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'''Matthias Scheffler''' (* [[25. Juni]] [[1951]] in [[Berlin]])<ref> | [[Datei:Photo MS Oct 2021.jpg|mini|Matthias Scheffler 2021]] | ||
'''Matthias Scheffler''' (* [[25. Juni]] [[1951]] in [[Berlin]]) ist ein deutscher theoretischer Physiker mit den Forschungsschwerpunkten ''Theorie der [[Kondensierte Materie|kondensierten Materie]]'', ''[[Materialwissenschaft und Werkstofftechnik|Materialwissenschaften]]'' und ''[[künstliche Intelligenz]]''. Er ist insbesondere für seine Beiträge zur [[Dichtefunktionaltheorie (Quantenphysik)|Dichtefunktionaltheorie]] und Viel-Elektronen-Quantenmechanik und für seine Entwicklung von Multiskalen-Ansätzen bekannt. In letzteren verbindet er die Theorie der elektronischen Struktur mit der [[Thermodynamik]] und der [[Statistische Mechanik|statistischen Mechanik]] und setzt auch numerischen Methoden der [[Ingenieurwissenschaften]] ein. Unter dem Leitthema „''Get Real!''“ führte er Umgebungsbedingungen (Partialdrücke, Depositionsraten und [[Temperatur]]) in die ''[[ab initio]]'' Behandlung ein<ref>{{Literatur |Autor=Hans-Joachim Freund, Gerard Meijer, Matthias Scheffler, Robert Schlögl, Martin Wolf |Titel=CO Oxidation as a Prototypical Reaction for Heterogeneous Processes |Sammelwerk=Angewandte Chemie International Edition |Band=50 |Nummer=43 |Datum=2011 |ISSN=1521-3773 |DOI=10.1002/anie.201101378 |Seiten=10064–10094 |Online=https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/anie.201101378 |Abruf=2021-10-25}}</ref>. In den letzten Jahren konzentrierte er sich zunehmend auf datenzentrierte wissenschaftliche Konzepte und Methoden (das 4. Paradigma der [[Materialwissenschaften]])<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Claudia Draxl, Matthias Scheffler |Titel=Big Data-Driven Materials Science and Its FAIR Data Infrastructure |Sammelwerk=Handbook of Materials Modeling |Verlag=Springer International Publishing |Ort=Cham |Datum=2020 |ISBN=978-3-319-44676-9 |DOI=10.1007/978-3-319-44677-6_104 |Seiten=49–73 |Online=https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007%2F978-3-319-44677-6_104 |Abruf=2021-10-25}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Anthony J. G. Hey |Titel=The fourth paradigm : data-intensive scientific discovery |Ort=Redmond, Washington |Datum=2009 |ISBN=978-0-9825442-0-4 |Online=https://www.microsoft.com/en-us/research/publication/fourth-paradigm-data-intensive-scientific-discovery/ |Abruf=2021-10-25}}</ref> und auf das Ziel, dass die [[Forschungsdaten|Daten]] der Materialwissenschaften „'''''F'''indable and '''AI''' '''R'''eady''“ werden müssen. | |||
Scheffler studierte Physik an der [[Technische Universität Berlin| | == Akademischer Werdegang == | ||
Matthias Scheffler studierte Physik an der [[Technische Universität Berlin|Technischen Universität Berlin]]. Seine [[Dissertation|Doktorarbeit]] führte er im Bereich der [[Festkörperphysik|theoretischen Festkörperphysik]] am [[Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft]] (FHI) durch und erhielt seine [[Promotion (Doktor)|Promotion]] 1978 von der [[Technische Universität Berlin|Technischen Universität Berlin]]. Er wechselte dann zur [[Physikalisch-Technische Bundesanstalt|Physikalisch-Technischen Bundesanstalt]] in Braunschweig, wo er von 1978 bis 1987 als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt war. Von 1979 bis 1980 war er zudem als Gastwissenschaftler am IBM T.J. Watson Research Center, Yorktown Heights, USA tätig. Er erhielt seine [[Habilitation]] im Jahre 1984 von der die [[Technische Universität Berlin|TU Berlin]]. | |||
