Physik der Gravitationswellen: Die Streuung von Schwarzen Löchern mit höchster Genauigkeit dargestellt

Physik der Gravitationswellen: Die Streuung von Schwarzen Löchern mit höchster Genauigkeit dargestellt



Physik-News vom 11.07.2024

Studie liefert neue Einblicke in die Gravitationswechselwirkungen zwischen aufeinandertreffenden Schwarzen Löchern und beantwortet fundamentale Fragen der Physik.

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Prof. Dr. Jan Plefka vom Institut für Physik der Humboldt-Universität zu Berlin hat die Dynamik kollidierender Schwarzer Löcher mit beispielloser mathematischer Genauigkeit dargestellt. Die in der angesehenen Zeitschrift Physical Review Letters publizierte Arbeit bietet neue Erkenntnisse über die Gravitationsinteraktionen dieser kosmischen Objekte.

Publikation:


Mathias Driesse, Gustav Uhre Jakobsen, Gustav Mogull, Jan Plefka, Benjamin Sauer, and Johann Usovitsch
Conservative Black Hole Scattering at Fifth Post-Minkowskian and First Self-Force Order
Phys. Rev. Lett. 132, 241402 (2024)

DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.132.241402

Schwarze Löcher sind Objekte mit der höchsten bekannten Massendichte im Universum. Ihre Gravitationskraft ist so stark, dass nicht einmal Licht ihr entkommen kann. Nähern sich Schwarze Löcher einander an, senden sie Gravitationswellen aus – ein Phänomen, das Albert Einstein schon 1915 in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt hat und das mittlerweile mit Gravitationswellendetektoren wie LIGO in den USA nachgewiesen wurde.


Visualisierung einer Gravitationswellenform der Streuung zweier Schwarzer Löcher.

Kombination von Methoden ermöglicht präzise Beschreibung

Ein Team von Physikern der Humboldt-Universität, des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Potsdam und des CERN nahe Genf, Schweiz, hat die Streuung zweier Schwarzer Löcher und die daraus resultierenden Wechselwirkungen durch die gegenseitige Anziehungskraft mit hoher Präzision berechnet. Sie wandten Methoden der Quantenfeldtheorie und Teilchenphysik auf das klassische Problem der Zwei-Körper-Physik an. Diese Methode, die fortschrittlichste mathematische Integrationstechniken und Supercomputer benötigte, ermöglichte es ihnen, eine völlig neue Präzisionsstufe zu erreichen.

„Die Lösung dieses Problems markiert eine neue Grenze für Mehrschleifen-Berechnungen und effektive Feldtheorie-Techniken“, sagt Jan Plefka, Leiter der Arbeitsgruppe Quantenfeld- und Stringtheorie am Institut für Physik der HU. „Wir mussten jeden Aspekt optimieren, von der Erzeugung des Integranden bis hin zur Entwicklung neuer Integrationsmethoden“, ergänzt Benjamin Sauer, Co-Autor und Doktorand in Plefkas Arbeitsgruppe. Insgesamt mussten etwa fünfhunderttausend 16-dimensionale Integrale, die den Streuwinkel beschreiben, auf 470 Masterintegrale reduziert werden, die dann berechnet wurden.

Hochpräzise Gravitationswellenmodelle für zukünftigen Detektor im Weltall

Die Physiker haben mit ihren Berechnungen eine approximative Lösung für das fundamentale Zwei-Körper-Problem gefunden und damit die Basis für fortschrittliche Gravitationswellenmodelle geschaffen, die für die nächste Generation von Detektoren erforderlich sind. Dies gilt insbesondere für die Laser Interferometer Space Antenna (LISA), einen Gravitationswellendetektor, den die Europäische Weltraumorganisation im Weltraum installieren möchte. Die gesteigerte Präzision wird höchst exakte Überprüfungen der Einsteinschen Theorie sowie neue Erkenntnisse in der Kern- und Gravitationsphysik von Doppelsystemen rotierender schwarzer Löcher ermöglichen.

„Unsere Ergebnisse bringen die Vorhersage von Gravitationswellen, die von Begegnungen zweier Schwarzen Löchern ausgehen, auf eine noch nie dagewesene Genauigkeit“, sagt Dr. Gustav Uhre Jakobsen, Co-Autor und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der HU-Arbeitsgruppe. „Dies eröffnet brillante neue Möglichkeiten, um Aussagen zu fundamentalen Fragen der Physik aus künftigen Gravitationswellenbeobachtungen zu extrahieren.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Humboldt-Universität zu Berlin via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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