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Die '''Grenzflächenspannung''' bezeichnet Kräfte, die | Die '''Grenzflächenspannung''' bezeichnet [[mechanische Spannung]]en und damit Kräfte, die an der Grenze zwischen zwei verschiedenen [[Phase (Materie)|Phasen]] auftreten, welche miteinander in Kontakt stehen. Die beiden Phasen bilden eine gemeinsame [[Grenzfläche]], die unter Grenzflächenspannung steht. Unter ''verschiedenen Phasen'' versteht man hierbei Phasen, die sich nicht vermischen, z. B. Wasser und Öl oder Glas und Wasser. | ||
Die Phasen können flüssig, fest oder gasförmig sein. Grenzflächenspannung zwischen Flüssigkeiten und Gasphasen bezeichnet man meist als [[Oberflächenspannung]]. Zur Grenzflächenspannung bei Festkörpern siehe [[Elastische Grenzflächenspannung]]. | |||
== Phänomene == | |||
Die Grenzflächenspannung beschreibt die Gründe, warum … | Die Grenzflächenspannung beschreibt die Gründe, warum … | ||
*fallendes Wasser oder Wasser auf Glasscheiben in [[Tropfen]] zerfällt; | |||
*fallendes Wasser oder Wasser auf Glasscheiben in | *die Oberfläche einer Flüssigkeit in einem [[Reagenzglas]] eine Wölbung zeigen kann (→ [[Meniskus (Hydrostatik)|Meniskus]]); | ||
*die Oberfläche einer Flüssigkeit in einem Reagenzglas eine Wölbung zeigen kann (→ [[Meniskus (Hydrostatik)|Meniskus]]); | |||
*Flüssigkeiten in einem Glasröhrchen ein Stück aufsteigen können, wenn ein Ende des Röhrchens senkrecht in die Flüssigkeit getaucht wird (→ [[Kapillarität]]); | *Flüssigkeiten in einem Glasröhrchen ein Stück aufsteigen können, wenn ein Ende des Röhrchens senkrecht in die Flüssigkeit getaucht wird (→ [[Kapillarität]]); | ||
*einige Insekten über das Wasser laufen können (→ [[Wasserläufer]]); | *einige Insekten über das Wasser laufen können (→ [[Wasserläufer]]); | ||
*von einer leichten, dünnen Regenjacke das Wasser abperlen kann (→ [[Benetzung]]). | *von einer leichten, dünnen Regenjacke das Wasser abperlen kann (→ [[Benetzung]]). | ||
==Grenzflächenspannung ist „Grenzflächenenergie“ bzw. „Grenzflächenarbeit“== | == Grenzflächenspannung ist „Grenzflächenenergie“ bzw. „Grenzflächenarbeit“ == | ||
Die ''Grenzflächenspannung'' ist eine mechanische Spannung in der Grenzfläche mit Kräften, die eine Verkleinerung der Grenzfläche bewirken können. Abweichend von der sonstigen Definition einer mechanischen Spannung wird sie angegeben als Kraft pro ''Länge'', z. B. in den [[SI-Einheiten]] [[Newton (Einheit)|N]]/m (siehe [[Oberflächenspannung #Physikalischer Hintergrund]]). | |||
Die ''Grenzflächenspannung'' ist eine mechanische Spannung in der Grenzfläche mit Kräften, die eine Verkleinerung der Grenzfläche bewirken können. | |||
Gleichzeitig beschreibt sie als ''Grenzflächenarbeit'' bzw. ''-energie'' die Energie, die umgesetzt werden muss, um die Grenzfläche um 1 m<sup>2</sup> unter [[isotherm]]en Bedingungen zu vergrößern. Auch hier ergibt sich aus der Definition Arbeit pro Fläche wieder die Einheit N/m bzw. kg/s<sup>2</sup>. | |||
Die Grenzflächenspannung bedeutet, dass Arbeit aufgewendet werden muss, um die Grenzfläche zu vergrößern, und dass Energie freigesetzt wird, wenn sich die Fläche verkleinert. Ein System wie Wasser/Luft strebt aus diesen energetischen Gründen eine möglichst kleine Grenzfläche an: das Wasser nimmt nicht „freiwillig“ die Form eines Tellers an, sondern bildet Tröpfchen. | |||
== Phase und Phasengrenze == | |||
[[Datei:WassermoleküleInTröpfchen-2.svg|mini|Abb. 1: Richtungen zwischenmolekularer Kräfte ''in der Phase'' und ''an der Oberfläche''.]] | |||
Innerhalb einer Phase wirken die Kräfte in alle Raumrichtungen zwischen den Teilchen, die die Phase bilden ([[Kohäsion (Chemie)|Kohäsion]]). Bei den Teilchen kann es sich um Moleküle, Metallatome oder die Ionen eines Salzes handeln. Im Inneren der Phase heben sich die Kräfte gegeneinander auf. An der Phasengrenze ist das nicht der Fall. Hier fehlen Nachbarn, die zur eigenen Phase gehören. | Innerhalb einer Phase wirken die Kräfte in alle Raumrichtungen zwischen den Teilchen, die die Phase bilden ([[Kohäsion (Chemie)|Kohäsion]]). Bei den Teilchen kann es sich um Moleküle, Metallatome oder die Ionen eines Salzes handeln. Im Inneren der Phase heben sich die Kräfte gegeneinander auf. An der Phasengrenze ist das nicht der Fall. Hier fehlen Nachbarn, die zur eigenen Phase gehören. | ||
