Gernot Zippe: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Gernot Zippe''' (* [[13. November]] [[1917]] im nordböhmischen [[Varnsdorf]]; † [[7. Mai]] [[2008]]) war Physiker und Erfinder einer [[Gaszentrifuge]].
'''Gernot Zippe''' (* [[13. November]] [[1917]] in [[Varnsdorf|Warnsdorf]], [[Österreich-Ungarn]]; † [[7. Mai]] [[2008]]) war Physiker und Erfinder einer [[Gaszentrifuge]].


== Leben ==
== Leben ==
Gernot Zippe war Sohn von [[Anton Konrad Zippe]]. Er studierte Physik an der [[Universität Wien]], wo er kurz vor Kriegsbeginn promoviert wurde. Er arbeitete dann als Radiumforscher. Seit seinem Studium war er Mitglied im [[Wiener Akademischer Turnverein|Wiener Akademischen Turnverein]].
Gernot Zippe war Sohn von [[Anton Konrad Zippe]]. Er studierte Physik an der [[Universität Wien]], wo er kurz vor Kriegsbeginn promoviert wurde. Er arbeitete dann als Radiumforscher. Seit seinem Studium war er Mitglied im [[Wiener Akademischer Turnverein|Wiener Akademischen Turnverein]].


Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] war er Fluglehrer und Wissenschaftler bei der deutschen [[Luftwaffe (Wehrmacht)|Luftwaffe]].  
Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] war er Fluglehrer und Wissenschaftler bei der deutschen [[Luftwaffe (Wehrmacht)|Luftwaffe]].


1945 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft und wurde mit anderen deutschen Forschern zur Mitarbeit an der Urananreicherung gezwungen. Wie [[Max Steenbeck]] und sowjetische Wissenschaftler (wie [[Isaak Kikoin|I. K. Kikoin]], E. M. Kamenev) arbeitete er an der Gaszentrifuge zur Urananreicherung ([[Isotopentrennung]] von Uran-235 und Uran-238). Zippes Forschergruppe arbeitete zunächst in einem Institut in [[Sochumi]] am Schwarzen Meer, ab 1952 dann in [[Leningrad]].<ref> {{Internetquelle | url=http://www.sueddeutsche.de/politik/aus-deutscher-hand-wie-die-gas-zentrifuge-entstand-1.918823 | titel=Aus deutscher Hand – Wie die Gas-Zentrifuge entstand  | autor=Hans Leyendecker | hrsg=Süddeutsche Zeitung | datum=2010-05-19 | zugriff=2013-11-21}}</ref><ref>{{Internetquelle|url=http://www.fas.org/irp/cia/product/zippe.pdf| titel="The problem of Uranium Isotope Separation by Means of Ultracentrifuge in the USSR"| zugriff=4. April 2010| hrsg= [[Central Intelligence Agency]]| datum= 8. Oktober 1957| format=PDF; 6,6&nbsp;MB}}</ref>
1945 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft und wurde mit anderen deutschen Forschern zur Mitarbeit an der Urananreicherung gezwungen. Wie [[Max Steenbeck]] und sowjetische Wissenschaftler (wie [[Isaak Kikoin|I. K. Kikoin]], E. M. Kamenev) arbeitete er an der Gaszentrifuge zur Urananreicherung ([[Isotopentrennung]] von Uran-235 und Uran-238). Zippes Forschergruppe arbeitete zunächst in einem Institut in [[Sochumi]] am Schwarzen Meer, ab 1952 dann in [[Leningrad]].<ref> {{Internetquelle | url=http://www.sueddeutsche.de/politik/aus-deutscher-hand-wie-die-gas-zentrifuge-entstand-1.918823 | titel=Aus deutscher Hand – Wie die Gas-Zentrifuge entstand  | autor=Hans Leyendecker | hrsg=Süddeutsche Zeitung | datum=2010-05-19 | zugriff=2013-11-21}}</ref><ref>{{Internetquelle|url=http://www.fas.org/irp/cia/product/zippe.pdf| titel="The problem of Uranium Isotope Separation by Means of Ultracentrifuge in the USSR"| zugriff=4. April 2010| hrsg= [[Central Intelligence Agency]]| datum= 8. Oktober 1957| format=PDF; 6,6&nbsp;MB}}</ref>
Die Russen wollten einen Anreicherungsgrad von 15 Prozent. Im Sommer 1953 präsentiert er seine Gaszentrifuge. Nachdem die Forschergruppe einen Anreicherungsgrad von 30 Prozent erreicht hatte, durften sie in ihre Heimatländer zurückkehren. Zippe kehrte 1957 nach Österreich zurück. Als er 1957 in Amsterdam eine Konferenz zur Zentrifugen-Forschung besuchte, stellte er fest, dass die Forschung im Westen weit zurücklag. Mit seinem Mitarbeiter Rudolf Scheffel ließ er die „Zippe-Zentrifuge“ patentieren.<ref>Canadian Intellectual Property Office [http://patents.ic.gc.ca/cipo/cpd/en/patent/701733/summary.html Patent 701733], englisch</ref>  Unter den sowjetischen Wissenschaftlern, die darin wesentlich beteiligt waren, löste dies Bitterkeit aus, obwohl sich in der Sowjetunion niemand offiziell äußerte.<ref>Olegh Bukharin ''Russias Gaseous Centrifuge Technology and Uranium Enrichment Complex'', Princeton University, Woodrow Wilson Institute, 2004</ref>
Die Russen wollten einen Anreicherungsgrad von 15 Prozent. Im Sommer 1953 präsentiert er seine Gaszentrifuge. Nachdem die Forschergruppe einen Anreicherungsgrad von 30 Prozent erreicht hatte, durften sie in ihre Heimatländer zurückkehren. Zippe kehrte 1957 nach Österreich zurück. Als er 1957 in Amsterdam eine Konferenz zur Zentrifugen-Forschung besuchte, stellte er fest, dass die Forschung im Westen weit zurücklag. Mit seinem Mitarbeiter Rudolf Scheffel ließ er die „Zippe-Zentrifuge“ patentieren.<ref>Canadian Intellectual Property Office [http://brevets-patents.ic.gc.ca/opic-cipo/cpd/eng/patent/701733/summary.html Patent 701733], englisch</ref>  Unter den sowjetischen Wissenschaftlern, die darin wesentlich beteiligt waren, löste dies Bitterkeit aus, obwohl sich in der Sowjetunion niemand offiziell äußerte.<ref>Olegh Bukharin ''Russias Gaseous Centrifuge Technology and Uranium Enrichment Complex'', Princeton University, Woodrow Wilson Institute, 2004</ref>


