Freistrahl: Unterschied zwischen den Versionen

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Ein '''Freistrahl''' ist eine [[Strömung]] aus einer [[Düse]] (Durchmesser&nbsp;d<sub>o</sub>) in die ''freie'' Umgebung ohne Wandbegrenzung. Das aus der Düse ausströmende [[Fluid]] und das Fluid der Umgebung haben unterschiedliche Geschwindigkeiten. Zwischen ihnen entsteht eine [[Scherschicht]], aus der sich ein Freistrahl entwickelt.
Ein '''Freistrahl''' ist eine [[Strömungsmechanik|Strömung]] aus einer [[Düse]] (Durchmesser <math>d_0</math>) in die ''freie'' Umgebung ohne Wandbegrenzung. Das aus der Düse ausströmende [[Fluid]] und das Fluid der Umgebung haben unterschiedliche Geschwindigkeiten. Zwischen ihnen entsteht eine [[Scherschicht]], aus der sich ein Freistrahl entwickelt.
Das umgebende Fluid wird angesaugt und mitgerissen.
Das umgebende Fluid wird angesaugt und mitgerissen.


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Stromabwärts wird der Freistrahl in drei Bereiche unterteilt.
Stromabwärts wird der Freistrahl in drei Bereiche unterteilt.


* Innerhalb des [[Kegel (Geometrie)|kegelförmigen]] ''Kernbereichs'' verschwindet die ungestörte Strömung, sie wird vom Rand her vom angesaugten Fluid aufgelöst. Die Länge des Kerns beträgt bei Freistrahlen mit konstanter [[Dichte]] etwa fünf bis acht <math>d_{0}</math> und hängt stark von der initialen [[Turbulente Strömung|Turbulenz]] in der Düse ab.<ref name="Gauntner1970">J. W. Gauntner, J. N. B. Livingood, P. Hrycak: ''Survey of literature on Flow characteristics of a single turbulent jet impinging on a flat plate.'' Lewis Research Center, Washington, D.C. : National Aeronautics and Space Administration, 1970. - NASA Technical Note. - TN D-5652</ref>
* Innerhalb des [[Kegel (Geometrie)|kegelförmigen]] ''Kernbereichs'' verschwindet die ungestörte Strömung, sie wird vom Rand her vom angesaugten Fluid aufgelöst. Die Länge des Kerns beträgt bei Freistrahlen mit konstanter [[Dichte]] etwa fünf bis acht <math>d_0</math> und hängt stark von der initialen [[Turbulente Strömung|Turbulenz]] in der Düse ab.<ref name="Gauntner1970">J. W. Gauntner, J. N. B. Livingood, P. Hrycak: ''Survey of literature on Flow characteristics of a single turbulent jet impinging on a flat plate.'' Lewis Research Center, Washington, D.C. : National Aeronautics and Space Administration, 1970. - NASA Technical Note. - TN D-5652</ref>


* In der ''Übergangszone'' nähert sich das [[Strömungsprofil|Geschwindigkeitsprofil]] <math>v_x(y)</math> einer [[selbstähnlich]]en Form an.
* In der ''Übergangszone'' nähert sich das [[Strömungsprofil|Geschwindigkeitsprofil]] <math>v_x(y)</math> einer [[selbstähnlich]]en Form an.
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:<math>v(x) = v_{0} \cdot \frac{d_{0}}{d(x)}</math>
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mit <math>d(x) = 0.32 \cdot x</math> (s.u.)
mit <math>d(x) = 0{,}32 \cdot x</math> (s.&nbsp;u.)


Die Geschwindigkeit <math>v_x(y)</math> nimmt von der Strahlmitte nach außen hin (<math>y</math>-Richtung) in Form einer [[Normalverteilung|Gauß’schen Glockenkurve]] ab.
Die Geschwindigkeit <math>v_x(y)</math> nimmt von der Strahlmitte nach außen hin (<math>y</math>-Richtung) in Form einer [[Normalverteilung|Gauß’schen Glockenkurve]] ab.
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Der Strahlwinkel, auf dem sich die Geschwindigkeit halbiert hat, errechnet sich aus:
Der Strahlwinkel, auf dem sich die Geschwindigkeit halbiert hat, errechnet sich aus:


:<math>          \tan(\Theta) \approx \frac{0.32}{2}</math>
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:<math>\Leftrightarrow \Theta  \approx 10^\circ</math>
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Hier haben die [[Stromlinie]]n des angesaugten Fluids den minimalen Abstand zur Strahlachse, ihre Krümmung ist gering.
Hier haben die [[Stromlinie]]n des angesaugten Fluids den minimalen Abstand zur Strahlachse, ihre Krümmung ist gering.


