Neuartige Isolatoren mit leitenden Kanten

Neuartige Isolatoren mit leitenden Kanten



Physik-News vom 01.06.2018

Physiker der UZH erforschen eine neue Materialklasse, die sogenannten topologischen Iso-latoren höherer Ordnung. Die Kanten dieser kristallinen Festkörper leiten elektrischen Strom verlustfrei, während der Rest des Kristalls isoliert. Dies wäre sehr nützlich in der Halbleitertechnik und für den Bau von Quantencomputern.

In der Topologie werden Eigenschaften von Objekten und Festkörpern untersucht, die gegen Störungen und Verformungen geschützt sind. Bekannt sind bisher sogenannte topologische Isolatoren - Kristalle, die im Inneren elektrisch isolierend sind, aussen aber Strom leiten. Die leitenden Oberflächenzustände sind topologisch geschützt und können nur schwer in einen isolie-renden Zustand überführt werden.


Schematische Darstellung eines topologischen Isolators höherer Ordnung in Form eines Nanodrahtes mit leitenden Kanälen auf den Kanten

Publikation:


Frank Schindler, Ashley M. Cook, Maia G. Vergniory, Zhijun Wang, Stuart S. P. Parkin, B. Andrei Bernevig, Titus Neupert
Higher-order topological insulators
Science Advances, June 1st, 2018

DOI: 10.1126/sciadv.aat0346



Neue Materialklasse "topologische Isolatoren höherer Ordnung"

Theoretische Physiker unter der Leitung der Universität Zürich haben nun eine neue Klasse von topologischen Isolatoren erforscht, die nicht auf den Oberflächen, sondern auf den Kristallkanten leitende Zustände besitzen. Das Team aus Wissenschaftlern der UZH, der Universität Princeton, des Donostia International Physics Centers und des Max-Planck-Instituts für Mikrostrukturphysik in Halle hat diese neue Materialklasse "topologische Isolatoren höherer Ordnung" getauft. Diese sind besonders interessant, weil die elektrisch leitenden Kanten äusserst robust sind: Verunreini-gungen oder Unordnung im Kristall halten den Fluss der topologischen Elektronen nicht auf, der Strom fliesst einfach um das Hindernis herum.

Kanten sind für die Elektronen wie eine Autobahn

Die Kanten müssen zudem nicht besonders präpariert werden, um leitfähig zu sein. Bricht der Kristall, sind auch die neuen Kanten automatisch wieder leitend. "Das Spannendste aber ist, dass Strom auf diese Art zumindest theoretisch widerstandsfrei geleitet werden kann", sagt Titus Neupert, Professor am Institut für Physik der UZH. "Man kann sich die Kristallkanten wie eine Autobahn für Elektronen vorstellen. Sie können nicht einfach umkehren". Diese Eigenschaft der widerstandsfreien Leitfähigkeit, die vor allem von Supraleitern bei tiefen Temperaturen bekannt ist, lässt sich bei den bisher bekannten topologischen Isolatoren mit leitenden Oberflächen nicht finden.

Weitere theoretische und experimentelle Untersuchungen nötig

Noch überwiegen die theoretischen Aspekte in der Studie der Physiker. Als erste Verbindung, welche diese neuartigen Eigenschaften aufweisen sollte, haben sie Zinn-Tellurid vorgeschlagen. "Wir müssen weitere mögliche Materialien dieser neuen Klasse identifizieren und in Experimenten untersuchen", sagt Neupert. Die Forscher hoffen, dass Nanodrähte, die aus den von ihnen un-tersuchten topologischen Isolatoren höherer Ordnung bestehen, künftig als Leiterbahnen in elektrischen Schaltkreisen eingesetzt werden können. Sie könnten mit magnetischen und supra-leitenden Materialien kombiniert und in Quantencomputern eingesetzt werden.


Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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