Johann Wiesel: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Bartholomäus Kilian Johann Wiesel.jpg|mini|Johann Wiesel mit einem seiner Fernrohre. Kupferstich von [[Bartholomäus Kilian]], 1660]]
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[[Datei:Kikare - Skoklosters slott - 87089.tif|mini|Fernrohr mit Initialen I.W.A.O.F. (Iohann Wiesel Augustanus Opticus Fecit) Schloss Skokloster]]
[[Datei:Kikare - Skoklosters slott - 87089.tif|mini|Fernrohr mit Initialen I.W.A.O.F. (Iohann Wiesel Augustanus Opticus Fecit) Schloss Skokloster]]
'''Johann Wiesel''' (* [[1583]] in [[Burrweiler]]; † [[27. März]] [[1662]] in [[Augsburg]])<ref>{{Internetquelle|url=http://www.stadtlexikon-augsburg.de/index.php?id=114&tx_ttnews%5Btt_news%5D=5893&tx_ttnews%5BbackPid%5D=113&cHash=ca3e301fa0 |titel=Augsburger Stadtlexikon – Die Stadtgeschichte von Augsburg |autor= |werk=stadtlexikon-augsburg.de |datum=2009-08-21 |zugriff=2015-01-06}}</ref> war ein [[Optik]]er, Instrumentenbauer und der erste gewerbliche [[Fernrohr]]bauer im deutschen Raum.
'''Johann Wiesel''' (* [[1583]] in [[Burrweiler]]; † [[27. März]] [[1662]] in [[Augsburg]])<ref>{{Internetquelle |url=http://www.stadtlexikon-augsburg.de/index.php?id=114&tx_ttnews%5Btt_news%5D=5893&tx_ttnews%5BbackPid%5D=113&cHash=ca3e301fa0 |titel=Augsburger Stadtlexikon – Die Stadtgeschichte von Augsburg |werk=stadtlexikon-augsburg.de |datum=2009-08-21 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20140407083449/http://www.stadtlexikon-augsburg.de/index.php?id=114&tx_ttnews%5Btt_news%5D=5893&tx_ttnews%5BbackPid%5D=113&cHash=ca3e301fa0 |archiv-datum=2014-04-07 |archiv-bot=2019-09-13 10:56:29 InternetArchiveBot |offline=1 |abruf=2015-01-06}}</ref> war ein [[Optik]]er, Instrumentenbauer und der erste gewerbliche [[Fernrohr]]bauer im deutschen Raum.


== Leben ==
== Leben ==
Johann Wiesel wurde 1583 in der Pfalz geboren. Das Fernrohr wurde 1608 von [[Hans Lipperhey]] in [[Holland]] erfunden. Der Kaufmann Thomas Barnet brachte im Jahr darauf ein erstes Fernrohr nach [[Augsburg]], das er auf der Frankfurter Frühjahrsmesse 1609 erworben hatte. 1610 entdeckte [[Galileo Galilei]] mit dem Fernrohr die Jupitermonde. 1611 erschien in Augsburg die erste Theorie des Fernrohrs, [[Johannes Kepler]]s ''[[Johannes Kepler#Dioptrice|Dioptrice]]'', im Verlag von Marcus Welser.<ref>{{Literatur | Autor=Helmut Gier | Titel=Der Augsburger Optiker und Fernrohrbauer Johann Wiesel (1583–1662). In: Das Wieselhaus im Äußeren Pfaffengässchen in Augsburg | Verlag=Herausgeber: Kath. Studienfonds, Stadt Augsburg, Wohnungs- und Stiftungsamt, Schrammel Architekten | Ort=Augsburg | Jahr=2013 | Seiten=7ff}}</ref>
Johann Wiesel wurde 1583 in der Pfalz geboren. Das Fernrohr wurde 1608 von [[Hans Lipperhey]] in [[Holland]] erfunden. Der Kaufmann Thomas Barnet brachte im Jahr darauf ein erstes Fernrohr nach [[Augsburg]], das er auf der Frankfurter Frühjahrsmesse 1609 erworben hatte. 1610 entdeckte [[Galileo Galilei]] mit dem Fernrohr die Jupitermonde. 1611 erschien in Augsburg die erste Theorie des Fernrohrs, [[Johannes Kepler]]s ''[[Johannes Kepler#Dioptrice|Dioptrice]]'', im Verlag von Marcus Welser.<ref>{{Literatur |Autor=Helmut Gier |Titel=Der Augsburger Optiker und Fernrohrbauer Johann Wiesel (1583–1662). In: Das Wieselhaus im Äußeren Pfaffengässchen in Augsburg |Verlag=Herausgeber: Kath. Studienfonds, Stadt Augsburg, Wohnungs- und Stiftungsamt, Schrammel Architekten |Ort=Augsburg |Datum=2013 |Seiten=7ff}}</ref>


