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'''Georges Edouard Lemaître''' (* [[17. Juli]] [[1894]] in [[Charleroi]], [[Belgien]]; † [[20. Juni]] [[1966]] in [[Löwen]], Belgien) war ein belgischer Theologe, katholischer Priester und [[Astrophysiker]]. Er gilt als Begründer der [[Urknall]]theorie. | '''Georges Edouard Lemaître''' (* [[17. Juli]] [[1894]] in [[Charleroi]], [[Belgien]]; † [[20. Juni]] [[1966]] in [[Löwen]], Belgien) war ein belgischer Theologe, katholischer Priester und [[Astrophysiker]]. Er gilt als Begründer der [[Urknall]]theorie. | ||
== Leben und Werk == | == Leben und Werk == | ||
Schon in jungen Jahren wollte Lemaître Priester und Wissenschaftler werden. Als 17-Jähriger wechselte er von einer Jesuitenschule zur [[Geschichte der Universität Löwen#Die Katholische Universität Löwen (1834–1968)|Katholischen Universität Löwen]].<ref name="history">{{Internetquelle | url= http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/Biographies/Lemaitre.html | titel= University of St. Andrews | titelerg= Georges Henri-Joseph-Edouard Lemaître | autor= J J | Schon in jungen Jahren wollte Lemaître Priester und Wissenschaftler werden. Als 17-Jähriger wechselte er von einer Jesuitenschule zur [[Geschichte der Universität Löwen#Die Katholische Universität Löwen (1834–1968)|Katholischen Universität Löwen]].<ref name="history">{{Internetquelle | url= http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/Biographies/Lemaitre.html | titel= University of St. Andrews | titelerg= Georges Henri-Joseph-Edouard Lemaître | autor= J. J. O’Connor, E. F. Robertson| abruf=2014-07-22}}</ref> Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] kämpfte er als [[Freiwilliger (Militär)|Freiwilliger]] in einer [[Artillerie]]einheit der [[Belgisches Heer|belgischen Armee]]. Nach dem Krieg setzte er seine Studien in [[Löwen]] fort, wechselte jedoch vom Fach [[Technik]] zu [[Physik]] und [[Mathematik]]. Durch seine Kriegserlebnisse geleitet, schrieb er sich zusätzlich im [[Priesterseminar]] der [[Erzbistum Mechelen-Brüssel|Erzdiözese Mechelen]] ein.<ref name="history"/> | ||
1920 [[Promotion (Doktor)|promovierte]] er mit der Arbeit ''L’approximation des fonctions de plusieurs variables réelles'' („Näherung von Funktionen mehrerer reeller Variablen“). 1923 wurde er [[Weihesakrament#Presbyterat| | 1920 [[Promotion (Doktor)|promovierte]] er mit der Arbeit ''L’approximation des fonctions de plusieurs variables réelles'' („Näherung von Funktionen mehrerer reeller Variablen“). 1923 wurde er zum Priester [[Weihesakrament#Presbyterat|geweiht]]. Mit seinem von [[Charles-Jean de La Vallée Poussin]] erlernten starken mathematischen Hintergrund setzte er seine Studien nun bis 1924 an der [[Universität Cambridge]] fort, wo [[Arthur Eddington]] ihn in die moderne [[Stellarastronomie]] und die [[Numerische Mathematik|numerische Analyse]] einführte. | ||
Zwischen 1924 und 1927 folgte ein Studium am [[Massachusetts Institute of Technology]] mit Promotion. 1925 übernahm er an der Universität Löwen eine [[Professur|Teilzeitprofessur]].<ref>[[Ulf von Rauchhaupt]], ''Der Vater des Urknalls'', Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 20. Juli 2014, Seite 46</ref> | Zwischen 1924 und 1927 folgte ein Studium am [[Massachusetts Institute of Technology]] mit Promotion. 1925 übernahm er an der Universität Löwen eine [[Professur|Teilzeitprofessur]].<ref>[[Ulf von Rauchhaupt]], ''Der Vater des Urknalls'', Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 20. Juli 2014, Seite 46</ref> | ||
