Nano-Optomechanik mit einzelnen Elektronen
Physik-News vom 29.04.2020
Regensburger Physiker weisen einen vielversprechenden Weg auf, um verschiedenste Quantentechnologien auf einem Chip zu kombinieren.
Optomechanik untersucht die Wechselwirkung zwischen mechanischen Elementen und elektromagnetischen Feldern. Physikern der Universität Regensburg ist es gelungen, die Bewegung einer Kohlenstoff-Nanoröhre, also eines einzelnen Makromoleküls, an einen Mikrowellenresonator zu koppeln – in einem neuartigen, miniaturisierten optomechanischen System. Dabei nützt die Arbeitsgruppe von PD Dr. Andreas K. Hüttel die Ladungsquantisierung, d.h., daß Strom durch einzelne tunnelnde Elektronen getragen wird, als Verstärkereffekt aus. Die Ergebnisse sind in Nature Communications erschienen; sie weisen einen vielversprechenden neuen Weg auf, wie man verschiedenste Quantentechnologien auf einem Chip kombinieren kann.
Publikation:
S. Blien, P. Steger, N. Hüttner, R. Graaf, und A. K. Hüttel
Quantum capacitance mediated carbon nanotube optomechanics
Nature Communications (2020)
DOI: 10.1038/s41467-020-15433-3
Die Schwingungen eines Makromoleküls, wie einer Kohlenstoff-Nanoröhre, an ein Mikrowellenfeld zu koppeln, ist normalerweise schwierig. Warum? Weil typische elektromagnetische Wellenlängen, die für Experimente in der Quanteninformationsverarbeitung oder Festkörper-Quantenelektrodynamik verwendet werden, im Millimeterbereich liegen. Ein typisches Nanoröhren-Bauelement, als mechanischer Resonator, aber auch als Falle für einzelne Elektronen, ist jedoch weniger als einen Mikrometer lang, mit mechanischen Auslenkungen im Nanometerbereich. Diese weit unterschiedlichen Größenordnungen führen dazu, daß die Nanoröhre das elektromagnetische Feld kaum beeinflußt; die Kopplung, die hier erwartet wird, ist minimal.
Erreichen und Kontrollieren der optomechanischen Kopplung einer Nanoröhre, ohne sie dabei zu großen, unkontrollierten Schwingungsamplituden anzuregen, ist dennoch aus vielerlei Gründen interessant. Eine Kohlenstoff-Nanoröhre ist ein fast perfekter Saitenresonator, der mechanische Energie lange speichern kann; ihre Schwingungen könnten dazu verwendet werden, Information zwischen unterschiedlichen Quantensystemen zu transferieren und zu übersetzen. Und sowohl einzelne Elektronen im Festkörper als auch supraleitende Mikrowellenschaltkreise zählen zu den weltweit favorisierten Quantencomputer-Architekturen.
Das Regensburger Experiment, kürzlich als Open-Access-Artikel veröffentlicht, zeigt, daß die Wechselwirkung zwischen mechanischer Schwingung und elektromagnetischem Feld um einen Faktor 10000 verglichen mit einfachen geometrischen Modellen verstärkt werden kann. Dazu wird die sogenannte Quantenkapazität verwendet: Elektrischer Strom wird durch einzelne Elektronen getragen, was heißt, daß ein sehr kleiner Kondensator – wie eine Nanoröhre – nicht kontinuierlich, sondern in Stufen aufgeladen wird. Durch die richtige Wahl des Arbeitspunkts auf der Stufenfunktion kann die optomechanische Kopplung kontrolliert und schnell geschaltet werden.
„Wir haben jetzt ein sogenanntes dispersiv gekoppeltes optomechanisches System – neuartig und spannend durch die Einzelelektroneneffekte, aber andererseits auch gut erforscht, da weltweit sehr viele theoretische und experimentelle Arbeiten zu größeren (bis hin zu makroskopischen) optomechanischen Systemen existieren“, so Dr. Hüttel, momentan als Gastprofessor an der Aalto Universität, Espoo, Finnland. „Die Kopplung kann zum Dämpfen der Schwingung verwendet werden, zu hochempfindlicher Bewegungsdetektion, zum Verstärken von kleinen Signalen, oder sogar zur Synthese beliebiger Quantenzustände. Unsere Messungen zeigen, daß die quantenmechanische Kontrolle der Nanoröhren-Schwingung in absehbarer Zukunft erreichbar ist. Damit werden Kohlenstoff-Nanoröhren auf eine weitere Weise interessant, als ‚Schaltzentrale‘, die die Kombination verschiedenster Quanteneffekte ermöglicht.“
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Regensburg via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.