Was führt zum Verlust von Sauerstoff in der Atmosphäre des Monds Europa?

Was führt zum Verlust von Sauerstoff in der Atmosphäre des Monds Europa?



Physik-News vom 18.03.2024

Unter der Eisdecke des Jupitermonds Europa befindet sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein riesiger Ozean aus Salzwasser. Aus Messungen eines nahen Mondvorbeiflugs der NASA-Mission Juno konnte nun abgeleitet werden, dass Produktion und Verlust von Sauerstoff und Wasserstoff aus der Atmosphäre von Europa deutlich geringer sind als bisher angenommen. Es steht damit weniger Sauerstoff zur Verfügung, der möglicherweise in den Ozean gelangen könnte.

Ein Team von Forscherinnen und Forschern der NASA-Mission Juno zum Jupiter hat berechnet, dass die Sauerstoffproduktion auf dessen Mond Europa wesentlich geringer ist, als von früheren Studien vorhergesagt. Professor Dr. Joachim Saur vom Institut für Geophysik und Meteorologie der Universität zu Köln war an den Forschungen beteiligt. Saur lieferte Berechnungen der Strömungen um den Mond und trug zur Schätzung der Verlustrate bei. Der Artikel „Oxygen production from dissociation of Europa’s water-ice surface” ist in der Fachzeitschrift Nature Astronomy erschienen.


Künstlerische Darstellung von Jupiter und seinem Mond Europa.

Publikation:


Szalay, J.R., Allegrini, F., Ebert, R.W. et al.
Oxygen production from dissociation of Europa’s water-ice surface
Nat Astron (2024)

DOI: 10.1038/s41550-024-02206-x



Mit einem Äquatordurchmesser von 3.100 Kilometern ist Europa der viertgrößte von Jupiters 95 bekannten Monden und der kleinste der vier so genannten Galileischen Monde. Die Forschung geht davon aus, dass unter seiner Eiskruste ein riesiger Ozean aus Salzwasser verborgen liegt. Unklar ist bislang, ob unter der Oberfläche lebensfreundliche Bedingungen herrschen.

Die Ergebnisse wurden durch die Messung der Wasserstoffausgasung auf der Mondoberfläche mithilfe von Daten des JADE-Instruments (Jovian Auroral Distributions Experiment) der Raumsonde Juno gewonnen. Bislang war die Zusammensetzung der Atmosphäre von Europa noch nie direkt gemessen worden. Die Messungen bestätigen, dass die Atmosphäre hauptsächlich aus Sauerstoff und Wasserstoff besteht. Die Autorinnen und Autoren schätzen die Menge des produzierten Sauerstoffs auf etwa 12 Kilogramm pro Sekunde. Frühere Schätzungen reichten bis über 1.000 Kilogramm pro Sekunde. Die Forschenden ziehen in Betracht, dass ein Teil des auf diese Weise produzierten Sauerstoffs in den unterirdischen Ozean des Mondes gelangen und dort zu einer möglichen Quelle für Stoffwechselenergie werden könnte.


Geladene Teilchen vom Jupiter treffen auf die Oberfläche von Europa und spalten gefrorene Wassermoleküle in Sauerstoff- und Wasserstoffmoleküle auf. Einige dieser neu entstandenen Sauerstoffgase könnten in den unterirdischen Ozean des Mondes gelangen.

Jupiters Magnetfeld ist für den Sauerstoffabfluss verantwortlich

Europa befindet sich auf seiner Umlaufbahn in der Mitte des Strahlungsgürtels des Gasriesen. Geladene oder ionisierte Teilchen vom Jupiter bombardieren die eisige Oberfläche und spalten Wassermoleküle in zwei Hälften. Dadurch entsteht der Sauerstoff, der in den Ozean des Mondes gelangen könnte. Das ständige Bombardement ist zwar für die Entstehung von Sauerstoff aus Wassermolekülen verantwortlich, trägt aber gleichzeitig zu dessen Verlust bei, indem es das Wasser erodiert.



Szalay weiter: „Die ionisierten Teilchen fließen dann durch das außergewöhnliche Magnetfeld des Jupiters um den Planeten herum. Wenn diese ionisierten Teilchen auf Europa treffen, spalten sie das Wassereis auf der Oberfläche Molekül für Molekül auf und erzeugen so Wasserstoff und Sauerstoff. In gewisser Weise wird die gesamte Eishülle durch geladene Teilchen, die auf sie einschlagen, kontinuierlich abgetragen.“

Den Beschuss einfangen

Als Juno am 29. September 2022 in einer Entfernung von 354 Kilometern an Europa vorbeiflog, identifizierte und maß das JADE-Instrument Wasserstoff- und Sauerstoff-Ionen, die durch den Beschuss mit geladenen Teilchen entstanden waren und dann vom Magnetfeld des Jupiters „eingefangen“ wurden.

„Schon die Galileo-Mission der NASA öffnete uns die Augen für die komplexen und dynamischen Wechselwirkungen zwischen Europa und seiner Umgebung. Juno hat uns die Möglichkeit gegeben, die Zusammensetzung geladener Teilchen aus der Atmosphäre Europas direkt zu messen, und wir konnten es kaum erwarten, einen weiteren Blick hinter den Vorhang dieser spannenden Wasserwelt zu werfen“, so Szalay. „Wir ahnten noch nicht, dass die Beobachtungen uns einen so genauen Einblick in die Menge des Sauerstoffs geben würden, der in Europas eisiger Oberfläche produziert wird.“

Juno ist mit 11 hochmodernen wissenschaftlichen Instrumenten zur Untersuchung des Jupitersystems ausgestattet, darunter neun Sensoren für geladene Teilchen und elektromagnetische Wellen zur Untersuchung der Magnetosphäre des Jupiters.

„Unsere Fähigkeit, während unserer ausgedehnten Mission nahe an den Galileischen Mond zu fliegen hat es uns ermöglicht, ein breites Spektrum an Untersuchungen durchzuführen – auch zur möglichen Bewohnbarkeit von Europa“, sagt Dr. Scott Bolton, leitender Wissenschaftler der Juno-Mission vom Southwest Research Institute in San Antonio (USA). „Diese Untersuchungen dauern an. Weitere Vorbeiflüge und die erste Erkundung des nahen Rings und der polaren Atmosphäre des Jupiters stehen noch bevor.“

Die Sauerstoffproduktion ist eine von mehreren Fragen, die eine weitere NASA-Mission, Europa Clipper, bei ihrer Ankunft am Jupiter im Jahr 2030 untersuchen wird. Die Mission verfügt über neun hochentwickelte Instrumente um festzustellen, ob auf Europa Bedingungen herrschen könnten, die Leben ermöglichen.

An Europa Clipper und der Mission „Jupiter Icy Moons Explorer“ der Europäischen Weltraumagentur (ESA) ist Joachim Saur ebenfalls beteiligt. „Beide Missionen werden unser Verständnis der Ozeane auf solchen Monden auf ein völlig neues Niveau heben. Sie sind speziell auf die Erforschung der Ozeane ausgerichtet, während Juno in erster Linie das Innere und die Polarlichter des Jupiters erforschen soll und leider nur einmal an Europa vorbeigeflogen ist“, sagt der Geophysiker.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität zu Köln via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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