Da Wiesel evangelisch war, wanderte er aus, als seine Heimat 1604 einen neuen, katholischen [[Lehnswesen|Lehnsherren]] bekam. Über sein Leben vor seiner Ankunft in Augsburg, und wann und wo er das [[Linse (Optik)|Linsenschleifen]] erlernte, ist nichts bekannt. 1621 wurde er durch Heirat Augsburger Stadtbürger und wird als Schreiber bezeichnet. Er bot ab 1625 in Augsburg [[Brille]]n, Fernrohre, Laternen, Brenngläser, Spiegelapparate und Frühformen des [[Mikroskop]]s zum Kauf an. Um 1630 arbeitete er für den Kaiser [[Ferdinand II. (HRR)|Ferdinand II.]] und den Kurfürsten von Bayern, [[Maximilian I. (Bayern)|Maximilian I.]], später auch für den dänischen König [[Christian IV. (Dänemark und Norwegen)|Christian IV.]] Er wird zunächst als ''Perspectivmacher'', später als ''Opticus'' bezeichnet.
Da Wiesel evangelisch war, wanderte er aus, als seine Heimat 1604 einen neuen, katholischen [[Lehnswesen|Lehnsherren]] bekam. Über sein Leben vor seiner Ankunft in Augsburg, und wann und wo er das [[Linse (Optik)|Linsenschleifen]] erlernte, ist nichts bekannt. 1621 wurde er durch Heirat Augsburger Stadtbürger und wird als Schreiber bezeichnet. Er bot ab 1625 in Augsburg [[Brille]]n, Fernrohre, Laternen, Brenngläser, Spiegelapparate und Frühformen des [[Mikroskop]]s zum Kauf an. Um 1630 arbeitete er für den Kaiser [[Ferdinand II. (HRR)|Ferdinand II.]] und den Kurfürsten von Bayern, [[Maximilian I. (Bayern)|Maximilian I.]], später auch für den dänischen König [[Christian IV. (Dänemark und Norwegen)|Christian IV.]] Er wird zunächst als ''Perspectivmacher'', später als ''Opticus'' bezeichnet.
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1645 wurde Wiesel durch seine zweite Heirat Mitglied der Kaufleutestube. 1649 wurde er in den Großen Rat der Stadt Augsburg gewählt und machte sich in den folgenden Jahren auch um die Ausbildung interessierter Augsburger Kaufleute verdient, so bildete er [[Johannes Koch von Gailenbach]] (1614–1693) aus.<ref name="Inge_Keil">Inge Keil: ''Augustanus Opticus: Johann Wiesel (1583–1662) und 200 Jahre optisches Handwerk in Augsburg.'' (Colloquia Augustana, Band 12); Berlin, 2000. {{ISSN|0946-9044}}.</ref>
1645 wurde Wiesel durch seine zweite Heirat Mitglied der Kaufleutestube. 1649 wurde er in den Großen Rat der Stadt Augsburg gewählt und machte sich in den folgenden Jahren auch um die Ausbildung interessierter Augsburger Kaufleute verdient, so bildete er [[Johannes Koch von Gailenbach]] (1614–1693) aus.<ref name="Inge_Keil">Inge Keil: ''Augustanus Opticus: Johann Wiesel (1583–1662) und 200 Jahre optisches Handwerk in Augsburg.'' (Colloquia Augustana, Band 12); Berlin, 2000. {{ISSN|0946-9044}}.</ref>