In Löwen begann er, seine Ideen zur [[Expansion des Universums]] aufzuschreiben. Erstmals erschien seine Arbeit 1927 in den ''Annales de la Société scientifique de Bruxelles'',<ref>{{Internetquelle | url= http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/Biographies/Lemaitre.html | titel= Un univers homogène de Masse constante et de rayon croissant, rendant compte de la vitesse radiale des nébuleuses extra-galactiques | titelerg= Provided by the NASA Astrophysics Data System | autor= Georges Henri-Joseph-Edouard Lemaître | | In Löwen begann er, seine Ideen zur [[Expansion des Universums]] aufzuschreiben. Erstmals erschien seine Arbeit 1927 in den ''Annales de la Société scientifique de Bruxelles'',<ref>{{Internetquelle | url= http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/Biographies/Lemaitre.html | titel= Un univers homogène de Masse constante et de rayon croissant, rendant compte de la vitesse radiale des nébuleuses extra-galactiques | titelerg= Provided by the NASA Astrophysics Data System | autor= Georges Henri-Joseph-Edouard Lemaître | abruf=2014-07-22}} PDF</ref> einer eher wenig bekannten [[Wissenschaftliche Fachzeitschrift|Fachzeitschrift]].<ref>G. Lemaitre: ''Un Univers homogene de masse constante et de rayon croissant rendant compte de la vitesse radiale des nebuleuses extra-galactiques''. In: ''Annales de la Société Scientifique de Bruxelles'', A47, 1927, S. 49–59.</ref> Damit erschien seine Arbeit, die bereits wesentliche Grundzüge der Expansion des Universums darlegte, zwei Jahre früher als die Arbeiten [[Edwin Hubble]]s, dem das Konzept von der Expansion des Universums bisher zugeschrieben wurde, und nach den entsprechenden Arbeiten des schon 1925 verstorbenen russischen Mathematikers [[Alexander Alexandrowitsch Friedmann]], der diese Lösung der [[Einsteinsche Feldgleichungen|Einsteinschen Feldgleichungen]] nach heutigem Kenntnisstand zuerst fand. Friedmanns Arbeiten waren Georges Lemaître vermutlich nicht bekannt, sehr wohl aber [[Albert Einstein]], der sie auch kommentierte. | ||
[[Datei:MillikanLemaitreEinstein.jpg|mini|Lemaître (Mitte) zusammen mit [[Robert Andrews Millikan|Millikan]] und [[Albert Einstein|Einstein]] im [[California Institute of Technology]], Januar 1933]] | |||
Erst 1931 erschien der Aufsatz Lemaîtres, in welchem er die ''Idee des Urknalls'' als [[quantenphysikalisch]]en Beginn der kosmischen Expansion in die Kosmologie einführte, auch auf Englisch,<ref>{{Literatur| bibcode= 1931MNRAS..91..483L| Titel= Expansion of the universe, A homogeneous universe of constant mass and increasing radius accounting for the radial velocity of extra-galactic nebulae| Autor= G. Lemaître | Sammelwerk= Monthly Notices of the Royal Astronomical Society| Band= 91|Jahr= 1931-03| Seiten= 483–490}}</ref> allerdings um die entscheidenden Passagen gekürzt, die die (heute) [[Hubble-Konstante]] genannte Konstante und Berechnungen über die Ausdehnungsrate des Universums betrafen. Da er selbst die Übersetzung ausführte, ließ er die Passagen aus, die seiner Meinung nach von Hubble 1929 schon detaillierter dargelegt waren.<ref>Mario Livio: ''Mystery of the missing text solved.'' In: ''[[Nature]]'', Band 479, 2011, S. 171–173, [[doi:10.1038/479171a]]</ref> Obwohl Lemaître nie versuchte, ein Erst[[entdecker]]recht zu beanspruchen, sprach sich die Internationale Astronomische Union (IAU) als weltgrößte Astronomenvereinigung mit gut 12.000 Mitgliedern nach einer Abstimmung im Oktober 2018 dafür aus, die Hubble-Relation, die den Zusammenhang zwischen Entfernung und Geschwindigkeit beschreibt, ''Hubble-Lemaître-Beziehung'' zu nennen.<ref>{{Internetquelle | url= https://www.spektrum.de/news/wer-entdeckte-die-expansion-des-alls-wirklich/1612382 | titel= Wer entdeckte die Expansion des Alls wirklich?| autor= Otto Wöhrbach | abruf=2019-12-12}} </ref> | |||
