Physiker erzeugen und leiten Röntgenstrahlen simultan
Physik-News vom 25.01.2021
Röntgenstrahlung ist meist ungerichtet und schwer zu leiten. Röntgenphysiker der Universität Göttingen haben eine neue Methode entwickelt, mit der die Röntgenstrahlen genauer in eine Richtung abgestrahlt werden können. Dazu verwenden die Wissenschaftler eine Struktur von dünnen Schichten aus Materialien verschiedener Elektronendichte, um die erzeugten Strahlen gleichzeitig abzulenken und zu bündeln. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Science Advances erschienen.
Für die Erzeugung von Röntgenstrahlung in gewöhnlichen Röntgenröhren prasseln Elektronen, die durch Hochspannung beschleunigt wurden, auf eine Metallanode. Durch die Atome im Metall werden die Elektronen in ihren „Bahnen“' abgelenkt und abgebremst, oder die Elektronen regen die Metallatome durch Stöße zur Abstrahlung an. Sowohl das Abbremsen der Elektronen als auch die Anregung der Metallatome führen dazu, dass Röntgenstrahlung ausgesandt wird. Leider wird die Strahlung in alle Richtungen gleichermaßen ausgesendet und lässt sich anschließend nur schwer wieder zu einem gerichteten Strahl bündeln. Außerdem sind die Wellenzüge der Röntgenstrahlung völlig zufällig und ungeordnet.
Publikation:
Malte Vassholz, Tim Salditt
Observation of electron-induced characteristic x-ray and bremsstrahlung radiation from a waveguide cavity.
Science Advances (2021)
Physiker am Institut für Röntgenphysik der Universität Göttingen haben nun einen neuartigen Effekt beobachtet, wenn man die Anode durch eine geeignete Struktur von dünnen Schichten aus Materialien verschiedener Elektronendichte ersetzt. Dabei müssen die Schichtdicken der „Sandwichstruktur“ einige Millionstel Millimeter betragen. Wählt man eine besondere Abfolge der Schichten, so können die Röntgenstrahlen geleitet werden.
„Prasseln die beschleunigten Elektronen auf diese Sandwichstruktur, so ändert sich das Winkelspektrum der erzeugten Röntgenstrahlung“, sagt Malte Vassholz, Erstautor der Arbeit, „die erzeugte Röntgenstrahlung wird gleichzeitig in eine bestimmte Richtung geleitet“.
Durch detaillierte numerische Rechnungen lassen sich die Ergebnisse im Modell nachvollziehen und für eine gegebene Wahl der Struktur berechnen. „Durch Optimierung der Struktur ließe sich der Effekt unseren Rechnungen nach weiter steigern und für die Erzeugung von Röntgenstrahlung mit höherer Brillanz nutzen“, ergänzt Prof. Dr. Tim Salditt.
Dabei besteht die Hoffnung, dass Röntgenmessungen, die bislang nur an großen Beschleunigern wie dem Elektronensynchrotron in Hamburg möglich sind, zum Teil auch „ins Labor“ geholt werden können. „Besonders interessant sind Anwendungen der Röntgenbildgebung mikroskopisch kleiner und kontrastschwacher Objekte wie zum Beispiel weiche biologische Gewebe“, so Salditt.
Diese Newsmeldung wurde mit Material der Georg-August-Universität Göttingen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.