Wiesel baute eine große Vielzahl von optischen Produkten: verschiedenste Fernrohre – sein größtes war ausgezogen ca. 6&nbsp;m lang , [[binokular]]e [[Fernglas|Ferngläser]], Brillen jeder Art, [[Lupe|Vergrößerungsgläser]], Mikroskope, [[Periskop]]e, [[Brennspiegel]], sogenannte ''Landschaftsspiegel'' (als Zeichenhilfe), ''Windbrillen'' (zum Schutz gegen Straßenstaub), ''Flohbüchslein'' (Dosen zur Vergrößerung von Insekten) und andere Kuriositäten. Aus Bestellungen, Rechnungen und Dankesbriefen lässt sich entnehmen, dass Wiesels Fernrohre nach London, Paris, Antwerpen, Kopenhagen, Stockholm, Dresden, Danzig, Wien und Rom geliefert wurden.
Wiesel baute eine große Vielzahl von optischen Produkten: verschiedenste Fernrohre – sein größtes war ausgezogen ca. 6&nbsp;m lang , [[binokular]]e [[Fernglas|Ferngläser]], Brillen jeder Art, [[Lupe|Vergrößerungsgläser]], Mikroskope, [[Periskop]]e, [[Brennspiegel]], sogenannte ''Landschaftsspiegel'' (als Zeichenhilfe), ''Windbrillen'' (zum Schutz gegen Straßenstaub), ''Flohbüchslein'' (Dosen zur Vergrößerung von Insekten) und andere Kuriositäten. Aus Bestellungen, Rechnungen und Dankesbriefen lässt sich entnehmen, dass Wiesels Fernrohre nach London, Paris, Antwerpen, Kopenhagen, Stockholm, Dresden, Danzig, Wien und Rom geliefert wurden.


1654 führte er die bereits im Fernrohr verwendete [[Feldlinse]] in das Mikroskop ein, die damals auch oft Kollektivlinse genannt wurde. (Fälschlicherweise wird diese Erfindung oft [[Balthasar de Monconys]] (1611–1665) zugerechnet. Monconys hatte das Mikroskop 1664 in Augsburg erworben.)<ref>{{Internetquelle|url=http://www.mikroskop-museum.de/geschichte_17jh.htm |titel=Mikroskop-Museum – Geschichte des 17. Jahrhunderts |autor=Ilka Fleischer |werk=mikroskop-museum.de |datum= |zugriff=2015-01-06}}</ref> Anerkennung bekam Wiesel von [[Giovanni Battista Riccioli]] (1651), [[Georg Philipp Harsdörffer]] (1651), [[Johannes Hevelius]] (1661) und [[Caspar Schott]] (1664, postum).
1654 führte er die bereits im Fernrohr verwendete [[Feldlinse]] in das Mikroskop ein, die damals auch oft Kollektivlinse genannt wurde. (Fälschlicherweise wird diese Erfindung oft [[Balthasar de Monconys]] (1611–1665) zugerechnet. Monconys hatte das Mikroskop 1664 in Augsburg erworben.)<ref>{{Internetquelle |autor=Ilka Fleischer |url=http://www.mikroskop-museum.de/geschichte_17jh.htm |titel=Mikroskop-Museum – Geschichte des 17. Jahrhunderts |werk=mikroskop-museum.de |archiv-url=https://web.archive.org/web/20150216154527/http://www.mikroskop-museum.de/geschichte_17jh.htm |archiv-datum=2015-02-16 |archiv-bot=2019-04-20 15:22:25 InternetArchiveBot |offline=1 |abruf=2015-01-06}}</ref> Anerkennung bekam Wiesel von [[Giovanni Battista Riccioli]] (1651), [[Georg Philipp Harsdörffer]] (1651), [[Johannes Hevelius]] (1661) und [[Caspar Schott]] (1664, postum).