Lemaître beschäftigte sich zwangsläufig auch mit der Frage nach der Vereinbarkeit von | Lemaître beschäftigte sich zwangsläufig auch mit der Frage nach der Vereinbarkeit von jüdisch-christlicher [[Schöpfung|Schöpfungslehre]] aus der [[Genesis (Bibel)|Genesis]] und wissenschaftlicher Urknalltheorie. Er wurde mit Vorstellungen konfrontiert, dass die Urknalltheorie die Schöpfung der Welt durch Gott beweisen würde; dies lehnte er ab. Er [[Profanierung|profanierte]] hingegen die jüdisch-christliche Schöpfungslehre und ging von [[Augustinus von Hippo|Augustinus]] [[Confessiones]] (<!-- Welches Buch, etwa Buch 12? -->Kap. 12, Nr. 8) aus, wobei zwei durch einen „Schleier“ getrennte dies- und jenseitige Mysterien beschrieben wurden. Den Urknall, mit der Erschaffung von Raum und Zeit, stellte er dem „es werde Licht“ (lat. fiat) aus {{B|Genesis|1|3}} der jüdischen [[Tora|Thora]] gegenüber. Im Dezember 1940 wurde er aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistungen in die [[Päpstliche Akademie der Wissenschaften]] berufen. 1960 wurde Lemaître Präsident der Akademie. Mit diesem Amt, das er bis zu seinem Tode bekleidete, war die Verleihung des Titels eines päpstlichen [[Prälat]]en verbunden. | ||
In den 1950er Jahren verfolgte Lemaître mit großem Interesse das Aufkommen der elektronischen Rechenanlagen, der [[Computer]]. 1958 ließ er den ersten derartigen Apparat der Universität Löwen installieren, eine ''[[Burroughs Corporation|Burroughs]] E 101''. | In den 1950er Jahren verfolgte Lemaître mit großem Interesse das Aufkommen der ''elektronischen Rechenanlagen'', der [[Computer]]. 1958 ließ er den ersten derartigen Apparat der Universität Löwen installieren, eine ''[[Burroughs Corporation|Burroughs]] E 101''. | ||
1964 wurde er [[Emeritierung|emeritiert]]. Zu seinen berühmtesten Schülern zählen [[André Deprit]], einer der Erfinder der modernen Technik der [[Schnelle Fourier-Transformation|schnellen Fourier-Transformation]] (mathematischer Algorithmus), und [[Georges Papy]], Spezialist der Didaktik der modernen Mathematik. Zeit seines Lebens blieb er ein Einzelgänger, der nicht viele Kontakte zu Wissenschaftlerkollegen pflegte. Seine Korrespondenz ist minimal. | 1964 wurde er [[Emeritierung|emeritiert]]. Zu seinen berühmtesten Schülern zählen [[André Deprit]], einer der Erfinder der modernen Technik der [[Schnelle Fourier-Transformation|schnellen Fourier-Transformation]] (mathematischer Algorithmus), und [[Georges Papy]], Spezialist der Didaktik der modernen Mathematik. Zeit seines Lebens blieb er ein Einzelgänger, der nicht viele Kontakte zu Wissenschaftlerkollegen pflegte. Seine Korrespondenz ist minimal. | ||
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[[Datei:Universe expansion-de. | [[Datei:Universe expansion-de.svg|miniatur|hochkant=1|Illustration der Entstehung des Universums aus dem Urknall]] | ||