1958–1960 war er an der [[University of Virginia]], stellte seine Erfindung vor und arbeitete mit [[Jesse W. Beams]].  
1958–1960 war er an der [[University of Virginia]], stellte seine Erfindung vor und arbeitete mit [[Jesse W. Beams]].


Er kehrte nach Deutschland zurück und arbeitete bei [[Degussa]], wo er die Effizienz seiner Zentrifuge verbesserte.<ref>Michael Knoll: ''Deutsche Atomambitionen und hessische Kernwaffentechnik. Die Zentrifugenforschung bei der Degussa (1955-1964)'', S. 429-446.</ref> Später beriet er die Bundesgesellschaft für Kernverfahrenstechnik in Jülich, die Gesellschaft [[Urenco]] (vormals Uranit) und auch das Unternehmen [[MAN]], das im Auftrag der Urenco am Projekt zum Bau von Gas-Ultrazentrifugen (GUZ) arbeitete, das 1970 zwischen Deutschland, Großbritannien und Holland vereinbart worden war.  
Er kehrte nach Deutschland zurück und arbeitete bei [[Degussa]], wo er die Effizienz seiner Zentrifuge verbesserte.<ref>Michael Knoll: ''Deutsche Atomambitionen und hessische Kernwaffentechnik. Die Zentrifugenforschung bei der Degussa (1955-1964)'', S. 429–446.</ref> Später beriet er die Bundesgesellschaft für Kernverfahrenstechnik in Jülich, die Gesellschaft [[Urenco]] (vormals Uranit) und auch das Unternehmen [[MAN]], das im Auftrag der Urenco am Projekt zum Bau von Gas-Ultrazentrifugen (GUZ) arbeitete, das 1970 zwischen Deutschland, Großbritannien und Holland vereinbart worden war.