Bei einer flüssigen Phase von Wasser (Abb. 1) wirken auf die Moleküle [[Dipol-Dipol-Kräfte|Dipol-Dipol-Momente]] in alle Raumrichtungen. | Bei einer flüssigen Phase von Wasser (Abb. 1) wirken auf die Moleküle [[Dipol-Dipol-Kräfte|Dipol-Dipol-Momente]] in alle Raumrichtungen. An der Phasengrenze (Rand eines Tröpfchens) ist das nicht der Fall. Ein Wassermolekül am Rand hat viel weniger Nachbarn. Ein Wassermolekül, das sich aus dem Inneren der Phase an die Phasengrenze bewegt, muss über die Energie verfügen, um einen Teil der Dipol-Dipol-Momente zu überwinden. Bewegt es sich in die andere Richtung, wird entsprechende Energie frei. | ||
Um die Fläche der Phasengrenze zu vergrößern, muss Energie aufgewendet werden, da nun mehr Teilchen zur Bildung der größeren Fläche nötig werden. Daher strebt Wasser eine minimale Oberfläche an und bildet somit Tröpfchen. | Um die Fläche der Phasengrenze zu vergrößern, muss Energie aufgewendet werden, da nun mehr Teilchen zur Bildung der größeren Fläche nötig werden. Daher strebt Wasser eine minimale Oberfläche an und bildet somit Tröpfchen. | ||
==Richtung der Grenzflächenspannung== | == Richtung der Grenzflächenspannung == | ||
[[ | [[Datei:Bubble brokenchopstick.jpg|mini|Abb. 2: Seifenblase]] | ||
[[ | [[Datei:2-dimensional foam (colors inverted).jpg|mini|Abb. 3: Schaumblasen zwischen zwei Glasplatten]] | ||
Bei einer [[Seifenblase]] (Abb. 2) wird die Phase „Blasenhaut“ von beiden Seiten von je einer Gasphase begrenzt. Die zwei Grenzflächen der „Blasenhaut“ spannen die innere Gasphase zusammen. Die Kräfte wirken in der Richtung der Ausdehnung der Blasenhaut. Diese Richtung wird deutlicher, wenn man Abb. 3 betrachtet, die einen Querschnitt durch [[Schaum]] zeigt. Die „Blasenhäute“ nehmen aufgrund der Richtung der Grenzflächenspannung die kürzesten Verbindungslinien (Geraden) ein. | |||
== Grenzfläche Flüssigkeit-Gas-Wand == | |||
[[Datei:WasserLuftWand.svg|mini|Abb. 4: Benetzung einer Wand]] | |||
Berührt eine Grenzfläche ''Gas-Flüssigkeit'' eine feste Wand, so stellt sich ein bestimmter Winkel zwischen Wand und Oberfläche der Flüssigkeit ein. Abb. 4 zeigt diesen [[Kontaktwinkel]] für einen Fall einer senkrechten Wand, die sich gut benetzen lässt. Je stärker die [[Benetzung]], desto kleiner der Winkel und desto höher steigt der obere Rand der Flüssigkeit. Dieses Verhalten bewirkt in engen Röhren, Spalten und Zwischenräumen den [[Kapillareffekt]]. Der Benetzungsgrad hängt ab von der Art der Flüssigkeit, vom Material der Oberfläche und ihrer Beschaffenheit, z. B. ihrer [[Rauheit]]. | |||
== | == Beeinflussbarkeit == | ||
[[ | Die Größe der Grenzflächenspannung lässt sich beeinflussen durch: | ||
* [[Tenside]] | |||
* [[Emulsion]] | |||
* Schaum | |||
* Rauheit der Oberfläche. | |||
[[Thermoplast]]ische Polymere sind in geschmolzenem Zustand nicht miteinander mischbar<ref name="MS-HKA">Ralph-Dieter Maier, Michael Schiller: ''Handbuch Kunststoff Additive.'' ISBN 978-3-446-43291-8, S. 21 ({{Google Buch|BuchID=MYiZDQAAQBAJ|Seite=21}}).</ref>. [[Kompatibilisator]]en setzen bei [[Copolymer|Mischpolymerisaten]] die Grenzflächenspannungen zwischen den Phasen herab und verringern die Phasentrennung und Zusammenballung der unterschiedlichen Grundstoffmoleküle.<ref name="MS-HKA" /> | |||
== | == Einzelnachweise == | ||
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Die Grenzflächenspannung bezeichnet mechanische Spannungen und damit Kräfte, die an der Grenze zwischen zwei verschiedenen Phasen auftreten, welche miteinander in Kontakt stehen. Die beiden Phasen bilden eine gemeinsame Grenzfläche, die unter Grenzflächenspannung steht. Unter verschiedenen Phasen versteht man hierbei Phasen, die sich nicht vermischen, z. B. Wasser und Öl oder Glas und Wasser.