Wiesel signierte seine Instrumente, deren Linsen wohl meistens in Papprollen befestigt waren<ref>{{Internetquelle|url=http://www.ingolstadt.de/stadtmuseum/scheuerer/ausstell/schein02.htm |titel=Astronomen im 17. Jahrhundert |autor= |werk=ingolstadt.de |datum=1987-04-18 |zugriff=2015-01-06}}</ref> mit ''Johann Wiesel Augustanus Opticus''. Seine Werkstatt wurde später von seinem Schwiegersohn Daniel Depiere weitergeführt.
Wiesel signierte seine Instrumente, deren Linsen wohl meistens in Papprollen befestigt waren<ref>{{Internetquelle |url=http://www.ingolstadt.de/stadtmuseum/scheuerer/ausstell/schein02.htm |titel=Astronomen im 17. Jahrhundert |werk=ingolstadt.de |datum=1987-04-18 |abruf=2015-01-06}}</ref> mit ''Johann Wiesel Augustanus Opticus''. Seine Werkstatt wurde später von seinem Schwiegersohn Daniel Depiere weitergeführt.


Johann Wiesel lebte von 1637 bis 1642 im sogenannten [[Wieselhaus]] in Augsburg.
Johann Wiesel lebte von 1637 bis 1642 im sogenannten [[Wieselhaus]] in Augsburg.


== Aufarbeitung von Wiesels Werk ==
== Aufarbeitung von Wiesels Werk ==
Johann Wiesel war lange vergessen. Nur sehr wenige seiner Instrumente sind heute noch erhalten. In Wolfenbüttel fand sich sein Briefwechsel mit Herzog August und Fürst August zu Anhalt.<ref name="books-vTMCnHvETHQC-158">Jochen Brüning: ''Augsburg in der Frühen Neuzeit.'' Akademie, 1995, ISBN 978-3-05-002645-9, S.&nbsp;158. {{Google Buch|BuchID=vTMCnHvETHQC|Seite=158}}</ref> Von besonderem Interesse sind Wiesels Produkt- und Preislisten, die zu den frühesten Quellen zur Geschichte der optischen Instrumente in Deutschland zählen.
Johann Wiesel war lange vergessen. Nur sehr wenige seiner Instrumente sind heute noch erhalten. In Wolfenbüttel fand sich sein Briefwechsel mit Herzog August und Fürst August zu Anhalt.<ref name="books-vTMCnHvETHQC-158">Jochen Brüning: ''Augsburg in der Frühen Neuzeit.'' Akademie, 1995, ISBN 978-3-05-002645-9, S.&nbsp;158. {{Google Buch|BuchID=vTMCnHvETHQC|Seite=158}}</ref> Von besonderem Interesse sind Wiesels Produkt- und Preislisten, die zu den frühesten Quellen zur Geschichte der optischen Instrumente in Deutschland zählen.


