Physiker entwickeln neue Photonenquelle für abhörsichere Kommunikation
Physik-News vom 27.03.2020
Ein internationales Team unter Beteiligung von Prof. Dr. Michael Kues vom Exzellenzcluster PhoenixD der Leibniz Universität Hannover hat eine neue Methode zur Erzeugung quantenverschränkter Photonen in einem zuvor nicht zugänglichen Spektralbereich des Lichts entwickelt. Die Entdeckung kann die Verschlüsselung von satellitengestützter Kommunikation künftig viel sicherer machen.
Ein 15-köpfiges Forscherteam aus Großbritannien, Deutschland und Japan hat eine neue Methode zur Erzeugung und zum Nachweis quantenverstärkter Photonen bei einer Wellenlänge von 2,1 Mikrometern entwickelt. In der Praxis kommen verschränkte Photonen bei Verschlüsselungsverfahren wie dem Quantenschlüsselaustausch zur Anwendung, um die Telekommunikation zwischen zwei Partnern gegen Abhörversuche vollkommen zu sichern. Die Forschungsergebnisse werden erstmals in der aktuellen Ausgabe von „Science Advances“ der Öffentlichkeit vorgestellt.
Publikation:
S. Prabhakar, T. Shields, A. C. Dada, M. Ebrahim, G. G. Taylor, D. Morozov, K. Erotokritou, S. Miki, M. Yabuno, H. Terai, C. Gawith, M. Kues, L. Caspani, R. H. Hadfield, M. Clerici
Two-photon quantum interference and entanglement at 2.1 micrometer
Science Advances 6, eaay5195 (2020)
Bislang war es technisch nur möglich, solche Verschlüsselungsmechanismen mit verschränkten Photonen im Nahinfrarot-Bereich von 700 bis 1550 Nanometern umzusetzen. Diese kürzeren Wellenlängen bringen jedoch Nachteile gerade in der satellitengestützten Kommunikation: Sie werden durch Licht absorbierende Gase in der Atmosphäre sowie die Hintergrundstrahlung der Sonne gestört. Eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der übertragenen Daten kann mit der bisherigen Technologie somit überwiegend nur nachts, aber nicht an sonnigen und wolkigen Tagen gewährleistet werden.
Dieses Problem will das internationale Team, geleitet von Dr. Matteo Clerici von der Universität Glasgow, mit seiner Neuentdeckung künftig lösen. Denn die bei zwei Mikrometern verschränkten Photonenpaare würden deutlich weniger durch Sonnenstrahlung beeinflusst werden, sagt Prof. Dr. Michael Kues vom Exzellenzcluster PhoenixD der Leibniz Universität Hannover. Zudem existieren in der Erdatmosphäre gerade für Wellenlängen von zwei Mikrometern sogenannte Transmissionsfenster, sodass die Photonen von den atmosphärischen Gasen nicht so stark absorbiert werden und eine effektivere Kommunikation stattfinden kann.
Für ihr Experiment nutzten die Forschenden einen nichtlinearen Kristall aus Lithiumniobat. Sie sandten ultrakurze Lichtpulse eines Lasers durch den Kristall und erzeugten so die verschränkten Photonenpaare mit der neuen Wellenlänge von 2,1 Mikrometern. Die im Fachjournal „Science Advances“ veröffentlichten Forschungsergebnisse beschreiben die Details des experimentellen Systems und die Verifikation der verschränkten Photonenpaare. „Der nächste entscheidende Schritt wird es sein, dieses Verfahren zu miniaturisieren, indem es in photonische integrierte Systeme umgesetzt wird, um es massenproduktionstauglich zu machen und es künftig in anderen Anwendungszenarien einzusetzen“, sagt Kues.
Nach Studium und Promotion im Fach Physik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster arbeitete Kues am Institut National de la Recherche Scientifique – Centre Énergie Matériaux et Télécommunications (Kanada). Dort leitete er vier Jahre lang die Arbeitsgruppe „Nonlinear integrated quantum optics“. Danach wechselte er an die University of Glasgow und schloss sich dem internationalen Team um Dr. Matteo Clerici an. Seit Frühjahr 2019 ist Kues Professor am Hannoverschen Zentrum für Optische Technologien (HOT) der Leibniz Universität Hannover und erforscht im Exzellenzcluster PhoenixD die Entwicklung von photonischen Quantentechnologien mittels der Mikro- und Nanophotonik. Kues möchte sein fünfköpfiges Forschungsteam vergrößern und hat aktuell zwei Positionen für wissenschaftliche Mitarbeitende (Promotionsstellen) ausgeschrieben (www.phoenixd.uni-hannover.de).
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Leibniz Universität Hannover via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.