1988 wurde er zum wissenschaftlichen Mitglied der [[Max-Planck-Gesellschaft]] und Direktor der von ihm neu gegründeten ''Abteilung Theorie'' am [[Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft]] in Berlin berufen. Im folgenden Jahr erhielt er eine Honorarprofessur an der [[Technische Universität Berlin|TU Berlin]]. Es folgten weitere Honorarprofessuren an der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität Berlin]] (2006), an der [[Humboldt-Universität zu Berlin]] (2016), sowie in Hokkaido, Japan (2016). Zudem ist er seit 2005 ''Distinguished Visiting Professor of Computational Materials Science and Engineering'' an der [[University of California]] in [[University of California, Santa Barbara|Santa Barbara]]. Seit 2015 leitet er das Europäische Exzellenzzentrum NOMAD (Novel Materials Discovery)<ref name=":1">{{Internetquelle |url=https://nomad-coe.eu/ |titel=NOMAD Center of Excellence |abruf=2021-10-25}}</ref>, seit 2020 das NOMAD Laboratory am [[Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft|FHI]],<ref>[https://th.fhi.mpg.de/ NOMAD], auf th.fhi.mpg.de</ref> und seit 2021 ist er der stellvertretende Leiter des FAIRmat Projekts an der Humboldt-Universität zu Berlin<ref name=":2">{{Internetquelle |url=https://www.fair-di.eu/fairmat/ |titel=NFDI Konsortium FAIRmat |abruf=2021-10-25}}</ref>. | |||
== Forschungsschwerpunkte == | |||
Seit Beginn seiner Karriere beschäftigt sich Matthias Scheffler mit grundlegenden Aspekten der chemischen und physikalischen Eigenschaften von [[Oberflächenchemie|Oberflächen]], Grenzflächen, [[Cluster (Physik)|Clustern]] und Nanostrukturen. Aktuelle Forschungsaktivitäten umfassen Fragestellungen zur [[Heterogene Katalyse|heterogenen Katalyse]], [[Wärmeleitfähigkeit|thermischen Leitfähigkeit]], [[Elektrische Leitfähigkeit|elektrischen Leitfähigkeit]], thermoelektrischen Materialien, Defekten in [[Halbleiter]]n, anorganischen/organischen Hybridmaterialien und [[Biophysik]]. Dabei handelt es sich um Studien, die [[Quantenmechanik|quantenmechanische]], ''[[ab initio]]'' Berechnungen der Elektronenstruktur und [[Molekulardynamik-Simulation|Molekulardynamik]] mit Methoden der [[Thermodynamik]] und [[Statistische Mechanik|statistischen Mechanik]] und der Ingenieurwissenschaften verbinden. So kann das Verständnis meso- und makroskopischer Phänomene unter realistischen Bedingungen (''T, p'') entwickelt oder vertieft werden. Scheffler arbeitet zudem an der Entwicklung theoretischer Modelle zur Berechnung angeregter Zustände und Elektronenkorrelationen. Das von Scheffler und seiner Gruppe hierzu entwickelte Software-Paket FHI-aims wurde speziell für groß angelegte Rechnungen auf [[Hochleistungsrechnen|Hochleistungsrechnern]] konzipiert<ref>{{Internetquelle |url=https://fhi-aims.org/ |titel=Website von FHI-aims |abruf=2021-10-25}}</ref>. Matthias Scheffler hat viele verschiedene Materialklassen mit hoher Anwendungsrelevanz untersucht (z. B. [[Halbleiter|Verbindungshalbleiter]], [[Metalle]], [[Oxide]], [[2D-Materialien|zweidimensionale Materialien]], [[Organische Chemie|organische]] Materialien, Oberflächen), als auch ein breites Spektrum an Phänomenen mit direktem Praxisbezug erfolgreich weiterentwickelt (z. B. [[Kristallstruktur]] und Wachstum, elektronische Materialeigenschaften, [[Metastabilität]] von Störstellen in Halbleitern, elektrische und thermische Leitungsvorgänge, [[heterogene Katalyse]]). | |||
Scheffler gehört zu den hochzitierten Wissenschaftlern in seinem Arbeitsgebiet<ref>{{Internetquelle |url=https://scholar.google.com/citations?user=ebybQUsAAAAJ&hl=de |titel=Google scholar Seite von Matthias Scheffler |sprache=en |abruf=2021-10-25}}</ref>. | |||
==Literatur== | == Open Science und Entwicklung der Datenbank NOMAD == | ||