Die Phasen können flüssig, fest oder gasförmig sein. Grenzflächenspannung zwischen Flüssigkeiten und Gasphasen bezeichnet man meist als Oberflächenspannung. Zur Grenzflächenspannung bei Festkörpern siehe Elastische Grenzflächenspannung.
Die Grenzflächenspannung beschreibt die Gründe, warum …
Die Grenzflächenspannung ist eine mechanische Spannung in der Grenzfläche mit Kräften, die eine Verkleinerung der Grenzfläche bewirken können. Abweichend von der sonstigen Definition einer mechanischen Spannung wird sie angegeben als Kraft pro Länge, z. B. in den SI-Einheiten N/m (siehe Oberflächenspannung #Physikalischer Hintergrund).
Gleichzeitig beschreibt sie als Grenzflächenarbeit bzw. -energie die Energie, die umgesetzt werden muss, um die Grenzfläche um 1 m2 unter isothermen Bedingungen zu vergrößern. Auch hier ergibt sich aus der Definition Arbeit pro Fläche wieder die Einheit N/m bzw. kg/s2.
Die Grenzflächenspannung bedeutet, dass Arbeit aufgewendet werden muss, um die Grenzfläche zu vergrößern, und dass Energie freigesetzt wird, wenn sich die Fläche verkleinert. Ein System wie Wasser/Luft strebt aus diesen energetischen Gründen eine möglichst kleine Grenzfläche an: das Wasser nimmt nicht „freiwillig“ die Form eines Tellers an, sondern bildet Tröpfchen.
Innerhalb einer Phase wirken die Kräfte in alle Raumrichtungen zwischen den Teilchen, die die Phase bilden (Kohäsion). Bei den Teilchen kann es sich um Moleküle, Metallatome oder die Ionen eines Salzes handeln. Im Inneren der Phase heben sich die Kräfte gegeneinander auf. An der Phasengrenze ist das nicht der Fall. Hier fehlen Nachbarn, die zur eigenen Phase gehören.
Bei einer flüssigen Phase von Wasser (Abb. 1) wirken auf die Moleküle Dipol-Dipol-Momente in alle Raumrichtungen. An der Phasengrenze (Rand eines Tröpfchens) ist das nicht der Fall. Ein Wassermolekül am Rand hat viel weniger Nachbarn. Ein Wassermolekül, das sich aus dem Inneren der Phase an die Phasengrenze bewegt, muss über die Energie verfügen, um einen Teil der Dipol-Dipol-Momente zu überwinden. Bewegt es sich in die andere Richtung, wird entsprechende Energie frei. Um die Fläche der Phasengrenze zu vergrößern, muss Energie aufgewendet werden, da nun mehr Teilchen zur Bildung der größeren Fläche nötig werden. Daher strebt Wasser eine minimale Oberfläche an und bildet somit Tröpfchen.
Bei einer Seifenblase (Abb. 2) wird die Phase „Blasenhaut“ von beiden Seiten von je einer Gasphase begrenzt. Die zwei Grenzflächen der „Blasenhaut“ spannen die innere Gasphase zusammen. Die Kräfte wirken in der Richtung der Ausdehnung der Blasenhaut. Diese Richtung wird deutlicher, wenn man Abb. 3 betrachtet, die einen Querschnitt durch Schaum zeigt. Die „Blasenhäute“ nehmen aufgrund der Richtung der Grenzflächenspannung die kürzesten Verbindungslinien (Geraden) ein.
Berührt eine Grenzfläche Gas-Flüssigkeit eine feste Wand, so stellt sich ein bestimmter Winkel zwischen Wand und Oberfläche der Flüssigkeit ein. Abb. 4 zeigt diesen Kontaktwinkel für einen Fall einer senkrechten Wand, die sich gut benetzen lässt. Je stärker die Benetzung, desto kleiner der Winkel und desto höher steigt der obere Rand der Flüssigkeit. Dieses Verhalten bewirkt in engen Röhren, Spalten und Zwischenräumen den Kapillareffekt. Der Benetzungsgrad hängt ab von der Art der Flüssigkeit, vom Material der Oberfläche und ihrer Beschaffenheit, z. B. ihrer Rauheit.
Die Größe der Grenzflächenspannung lässt sich beeinflussen durch:
Thermoplastische Polymere sind in geschmolzenem Zustand nicht miteinander mischbar[1]. Kompatibilisatoren setzen bei Mischpolymerisaten die Grenzflächenspannungen zwischen den Phasen herab und verringern die Phasentrennung und Zusammenballung der unterschiedlichen Grundstoffmoleküle.[1]
en:interfacial tension