Lemaître stellte seine Ideen auf einem Kongress in [[London]] vor, der sich mit dem Ursprung des Universums und der [[Spiritualität]] beschäftigte. Er beschrieb seine Vorstellungen vom Ursprung des Universums als ''Uratom,'' „ein kosmisches Ei, das im Moment der Entstehung des Universums explodierte“. In diesem Uratom soll die gesamte heute im Universum vorhandene Materie zusammengepresst gewesen sein. Er zog dabei unter anderem die [[Rotverschiebung#Rotverschiebung, Blauverschiebung und Kosmologie|Rotverschiebung]] weit entfernter [[Galaxie]]n heran. Seine Kritiker bezeichneten danach die Theorie als [[Urknall]]theorie (oder ''Big Bang''). [[Arthur Eddington|Eddington]] und auch [[Albert Einstein|Einstein]] lehnten sie zuerst ab, weil sie ihrer Meinung nach zu sehr an eine [[Religion|religiöse]] Vorstellung von der [[Erschaffung der Welt]] angelehnt war und weil sie vom physikalischen Standpunkt aus viele Unschönheiten hatte, wie beispielsweise [[Singularität (Astronomie)|Singularitäten]]. Der Streit darüber hielt über mehrere Jahrzehnte an. Auf einer gemeinsamen Reise nach [[Kalifornien]] gelang es Lemaître schließlich, Einstein von seiner Theorie zu überzeugen, nachdem er sie ihm in allen Einzelheiten dargelegt hatte.<ref>{{Internetquelle | url= http://www.spiegel.de/images/image-281190-galleryV9-mmul.jpg | titel= Bild von Lemaître und Einstein | hrsg= spiegel.de | | Lemaître stellte seine Ideen auf einem Kongress in [[London]] vor, der sich mit dem Ursprung des Universums und der [[Spiritualität]] beschäftigte. Er beschrieb seine Vorstellungen vom Ursprung des Universums als ''Uratom,'' „ein kosmisches Ei, das im Moment der Entstehung des Universums explodierte“. In diesem Uratom soll die gesamte heute im Universum vorhandene Materie zusammengepresst gewesen sein. Er zog dabei unter anderem die [[Rotverschiebung#Rotverschiebung, Blauverschiebung und Kosmologie|Rotverschiebung]] weit entfernter [[Galaxie]]n heran. Seine Kritiker bezeichneten danach die Theorie als [[Urknall]]theorie (oder ''[[Urknall|Big Bang]]''). [[Arthur Eddington|Eddington]] und auch [[Albert Einstein|Einstein]] lehnten sie zuerst ab, weil sie ihrer Meinung nach zu sehr an eine [[Religion|religiöse]] Vorstellung von der [[Erschaffung der Welt]] angelehnt war, und weil sie vom physikalischen Standpunkt aus viele ''Unschönheiten'' hatte, wie beispielsweise [[Singularität (Astronomie)|Singularitäten]]. Der Streit darüber hielt über mehrere Jahrzehnte an. Auf einer gemeinsamen Reise nach [[Kalifornien]] gelang es Lemaître schließlich, Einstein von seiner Theorie zu überzeugen, nachdem er sie ihm in allen Einzelheiten dargelegt hatte.<ref>{{Internetquelle | url= http://www.spiegel.de/images/image-281190-galleryV9-mmul.jpg | titel= Bild von Lemaître und Einstein | hrsg= spiegel.de | abruf=2014-07-22}}</ref> | ||
Auf einer Tagung im November 1951 akzeptierte die ''Päpstliche Akademie der Wissenschaften'' Lemaîtres Theorie.<ref>Francis Schussler Fiorensa, John P. Galvin: ''Systematic Theology: Roman Catholic Perspectives (Theology and the Sciences).'' 2011, Verlag Fortress Press, U.S, ISBN 9780800662912, S. 230.</ref> Papst [[Pius XII.]] führte in einem abschließenden Vortrag aus | Auf einer Tagung im November 1951 akzeptierte die ''Päpstliche Akademie der Wissenschaften'' Lemaîtres Theorie.<ref>Francis Schussler Fiorensa, John P. Galvin: ''Systematic Theology: Roman Catholic Perspectives (Theology and the Sciences).'' 2011, Verlag Fortress Press, U.S, ISBN 9780800662912, S. 230.</ref> Papst [[Pius XII.]] führte in einem abschließenden Vortrag aus – der mit dem Urknall zeitlich festlegbare Anfang der Welt sei einem göttlichen Schöpfungsakt entsprungen. | ||
== Ehrungen == | == Ehrungen == | ||
