Saarbrücker Sensorsystem misst Feuchtigkeit zuverlässig auch in heißen Öfen
Physik-News vom 20.03.2019
Es behält volle Kontrolle über Trocknungsprozesse in Industrie-Öfen und misst zuverlässig den Feuchtegehalt der Luft – selbst bei hohen Temperaturen und Störfaktoren wie ausgedünsteten Substanzen: Professor Andreas Schütze, Projektleiter Tilman Sauerwald und ihr Forscherteam von der Universität des Saarlandes haben mit Partner-Unternehmen ein Sensorsystem entwickelt, das Trocknungs-, Back- und Garprozesse besonders präzise überwacht. Die Qualität der Produkte wird damit verbessert, die industriellen Prozesse können zudem optimiert und der Energieverbrauch gesenkt werden. Das Bundesforschungs¬ministerium hat die Forschung dazu im Rahmen des Förderschwerpunkts „KMU-innovativ“ gefördert.
Werden Lebensmittel in Backstraßen gebacken oder in Dampf gegart, ist es wichtig, die Feuchte sehr genau im Auge zu behalten. Verlieren Brote und Gebäck zu viel oder zu schnell an Feuchtigkeit, haben sie am Ende nicht die gewünschten Eigenschaften. Kann dagegen der Feuchtegehalt in Öfen exakt bestimmt und geregelt werden, sind die Croissants besonders fluffig und das Brot schön knusprig. „Eine exakte Feuchte-Messung kann die Qualität der Produkte entscheidend verbessern. Dieses Wissen hilft, die Temperatur und die Luftmenge im Herstellungsprozess genau richtig einzusetzen und so Energie zu sparen“, sagt Professor Andreas Schütze, Messtechniker und Sensorexperte von der Universität des Saarlandes. Auch bei Holz, Textilien und Beschichtungen, die in Industrietrocknern getrocknet werden, ist eine exakte Messung der Feuchte wichtig – vor allem um zu verhindern, dass zu große Hitze die Materialien beschädigt.
Publikation:
Lehrstuhl für Messtechnik der Universität des Saarlandes
Saarbrücker Sensorsystem misst Feuchtigkeit zuverlässig auch in heißen Öfen
Universität des Saarlandes
Die Krux bei der Sache: Zum einen sind Temperaturschwankungen selbst immer ein Störfaktor bei Feuchtemessungen und können diese leicht verfälschen. Zum anderen werden in den Öfen bei hoher Temperatur häufig auch noch weitere Gase freigesetzt. Beim Backvorgang entweicht unter anderem Alkohol, bei Trocknungsprozessen sind es viele weitere flüchtige Verbindungen. Die Vielzahl von Substanzen in der heißen Luft führt bislang übliche Sensoren, die den Feuchtegehalt im Auge behalten sollen, leicht in die Irre. Sie lässt sie schnell altern oder beschädigt sie sogar. „Man spricht in den letzteren Fällen von einer Vergiftung des Sensors“, erklärt Forscher Tilman Sauerwald aus Schützes Team. Das alles macht die bisherigen Verfahren recht kurzlebig, eher ungenau oder sehr teuer.
Die Messtechniker der Universität des Saarlandes haben jetzt ein Sensorsystem entwickelt, das unbeeindruckt von extremen Temperaturen, Störwerten und Störgasen den Feuchtegehalt in der Ofen- oder Trocknerluft sehr genau ermittelt. Das eingesetzte elektrische Messverfahren ist komplex und geht weit darüber hinaus, schlicht und direkt einzelne Werte zu messen. „Es kommt ein spezieller Keramiksensor in Kombination mit einem so genannten fourierbasierten Impedanzspektrometer zum Einsatz. Damit erreichen wir eine hohe Messdynamik und gute Auflösung über einen großen Temperaturbereich“, erläutert Henrik Lensch, Wissenschaftler in Professor Schützes Team.
Die Forscher messen bei verschiedenen Frequenzen den Wechselstromwiderstand, die so genannte Impedanz, bestimmen den Widerstand und die Kapazität sowie ein weites Spektrum weiterer Messwerte. „Die so erhaltenen Spektraldaten wertet das System modellbasiert aus“, erklärt Sauerwald weiter. Anhand von Modellen zieht die Auswerteeinheit Rückschlüsse und extrahiert die Parameter, die von der Feuchte beeinflusst werden. Dabei identifiziert sie Störsignale, die nichts mit der Feuchte zu tun haben, und filtert diese heraus. Auch Fehlerzustände kann das Sensorsystem auf diese Weise erkennen.
Bei ihren Forschungen arbeiten Professor Schütze und sein Team mit den Unternehmen Canway Technology und UST Umweltsensortechnik zusammen. Auf der Hannover Messe demonstrieren die Wissenschaftler ihr Verfahren und suchen Partner, um gemeinsam weitere Anwendungen zu erschließen.
Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.