Forschende beobachten erstmals ultraschnelle Prozesse einzelner Moleküle in flüssigem Helium

Forschende beobachten erstmals ultraschnelle Prozesse einzelner Moleküle in flüssigem Helium



Physik-News vom 23.03.2020

In Physical Review Letters beschreiben Experimentalphysiker der TU Graz, wie sich ein Molekül in der schützenden Umgebung einer Quantenflüssigkeit bewegt.

Der Leiter der Arbeitsgruppe Femtosecond Dynamics am Institut für Experimentalphysik der TU Graz Markus Koch und sein Team entwickeln neue Methoden für die zeitaufgelöste Femtosekunden-Laserspektroskopie, um ultraschnelle Prozesse in molekularen Systemen zu untersuchen. 2018 gelang der Gruppe erstmals die Beobachtung einer fotoinduzierten Reaktion eines Atoms in einer speziellen Umgebung, nämlich im Inneren eines suprafluiden Helium-Nanotröpfchens.


Die Arbeitsgruppe Femtoseconds Dynamics des Instituts für Experimentalphysik der TU Graz rund um ihren Leiter Markus Koch (3. von links)hat erneut einen Erfolg in der Quantenphysik vorzuweisen.

Publikation:


Bernhard Thaler, Miriam Meyer, Pascal Heim, Markus Koch
Long-Lived Nuclear Coherences inside Helium Nanodroplets
Physical Review Letters 124, 115301

DOI: 10.1103/PhysRevLett.124.115301



Für ihre Untersuchungen setzten die Forschenden ein einzelnes Indiumatom in das Tröpfchen und analysierten die Reaktion des Atoms mit dem Anregungs-Abfrage-Prinzip (pump-probe). Dabei wurde das Atom mit einem ultrakurzen Laserpuls angeregt, woraufhin sich die Heliumumgebung im Femtosekundenbereich (10-15 Sekunden) an den angeregten Atomzustand anpasste. Ein zeitverzögerter zweiter Laserpuls verfolgte diese Entwicklung und lieferte Informationen zum Verhalten des Systems.

Nächster Schritt geglückt

Mit derselben Technik visualisierte Koch gemeinsam mit seinen Institutskollegen Bernhard Thaler und Pascal Heim sowie unter Beteiligung von Miriam Meyer, Masterstudentin im Fach Technische Physik, nun erstmals die Bewegung von Molekülen im Inneren eines Helium-Nanotröpfchens. Dazu brachte das Quartett zwei Indiumatome in das Tröpfchen ein, wo sich diese zu einem Molekül verbanden. Durch Fotoanregung wurde im Molekül eine Schwingung ausgelöst, deren Entwicklung mit der zuvor beschriebenen Pump-Probe-Methode beobachtet wurde. Für die Forschenden sind dabei zwei Ergebnisse von besonderer Bedeutung: Zum einen konnten sie demonstrieren, dass es mit solchen Experimenten generell möglich ist, ultraschnelle intramolekulare Prozesse – also Prozesse, die in einem angeregten Molekül ablaufen – zu beobachten.

Helium hat geringen Einfluss auf eingebettetes Molekül

Zum anderen stellte die Gruppe fest, dass Helium einen viel schwächeren Einfluss auf die Molekülbewegung hat, als herkömmliche Lösungsmittel wie Wasser oder Methanol. Intramolekulare Prozesse werden in der Regel durch die Wechselwirkungen mit der Umwelt beeinflusst. Bei herkömmlichen Lösungsmitteln ist diese Wechselwirkung aber so stark, dass intramolekulare Prozesse nicht beobachtet werden können, wie Bernhard Thaler erklärt: „Gerade fragile Moleküle zerbrechen oft nach der Anregung, oder werden in ihrer Schwingung gestört. Das ist im Heliumtropfen nachweislich anders. Dort herrschen Temperaturen von 0,4 Kelvin (Anm. minus 272,75 Grad Celsius). Dadurch ist der Einfluss auf das eingebettete Molekül um vieles geringer und es ist möglich, die intramolekularen Prozesse genau zu beobachten und selbst sehr fragile Moleküle zu untersuchen.“

Markus Koch will Methode auf komplexe Moleküle ausweiten

„Wir sehen in Helium-Nanotropfen ein großes Potenzial, da sie wunderbare Möglichkeiten bieten, molekulare Systeme zu erzeugen“, erklärt Koch, warum er und sein Team diese Methode verstärkt für Femtosekunden-Studien einsetzen. Im nächsten Schritt möchte die Arbeitsgruppe Femtosecond Dynamics nun komplexere Strukturen erzeugen und beobachten, wie sich die molekulare Schwingung dadurch ändert. „Indium-Moleküle sind sehr einfach aufgebaut. Wir wollen zukünftig technologisch relevante und zugleich komplexere Moleküle ansehen und uns so schrittweise an ‚molecular engineering‘ herantasten.“ Das Verfahren könnte langfristig dafür genutzt werden, neue Materialien – beispielsweise für die organische Elektronik – zu entwickeln.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Technischen Universität Graz via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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