Der Strahlwinkel <math>\Theta</math>, auf dem die Geschwindigkeit auf nur noch 1 % abgenommen hat, ist etwa&nbsp;18°, d.h. hier liegt der gerade noch messbare Rand des Freistrahls.
Der Strahlwinkel <math>\Theta</math>, auf dem die Geschwindigkeit auf nur noch 1 % abgenommen hat, ist etwa 18°, d.&nbsp;h. hier liegt der gerade noch messbare Rand des Freistrahls.


Der fiktive Freistrahlursprung befindet sich 0.6 <math>d_0</math> ''hinter'' der Düsenöffnung, d.h. bei <math>x = - 0,6 \cdot d_0.</math>
Der fiktive Freistrahlursprung befindet sich <math>0{,}6 \cdot d_0</math> ''hinter'' der Düsenöffnung, d.&nbsp;h. bei <math>x = - 0{,}6 \cdot d_0.</math>


Der Durchmesser <math>d(x)</math> und der [[Massenstrom]] <math>\dot m(x)</math> des Freistrahls nehmen linear zu:
Der Durchmesser <math>d(x)</math> und der [[Massenstrom]] <math>\dot m(x)</math> des Freistrahls nehmen linear zu:


:<math>d(x) = 0.32 \cdot x</math>
:<math>d(x) = 0{,}32 \cdot x</math>


:<math>\dot m(x) = \dot m_{0} \cdot \frac{d(x)}{d_{0}} </math>
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== Beispiele ==
== Beispiele ==
* Im [[Schwimmbad]] strömt das Frischwasser aus Düsen in das Becken. Die [[Eindringtiefe]] beträgt mehrere Meter. Die Ausbreitung des Freistrahls kann mit den Händen gut erfühlt werden.
* Im [[Schwimmbad]] strömt das Frischwasser aus Düsen in das Becken. Die [[Eindringtiefe]] beträgt mehrere Meter. Die Ausbreitung des Freistrahls kann mit den Händen gut erfühlt werden.
* Hinter dem [[Strahltriebwerk]] eines [[Düsenflugzeug]]s entsteht ein Freistrahl.
* Hinter dem [[Strahltriebwerk]] eines [[Strahlflugzeug]]s entsteht ein Freistrahl.
* Im Injektor eines [[Bunsenbrenner]]s strömt das [[Brenngas]] aus einer Düse und wird mittels Freistrahl mit Luft vermischt. Wegen der unterschiedlichen Dichten von Luft <math>\rho_{\rm Luft}</math> und Gas <math>\rho_{\rm Gas}</math> ändert sich der Massenstrom <math>\dot m(x)</math> um den Faktor <math>\sqrt{\rho_{\rm Luft}/\rho_{\rm Gas}}</math>.
* Im Injektor eines [[Bunsenbrenner]]s strömt das [[Brenngas]] aus einer Düse und wird mittels Freistrahl mit Luft vermischt. Wegen der unterschiedlichen Dichten von Luft <math>\rho_\text{Luft}</math> und Gas <math>\rho_\text{Gas}</math> ändert sich der Massenstrom <math>\dot m(x)</math> um den Faktor <math>\sqrt{\rho_\text{Luft}/\rho_\text{Gas}}</math>.
* Antrieb des [[Knatterboot]]es.
* Antrieb des [[Knatterboot]]es.


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   |Reihe=Hydraulik und Gewässerkunde
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Aktuelle Version vom 12. Januar 2022, 07:22 Uhr

Datei:FREISTRAHL.PNG
(der Öffnungswinkel wurde größer als in der Wirklichkeit dargestellt)

Ein Freistrahl ist eine Strömung aus einer Düse (Durchmesser $ d_{0} $) in die freie Umgebung ohne Wandbegrenzung. Das aus der Düse ausströmende Fluid und das Fluid der Umgebung haben unterschiedliche Geschwindigkeiten. Zwischen ihnen entsteht eine Scherschicht, aus der sich ein Freistrahl entwickelt. Das umgebende Fluid wird angesaugt und mitgerissen.

Einteilung in Bereiche

Stromabwärts wird der Freistrahl in drei Bereiche unterteilt.

