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'''Heinrich Gerhard Kuhn''' (* [[10. März]] [[1904]] in [[Breslau]]; † [[26. August]] [[1994]]) war ein deutsch-britischer Physiker. | '''Heinrich Gerhard Kuhn''' (* [[10. März]] [[1904]] in [[Breslau]]; † [[26. August]] [[1994]]) war ein deutsch-britischer [[Physiker]].<ref>{{Internetquelle |autor=Lüben-Bilder, Geschichten, Daten |url=http://www.lueben-damals.de/erinnerungen/kuhn.html |titel=Die Familie Kuhn in Lüben (mit Fotos) |werk=lueben-damals.de/erinnerungen/kuhn.html |datum=2015 |abruf=2021-01-09 }}</ref> | ||
== Leben und Tätigkeit == | == Leben und Tätigkeit == | ||
Kuhn war ein Sohn des Rechtsanwalts Wilhelm Kuhn und seiner Frau Martha. Sein älterer Bruder war der Philosoph [[Helmut Kuhn (Philosoph)|Helmut Kuhn]]. Ein Onkel von ihm war der Sänger und Dirigent [[George Henschel]], der in den USA und Großbritannien wirkte und mit Brahms befreundet war. | Kuhn war ein Sohn des Rechtsanwalts Wilhelm Kuhn und seiner Frau Martha. Sein älterer Bruder war der Philosoph [[Helmut Kuhn (Philosoph)|Helmut Kuhn]] und dessen Tochter, die Historikerin [[Annette Kuhn]], [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Universität Bonn]], seine Nichte. Ein Onkel von ihm war der Sänger und Dirigent [[George Henschel]], der in den USA und Großbritannien wirkte und mit Brahms befreundet war. | ||
Nach dem Schulbesuch studierte Kuhn ab 1922 Chemie in Greifswald (Chemieexamen 1924) und ab 1924 Physik in Göttingen. Ende 1926 promovierte er mit einer von [[James Franck]], damals Ordinarius für Experimentalphysik, | Nach dem Schulbesuch studierte Kuhn ab 1922 Chemie in [[Greifswald]] (Chemieexamen 1924) und ab 1924 Physik in [[Göttingen]]. Ende 1926 promovierte er mit einer von [[James Franck]], der damals Ordinarius für Experimentalphysik war, und mit [[Gustav Hertz]] im Jahre 1925 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde. Anschließend wurde Kuhn außerplanmäßiger Assistent bei Franck in Göttingen und unterrichtete nach seiner Habilitation im Jahr 1931 bis 1933 als Privatdozent in Göttingen. | ||
Nach dem [[Machtergreifung|Machtantritt der Nationalsozialisten]] ersuchte Kuhn, der nach nationalsozialistische Definition als Jude galt, um seine Entlassung aus dem Staatsdienst, ein Schritt mit dem er seinem Mentor Franck folgte, der sich in gleicher Weise verhalten hatte | Nach dem [[Machtergreifung|Machtantritt der Nationalsozialisten]] ersuchte Kuhn, der nach nationalsozialistische Definition als Jude galt, im Juli 1933 um seine Entlassung aus dem Staatsdienst, ein Schritt, mit dem er seinem Mentor Franck folgte, der sich in gleicher Weise verhalten hatte. Noch im selben Jahr emigrierte er nach Großbritannien, wo er eine Stelle am Clarendon Laboratory der [[Universität Oxford]] fand, die durch ein Stipendium, das er auf Vermittlung von [[Frederick Lindemann]] von den Imperial Chemical Industries erhielt, finanziert wurde. Dort arbeitete er mit [[Derek Jackson]] zusammen, unter anderem über Hyperfeinstruktur, Profile von Spektrallinien und deren Druckverbreiterung. 1939 wurde Kuhn britischer Staatsbürger. | ||
1937 ging auch sein Bruder [[Helmut Kuhn (Philosoph)|Helmut Kuhn]] mit seiner Familie ins englische Exil und weilte häufiger bei seinem Bruder in [[Oxford]], 8, New Road, [[Headington]]. Der Briefwechsel zwischen Helmut und Heinrich Kuhn befindet sich im [[Warburg Institute]], London.<ref>{{Literatur |Autor=Christiane Goldenstedt |Titel="Du hast mich heimgesucht bei Nacht"-Die Familie Kuhn im Exil |Verlag=Books on demand |Ort=Norderstedt |Datum=2013 |ISBN=978-3-7322-0766-4 }}</ref> | |||
Von den nationalsozialistischen Polizeiorganen wurde Kuhn nach seiner Emigration als Staatsfeind eingestuft: Im Frühjahr 1940 setzte das [[Reichssicherheitshauptamt]] in Berlin ihn auf die [[Sonderfahndungsliste G.B.]], ein Verzeichnis von Personen, die im Falle einer erfolgreichen Invasion und Besetzung der britischen Inseln durch die Wehrmacht von den Besatzungstruppen nachfolgenden Sonderkommandos der SS mit besonderer Priorität ausfindig gemacht und verhaftet werden sollten. | Von den nationalsozialistischen Polizeiorganen wurde Kuhn nach seiner Emigration als Staatsfeind eingestuft: Im Frühjahr 1940 setzte das [[Reichssicherheitshauptamt]] in Berlin ihn auf die [[Sonderfahndungsliste G.B.]], ein Verzeichnis von Personen, die im Falle einer erfolgreichen Invasion und Besetzung der britischen Inseln durch die Wehrmacht von den Besatzungstruppen nachfolgenden Sonderkommandos der SS mit besonderer Priorität ausfindig gemacht und verhaftet werden sollten. | ||
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== Familie == | == Familie == | ||