* | Seit 2000 entwickelt Matthias Scheffler mit seiner Gruppe Methoden der [[Künstliche Intelligenz|künstlichen Intelligenz]] und engagiert sich in ''[[Offene Wissenschaft|Open Science]]'' und ''Scientific Data Sharing'' Aktivitäten. Weltweit werden Unmengen wissenschaftlicher [[Forschungsdaten|Daten]] über Materialien erzeugt, aber nur ein Bruchteil davon wird tatsächlich genutzt und veröffentlicht. Oft werden Daten nicht ausreichend charakterisiert und beschrieben, und die meisten Daten werden nicht weiter beachtet, da sie für das laufende, fokussierte Forschungsprojekt nicht hilfreich sind. Für andere Themen können sie aber wertvolle Informationen enthalten („''recycle the waste!''“)<ref name=":0" />. Für die computergestützten [[Materialwissenschaften]] hat Scheffler daher zusammen mit [[Claudia Draxl]] eine [[Datenbank]] konzipiert, die es erlaubt, [[Forschungsdaten]] gut dokumentiert zu speichern und auch für andere nutzbar zu machen. Diese Aktivitäten mündeten, gemeinsam mit internationalen Kollegen, in der Gründung des NOMAD Center of Excellence (CoE)<ref name=":1" /><ref>{{Literatur |Autor=Claudia Draxl, Matthias Scheffler |Titel=NOMAD: The FAIR concept for big data-driven materials science |Sammelwerk=MRS Bulletin |Band=43 |Nummer=9 |Datum=2018-09 |ISSN=0883-7694 |DOI=10.1557/mrs.2018.208 |Seiten=676–682 |Online=https://link.springer.com/article/10.1557%2Fmrs.2018.208 |Abruf=2021-10-25}}</ref>. Dies unterhält mittlerweile die derzeit weltweit größte Datenbank für Ergebnisse hochkomplexer quantenmechanischer Berechnungen, die auf modernsten [[Hochleistungsrechnen|Hochleistungsrechnern]] durchgeführt wurden<ref>{{Internetquelle |url=https://nomad-lab.eu |titel=Homepage der Datenbank NOMAD |abruf=2021-10-25}}</ref>. Seit 2020 konzentriert sich das NOMAD CoE zunehmend auf Software-Entwicklungen für [[Floating Point Operations Per Second|Exascale-Rechner]]. | ||
Zum Oktober 2021 begann das von Deutschland finanzierte, international konzipierte Konsortium FAIRmat (FAIR Data Infrastructure for Condensed-Matter Physics and the Chemical Physics of Solids).<ref name=":2" /> Hier werden die ursprünglichen NOMAD Konzepte auf die Bereiche Materialsynthese und Experiment weiterentwickelt und ein entsprechender [[Metadaten]]<nowiki/>katalog, [[Ontologie (Informatik)|Ontologien]] und [[Workflow-Management|workflows]], sowie eine föderale Infrastruktur von [[Datenspeicher]]n (NOMAD Oasis) entwickelt. Durch die detaillierte Beschreibung und Verfügbarkeit der Daten können Methoden der [[Künstliche Intelligenz|künstlichen Intelligenz]] eingesetzt werden und Materialien mit neuartigen und vorteilhaften Eigenschaften identifiziert werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://nomad-lab.eu/services/aitoolkit |titel=Homepage des NOMAD Artificial Intelligence Toolkit - NOMAD Lab |abruf=2021-10-25}}</ref> Der bisher oft sehr langwierige [[Wertschöpfungsprozess]] in der Materialentwicklung, von der [[Grundlagenforschung]] zum marktreifen Produkt, kann so signifikant verkürzt werden. | |||
== Ehrungen und Preise (Auswahl) == | |||
* 2001 [[Max-Planck-Forschungspreis]] gemeinsam verliehen von der [[Alexander-von-Humboldt-Stiftung]] und der [[Max-Planck-Gesellschaft]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.innovations-report.de/sonderthemen/veranstaltungsnachrichten/bericht-61378/ |titel=Max-Planck-Forschungspreis 2001 |abruf=2021-10-25}}</ref> | |||
* 2003 [[Medard W. Welch Award]] der AVS (''association for science and technology of materials, interfaces and processing'')<ref>{{Internetquelle |url=https://avs.org/awards/professional-awards/medard-w-welch-award/ |titel=Medward W. Welch Award |abruf=2021-10-25}}</ref> | |||
* 2004 [[Max-Born-Preis|Max Born Medal and Prize]] gemeinsam verliehen vom britischen [[Institute of Physics]] (IOP) und der [[Deutsche Physikalische Gesellschaft|Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG)]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.dpg-physik.de/auszeichnungen/dpg-preise-mit-anderen-organisationen/max-born-preis-und-medaille/preistraeger |titel=Max Born Preis |abruf=2021-10-25}}</ref> | |||
