöglichen Signale weiterzuleiten, die zum Beispiel von Licht- oder Schallwellen übertragen werden, sind in vielen praktischen Situationen unerlässlich. Dies ist unter anderem bei der Quanteninformationsverarbeitung der Fall, wo die Zustände des Quantencomputers verstärkt werden müssen, um sie auszulesen – ohne dass sie durch das Rauschen des Verstärkungsprozesses verfälscht werden.

Deshalb sind Bauelemente, die Signale in einem Einwegkanal übertragen können – wie beispielsweise Isolatoren oder Zirkulatoren – sehr gefragt. Derzeit sind solche Bauelemente jedoch verlustbehaftet, sperrig und erfordern starke Magnetfelder, die die Zeitumkehrsymmetrie brechen, um den Signaltransport in eine Richtung zu erreichen. Aufgrund dieser Einschränkungen bemüht man sich intensiv um Alternativen, die weniger Platz benötigen und nicht auf Magnetfelder angewiesen sind.

Die neue in Nature Physics veröffentlichte Studie stellt eine neue Klasse von Systemen vor, die durch ein Phänomen gekennzeichnet sind, das die Autorinnen und Autoren „Quadratur-Nichtreziprozität“ nennen. Die Quadratur-Nichtreziprozität nutzt die Interferenz zwischen zwei unterschiedlichen physikalischen Prozessen aus. Bei der Überlagerung dieser Prozesse kann es – wie bei Wellen, die von ins Wasser geworfenen Steinen ausgehen – zur Auslösung oder Verstärkung kommen - ein Phänomen, das destruktive bzw. konstruktive Interferenz genannt wird. Dies ermöglicht eine Übertragung von Signalen in nur eine Richtung und führt zu einer ausgeprägten Abhängigkeit von der Phase des Signals, d. h. der Quadratur.

„In diesen Bauelementen hängt die Übertragung nicht nur von der Richtung des Signals ab, sondern auch von der Quadratur des Signals“, sagt Clara Wanjura, die theoretische Hauptautorin der Studie. „Damit wird eine zweispurige Autobahn für Signale realisiert: Eine Quadratur wird in die eine Richtung und die andere Quadratur in die entgegengesetzte Richtung übertragen. Die Zeitumkehrsymmetrie erzwingt dann, dass die Quadraturen immer paarweise in zwei getrennten Spuren in entgegengesetzte Richtungen übertragen werden.“

Die Experimentatoren und Experimentatorinnen von AMOLF haben dieses Phänomen in einem nanomechanischen System experimentell nachgewiesen, bei dem die Wechselwirkungen zwischen den mechanischen Schwingungen kleiner Siliziumfäden durch Laserlicht orchestriert werden. Das Laserlicht übt Kräfte auf die Fäden aus und vermittelt dadurch Wechselwirkungen zwischen ihren verschiedenen Schwingungen. Jesse Slim, der experimentelle Hauptautor der Studie, sagt: „Wir haben ein vielseitiges experimentelles Instrumentarium entwickelt, mit dem wir die beiden verschiedenen Arten von Wechselwirkungen kontrollieren können, die für die Umsetzung der Quadratur-Nichtreziprozität erforderlich sind. Auf diese Weise konnten wir den daraus resultierenden doppelten ‚Einbahn‘-Transport für Signale experimentell nachweisen.“

Die Arbeit eröffnet neue Möglichkeiten für die Signalweiterleitung und die quantenlimitierte Verstärkung, mit potenziellen Anwendungen in der Quanteninformationsverarbeitung und -sensorik.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Wien via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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