Photonenzwillinge ungleicher Herkunft
Physik-News vom 13.06.2022
Identische Lichtteilchen (Photonen) sind wichtig für viele Technologien, die auf der Quantenphysik beruhen. Ein Team von Forschenden aus Basel und Bochum hat nun identische Photonen mit unterschiedlichen Quantenpunkten erzeugt – ein wichtiger Schritt für Anwendungen wie abhörsichere Kommunikation und Quanteninternet.
Viele Technologien, die sich Quanteneffekte zu Nutze machen, beruhen auf haargenau gleichen Photonen. Diese herzustellen ist allerdings enorm schwierig. So muss nicht nur die Wellenlänge (Farbe) der Photonen exakt übereinstimmen, sondern auch ihre Form und Polarisierung.
Publikation:
Liang Zhai, Giang N. Nguyen, Clemens Spinnler et al.
Quantum interference of identical photons from remote GaAs quantum dots
Nature Nanotechnology (2022)
DOI: 10.1038/s41565-022-01131-2
Einem Team von Forschenden der Universität Basel um Richard Warburton ist es nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Bochum gelungen, identische Photonen zu erzeugen, die aus unterschiedlichen, weit voneinander entfernten Quellen stammen.
Einzelne Photonen aus Quantenpunkten
In ihren Experimenten verwenden die Physikerinnen und Physiker sogenannte Quantenpunkte, also wenige Nanometer grosse Strukturen in Halbleitermaterialien. In diesen Quantenpunkten sind Elektronen gefangen, die nur ganz bestimmte Energieniveaus annehmen und beim Übergang vom einen zum anderen Niveau Licht aussenden können. Mit Hilfe eines Laserpulses, der einen solchen Übergang auslöst, können so auf Knopfdruck einzelne Photonen hergestellt werden.
„In den letzten Jahren haben bereits andere Forschende mit verschiedenen Quantenpunkten identische Photonen erzeugt“, erklärt Lian Zhai, Postdoktorand und Erstautor der soeben in „Nature Nanotechnology“ erschienenen Studie. „Dazu mussten sie allerdings aus einer riesigen Anzahl an Photonen mit optischen Filtern diejenigen herauspicken, die sich am ähnlichsten waren.“ Durch das Herauspicken bleiben bei dieser Methode nur wenige brauchbare Photonen übrig.
Warburton und seine Mitarbeitenden wählten einen anderen, anspruchsvolleren Weg. Zunächst stellten die Bochumer Spezialisten extrem reines Galliumarsenid her, aus dem die Quantenpunkte gebildet wurden. Auf diese Weise konnten die natürlichen Variationen zwischen verschiedenen Exemplaren möglichst klein gehalten werden. In Basel setzten die Physikerinnen und Physiker dann zwei Quantenpunkte mit Hilfe von Elektroden genau dosierten elektrischen Feldern aus. Diese Felder veränderten die Energieniveaus der beiden Quantenpunkte und wurden so eingestellt, dass die von den Quantenpunkten ausgesendeten Photonen genau dieselbe Wellenlänge hatten.
Zu 93 Prozent identisch
Um nachzuweisen, dass die Photonen tatsächlich nicht unterscheidbar waren, liessen die Forschenden sie auf einen halbdurchlässigen Spiegel fallen. Dabei beobachteten sie, dass die Lichtteilchen fast immer den Spiegel entweder als Paar passierten oder als Paar reflektiert wurden. Daraus wiederum konnten sie ableiten, dass die Photonen zu 93 Prozent identisch waren. Die Photonen bildeten also Zwillingspaare, obwohl sie ganz unabhängig voneinander „geboren“ wurden.
Zudem konnten die Forschenden mit den Photonen einen wichtigen Baustein von Quantencomputern, ein sogenanntes kontrolliertes Nicht-Gatter (Englisch controlled-NOT oder CNOT gate), realisieren. Mit solchen Gattern lassen sich Quanten-Algorithmen umsetzen, die bestimmte Probleme viel schneller lösen können als klassische Computer.
„Im Moment liegt unsere Ausbeute an identischen Photonen noch bei etwa einem Prozent“, räumt Doktorand Giang Nguyen ein, der gemeinsam mit seinem Kollegen Clemens Spinnler am Experiment beteiligt war. „Doch wir wissen schon recht genau, wie wir sie in Zukunft erhöhen können.“ Damit wäre die Zwillingsphotonen-Methode dann reif für mögliche Anwendungen in verschiedenen Quantentechnologie
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Basel via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.