1977 erhielt er den [[Alfried Krupp von Bohlen und Halbach]]-Preis für seine Energie-Forschung, 1990 in Österreich die [[Wilhelm-Exner-Medaille]]. Er war Mitglied des International Organizing Committee für GSR Workshops <!--(Global Status Report?) --> und ''International Workshops on Separation Phenomena in Liquids and Gases'' (SPLG). <!--Er war nervös, als er 2000 erstmals wieder Russland zum neunten SPLG Workshop besuchte.  
1977 erhielt er den [[Alfried Krupp von Bohlen und Halbach|Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach]]-Preis für seine Energie-Forschung, 1990 in Österreich die [[Wilhelm-Exner-Medaille]]. Er war Mitglied des International Organizing Committee für GSR Workshops <!--(Global Status Report?) --> und ''International Workshops on Separation Phenomena in Liquids and Gases'' (SPLG). <!--Er war nervös, als er 2000 erstmals wieder Russland zum neunten SPLG Workshop besuchte.


Er war enttäuscht, als man ihm in Deutschland im Alter von 80 Jahren die Fluglizenz nicht erneuerte. 2007 lebte er in München. -->
Er war enttäuscht, als man ihm in Deutschland im Alter von 80 Jahren die Fluglizenz nicht erneuerte. 2007 lebte er in München. -->
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== Veröffentlichungen ==
== Veröffentlichungen ==
* ''The development of short bowl ultracentrifuges: Final report on contract AT-(40-1)-2400, submitted to Physics Branch, Division of Research, U.S. Atomic Energy Commission, June 15, 1960.'' Research Laboratories for the Engineering Sciences, University of Virginia, Charlottesville (Virginia) 1960.
* ''The development of short bowl ultracentrifuges: Final report on contract AT-(40-1)-2400, submitted to Physics Branch, Division of Research, U.S. Atomic Energy Commission, June 15, 1960.'' Research Laboratories for the Engineering Sciences, University of Virginia, Charlottesville (Virginia) 1960.
* (mit Peter Weidner) ''Die Berechnung der kritischen Drehzahlen von mehrgliedringen Rotoren schnellaufender Maschinen.'' Zentralstelle für Atomkernenergie-Dokumentation, Frankfurt am Main 1968.
* (mit Peter Weidner) ''Die Berechnung der kritischen Drehzahlen von mehrgliedrigen Rotoren schnellaufender Maschinen.'' Zentralstelle für Atomkernenergie-Dokumentation, Frankfurt am Main 1968.
* ''Rasende Ofenrohre in stürmischen Zeiten: Ein Erfinderschicksal aus der Geschichte der Uranisotopentrennung im heissen und im kalten Krieg des 20. Jahrhunderts.'' Ekkehard Kubasta, Wien 2008, ISBN 978-3-200-01372-8 (Autobiographie).
* ''Rasende Ofenrohre in stürmischen Zeiten: Ein Erfinderschicksal aus der Geschichte der Uranisotopentrennung im heissen und im kalten Krieg des 20. Jahrhunderts.'' Ekkehard Kubasta, Wien 2008, ISBN 978-3-200-01372-8 (Autobiographie).


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Aktuelle Version vom 19. Juli 2021, 11:30 Uhr

Gernot Zippe (* 13. November 1917 in Warnsdorf, Österreich-Ungarn; † 7. Mai 2008) war Physiker und Erfinder einer Gaszentrifuge.

Leben

Gernot Zippe war Sohn von Anton Konrad Zippe. Er studierte Physik an der Universität Wien, wo er kurz vor Kriegsbeginn promoviert wurde. Er arbeitete dann als Radiumforscher. Seit seinem Studium war er Mitglied im Wiener Akademischen Turnverein.

Im Zweiten Weltkrieg war er Fluglehrer und Wissenschaftler bei der deutschen Luftwaffe.