*Am 17. März 1934 erhielt Lemaître den [[Francqui-Preis]], die höchste wissenschaftliche Auszeichnung Belgiens, aus der Hand König [[Leopold III. (Belgien)|Leopolds III.]] | * Am 17. März 1934 erhielt Lemaître den [[Francqui-Preis]], die höchste wissenschaftliche Auszeichnung Belgiens, aus der Hand König [[Leopold III. (Belgien)|Leopolds III.]] | ||
*1936 [[Jules-Janssen-Preis]] | * 1936 [[Jules-Janssen-Preis]] | ||
*Das klassische Standardmodell der Urknalltheorie wird nach ihm ''Lemaître-Universum'' genannt. | * Das klassische Standardmodell der Urknalltheorie wird nach ihm ''Lemaître-Universum'' genannt. | ||
*Anlässlich seines 100. Geburtstages hat seine Geburtsstadt Charleroi die zum Flughafen führende Hauptstraße nach ihm benannt. | * Anlässlich seines 100. Geburtstages hat seine Geburtsstadt Charleroi die zum Flughafen führende Hauptstraße nach ihm benannt. | ||
*Das Institut für Astronomie und Geophysik der [[Katholieke Universiteit Leuven|Katholischen Universität Löwen]] trägt seinen Namen. | * Das Institut für Astronomie und Geophysik der [[Katholieke Universiteit Leuven|Katholischen Universität Löwen]] trägt seinen Namen. | ||
*Ein [[Asteroid]] des Hauptgürtels, [[(1565) Lemaître]], wurde nach ihm benannt. | * Ein [[Asteroid]] des Hauptgürtels, [[(1565) Lemaître]], wurde nach ihm benannt. | ||
*Der [[Lemaître (Mondkrater)|Mondkrater ''Lemaître'']] trägt seinen Namen. | * Der [[Lemaître (Mondkrater)|Mondkrater ''Lemaître'']] trägt seinen Namen. | ||
*Das fünfte [[Automated Transfer Vehicle|Automated Transfer Vehicle (ATV)]] der ESA zur Versorgung der [[Internationale Raumstation|Internationalen Raumstation]] trug den Namen Georges Lemaître.<ref>{{internetquelle |hrsg=ESA |url=http://www.esa.int/esaCP/SEMMZ8ZXHYG_index_0.html |sprache= | * Das fünfte [[Automated Transfer Vehicle|Automated Transfer Vehicle (ATV)]] der ESA zur Versorgung der [[Internationale Raumstation|Internationalen Raumstation]] trug den Namen Georges Lemaître.<ref>{{internetquelle |hrsg=ESA |url=http://www.esa.int/esaCP/SEMMZ8ZXHYG_index_0.html |sprache=en |titel=Fifth ATV named after Georges Lemaître |datum=2012-02-16 |abruf=2012-02-17}}</ref> | ||
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* | * {{Internetquelle |autor=Mark Midbon |url=https://www.catholiceducation.org/en/science/faith-and-science/a-day-without-yesterday-georges-lemaitre-amp-the-big-bang.html |titel=‘A Day Without Yesterday’: Georges Lemaître & the Big Bang |werk=Commonweal Magazine 127, Heft 6 |datum=2000-03-24 |seiten=18–19 |abruf=2018-07-18 |sprache=en |kommentar=wiedergegeben auf der Website des Catholic Education Resource Center |abruf-verborgen=1}} | ||
* | * {{Internetquelle |autor=Ulf von Rauchhaupt |url=http://www.faz.net/sonntagszeitung/george-lemaitre-revolutionierte-unser-weltbild-13054736.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2 |titel=Revolution unseres Weltbildes: Der Vater des Urknalls |werk=[[Frankfurter Allgemeine Zeitung#FAZ.NET|faz.net]] |datum=2014-07-26 |abruf=2018-07-18 |abruf-verborgen=1}} | ||
* {{Internetquelle |autor=Agathe Lukassek |url=http://katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/dieser-belgische-priester-begrundete-die-urknall-theorie |titel=Dieser belgische Priester begründete die Urknall-Theorie |werk=[[katholisch.de]] |datum=2018-07-17 |abruf=2018-07-18 |abruf-verborgen=1}} | |||
== Einzelnachweise == | |||
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Georges Edouard Lemaître (* 17. Juli 1894 in Charleroi, Belgien; † 20. Juni 1966 in Löwen, Belgien) war ein belgischer Theologe, katholischer Priester und Astrophysiker. Er gilt als Begründer der Urknalltheorie.