* 2007 [[Ehrendoktor]] der [[Universität Lund]], Schweden<ref>{{Internetquelle |url=https://www.science.lu.se/research/honorary-doctors |titel=Honorary Doctors of the University of Lund |abruf=2021-10-25}}</ref> | |||
* 2010 Rudolf Jaeckel Preis der Deutschen Vakuumgesellschaft (DVG)<ref>{{Internetquelle |url=https://www.physik.uni-kl.de/dvg/index.php/dvgpreise/rudolf-jaeckel-preis |titel=Rudolf-Jaeckel-Preis - DVG-Home |sprache=de |abruf=2021-10-25}}</ref> | |||
* Seit 1998 Fellow der [[American Physical Society]] | |||
* Seit 2002 Mitglied der [[Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften|Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bbaw.de/die-akademie/bbaw-mitglieder/mitglied-matthias-scheffler |titel=Matthias Scheffler – Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften |abruf=2021-10-25}}</ref> | |||
* Seit 2017 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher [[Leopoldina]] – Nationale Akademie der Wissenschaften<ref>{{Internetquelle |url=https://www.leopoldina.org/mitgliederverzeichnis/mitglieder/member/Member/show/matthias-scheffler/ |titel=Mitgliedseintrag von Matthias Scheffler bei der Leopoldina |abruf=2021-10-26}}</ref> | |||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
* [https://scholar.google.com/citations?user=ebybQUsAAAAJ&hl=de Literatur von Matthias Scheffler bei google scholar] | |||
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Matthias Scheffler (* 25. Juni 1951 in Berlin) ist ein deutscher theoretischer Physiker mit den Forschungsschwerpunkten Theorie der kondensierten Materie, Materialwissenschaften und künstliche Intelligenz. Er ist insbesondere für seine Beiträge zur Dichtefunktionaltheorie und Viel-Elektronen-Quantenmechanik und für seine Entwicklung von Multiskalen-Ansätzen bekannt. In letzteren verbindet er die Theorie der elektronischen Struktur mit der Thermodynamik und der statistischen Mechanik und setzt auch numerischen Methoden der Ingenieurwissenschaften ein. Unter dem Leitthema „Get Real!“ führte er Umgebungsbedingungen (Partialdrücke, Depositionsraten und Temperatur) in die ab initio Behandlung ein[1]. In den letzten Jahren konzentrierte er sich zunehmend auf datenzentrierte wissenschaftliche Konzepte und Methoden (das 4. Paradigma der Materialwissenschaften)[2][3] und auf das Ziel, dass die Daten der Materialwissenschaften „Findable and AI Ready“ werden müssen.
Matthias Scheffler studierte Physik an der Technischen Universität Berlin. Seine Doktorarbeit führte er im Bereich der theoretischen Festkörperphysik am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft (FHI) durch und erhielt seine Promotion 1978 von der Technischen Universität Berlin. Er wechselte dann zur Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, wo er von 1978 bis 1987 als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt war. Von 1979 bis 1980 war er zudem als Gastwissenschaftler am IBM T.J. Watson Research Center, Yorktown Heights, USA tätig. Er erhielt seine Habilitation im Jahre 1984 von der die TU Berlin.
1988 wurde er zum wissenschaftlichen Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und Direktor der von ihm neu gegründeten Abteilung Theorie am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin berufen. Im folgenden Jahr erhielt er eine Honorarprofessur an der TU Berlin. Es folgten weitere Honorarprofessuren an der Freien Universität Berlin (2006), an der Humboldt-Universität zu Berlin (2016), sowie in Hokkaido, Japan (2016). Zudem ist er seit 2005 Distinguished Visiting Professor of Computational Materials Science and Engineering an der University of California in Santa Barbara. Seit 2015 leitet er das Europäische Exzellenzzentrum NOMAD (Novel Materials Discovery)[4], seit 2020 das NOMAD Laboratory am FHI,[5] und seit 2021 ist er der stellvertretende Leiter des FAIRmat Projekts an der Humboldt-Universität zu Berlin[6].
