Erstes Neutrino-Bild einer aktiven Galaxie

Erstes Neutrino-Bild einer aktiven Galaxie

Physik-News vom 04.11.2022
 

Seit mehr als zehn Jahren detektiert das IceCube Observatorium in der Antarktis Leuchtspuren extragalaktischer Neutrinos. Ein internationales Forschungsteam hat bei der Auswertung der Daten in der aktiven Galaxie NGC 1068, auch bekannt als Messier 77, eine Quelle hochenergetischer Neutrino-Strahlung entdeckt.

Das Universum ist voller Geheimnisse. Eines davon sind aktive Galaxien, in deren Zentrum sich gigantische Schwarze Löcher befinden. „Wir wissen bis heute nicht genau, welche Prozesse sich dort abspielen“, erklärt Elisa Resconi, Professorin für Experimental Physics with Cosmic Particles an der TUM. Ihr Team ist der Auflösung dieses Rätsels jetzt einen großen Schritt nähergekommen: In der Spiralgalaxie NGC 1068 haben die Astrophysikerinnen und Astrophysiker eine Quelle hochenergetischer Neutrinos aufgespürt.


Symbolbild: Schwarzes Loch

Publikation:


The IceCube Collaboration: R. Abbasi et al.
Evidence for neutrino emission from the nearby active galaxy NGC 1068
Science Vol 378, Issue 6619 pp. 538-543 (2022)

DOI: 10.1126/science.abg3395



Mit Teleskopen, die Licht, Gamma- oder Röntgenstrahlen aus dem All auffangen, ist es sehr schwierig, die aktiven Zentren von Galaxien zu erforschen, weil Wolken aus kosmischem Staub und heißem Plasma die Strahlung absorbieren. Dem Inferno am Rande Schwarzer Löcher entkommen nur Neutrinos, die so gut wie keine Masse und auch keine elektrische Ladung haben. Sie durchdringen den Raum, ohne durch elektromagnetische Felder abgelenkt oder absorbiert zu werden. Deshalb sind sie auch so schwer zu detektieren.

Die größte Hürde bei der Neutrino-Astronomie war bisher die Trennung des sehr schwachen Signals von dem starken Hintergrundrauschen durch Teilcheneinschläge aus der Erdatmosphäre. Erst die langjährigen Messungen des IceCube Neutrino Observatory und neue statistische Methoden ermöglichten Resconi und ihrem Team genügend Neutrino-Ereignisse für ihre Entdeckung.

Prof. Elisa Resconi beschäftigt sich in ihrer Forschung schwerpunktmäßig mit Neutrinos. Als astrophysikalische Boten eröffnen kosmische Neutrinos einen neuen Blick ins Universum.

Detektivarbeit im ewigen Eis

Das IceCube-Teleskop, das sich im Eis der Antarktis befindet, detektiert seit 2011 Leuchtspuren einfallender Neutrinos. „Aus ihrer Energie und ihrem Einfallswinkel können wir rekonstruieren, woher sie kommen“, erklärt TUM-Wissenschaftler Dr. Theo Glauch. „Die statistische Auswertung zeigt eine hochsignifikante Häufung von Neutrino-Einschlägen aus der Richtung, in der sich die aktive Galaxie NGC 1068 befindet. Damit können wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die hochenergetische Neutrino-Strahlung aus dieser Galaxie kommt.“



Doch wo und wie entstehen dort Neutrinos? „Wir haben ein klares Szenario“, antwortet Resconi. „Wir denken, dass die hochenergetischen Neutrinos das Ergebnis einer extremen Beschleunigung sind, die Materie in der Umgebung des Schwarzen Lochs erfährt und dadurch auf sehr hohe Energien beschleunigt wird. Aus Experimenten in Teilchenbeschleunigern wissen wir, dass hochenergetische Protonen Neutrinos erzeugen, wenn sie mit anderen Teilchen zusammenstoßen. Mit anderen Worten: Wir haben einen kosmischen Beschleuniger gefunden.“

Neutrino-Observatorien für eine neue Astronomie

NGC 1068 ist die statistisch signifikanteste Quelle hochenergetischer Neutrinos, die bisher entdeckt wurde. Um auch schwächere und weiter entfernte Neutrino-Quellen lokalisieren und erforschen zu können, seien mehr Daten erforderlich, betont Resconi. Die Forscherin hat unlängst eine internationale Initiative für den Bau eines mehrere Kubikkilometer großen Neutrino-Teleskops im nordöstlichen Pazifik gestartet, das Pacific Ocean Neutrino Experiment, P-ONE. Es soll zusammen mit dem geplanten IceCube-Observatorium der zweiten Generation – IceCube-Gen2 – die Daten für eine künftige Neutrino-Astronomie liefern.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Technischen Universität München via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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