Schon in jungen Jahren wollte Lemaître Priester und Wissenschaftler werden. Als 17-Jähriger wechselte er von einer Jesuitenschule zur Katholischen Universität Löwen.[1] Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Freiwilliger in einer Artillerieeinheit der belgischen Armee. Nach dem Krieg setzte er seine Studien in Löwen fort, wechselte jedoch vom Fach Technik zu Physik und Mathematik. Durch seine Kriegserlebnisse geleitet, schrieb er sich zusätzlich im Priesterseminar der Erzdiözese Mechelen ein.[1]
1920 promovierte er mit der Arbeit L’approximation des fonctions de plusieurs variables réelles („Näherung von Funktionen mehrerer reeller Variablen“). 1923 wurde er zum Priester geweiht. Mit seinem von Charles-Jean de La Vallée Poussin erlernten starken mathematischen Hintergrund setzte er seine Studien nun bis 1924 an der Universität Cambridge fort, wo Arthur Eddington ihn in die moderne Stellarastronomie und die numerische Analyse einführte.
Zwischen 1924 und 1927 folgte ein Studium am Massachusetts Institute of Technology mit Promotion. 1925 übernahm er an der Universität Löwen eine Teilzeitprofessur.[2]
In Löwen begann er, seine Ideen zur Expansion des Universums aufzuschreiben. Erstmals erschien seine Arbeit 1927 in den Annales de la Société scientifique de Bruxelles,[3] einer eher wenig bekannten Fachzeitschrift.[4] Damit erschien seine Arbeit, die bereits wesentliche Grundzüge der Expansion des Universums darlegte, zwei Jahre früher als die Arbeiten Edwin Hubbles, dem das Konzept von der Expansion des Universums bisher zugeschrieben wurde, und nach den entsprechenden Arbeiten des schon 1925 verstorbenen russischen Mathematikers Alexander Alexandrowitsch Friedmann, der diese Lösung der Einsteinschen Feldgleichungen nach heutigem Kenntnisstand zuerst fand. Friedmanns Arbeiten waren Georges Lemaître vermutlich nicht bekannt, sehr wohl aber Albert Einstein, der sie auch kommentierte.