  • Innerhalb des kegelförmigen Kernbereichs verschwindet die ungestörte Strömung, sie wird vom Rand her vom angesaugten Fluid aufgelöst. Die Länge des Kerns beträgt bei Freistrahlen mit konstanter Dichte etwa fünf bis acht $ d_{0} $ und hängt stark von der initialen Turbulenz in der Düse ab.[1]
  • Nach etwa acht[2] bis 30[3] $ d_{0} $ beginnt der Ähnlichkeitsbereich, in dem der selbstähnliche Freistrahl voll ausgebildet ist.

Ähnlichkeitsbereich

Im Ähnlichkeitsbereich nimmt die Geschwindigkeit $ v_{x}(x) $ mit zunehmendem axialen Abstand $ x $ von der Düsenöffnung hyperbolisch ab:

$ v(x)=v_{0}\cdot {\frac {d_{0}}{d(x)}} $

mit $ d(x)=0{,}32\cdot x $ (s. u.)

Die Geschwindigkeit $ v_{x}(y) $ nimmt von der Strahlmitte nach außen hin ($ y $-Richtung) in Form einer Gauß’schen Glockenkurve ab.

Der Strahlwinkel, auf dem sich die Geschwindigkeit halbiert hat, errechnet sich aus:

$ \tan(\Theta )\approx {\frac {0{,}32}{2}} $
$ \Leftrightarrow \Theta \approx 10^{\circ } $

Hier haben die Stromlinien des angesaugten Fluids den minimalen Abstand zur Strahlachse, ihre Krümmung ist gering.

Der Strahlwinkel $ \Theta $, auf dem die Geschwindigkeit auf nur noch 1 % abgenommen hat, ist etwa 18°, d. h. hier liegt der gerade noch messbare Rand des Freistrahls.

Der fiktive Freistrahlursprung befindet sich $ 0{,}6\cdot d_{0} $ hinter der Düsenöffnung, d. h. bei $ x=-0{,}6\cdot d_{0}. $

Der Durchmesser $ d(x) $ und der Massenstrom $ {\dot {m}}(x) $ des Freistrahls nehmen linear zu:

$ d(x)=0{,}32\cdot x $
$ {\dot {m}}(x)={\dot {m}}_{0}\cdot {\frac {d(x)}{d_{0}}} $

Der Impuls $ I $ und der statische Druck $ p $ sind konstant.

Beispiele

  • Im Schwimmbad strömt das Frischwasser aus Düsen in das Becken. Die Eindringtiefe beträgt mehrere Meter. Die Ausbreitung des Freistrahls kann mit den Händen gut erfühlt werden.
  • Hinter dem Strahltriebwerk eines Strahlflugzeugs entsteht ein Freistrahl.
  • Im Injektor eines Bunsenbrenners strömt das Brenngas aus einer Düse und wird mittels Freistrahl mit Luft vermischt. Wegen der unterschiedlichen Dichten von Luft $ \rho _{\text{Luft}} $ und Gas $ \rho _{\text{Gas}} $ ändert sich der Massenstrom $ {\dot {m}}(x) $ um den Faktor $ {\sqrt {\rho _{\text{Luft}}/\rho _{\text{Gas}}}} $.
  • Antrieb des Knatterbootes.

Literatur

  • Hermann Schlichting, Klaus Gersten: Grenzschicht-Theorie. 9. Auflage. Springer-Verlag, 1997, ISBN 3-540-55744-X.
  • Piercristian Rinaldi: Über das Verhalten turbulenter Freistrahlen in begrenzten Räumen (= Hydraulik und Gewässerkunde. Nr. 71). Techn. Univ., Lehrstuhl und Laboratorium für Hydraulik und Gewässerkunde, München 2003, DNB 969250738.

Einzelnachweise

  1. J. W. Gauntner, J. N. B. Livingood, P. Hrycak: Survey of literature on Flow characteristics of a single turbulent jet impinging on a flat plate. Lewis Research Center, Washington, D.C. : National Aeronautics and Space Administration, 1970. - NASA Technical Note. - TN D-5652
  2. J. O. Hinze, B. G. Hegge Zijnen: Transfer of heat and matter in the turbulent mixing zone of an axially symmetrical jet. In: Applied Scientific Research 1. Nr. 1, 1949, S. 435–461.
  3. P. A. Davidson: Turbulence: An Introduction for Scientists and Engineers. Oxford University Press, New York 2004.