1945 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft und wurde mit anderen deutschen Forschern zur Mitarbeit an der Urananreicherung gezwungen. Wie Max Steenbeck und sowjetische Wissenschaftler (wie I. K. Kikoin, E. M. Kamenev) arbeitete er an der Gaszentrifuge zur Urananreicherung (Isotopentrennung von Uran-235 und Uran-238). Zippes Forschergruppe arbeitete zunächst in einem Institut in Sochumi am Schwarzen Meer, ab 1952 dann in Leningrad.[1][2] Die Russen wollten einen Anreicherungsgrad von 15 Prozent. Im Sommer 1953 präsentiert er seine Gaszentrifuge. Nachdem die Forschergruppe einen Anreicherungsgrad von 30 Prozent erreicht hatte, durften sie in ihre Heimatländer zurückkehren. Zippe kehrte 1957 nach Österreich zurück. Als er 1957 in Amsterdam eine Konferenz zur Zentrifugen-Forschung besuchte, stellte er fest, dass die Forschung im Westen weit zurücklag. Mit seinem Mitarbeiter Rudolf Scheffel ließ er die „Zippe-Zentrifuge“ patentieren.[3] Unter den sowjetischen Wissenschaftlern, die darin wesentlich beteiligt waren, löste dies Bitterkeit aus, obwohl sich in der Sowjetunion niemand offiziell äußerte.[4]

1958–1960 war er an der University of Virginia, stellte seine Erfindung vor und arbeitete mit Jesse W. Beams.

Er kehrte nach Deutschland zurück und arbeitete bei Degussa, wo er die Effizienz seiner Zentrifuge verbesserte.[5] Später beriet er die Bundesgesellschaft für Kernverfahrenstechnik in Jülich, die Gesellschaft Urenco (vormals Uranit) und auch das Unternehmen MAN, das im Auftrag der Urenco am Projekt zum Bau von Gas-Ultrazentrifugen (GUZ) arbeitete, das 1970 zwischen Deutschland, Großbritannien und Holland vereinbart worden war.

1977 erhielt er den Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Preis für seine Energie-Forschung, 1990 in Österreich die Wilhelm-Exner-Medaille. Er war Mitglied des International Organizing Committee für GSR Workshops und International Workshops on Separation Phenomena in Liquids and Gases (SPLG).

Veröffentlichungen

  • The development of short bowl ultracentrifuges: Final report on contract AT-(40-1)-2400, submitted to Physics Branch, Division of Research, U.S. Atomic Energy Commission, June 15, 1960. Research Laboratories for the Engineering Sciences, University of Virginia, Charlottesville (Virginia) 1960.
  • (mit Peter Weidner) Die Berechnung der kritischen Drehzahlen von mehrgliedrigen Rotoren schnellaufender Maschinen. Zentralstelle für Atomkernenergie-Dokumentation, Frankfurt am Main 1968.
  • Rasende Ofenrohre in stürmischen Zeiten: Ein Erfinderschicksal aus der Geschichte der Uranisotopentrennung im heissen und im kalten Krieg des 20. Jahrhunderts. Ekkehard Kubasta, Wien 2008, ISBN 978-3-200-01372-8 (Autobiographie).

Literatur

  • Heinz Barwich, Elfi Barwich: Das rote Atom. Als deutscher Wissenschaftler im Geheimkreis der russischen Kernphysik. Scherz, München/Bern 1967.
  • Michael Knoll: Deutsche Atomambitionen und hessische Kernwaffentechnik. Die Zentrifugenforschung bei der Degussa (1955–1964), in: Nassauische Annalen, Bd. 125 (2014), S. 429–446.
  • Max Steenbeck: Impulse und Wirkungen. Schritte auf meinem Lebensweg. Verlag der Nation, Berlin 1977.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans Leyendecker: Aus deutscher Hand – Wie die Gas-Zentrifuge entstand. Süddeutsche Zeitung, 19. Mai 2010, abgerufen am 21. November 2013.
  2. "The problem of Uranium Isotope Separation by Means of Ultracentrifuge in the USSR". (PDF; 6,6 MB) Central Intelligence Agency, 8. Oktober 1957, abgerufen am 4. April 2010.
  3. Canadian Intellectual Property Office Patent 701733, englisch
  4. Olegh Bukharin Russias Gaseous Centrifuge Technology and Uranium Enrichment Complex, Princeton University, Woodrow Wilson Institute, 2004
  5. Michael Knoll: Deutsche Atomambitionen und hessische Kernwaffentechnik. Die Zentrifugenforschung bei der Degussa (1955-1964), S. 429–446.