Erst 1931 erschien der Aufsatz Lemaîtres, in welchem er die Idee des Urknalls als quantenphysikalischen Beginn der kosmischen Expansion in die Kosmologie einführte, auch auf Englisch,[5] allerdings um die entscheidenden Passagen gekürzt, die die (heute) Hubble-Konstante genannte Konstante und Berechnungen über die Ausdehnungsrate des Universums betrafen. Da er selbst die Übersetzung ausführte, ließ er die Passagen aus, die seiner Meinung nach von Hubble 1929 schon detaillierter dargelegt waren.[6] Obwohl Lemaître nie versuchte, ein Erstentdeckerrecht zu beanspruchen, sprach sich die Internationale Astronomische Union (IAU) als weltgrößte Astronomenvereinigung mit gut 12.000 Mitgliedern nach einer Abstimmung im Oktober 2018 dafür aus, die Hubble-Relation, die den Zusammenhang zwischen Entfernung und Geschwindigkeit beschreibt, Hubble-Lemaître-Beziehung zu nennen.[7]
Lemaître beschäftigte sich zwangsläufig auch mit der Frage nach der Vereinbarkeit von jüdisch-christlicher Schöpfungslehre aus der Genesis und wissenschaftlicher Urknalltheorie. Er wurde mit Vorstellungen konfrontiert, dass die Urknalltheorie die Schöpfung der Welt durch Gott beweisen würde; dies lehnte er ab. Er profanierte hingegen die jüdisch-christliche Schöpfungslehre und ging von Augustinus Confessiones (Kap. 12, Nr. 8) aus, wobei zwei durch einen „Schleier“ getrennte dies- und jenseitige Mysterien beschrieben wurden. Den Urknall, mit der Erschaffung von Raum und Zeit, stellte er dem „es werde Licht“ (lat. fiat) aus Genesis 1,3 EU der jüdischen Thora gegenüber. Im Dezember 1940 wurde er aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistungen in die Päpstliche Akademie der Wissenschaften berufen. 1960 wurde Lemaître Präsident der Akademie. Mit diesem Amt, das er bis zu seinem Tode bekleidete, war die Verleihung des Titels eines päpstlichen Prälaten verbunden.
In den 1950er Jahren verfolgte Lemaître mit großem Interesse das Aufkommen der elektronischen Rechenanlagen, der Computer. 1958 ließ er den ersten derartigen Apparat der Universität Löwen installieren, eine Burroughs E 101.
1964 wurde er emeritiert. Zu seinen berühmtesten Schülern zählen André Deprit, einer der Erfinder der modernen Technik der schnellen Fourier-Transformation (mathematischer Algorithmus), und Georges Papy, Spezialist der Didaktik der modernen Mathematik. Zeit seines Lebens blieb er ein Einzelgänger, der nicht viele Kontakte zu Wissenschaftlerkollegen pflegte. Seine Korrespondenz ist minimal.
Kurz vor seinem Tod erfuhr Lemaître noch von der Entdeckung der kosmischen Mikrowellenstrahlung, die seine Theorie erhärtete.
Lemaître stellte seine Ideen auf einem Kongress in London vor, der sich mit dem Ursprung des Universums und der Spiritualität beschäftigte. Er beschrieb seine Vorstellungen vom Ursprung des Universums als Uratom, „ein kosmisches Ei, das im Moment der Entstehung des Universums explodierte“. In diesem Uratom soll die gesamte heute im Universum vorhandene Materie zusammengepresst gewesen sein. Er zog dabei unter anderem die Rotverschiebung weit entfernter Galaxien heran. Seine Kritiker bezeichneten danach die Theorie als Urknalltheorie (oder Big Bang). Eddington und auch Einstein lehnten sie zuerst ab, weil sie ihrer Meinung nach zu sehr an eine religiöse Vorstellung von der Erschaffung der Welt angelehnt war, und weil sie vom physikalischen Standpunkt aus viele Unschönheiten hatte, wie beispielsweise Singularitäten. Der Streit darüber hielt über mehrere Jahrzehnte an. Auf einer gemeinsamen Reise nach Kalifornien gelang es Lemaître schließlich, Einstein von seiner Theorie zu überzeugen, nachdem er sie ihm in allen Einzelheiten dargelegt hatte.[8]
Auf einer Tagung im November 1951 akzeptierte die Päpstliche Akademie der Wissenschaften Lemaîtres Theorie.[9] Papst Pius XII. führte in einem abschließenden Vortrag aus – der mit dem Urknall zeitlich festlegbare Anfang der Welt sei einem göttlichen Schöpfungsakt entsprungen.
Personendaten | |
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NAME | Lemaître, Georges |
ALTERNATIVNAMEN | Lemaître, Georges Edouard |
KURZBESCHREIBUNG | belgischer Priester und Physiker; gilt als Begründer der Urknalltheorie |
GEBURTSDATUM | 17. Juli 1894 |
GEBURTSORT | Charleroi (Belgien) |
STERBEDATUM | 20. Juni 1966 |
STERBEORT | Löwen |