Die Augsburger Staats- und Stadtbibliothek zeigte 2012 eine Ausstellung über Wiesel zu dessen 350. Todestag.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Pionier-am-Fernrohr-id19716711.html |titel=Pionier am Fernrohr |autor=Hans Krebs |werk=augsburger-allgemeine.de |datum=2015-01-06 |zugriff=2015-01-06}}</ref> Das denkmalgeschützte [[Wieselhaus]] im Äußeren Pfaffengäßchen 23 in Augsburg, ein [[Renaissance]]gebäude, das Johann Wiesel 1637 bis 1642 bewohnte, wurde von 2009 bis 2013 saniert und darin das [[Fugger-und-Welser-Erlebnismuseum]] eingerichtet, das den Handelsdynastien der [[Fugger]] und [[Welser]] gewidmet ist.<ref name="AZ_2013-09-28">[[Augsburger Allgemeine]]: „Neue Ein- und Ausblicke im Wieselhaus“, Artikel vom 28.&nbsp;September 2013, Ausgabe Augsburger Land, S.&nbsp;45.</ref>
Die Augsburger Staats- und Stadtbibliothek zeigte 2012 eine Ausstellung über Wiesel zu dessen 350. Todestag.<ref>{{Internetquelle |autor=Hans Krebs |url=http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Pionier-am-Fernrohr-id19716711.html |titel=Pionier am Fernrohr |werk=augsburger-allgemeine.de |datum=2015-01-06 |abruf=2015-01-06}}</ref> Das denkmalgeschützte [[Wieselhaus]] im Äußeren Pfaffengäßchen 23 in Augsburg, ein [[Renaissance]]gebäude, das Johann Wiesel 1637 bis 1642 bewohnte, wurde von 2009 bis 2013 saniert und darin das [[Fugger und Welser Erlebnismuseum]] eingerichtet, das den Handelsdynastien der [[Fugger]] und [[Welser]] gewidmet ist.<ref name="AZ_2013-09-28">[[Augsburger Allgemeine]]: „Neue Ein- und Ausblicke im Wieselhaus“, Artikel vom 28.&nbsp;September 2013, Ausgabe Augsburger Land, S.&nbsp;45.</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
*Inge Keil: ''Augustanus Opticus: Johann Wiesel (1583–1662) und 200 Jahre optisches Handwerk in Augsburg''; Berlin, 2000 {{Google Buch|BuchID=6D6l0GDefeoC}}
* Inge Keil: ''Augustanus Opticus: Johann Wiesel (1583–1662) und 200 Jahre optisches Handwerk in Augsburg''; Berlin, 2000 {{Google Buch|BuchID=6D6l0GDefeoC}}
* {{Literatur | Autor=Helmut Gier | Titel=Der Augsburger Optiker und Fernrohrbauer Johann Wiesel (1583–1662). In: Das Wieselhaus im Äußeren Pfaffengässchen in Augsburg | Verlag=Herausgeber: Kath. Studienfonds, Stadt Augsburg, Wohnungs- und Stiftungsamt, Schrammel Architekten | Ort=Augsburg | Jahr=2013 }}
* {{Literatur |Autor=Helmut Gier |Titel=Der Augsburger Optiker und Fernrohrbauer Johann Wiesel (1583–1662). In: Das Wieselhaus im Äußeren Pfaffengässchen in Augsburg |Verlag=Herausgeber: Kath. Studienfonds, Stadt Augsburg, Wohnungs- und Stiftungsamt, Schrammel Architekten |Ort=Augsburg |Datum=2013}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.augsburgwiki.de/index.php/AugsburgWiki/Wieselhaus Wieselhaus], Artikel im Augsburg-Wiki
* [http://www.augsburgwiki.de/index.php/AugsburgWiki/Wieselhaus Wieselhaus], Artikel im Augsburg-Wiki
* {{Webarchiv | url=http://www.schrammel-architekten.de/projekte/2002/1198/ Wieselhaus | wayback=20131208070204 | text=Beschreibung und Fotos von Schrammel Architekten}}
* {{Webarchiv |url=http://www.schrammel-architekten.de/projekte/2002/1198/ |text=Beschreibung und Fotos von Schrammel Architekten |wayback=20131208070204}}
* [http://www.byseum.de/fugger-und-welser-museum/de/home Website des geplanten Fugger- und Welser-Erlebnismuseums]
* [http://www.byseum.de/fugger-und-welser-museum/de/home Website des geplanten Fugger- und Welser-Erlebnismuseums]


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Aktuelle Version vom 1. April 2021, 18:57 Uhr

Johann Wiesel mit einem seiner Fernrohre. Kupferstich von Bartholomäus Kilian, 1660
Fernrohr mit Initialen I.W.A.O.F. (Iohann Wiesel Augustanus Opticus Fecit) Schloss Skokloster

Johann Wiesel (* 1583 in Burrweiler; † 27. März 1662 in Augsburg)[1] war ein Optiker, Instrumentenbauer und der erste gewerbliche Fernrohrbauer im deutschen Raum.

