Starke Regenfälle schufen Mars-Flusstäler
Physik-News vom 28.06.2018
Verblüffende Ähnlichkeit: Geländestrukturen auf dem Mars gleichen denen von Trockengebieten auf der Erde. Das zeigen Forscher anhand der Winkel von Flusstal-Verzweigungen. Sie schliessen daraus auf ein urzeitliches Mars-Klima, in welchem sporadische Starkniederschläge Täler erodierten.
Auf der Oberfläche des Mars gibt es Strukturen, die Gewässernetzen auf der Erde ähneln. Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass es auf dem roten Planeten einst genügend Wasser gegeben haben muss, um Fliessgewässer zu speisen, die ihren Lauf in den Untergrund einfrassen.
Publikation:
Seybold HJ, Kite E, Kirchner JW
Branching geometry of valley networks on Mars and Earth and its implications for early Martian climate
Science Advances 2018
Seit Jahren debattieren Forscher jedoch darüber, aus welcher Quelle das Wasser gestammt haben muss: War es Regenwasser, das Bäche und Flüsse anschwellen liess? Oder gab es im Boden Wassereis, das aufgrund vulkanischer Aktivitäten schmolz, aufstiess und Fliessgewässer bildete? Jedes dieser Szenarien lässt komplett andere Schlüsse auf die Klimageschichte des roten Planeten zu.
Nun deutet eine neue Studie darauf hin, dass die Verzweigungsstruktur der ehemaligen Flussnetzwerke auf dem Mars Parallelen hat zu derjenigen von Trockengebieten auf der Erde. Dies zeigen der Physiker Hansjörg Seybold aus der Gruppe von James Kirchner, ETH-Professor am Institut für terrestrische Ökosysteme, und Planetenspezialist Edwin Kite von der Universität Chicago, in einer soeben in „Science Advances“ erschienenen Arbeit.
Täler nur durch Regenwasser erodiert
Die Forscher schliessen aus der Statistik aller auf dem Mars kartierten Flusstäler, dass deren noch heute sichtbaren Verläufe durch oberflächlichen Abfluss von (Regen-)Wasser geschaffen worden sein müssen. Den Einfluss von Grund- oder Schmelzwasser aus dem Boden schliessen sie daher aus.
Die mittlere Grösse und die Verteilung der Verzweigungswinkel der Flusstäler auf dem Mars decken sich mit denjenigen von Trockengebieten auf der Erde. Dies spricht laut Erstautor Hansjörg Seybold dafür, dass es auf dem Mars über einen längeren Zeitraum hinweg zu sporadischen starken Regenfällen gekommen sein muss und dass das Regenwasser rasch oberflächlich abgeflossen sein dürfte. Auf diese Weise entstehen Flusstäler in Trockengebieten der Erde. In Arizona beispielsweise auf einem Übungsgelände der Nasa, wo Mars-Missionen vorbereitet werden, beobachteten die Forscher im Gewässernetz dasselbe Muster.
Spitzer Gabelungswinkel in Trockengebieten
Die Verzweigungswinkel auf dem Mars sind verhältnismässig spitz. Seybold schliesst daher den Einfluss von Grundwasseraufstössen auf dem Mars aus. Flussnetzwerke, die stark von aufquellendem Grundwasser beeinflusst werden, wie man sie zum Beispiel in Florida findet, haben im Mittel stumpfere Verzweigungswinkel zwischen den beiden Zuflüssen und decken sich nicht mit den spitzen Winkeln von Gewässern in Trockengebieten.
Bedingungen wie in heutigen irdischen Trockengebieten herrschten auf dem Mars wahrscheinlich nur während einer ziemlich kurzen Epoche vor circa 3,6 bis 3,8 Milliarden Jahren. In dieser Zeit könnte die Mars-Atmosphäre viel dichter gewesen sein als heute. „Neuere Forschung zeigt, dass es auf dem Mars wesentlich mehr Wasser gegeben haben muss als bislang angenommen“, sagt Seybold.
Starkregen auf dem Ur-Mars
Eine Hypothese besagt, dass das nördliche Drittel des Mars damals von einem Ozean bedeckt gewesen war. Wasser verdunstete, kondensierte rund um die hohen Vulkane des südlich des Ozeans gelegenen Hochlands und führte dort zu vereinzelten, aber starken Regenfällen. Dadurch formten sich Wasserläufe, welche die heute zu beobachtenden Spuren auf dem Mars hinterliessen.
Die grosse Frage ist, wohin das Wasser im Lauf der Zeit verschwunden ist. „Sehr wahrscheinlich ist das meiste davon ins Weltall verdampft. Es könnte aber noch in der Umgebung des Mars zu finden sein“, sagt der Physiker. Diese Frage müsse auf weiteren Mars-Missionen geklärt werden.
Diese Newsmeldung wurde mit Material idw erstellt.