Seit Beginn seiner Karriere beschäftigt sich Matthias Scheffler mit grundlegenden Aspekten der chemischen und physikalischen Eigenschaften von Oberflächen, Grenzflächen, Clustern und Nanostrukturen. Aktuelle Forschungsaktivitäten umfassen Fragestellungen zur heterogenen Katalyse, thermischen Leitfähigkeit, elektrischen Leitfähigkeit, thermoelektrischen Materialien, Defekten in Halbleitern, anorganischen/organischen Hybridmaterialien und Biophysik. Dabei handelt es sich um Studien, die quantenmechanische, ab initio Berechnungen der Elektronenstruktur und Molekulardynamik mit Methoden der Thermodynamik und statistischen Mechanik und der Ingenieurwissenschaften verbinden. So kann das Verständnis meso- und makroskopischer Phänomene unter realistischen Bedingungen (T, p) entwickelt oder vertieft werden. Scheffler arbeitet zudem an der Entwicklung theoretischer Modelle zur Berechnung angeregter Zustände und Elektronenkorrelationen. Das von Scheffler und seiner Gruppe hierzu entwickelte Software-Paket FHI-aims wurde speziell für groß angelegte Rechnungen auf Hochleistungsrechnern konzipiert[7]. Matthias Scheffler hat viele verschiedene Materialklassen mit hoher Anwendungsrelevanz untersucht (z. B. Verbindungshalbleiter, Metalle, Oxide, zweidimensionale Materialien, organische Materialien, Oberflächen), als auch ein breites Spektrum an Phänomenen mit direktem Praxisbezug erfolgreich weiterentwickelt (z. B. Kristallstruktur und Wachstum, elektronische Materialeigenschaften, Metastabilität von Störstellen in Halbleitern, elektrische und thermische Leitungsvorgänge, heterogene Katalyse).
Scheffler gehört zu den hochzitierten Wissenschaftlern in seinem Arbeitsgebiet[8].
Seit 2000 entwickelt Matthias Scheffler mit seiner Gruppe Methoden der künstlichen Intelligenz und engagiert sich in Open Science und Scientific Data Sharing Aktivitäten. Weltweit werden Unmengen wissenschaftlicher Daten über Materialien erzeugt, aber nur ein Bruchteil davon wird tatsächlich genutzt und veröffentlicht. Oft werden Daten nicht ausreichend charakterisiert und beschrieben, und die meisten Daten werden nicht weiter beachtet, da sie für das laufende, fokussierte Forschungsprojekt nicht hilfreich sind. Für andere Themen können sie aber wertvolle Informationen enthalten („recycle the waste!“)[2]. Für die computergestützten Materialwissenschaften hat Scheffler daher zusammen mit Claudia Draxl eine Datenbank konzipiert, die es erlaubt, Forschungsdaten gut dokumentiert zu speichern und auch für andere nutzbar zu machen. Diese Aktivitäten mündeten, gemeinsam mit internationalen Kollegen, in der Gründung des NOMAD Center of Excellence (CoE)[4][9]. Dies unterhält mittlerweile die derzeit weltweit größte Datenbank für Ergebnisse hochkomplexer quantenmechanischer Berechnungen, die auf modernsten Hochleistungsrechnern durchgeführt wurden[10]. Seit 2020 konzentriert sich das NOMAD CoE zunehmend auf Software-Entwicklungen für Exascale-Rechner.
Zum Oktober 2021 begann das von Deutschland finanzierte, international konzipierte Konsortium FAIRmat (FAIR Data Infrastructure for Condensed-Matter Physics and the Chemical Physics of Solids).[6] Hier werden die ursprünglichen NOMAD Konzepte auf die Bereiche Materialsynthese und Experiment weiterentwickelt und ein entsprechender Metadatenkatalog, Ontologien und workflows, sowie eine föderale Infrastruktur von Datenspeichern (NOMAD Oasis) entwickelt. Durch die detaillierte Beschreibung und Verfügbarkeit der Daten können Methoden der künstlichen Intelligenz eingesetzt werden und Materialien mit neuartigen und vorteilhaften Eigenschaften identifiziert werden.[11] Der bisher oft sehr langwierige Wertschöpfungsprozess in der Materialentwicklung, von der Grundlagenforschung zum marktreifen Produkt, kann so signifikant verkürzt werden.
Personendaten | |
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NAME | Scheffler, Matthias |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher theoretischer Festkörperphysiker |
GEBURTSDATUM | 25. Juni 1951 |
GEBURTSORT | Berlin |