Kuhn war mit Bertha Marie Nohl, einer Tochter von [[Herman Nohl]], verheiratet, mit der er zwei Söhne (Anselm Thomas, Nicholas John) | Kuhn war mit Bertha Marie Nohl, einer Tochter von [[Herman Nohl]], verheiratet, mit der er zwei Söhne (Anselm Thomas, Nicholas John) hatte. | ||
== Schriften == | == Schriften == | ||
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== Literatur == | == Literatur == | ||
* Brebis Bleaney: "Heinrich Gerhard Kuhn", in: ''Biographical Memoirs Fellows Royal Society'', Band 42, 1996, S. 221–232. | * Brebis Bleaney: "Heinrich Gerhard Kuhn", in: ''Biographical Memoirs Fellows Royal Society'', Band 42, 1996, S. 221–232. | ||
* Christiane Goldenstedt: ''"Du hast mich heimgesucht bei Nacht." | * Christiane Goldenstedt: ''"Du hast mich heimgesucht bei Nacht." – Die Familie Kuhn im Exil'', Norderstedt 2013, Books on demand: 978-3-7322-0766-4. | ||
* Warburg Institut Archive, GC, London, Briefwechsel zwischen Helmut und Heinrich Kuhn. | |||
== Weblinks == | |||
* [http://www.lueben-damals.de/erinnerungen/kuhn.html Die Familie des Rechtsanwalts Wilhelm Kuhn (ca. 1870–1927) (Heinrich Kuhns Eltern)] auf der privaten Webseite lueben-damals.de | |||
== Einzelnachweise == | |||
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Heinrich Gerhard Kuhn (* 10. März 1904 in Breslau; † 26. August 1994) war ein deutsch-britischer Physiker.[1]
Kuhn war ein Sohn des Rechtsanwalts Wilhelm Kuhn und seiner Frau Martha. Sein älterer Bruder war der Philosoph Helmut Kuhn und dessen Tochter, die Historikerin Annette Kuhn, Universität Bonn, seine Nichte. Ein Onkel von ihm war der Sänger und Dirigent George Henschel, der in den USA und Großbritannien wirkte und mit Brahms befreundet war.
Nach dem Schulbesuch studierte Kuhn ab 1922 Chemie in Greifswald (Chemieexamen 1924) und ab 1924 Physik in Göttingen. Ende 1926 promovierte er mit einer von James Franck, der damals Ordinarius für Experimentalphysik war, und mit Gustav Hertz im Jahre 1925 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde. Anschließend wurde Kuhn außerplanmäßiger Assistent bei Franck in Göttingen und unterrichtete nach seiner Habilitation im Jahr 1931 bis 1933 als Privatdozent in Göttingen.
Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten ersuchte Kuhn, der nach nationalsozialistische Definition als Jude galt, im Juli 1933 um seine Entlassung aus dem Staatsdienst, ein Schritt, mit dem er seinem Mentor Franck folgte, der sich in gleicher Weise verhalten hatte. Noch im selben Jahr emigrierte er nach Großbritannien, wo er eine Stelle am Clarendon Laboratory der Universität Oxford fand, die durch ein Stipendium, das er auf Vermittlung von Frederick Lindemann von den Imperial Chemical Industries erhielt, finanziert wurde. Dort arbeitete er mit Derek Jackson zusammen, unter anderem über Hyperfeinstruktur, Profile von Spektrallinien und deren Druckverbreiterung. 1939 wurde Kuhn britischer Staatsbürger.
1937 ging auch sein Bruder Helmut Kuhn mit seiner Familie ins englische Exil und weilte häufiger bei seinem Bruder in Oxford, 8, New Road, Headington. Der Briefwechsel zwischen Helmut und Heinrich Kuhn befindet sich im Warburg Institute, London.[2]
Von den nationalsozialistischen Polizeiorganen wurde Kuhn nach seiner Emigration als Staatsfeind eingestuft: Im Frühjahr 1940 setzte das Reichssicherheitshauptamt in Berlin ihn auf die Sonderfahndungsliste G.B., ein Verzeichnis von Personen, die im Falle einer erfolgreichen Invasion und Besetzung der britischen Inseln durch die Wehrmacht von den Besatzungstruppen nachfolgenden Sonderkommandos der SS mit besonderer Priorität ausfindig gemacht und verhaftet werden sollten.
Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Kuhn, der 1941 einen englischen Masterabschluss erwarb, im Bereich der Urananreicherung. Nach dem Krieg kehrte er nach Oxford zurück, wo er nach zwölf Jahren im Land endlich eine planmäßige Lehranstellung als Lecturer und University Demonstrator erhielt. 1955 wurde er von der Universität in den Rang Readers erhoben. Von 1950 bis 1954 war er Fellow am Balliol College. Wie zuvor befasste er sich vor allem mit Atomspektroskopie. Auch nach seiner Emeritierung 1971 arbeitete er noch weiter in der Fakultät für Astrophysik.
1954 wurde Kuhn Fellow der Royal Society. 1967 erhielt er den Holweck-Preis.
Kuhn war mit Bertha Marie Nohl, einer Tochter von Herman Nohl, verheiratet, mit der er zwei Söhne (Anselm Thomas, Nicholas John) hatte.
Personendaten | |
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NAME | Kuhn, Heinrich Gerhard |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-britischer Physiker |
GEBURTSDATUM | 10. März 1904 |
GEBURTSORT | Breslau |
STERBEDATUM | 26. August 1994 |