Leben

Johann Wiesel wurde 1583 in der Pfalz geboren. Das Fernrohr wurde 1608 von Hans Lipperhey in Holland erfunden. Der Kaufmann Thomas Barnet brachte im Jahr darauf ein erstes Fernrohr nach Augsburg, das er auf der Frankfurter Frühjahrsmesse 1609 erworben hatte. 1610 entdeckte Galileo Galilei mit dem Fernrohr die Jupitermonde. 1611 erschien in Augsburg die erste Theorie des Fernrohrs, Johannes Keplers Dioptrice, im Verlag von Marcus Welser.[2]

Da Wiesel evangelisch war, wanderte er aus, als seine Heimat 1604 einen neuen, katholischen Lehnsherren bekam. Über sein Leben vor seiner Ankunft in Augsburg, und wann und wo er das Linsenschleifen erlernte, ist nichts bekannt. 1621 wurde er durch Heirat Augsburger Stadtbürger und wird als Schreiber bezeichnet. Er bot ab 1625 in Augsburg Brillen, Fernrohre, Laternen, Brenngläser, Spiegelapparate und Frühformen des Mikroskops zum Kauf an. Um 1630 arbeitete er für den Kaiser Ferdinand II. und den Kurfürsten von Bayern, Maximilian I., später auch für den dänischen König Christian IV. Er wird zunächst als Perspectivmacher, später als Opticus bezeichnet.

Ab 1643 arbeitete er mit Anton Maria Schyrleus de Rheita und entwickelte mit ihm zusammen das terrestrische Fernrohr (Erdfernrohr) mit vier konvexen Linsen. Dieses zeigt ein aufrechtes Bild und hat ein größeres Gesichtsfeld als die bisher bekannten Fernrohrtypen. Im Vorwort von Rheitas Oculus Enoch et Eliae (1645), in dem diese Erfindung beschrieben ist, rühmt er Wiesel als „den führenden Meister in dieser Kunst in ganz Europa“.

1645 wurde Wiesel durch seine zweite Heirat Mitglied der Kaufleutestube. 1649 wurde er in den Großen Rat der Stadt Augsburg gewählt und machte sich in den folgenden Jahren auch um die Ausbildung interessierter Augsburger Kaufleute verdient, so bildete er Johannes Koch von Gailenbach (1614–1693) aus.[3]

Wiesel baute eine große Vielzahl von optischen Produkten: verschiedenste Fernrohre – sein größtes war ausgezogen ca. 6 m lang –, binokulare Ferngläser, Brillen jeder Art, Vergrößerungsgläser, Mikroskope, Periskope, Brennspiegel, sogenannte Landschaftsspiegel (als Zeichenhilfe), Windbrillen (zum Schutz gegen Straßenstaub), Flohbüchslein (Dosen zur Vergrößerung von Insekten) und andere Kuriositäten. Aus Bestellungen, Rechnungen und Dankesbriefen lässt sich entnehmen, dass Wiesels Fernrohre nach London, Paris, Antwerpen, Kopenhagen, Stockholm, Dresden, Danzig, Wien und Rom geliefert wurden.

1654 führte er die bereits im Fernrohr verwendete Feldlinse in das Mikroskop ein, die damals auch oft Kollektivlinse genannt wurde. (Fälschlicherweise wird diese Erfindung oft Balthasar de Monconys (1611–1665) zugerechnet. Monconys hatte das Mikroskop 1664 in Augsburg erworben.)[4] Anerkennung bekam Wiesel von Giovanni Battista Riccioli (1651), Georg Philipp Harsdörffer (1651), Johannes Hevelius (1661) und Caspar Schott (1664, postum).

Wiesel signierte seine Instrumente, deren Linsen wohl meistens in Papprollen befestigt waren[5] mit Johann Wiesel Augustanus Opticus. Seine Werkstatt wurde später von seinem Schwiegersohn Daniel Depiere weitergeführt.

Johann Wiesel lebte von 1637 bis 1642 im sogenannten Wieselhaus in Augsburg.

Aufarbeitung von Wiesels Werk

Johann Wiesel war lange vergessen. Nur sehr wenige seiner Instrumente sind heute noch erhalten. In Wolfenbüttel fand sich sein Briefwechsel mit Herzog August und Fürst August zu Anhalt.[6] Von besonderem Interesse sind Wiesels Produkt- und Preislisten, die zu den frühesten Quellen zur Geschichte der optischen Instrumente in Deutschland zählen.

Die Augsburger Staats- und Stadtbibliothek zeigte 2012 eine Ausstellung über Wiesel zu dessen 350. Todestag.[7] Das denkmalgeschützte Wieselhaus im Äußeren Pfaffengäßchen 23 in Augsburg, ein Renaissancegebäude, das Johann Wiesel 1637 bis 1642 bewohnte, wurde von 2009 bis 2013 saniert und darin das Fugger und Welser Erlebnismuseum eingerichtet, das den Handelsdynastien der Fugger und Welser gewidmet ist.[8]

Literatur

  • Inge Keil: Augustanus Opticus: Johann Wiesel (1583–1662) und 200 Jahre optisches Handwerk in Augsburg; Berlin, 2000 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  • Helmut Gier: Der Augsburger Optiker und Fernrohrbauer Johann Wiesel (1583–1662). In: Das Wieselhaus im Äußeren Pfaffengässchen in Augsburg. Herausgeber: Kath. Studienfonds, Stadt Augsburg, Wohnungs- und Stiftungsamt, Schrammel Architekten, Augsburg 2013.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Augsburger Stadtlexikon – Die Stadtgeschichte von Augsburg. (Nicht mehr online verfügbar.) In: stadtlexikon-augsburg.de. 21. August 2009, archiviert vom Original am 7. April 2014; abgerufen am 6. Januar 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stadtlexikon-augsburg.de
  2. Helmut Gier: Der Augsburger Optiker und Fernrohrbauer Johann Wiesel (1583–1662). In: Das Wieselhaus im Äußeren Pfaffengässchen in Augsburg. Herausgeber: Kath. Studienfonds, Stadt Augsburg, Wohnungs- und Stiftungsamt, Schrammel Architekten, Augsburg 2013, S. 7 ff.
  3. Inge Keil: Augustanus Opticus: Johann Wiesel (1583–1662) und 200 Jahre optisches Handwerk in Augsburg. (Colloquia Augustana, Band 12); Berlin, 2000. ISSN 0946-9044.
  4. Ilka Fleischer: Mikroskop-Museum – Geschichte des 17. Jahrhunderts. (Nicht mehr online verfügbar.) In: mikroskop-museum.de. Archiviert vom Original am 16. Februar 2015; abgerufen am 6. Januar 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mikroskop-museum.de
  5. Astronomen im 17. Jahrhundert. In: ingolstadt.de. 18. April 1987, abgerufen am 6. Januar 2015.
  6. Jochen Brüning: Augsburg in der Frühen Neuzeit. Akademie, 1995, ISBN 978-3-05-002645-9, S. 158. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  7. Hans Krebs: Pionier am Fernrohr. In: augsburger-allgemeine.de. 6. Januar 2015, abgerufen am 6. Januar 2015.
  8. Augsburger Allgemeine: „Neue Ein- und Ausblicke im Wieselhaus“, Artikel vom 28. September 2013, Ausgabe Augsburger Land, S. 45.